Eine konkrete End-to-End Prozessbetrachtung am Beispiel eines Handelsunternehmens

Im letzten Post habe ich das Thema End-to-End (ab sofort E2E abgekürzt) in Prozesssichten von Unternehmen aufgegriffen und meine Sicht dazu dargelegt. In diesem Post möchte ich nun diese Erkenntnisse nutzen, um ein Handelsunternehmen E2E zu skizzieren. Dabei gehe ich auf die im letzten Post am Ende aufgestellten Fragen ein.

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Ist bei End-to-End Prozessen auch immer wirklich End-to-End drin? link
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Nach welchen Kriterien lassen sich notwendige externe E2E Prozesse in Unternehmen definieren und wie sehen diese aus?

E2E in Prozessen bedeutet für mich wie bereits erläutert, dass alle Trennungen in Prozessen, Rollen, Methoden, Standards etc. marktrelevant sein sollten. Da der Kunde beispielsweise ein Unternehmen nicht in Einkauf und Vertrieb einteilt, sollten diese Trennungen auch nicht in Prozessen vollzogen werden.

Was könnten also marktrelevante Trennungen sein?

Man könnte die Wünsche des Kunden in 3 große Bereiche, vereinfacht natürlich, einteilen. Der Kunde möchte Produkte finden, die er sucht. Er möchte sich inspirieren lassen, sprich er möchte auch Produkte finden, die er gar nicht sucht und an die er vielleicht noch gar nicht denkt. Zum Schluss möchte er natürlich auch diese Produkte, hat er sie dann bestellt, schnell geliefert bekommen. Diese 3 Wunschbereiche kann man auf die Kernprozesse eines Handelsunternehmens Vertrieb, Einkauf und Logistik projizieren.

Wenn man es nun ernst meint mit dem unbedingten Ausrichten auf den Kunden, also Bedürfnisse der Kunden befeuern und wahrnehmen, so wie diese dann auch befrieden, sollte man hier als Erstes nach Differenzierungsmerkmalen bei den Wunschbereichen suchen. Beispielsweise haben die Kunden unterschiedliche Erwartungen in der Liefergeschwindigkeit von Möbel, Elektro und Fashion. Diese unterschiedlichen Artikelgruppen werden auch unterschiedlich gelagert oder auch auch unterschiedlich vermarktet. Ist es da nicht sinnvoll, unternehmensintern bzgl. dieser Artikelgruppen auch Unterschiede in den Prozessen, Rollen und Methoden zu definieren, als diese gleichgetaktet über alle Produktgruppen hinweg operationalisiert zu haben und damit auf die Spezifika nicht oder nur unzureichend eingehen zu können?

Die folgende Abbildung stellt diese Konstellation dar.

Handel_E2E Prozesse

Damit ist dann auch offensichtlich, dass es beispielsweise keinen zentralen Vertriebs- oder Einkaufsbereich mehr geben muss. Diese Bereiche sind dezentral auf die einzelnen E2E Prozessstreams aufgeteilt. Nun kann man sich natürlich richtigerweise die Frage stellen, ob denn überhaupt keine Synergien mehr zwischen den einzelnen E2E Prozessstreams gehoben werden sollen. Natürlich sollten sie, aber nicht zu Lasten des Durchsatzes der Marktbedürfnisbefriedigung in den einzelnen Prozessstreams. Das habe ich im letzten Post ausgeführt.

Wo ist es sinngekoppelt, da dem Mehrwertstrom in den Prozessstreams zuträglich, über das Heben von Synergien zwischen den externen E2E Prozessen nachzudenken? Wo ist es sogar notwendig, Synergien zwischen den externen E2E Prozessen zu heben?

Gehe ich erst einmal auf die notwendig zu teilenden Assets ein. Da fallen mir die Daten ein. Daten sind für ein Unternehmen wie das Blut für den menschlichen Körper. Daten müssen im gesamten Unternehmen überall hin ohne Barriere fließen können. Die einzelnen Prozessstreams müssen in der Lage sein, Daten untereinander austauschen zu können. Bestenfalls liegen die Daten zentral vor, so dass sich dann die einzelnen Prozessstreams davon bedienen können. Oft höre ich, dass dadurch die Eigenständigkeit der einzelnen E2E Prozessstreams beschnitten wäre. Das ehe ich nicht so, denn grundsätzlich können alle E2E Prozessstreams auf alle Daten zugreifen, welche sie allerdings verwenden, liegt in ihrer Verantwortung. Ob beispielsweise im E2E Prozessstreams “Möbel” Daten vom Kunden “Dethloff” des E2E Prozessstreams “Fashion” verwendet werden ist den “Möbel” Verantwortlichen überlassen. Für einige Fragestellungen mag es sinnvoll sein, für andere vielleicht weniger.

Handel_E2E_extern und intern

Am obigen Beispiel “Daten” kann man gut erkennen, wie man die Frage beantworten kann, welche Assets unbedingt zwischen den einzelnen E2E Prozessstreams geteilt werden müssen, um effektiver zu werden, und wo sie geteilt werden können, um effizienter zu werden. Sie erinnern sich an meinem letzten Post, in dem ich ausgeführt habe, das in komplexen Umgebungen Effektivität vor Effizienz kommt.

Weitere so genannte Assets eines Unternehmens, denen ich das Prädikat “muss geteilt werden” gebe, fasse ich mal unter die Begriffe “Wissen”, Erfahrung” und “Skills” zusammen.

Kommen wir nun zu den Assets, die geteilt werden, um dadurch Kosten zu sparen, sprich Synergien zu heben. Dazu zähle ich beispielsweise “IT Systeme”, “Hardware”, “Server”, aber auch zentrale Stabsfunktionen, wie Risikomanagement, Testmanagement oder Qualitätsmanagement. Gerade bei den zentralen Stabsfunktionen bekomme ich, ob dieser Einteilung, oft ein Stirnrunzeln entgegnet. Es gibt innerhalb der E2E Prozessstreams ebenfalls diese Funktionen, aber mit dem Unterschied, dass diese sehr nah am Inhalt sind und damit den Durchsatz an Marktbedürfnisbefriedigung erhöhen. Sie halten den Mehrwertstrom nicht auf, was man bei zentralen Stabsfunktionen häufig beobachten kann. Wenn man über solche zentrale Stabsfunktionen nachdenken sollte, dann nur mit der Haltung, dass diese warten, dass sie um Hilfe gefragt werden und sich nicht per gesetzlicher Vorschrift in die E2E Prozessstreams einklagen. Und dann sollten sie auch nur auf einer Metaebene beratend unterstützen, da sie keine Verantwortung besitzen.

Schaut man sich dieses Konstrukt der E2E Prozessstreams inklusive der zwischen ihnen auszutauschenden obligatorischen und fakultativen Assets und Funktionen genauer an, kommt man schnell auf das Gebilde einer Matrixorganisation. In diesem Dokument, in welchem knapp aber eingängig beschrieben wird, wie die Menschen bei Spotify arbeiten, stammt das folgende Zitat von S. 11.

In matrix terms, think of of the vertical dimension as “what” and the horizontal dimension as “how”.

Ich würde dieses Zitat ein wenig auf meine Gedanken anpassen wollen. Die hier angesprochene vertikale Dimension, also die E2E Ausrichtung, ist verantwortlich für das “Was” (Effektivität) und das “Wie” (Effizienz). Die horizontale Dimension befeuert mit dem Austausch der obligatorischen Assets das “Was” und “Wie” und mit den fakultativen Assets das “Wie”. Im Kontext zur eigentlichen Matrixorganisation, wo die Linienorganisation die horizontale Dimension und die Projektorganisation die vertikale Dimension bildet, ist die hier angesprochene Matrix einmal auf die Seite gekippt.

Wie ist das Zusammenspiel zwischen internen und externen E2E Prozessen in Unternehmen?

Nun komme ich auf die so genannten internen E2E Prozessstreams zu sprechen, die die Aufgabe haben, über das Bereitstellen von Services an die externen Prozessstreams, den Durchsatz an Marktbedürfnisbefriedigung zu erhöhen. Das möchte ich am Beispiel von Business Intelligence (BI) erklären. Aufgabe von BI in Unternehmen ist es, Entscheidungen, die in den einzelnen externen E2E Prozessstreams zu treffen sind, auf Basis von Daten mehrwertgenerierender im Sinne Durchsatzerhöhung zu gestalten. Die dafür notwendig zu erstellenden Services sind beispielsweise “Reporting” und “Data Science”. Reports dienen den Menschen in Unternehmen, durch Betrachten und Analysieren dieser, Erkenntnisse zu generieren und dann auf Basis dieser manuelle Entscheidungen zu treffen. Über Data Science werden analytische Modelle zur Verfügung gestellt, die es erlauben, automatisierte Entscheidungen auszuspielen. Die folgende Abbildung stellt dies am Zusammenspiel zwischen BI und dem E2E Prozessstream Elektro beispielhaft dar.

Handel_E2E_extern und BI

Wie gesagt, der so genannte interne BI E2E Serviceprozess ist nur ein Beispiel für einen internen E2E Prozessstream. Weitere kann man sich schnell überlegen. Nämlich immer dann, wenn der Reifegrad eines Unternehmens in bestimmten Teilen der externen E2E Prozessstreams nicht ausreichend ist für die Befriedigung der Marktbedürfnisse, kommen diese ins Spiel. In puncto Entscheidungen ist es also BI. Damit ist auch ersichtlich, dass je höher der Reifegrad ist, desto weniger erforderlich sind die internen E2E Prozessstreams, obwohl sie wohl niemals ganz aussterben werden, da ein Unternehmen sich ja stetig weiter entwickeln muss.

Was ist essentielle Voraussetzung für das Schaffen und Leben von internen und externen E2E Prozessen?

Nun kann man sich die Frage stellen, was in Unternehmen gegeben sein muss, um entlang der dargestellten E2E Prozessstreams zu denken und zu agieren. Als erstes sticht ja die absolute Marktnähe der jeweiligen Prozessstreams ins Auge, die letztendlich dazu führt, dass der Durchsatz an Marktbedürfnisbefriedigung hoch ist. Diese unterschiedlichen Marktnähen, denn es ist ja nicht nur “eine”, erreicht man aber nur mit einer vernetzten Architektur. Ich möchte hier gar nicht auf die immer wieder strapazierten Hypebegriffe wie “SOA” (Service Oriented Architecture) oder “MSA” (Microservice Architecture) eingehen. Aber letztendlich meine ich inhaltlich genau das, was in diesen Konzepten dargelegt ist: Das Bereitstellen einer vernetzten IT-Architektur, über welche man in der Lage ist, schnell den Reifegrad in den externen E2E Prozessstreams zu erhöhen.

Und hier erkennen wir es sehr deutlich. Das vernetzte Arbeiten in Unternehmen und das Erschaffen einer vernetzten IT-Architektur bedingen sich gegenseitig. Es ist müßig darüber zu diskutieren, was hier was verursacht oder bedingt (Henne-Ei-Thematik). Macht man sich diesen Fakt nicht immer wieder neu deutlich, sorgt man dafür, dass auch in Zukunft die Mode- und Hypewörter der IT aussterben und durch neue ersetzt werden.

Für SOA, um in unserem Kontext zu bleiben, wurde nun das Wort MSA erfunden. Neuer Name, gleiches Konzept. Wenn wir nicht begreifen, dass das Umsetzen neuer IT-Konzepte in der Regel auch mit neuen Konzepten der Führung und Zusammenarbeit einher gehen muss, werden wir weiterhin die neuen IT-Konzepte verdammen. Hoffen wir, dass es “Big Data” nicht in absehbarer Zukunft ähnlich ergehen mag. Ich habe bereits etwas von “Huge Data” gehört. Oh Mann!!!!

Das folgende Zitat von Melvyn Conway aus dem Jahre 1967 (!!!!) bringt es schön auf den Punkt.

Any organization that designs a system (defined broadly) will produce a design whose structure is a copy of the organization’s communication structure.

Es gibt einige Frameworks, so genannte agile Skalierungsrahmen, die genau den Fakt des vernetzten Arbeitens in Unternehmen “scheinbar” thematisieren. Ich möchte hier kurz auf das Scaled Agile Framework (SAFe) eingehen, da für mich derzeit am meisten von vielen Beratern “wie die Sau durch’s Dorf getrieben”. Über die folgende Abbildung gelangen Sie auf die Hauptseite dieses Frameworks, wo man sich viele detaillierte Informationen anlesen kann.

SAFe

Hier ist natürlich Vorsicht geboten, wie bei jeder Methode oder bei jedem Framework. Häufig, so meine Wahrnehmung, verkommt eine Methode zum Selbstzweck und wird so zu einer Autorität für Denken und Handeln. Wenn man das nicht zulässt, können Methoden hilfreich sein. Methoden und Frameworks dürfen nicht als Rezept gesehen werden. Jedes Unternehmen ist anders. Dazu ebenfalls ein Link zu einem Post.

Nun bin ich noch das Thema “Kennzahlenorientierung in Unternehmen” schuldig, was ich aber auf einen weiteren Post verlagern, um diesen nicht zu lang werden zu lassen. Ich werde auf Basis des bislang Ausgeführten folgende weitere Fragen dazu beantworten.

  1. Welche Grenzen existieren beim Steuern von Unternehmen in komplexen Umgebungen?
  2. Welche Grenzen bestehen damit beim Aufstellen von Steuerungsmodellen in Unternehmen und damit einhergehend beim Definieren von Kennzahlen und KPIs zum Steuern dieser Modelle?
  3. Welche Sichten auf Kennzahlen und KPIs zum Messen von Erfolg in Unternehmen sind wichtig (Gegenwart vs. Zukunft, Innen vs. Außen, Lokal vs. Global)?
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Ist bei End-to-End Prozessen auch immer wirklich End-to-End drin?

Die Diskussion um End-to-End Sichten in Prozessen begleitet mich in meinem beruflichen Umfeld schon sehr lange, die letzten Wochen nun wieder massiv. Deshalb möchte ich diesen Post nutzen, um meine Ideen und Gedanken in diesem Kontext zu sortieren.

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Was bedeutet eigentlich End-to-End?

Bei End-to-End Sichten, zukünftig abgekürzt mit E2E, kommt man stets vom “Kunden” hin zum “Kunden”. Das Wort Kunde steht hier bewusst in Anführungszeichen, da es sich hierbei nicht nur um den eigentlichen Endkunden an sich handeln muss. Man kann nämlich zwischen internen und externen E2E Prozessen unterscheiden. Externe E2E Prozesse wecken und erkennen Bedürfnisse des Marktes und befriedigen diese. Die internen E2E Prozesse erstellen Services, die in den externen E2E Prozessen benutzt werden, um den Durchsatz an Bedürfnisbefriedigung des Marktes zu erhöhen. Dazu werde ich Ihnen mehr Details im kommenden Post anreichen, wenn ich mehr über den Sinn und Zweck von Business Intelligence (BI) darlege.

Die folgende Abbildung stellt einen E2E Prozess dar.

E2E_Generelle Darstellung

Um Bedürfnisse der “Kunden” zu wecken, zu erspüren und diese dann zu befeuern, muss man Mehrwerte für den “Kunden” generieren. Im Folgenden gehe ich ausschließlich auf externe E2E Prozesse ein, weshalb ich auch den Begriff “Kunde” nun ohne Anführungszeichen, sowie vom Markt schreiben darf. Die Mehrwertgenerierung geschieht entlang einer so genannten Wertschöpfungskette. Ein Unternehmen als Ganzes muss also den Markt evaluieren, Wünsche der Kunden wecken, entdecken und diese dann erfüllen.

E2E bedeutet also, dass alle internen Trennungen in Prozessen, Rollen, Methoden, Standards etc., die man vollzieht, eine Kundenrelevanz haben müssen. Eine Trennung der Prozesse in Vertrieb und Einkauf beispielsweise ist nicht kundenrelevant. Der Kunde sieht das Unternehmen stets als ein Ganzes. Er macht keine Trennung in Einkauf und Vertrieb. Ich bin der festen Überzeugung, dass das schwächste Glied in der Wertschöpfungskette erfolgskritisch für den Durchsatz an Bedürfnisbefriedigung des Marktes ist. Kann man beispielsweise als Händler die besten Sortimente inklusive der besten Preise aufweisen, bringt das relativ wenig, wenn die Artikel nicht gemäß der Kundenerwartungen geliefert werden. Der Kunde wird sich abwenden. In einer Prozesssicht, die eine E2E Mehrwertgenerierung nicht abbildet, kann man diesem Phänomen nicht begegnen, weil beispielsweise die Bereiche Einkauf und Vertrieb in dem genannten Beispiel keinen Antrieb haben etwas zu ändern. Aus ihrer Sicht ist ja alles fein. In der Logistik muss etwas getan werden. Aber dazu gleich mehr.

Warum ist eine E2E Sicht wichtig?

Ich gehe nun erst einmal auf die Thematik “Entscheiden” ein und streife dabei Begriffe wie Effizienz und Effektivität. Dabei bediene ich mich einiger Ideen eines meiner Weggefährten aus diesem Post.

Effektivität beschreibt das Verhältnis zwischen Ergebnis und Ziel. Sprich, der Zielerreichungsgrad. Mit anderen Worten, machen wir das Richtig. Die Frage ist also, ob etwas zielführend ist. Der Aufwand spielt bei dieser Betrachtung zunächst keine Rolle. Es geht um die Frage der Wirksamkeit. Nach meinem Begriffsverständnis ist damit auch die Frage nach dem “Warum” und “Weshalb” eng verbunden, da sich hieraus die Zielsetzung ableitet, die es zu erreichen gilt. Der Begriff Effizienz bezieht sich auf das Verhältnis zwischen Aufwand und Ergebnis. Damit wird die Frage gestellt, ob wir es richtig im Sinne von einem möglichst geringen Mitteleinsatz tun. Es geht also nicht primär um Wirksamkeit, sondern um Wirtschaftlichkeit des Handelns.

Möchte man eine Rangfolge zwischen Effektivität und Effizienz bilden, dann kommt Effektivität vor Effizienz. Denn es ist erst einmal essentiell die “richtigen” Dinge zu tun, also effektiv zu sein. Erst dann sollte man diese “richtigen” Dinge auch “richtig” umsetzen, also effizient sein. Allerdings lässt sich in komplexen Umfeldern ein “richtig” oder “falsch” den Handlungen nicht vor, sondern erst nach Ausführung dieser und abschließender Reflektion der Ergebnisse zuschreiben. Deshalb sollte man mit dem Anspruch an Effektivität und Effizienz in komplexen Umfeldern demütig umgehen. Viel wichtiger ist es einen geschlossenen Regelkreis aufzubauen, der es erlaubt erlaubt schnell zu handeln, Ergebnisse des Handelns schnell wahrzunehmen, schnell Erkenntnisse zu generieren und dann auf Basis der neuen Erkenntnisse ggf. angepasste Handlungen vorzunehmen.

Dementsprechend habe ich das obere Bild etwas anderes dargestellt, damit dieser Fakt noch mehr zum Tragen kommt.

E2E_Geschlossener Regelkreislauf

Ziel von Unternehmen ist es grundsätzlich den Durchsatz an Mehrwertgenerierung zu erhöhen. Der Durchsatz ist umso höher, je geringer die Anzahl an Schnittstellen ist, da diese in der Regel den Mehrwertstrom behindern. Je mehr Bedürfnisse des Marktes man also erkennt und diese befriedigt um so besser. Es geht darum, das globale Optimum zu finden, keine lokalen Optima. An dieser Stelle ist ein Bezug zur Theory of Constraints (ToC) sinngekoppelt. Bei dieser Methode geht es darum, den Engpass einer Wertschöpfungskette zu finden und diesen zu eliminieren, sprich den Durchsatz am Engpass zu erhöhen, weil dadurch der Durchsatz der gesamten Wertschöpfungskette erhöht wird.

E2E_Prozessstreams

An der obigen Abbildung kann man erkennen, dass es in Unternehmen in der Regel mehrere E2E Prozesse gibt. Die Anzahl hängt von der Marktausrichtung des Unternehmens ab. Auch diesen Fakt werde ich im anschließenden Post am Beispiel eines Handelsunternehmens erklären.

Mit den derzeitig vorherrschenden funktionalen Trennungen der Prozesse in den Unternehmen in Vertrieb, Einkauf, Logistik etc. entfremden wir uns vom Markt. Es werden nur noch interne Prozesse und Regularien bedient. Diese werden zum Selbstzweck und zur Autorität. Wir erzeugen scheinbare E2E Sichten. Warum? Wir machen Trennungen, die Hürden und Schnittstellen in der Wertschöpfungskette erzeugen. Ich führe mal einige dieser Trennungen auf, die mir im Verlaufe meiner beruflichen Zeit so untergekommen sind

  1. IT vs. Fachbereich
  2. Frontend vs. Backend bei Systemen
  3. Vertrieb vs. Einkauf vs. Logistik vs. Controlling
  4. Order-to-Cash vs. Opportunity-to-Order vs. Finance-to-Manage

Selbst bei der letzten Trennungskategorie erzeugen wir keine E2E Sichten, auch wenn wir hier die “-to-” Schreibweise einführen. Warum? Weil wir auch mit diesen Trennungen den Wertschöpfungsstrom vertikal schneiden. Der Mehrwertstrom wird durch diese funktionalen Schnitte gestört und muss nachträglich über Schnittstellen wieder zusammen geflickt werden. Das kostet natürlich Durchsatz und ist dementsprechend nicht zuträglich. Die folgende Abbildung stellt genau diesen Fakt anhand der dritten Trennungskategorie dar.

E2E_Funktionale Hürden

Hier kann man auch sehr schön die Diskussionen um Hierarchie vs. Netzwerk im Kontext Führung und Zusammenarbeit in Unternehmen anbringen. In Hierarchien ist das Top-Management, die ja in diesem Modell Entscheidungsträger sind, relativ weit vom Markt lokalisiert. Dadurch verliert ein Unternehmen Flexibilität, Schnelligkeit und Agilität, und damit letztendlich seine Überlebensfähigkeit. Es wird zwar immer Kundennähe propagiert. Logisch, wäre ja fatal, würde man das nicht wollen. Im gleichen Atemzug entfernt man sich aber mehr vom Kunden durch das Ausleben der funktionalen Trennungen und der damit einhergehenden Hierarchie. Die folgende Abbildung stellt dies dar.

Wertschöpfung Hierarchie vs. Netzwerk

Dieser Fakt ist nicht neu für uns, ja sogar absolut einleuchtend. Denn im privaten Sektor handeln wir anders als im beruflichen. Dort haben wir keine kontextlosen Hierarchien. Wir steuern unser Leben nicht bedingungslos über Standards, Prozesse, Methoden und KPIs. Ein Beispiel gefällig? Ich bin vor ein paar Tagen auf einen sehr cool geschriebenen Text aufmerksam geworden. Es ist eine kleine Weihnachtsgeschichte, in welcher darüber sinniert wird, warum sich der Weihnachtsmann sich wohl Null um ITIL, Lean oder KPIs Gedanken macht. Tja, warum tut er das wohl nicht? Weil seine Kunden, die Kinder, ihm wichtig sind.

Warum haben wir Probleme End-to-End Sichten einzunehmen?

Nun haben wir eine Menge über die Wichtigkeit von E2E Sichten im Rahmen von Prozessen in Unternehmen gehört. Stellt sich nun die Frage, wenn man dieser Wichtigkeit Glauben schenken mag, warum wir diese Sicht denn nicht etablieren. Warum bauen wir immer wieder Hürden im Rahmen der Prozesse auf, die dann über Schnittstellen gehoben werden müssen? Wäre es nicht einfacher, diese Hürden erst gar nicht aufzubauen? Klar, aber warum lassen wir es nicht geschehen?

Die Ideen, auf die unsere funktional aufgestellte Form der Zusammenarbeit (kontextlose Hierarchien) beruht, stammen noch aus einer Welt, die von Effizienz geprägt war. Es war absolut klar was getan werden muss, es muss nur sehr schnell und kostengünstig getan werden. Es muss also effizient gearbeitet werden. Dementsprechend hat man auch Spezialisten in Teams verortet, also Vertriebler in Vertriebsteams, Einkäufer in Einkaufsteams etc., die dann zusammen gedacht und agiert haben. Dadurch hat man die Marktnähe verloren, was aber auch nicht so bedeutsam war, da ja klar war, was getan werden muss. Die Bedürfnisse der Kunden mussten nicht erspürt werden. Sie waren gegeben und änderten sich kaum. Man bewegte sich in einem Verkäufermarkt. Die kontextlos hierarchische und damit funktionale Form der Führung und Zusammenarbeit war eine logische Konsequenz dessen, wie Denken und Agieren in Unternehmen strukturiert werden sollte.

Dieses Gedankengebäude habe ich in einem meiner früheren Posts mal als den “Blinden Fleck der Führung und Zusammenarbeit” bezeichnet.

Heute ist aber das Umfeld von Unternehmen mehr und mehr von Komlexität geprägt. Bedürfnisse von Kunden sind nicht mehr klar. Wir haben es mit einem Käufermarkt zu tun. Dementsprechend ist eben auch nicht klar, was getan werden muss. Effektivität steht nun vor Effizienz. Es ist dementsprechend wichtig, eine Nähe zum Markt aufzubauen. Diese Nähe schafft man aber nur mit cross-funktionalen Teams, wo Vertriebler, Einkäufer und Logistiker beispielsweise zusammen in Teams agieren, die einen Mehrwertstrom befeuern. Damit wird aber eben auch offensichtlich, dass beispielsweise die Hierarchie, genauer die kontextlose Hierarchie als Form der Führung und Zusammenarbeit ausgedient hat. Ein Unternehmen sollte sich netzwerkartig und damit prozessual, also E2E aufstellen, um die zunehmende Komplexität handhaben zu können.

Unsere Art der analytischen Herangehensweise an Problemlösungen, die wir im Rahmen unserer Bildungseinrichtungen schätzen gelernt haben, hemmt uns, uns genau von dieser funktionalen Sicht zu befreien. In dem wir Probleme auseinander nehmen, die Teilprobleme dann lösen und die Teillösungen dann zu einer Gesamtlösung zusammen setzen, zerstören wir stets und ständig die Ganzheitlichkeit des zu lösenden Problems. Damit zerstören wir die Komplexität des Problems und erhalten ein kompliziertes Problem, welches mit unseren komplizierten Werkzeugen und Methoden auch lösbar ist. Allerdings ist das gelöste Problem zu dem Ausgangsproblem in der Regel verschieden, was damit die Nichtpassfähigkeit der Lösung mit sich bringt.

Komplexität entsteht nun einmal nicht durch die einzelnen Teile eines Systems an sich, sondern durch die Interaktion und die Vernetzung dieser Teile. Das erkennt man an unserer Welt. Die Anzahl der Weltbevölkerung hat in den letzten Jahrhunderten nicht so rapide zugenommen, dass man damit die Erhöhung der Komplexität erklären könnte. Was sich geändert hat ist nur die Vernetzung untereinander. Dadurch, dass unsere Technologien es ermöglichen, das wir im Netz nicht nur konsumieren, sondern uns auch mitteilen können und diese Mitteilungen jeden erdenklichen Winkel der Erde erreichen können und das auch noch in rasend schneller Geschwindigkeit, ist die Vernetzung und damit einhergehend die Komplexität rasend gestiegen.

Damit ist auch relativ klar, warum wir den beschriebenen blinden Fleck nicht aufdecken können. Dieser wird nämlich nur dann transparent, wenn man ganzheitlich vorgeht. Man könnte auch sagen, uns Menschen fällt das statische Denken in Funktionen leichter als das prozessuale Denken, das letztendlich erst eine E2E Sicht erzeugt.

Befeuert wird dieses Denken noch durch unser unabdingbares Streben nach Synergien, genauer Kostensynergien, denn nichts anderes verfolgt man in Unternehmen, wenn man Synergien heben will. Wir glauben, dass wenn wir alle Vertriebsexperten beispielsweise in einem Team allokieren, Kosten gespart werden können, weil alle die gleichen Prozesse oder Systeme nutzen. Wann ist aber genau dieser Fakt ein Wettbewerbsvorteil? Genau, wenn Effizienz an erster Stelle steht, weil man genau weiß was man tun muss. Es geht nur noch darum, wie etwas umgesetzt wird. Das Heben von Synergien darf aber nicht zu Lasten der Mehrwertgenerierung gehen. Das kann dann eben auch bedeuten, ganz bewusst Redundanzen aufgebaut werden müssen. Unser menschlicher Körper ist uns hier ein sehr gutes Beispiel. Wir sind unter anderem genau deshalb überlebensfähig, weil wir eben viele Redundanzen in unserem Körper beherbergen.

Das heißt aber nicht unbedingt, auf Synergien zwischen den einzelnen E2E Prozessen in den Unternehmen komplett verzichten zu müssen. Dieses Heben der Synergien muss aber stets im Einklang mit dem Mehrwertstrom sein.

Wie das konkret aussehen könnte, möchte ich kommenden Post am Beispiel der Ausgestaltung von BI in einem Handelsunternehmen aufzeigen. Dabei gehe ich dann auch auf die oben angerissen Fragen sowie auf weitere ein, die da wären.

  1. Nach welchen Kriterien lassen sich notwendige externe E2E Prozesse in Unternehmen definieren und wie sehen diese aus?
  2. Wie ist das Zusammenspiel zwischen internen und externen E2E Prozessen in Unternehmen?
  3. Wo ist es sinngekoppelt, da dem Mehrwertstrom zuträglich, über das Heben von Synergien zwischen den externen E2E Prozessen nachzudenken?
  4. Wo ist es sogar notwendig, Synergien zwischen den den externen E2E Prozessen zu heben?
  5. Wie spielt eine Kennzahlenorientierung in E2E Prozesssichten hinein? Wann ist diese sinngekopppelt?
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Was machen erfolgreiche Teams aus?

Diese Frage lässt sich am besten an einem lebendigen Beispiel aus der Praxis beobachten, beschreiben und damit dann auch beantworten. Wie des Öfteren hier in meinem Logbuch ziehe ich das Beispiel “FC Bayern München” heran. Warum? Jeder kann die Leistung der Mannschaft Woche für Woche am Fernseher wahrnehmen und damit für sich beurteilen, was die eigentlichen Eigenschaften des FC Bayern sind, die den Unterschied zu anderen Mannschaften bedeuten.

Welche Kriterien machen denn nun ein erfolgreiches Team aus? Ich werde einige Aspekte aufführen, diese an meinen Beobachtungen über das Spiel von Bayern München spiegeln und auch eine Reflektion in die Wirtschaft vollführen.

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Das obige Bild habe ich am 14.10.2015 hier entnommen.

Das Mia-San-Mia Gefühl mit jedem Atemzug leben!

Damit ist eine gewisse Identität des gesamten Vereins gemeint, die da heißt IMMER gewinnen zu wollen, komme was wolle. Es geht im Profisport Fußball nun mal um Gewinnen und diese Maxime nehmen ALLE Mitglieder des Vereins extrem ernst. Mit dem Einnehmen eines zweiten Platzes, egal in welchem Wettbewerb, ist man der erste Verlierer. Diese Einstellung verkörpert jeder einzelne Spieler auf dem Platz und Funktionär auf der Bank mit jeder Faser seines Körpers. Das spürt man regelrecht. Konsequenz ist, dass die Mannschaft jedes Spiel und jeden Gegner absolut ernst nimmt. Auf jeden Gegner, und sei es eine unterklassige Mannschaft in der ersten Runde des DFB-Pokals, stellt Pep Guardiola die Mannschaft akribisch ein. Eine Konsequenz dessen ist, dass der FC Bayern im Gegensatz zu einigen anderen Mannschaften, die im oberen Tabellendrittel der Bundesliga zu finden sind, wie beispielsweise Dortmund, Wolfsburg oder Leverkusen, sehr selten Punkte gegen schwächere Gegner liegen lassen.

Was bedeutet dieser Fakt auf die Wirtschaft gespiegelt?

Um wirklich wirkungsvoll zu sein und damit auch Freude an seinem Schaffen im Arbeitsumfeld zu haben sollte Jeder die folgenden Fragen für sich beantworten können.

  1. Was ist meine ureigenste Aufgabe hier im Unternehmen?
  2. Wofür stehe ich und wofür stehe ich nicht?
  3. Würden die restlichen Mitarbeiter des Unternehmens weinen, würde es mich und meinen Bereich nicht mehr geben?
  4. Wie zahlen meine Arbeit und die meines von mir zu verantwortenden Bereiches in die Mission und Vision des Unternehmens ein?
  5. Kenne ich die Mission und Vision meines Unternehmens überhaupt und kann ich diese uneingeschränkt teilen und danach leben?
  6. Würde es das Unternehmen, für das ich arbeite nicht geben, was wären triftige Gründe dieses zu gründen?

Sehr oft erlebe ich das Gegenteil. Menschen gehen tagtäglich zur Arbeit und wissen eigentlich gar nicht so wirklich warum, außer, dass sie jeden Monat einen Geldbetrag überwiesen bekommen. Damit ist dann schon mal keine Basis für Leistungsfähigkeit und Freude, übrigens wechselwirkend, gelegt.

Unbedingt auf Ganzheitlichkeit setzen und alles Andere unterordnen!

Die gesamte Mannschaft des FC Bayern ist auf genau ein Ziel ausgerichtet: Gewinnen. Dafür verteidigt Jeder und Jeder greift an, je nach Situation. Es gibt keinen Spieler, der nur verteidigt und keinen, der nur angreift. Selbst Neuer als Torwart ist auf Angriff gepolt, in dem er bereits im Moment des Ballfangens überlegt, wie er schnell und effektiv den nächsten Angriff einleiten kann. Lewandowski oder Müller als Angreifer stürmen ohne Ende und immer wieder auf die ballführenden Verteidiger zu und hindern diese damit daran geordnet aufzubauen. Der FC Bayer hat vielleicht nicht die absoluten Superstars, wie Messi oder Cristiano Ronaldo in ihren Reihen, dafür aber viele wahnsinnig gute, teilweise Weltklassespieler, die sich gerade in diesem Jahr zu einem großen Ganzen formiert haben, wo Jeder Einzelne das Team noch ein Stückchen besser macht. Man kann auch beobachten, dass dieses große Ganze nicht mehr so abhängig von einigen einzelnen Akteuren ist, wie es bei Robben oder Ribéry noch im letzten Jahr war, als sie im Halbfinale der Champions League gegen Barcelona schmerzlich vermisst wurden. Real Madrid oder der FC Barcelona sind in einem viel höherem Maße von Ronaldo oder Messi abhängig.

Was bedeutet dieser Fakt auf die Wirtschaft gespiegelt?

Ein einzelner Bereich oder ein einzelnes Projekt sollte immer in das höher liegende Ganze, dem Unternehmen, einzahlen. Logisch, sagen Sie vielleicht. Sicherlich würde diese These auch Niemand in den Unternehmen verneinen. Aber erkennt man diese Geisteshaltung auch an den Handlungen der Menschen im Unternehmen? Meistens nicht. Unternehmen sind mit silodenkenden und -handelnden Menschen durchtränkt. Das liegt nicht an den einzelnen Akteuren, sondern an den gegebenen Kontexten, in welchen sie arbeiten und an denen sie gemessen werden. Um ihnen nur einige Stichpunkte an die Hand zu geben, die mir hier einfallen: Projektziele, Bereichsziele, individuelle Ziele etc. Lobt man diese herunter gebrochenen Ziele aus, geraten die Ziele auf der höheren Ebene automatisch in den Hintergrund, ob man will oder nicht.

Den geschlossenen Regelkreis aufbauen und leben!

Es ist nicht so wichtig mit welcher Taktik der FC Bayern das Spiel beginnt, weil die gesamte Mannschaft in der Lage ist, getriggert natürlich vom Trainer Pep Guardiola, in rasend schneller Geschwindigkeit ihre Taktik und Formation im Spiel zu ändern. Dafür ist es natürlich unabdingbar, die Notwendigkeit eines solchen Änderns zu erkennen und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Guardiola macht sich natürlich Gedanken, wie er das Spiel, immer auch abgestimmt auf den jeweiligen Gegner, beginnt. Allerdings ist ihm bewusst, dass er daneben liegen kann. Logisch. Eine Entscheidung ist zum Zeitpunkt des Treffens dieser niemals richtig oder falsch. Das stellt sich immer erst später heraus. Diesen Fakt kann er aber auch entspannter als zumindest andere Trainer annehmen, da er um die “on-the-fly-Wandlungsfähigkeit” seiner Mannschaft im Spiel weiß. Es ist schon beeindruckend, wie oft Formationen im Spiel direkt geändert werden, beispielsweise von 4-er Abwehr hin zu einer 3-er Abwehrkette. Ich habe auch schon gehört, dass einige Experten Guardiola das als Schwäche in seiner Planung oder in seiner Spielvorbereitung auslegen. Das ist aus meiner Sicht absoluter Humbuk. Genau das Gegenteil ist hier auszumachen, denn Planen als Ergebnis zählt nichts, sondern der Prozess an sich.

Was bedeutet dieser Fakt auf die Wirtschaft gespiegelt?

Ich lasse mich in diesem Kontext von Maria Pruckner und ihrem Buch Komplexität im Management – InFormation inspirieren. Das Buch ist das eindrucksvollste und prägnanteste Management-Buch, was mir je in die Hände gefallen ist. Absolute Lesepflicht. Aber das nur nebenbei. Die Autorin unterzieht eine sinnvolle Unterscheidung zwischen Regeln und Steuern. Regeln ist das Mittel zum Führen, Steuern nicht. Denn, Steuern geht stets vom Input aus, sprich, es wird etwas mit einer bestimmen Absicht getan, ohne die Wirkung zu überprüfen. Beim Regeln wird vom Output her gedacht, sprich von der Wirkung, und dann bei Abweichung zum Sollwert am Input nachjustiert, eben geregelt. Regeln ist also ein zirkulärer Vorgang (Regelkreis). Beim Regeln erkennt man Fehler also als Chance zu lernen und besser zu werden. Beim Steuern hasst man Fehler. Man neigt dann dazu nicht zuzuhören und wahrzunehmen, sondern sein Ding einfach durchzuziehen. Wirkliche Führer sind also Regulierer.

Und genau um diesen Fakt geht es. Ein Unternehmen muss mit dem Markt, vor allem jetzt in Zeiten der dramatisch steigenden Änderungs- und Dynamisierungsrate, einen geschlossenen Regelkreislauf bilden. Das bedeutet für das Unternehmen, der Geschwindigkeit des Marktes Stand zu halten: Schnell Entscheiden → Schnell die Reaktion des Marktes wahrnehmen → Schnell Erkenntnisse generieren und Lernen → Schnell Entscheiden usw. usf. Der Markt wartet nicht. Ein Verzögern des Kreislaufes bedeutet eine Verringerung von Komplexität, womit ein Unternehmen seine Überlebensfähigkeit verringert.

Redundanzen einfordern und fördern!

In der Mannschaft des FC Bayern können sehr viele Spieler viele verschiedene Positionen spielen. Es gibt zwar klare festen Rollenbeschreibungen und Vorgaben der jeweiligen Positionen, stets natürlich im ganzheitlichen Sinne, aber diese werden nicht auf die Akteure fest herunter gebrochen. Ein Verteidiger, wie Jerome Boateng beispielsweise, leitet Angriffe mit langen präzisen Pässen in die Sturmspitze ein. Beim 5:1 Heimsieg gegen Dortmund vor einigen Wochen wurde Xabi Alonso als Passgeber von Kagawa komplett zugedeckt. Boateng hat dann die Rolle des Taktgebers aus der Abwehr heraus übernommen und die zwei entscheidenden Tore mit langen Pässen vorbereitet. Im Heimspiel gegen Leverkusen in dieser Saison stand kein gelernter Innenverteidiger auf dem Platz. Trotzdem hatte Leverkusen nicht eine einzige klare Chance. David Alaba und Xabi Alonso haben die Innenverteidigung übernommen, obwohl sie diese Rollen zuvor nie gespielt haben.

Was bedeutet dieser Fakt auf die Wirtschaft gespiegelt?

Das ständige Fokussieren innerhalb von Unternehmen auf Effizienz ist längst nicht mehr passfähig im dynamischen Marktumfeld, um darin zu überleben. Ein absolutes Ausrichten auf Effizienzen bedeutet das Ausschalten von Redundanzen, da diese als Verschwendung angesehen werden. Effizienz in diesem Sinne ist aber nur eine Seite der Medaille, welche zu den oft zitierten Zeiten Frederick Taylors als das Heiligtum gepriesen wurde. Die damalige Grundidee basierte darauf, den genau einen optimalen Weg zu finden, um die Produktivität so hoch wie möglich zu halten. Warum? Andere Faktoren waren für den Markt schlicht nicht ausschlaggebend. Die Hersteller bestimmten den Markt. Es ging ums Massengeschäft. Es war klar was getan werden musste. Es ging nur noch darum wie etwas getan wird.

Je dynamischer und veränderlicher allerdings das Umfeld ist, in welchem Unternehmen sich bewegen, wird der Fakt, “Was” überhaupt getan werden muss, immer wichtiger. Erst danach kommt die Frage nach dem “Wie”. Da diese Entscheidung, wie oben bereits geschrieben, zum Zeitpunkt des Treffens der Entscheidung niemals mit “gut” oder “schlecht” bewertet werden kann, geht es vermehrt darum zu probieren und zu lernen. Es geht nicht mehr darum, nur den einen richtigen Weg zu finden, sondern sich viele mögliche offen zu halten. Um diesen gesamten Möglichkeitsraum an Handlungen optimal im Unternehmen zu bedienen, müssen Rollen, Skills und Fertigkeiten vielfach besetzt werden.

Um nicht missverstanden zu werden. Verschwendungen in Unternehmen sind immer noch schlecht und müssen beseitigt werden. Allerdings werden Redundanzen in Unternehmen nicht mehr als Verschwendung angesehen, wie es noch zu Zeiten der Industrialisierung von Taylor der Fall war, sondern als Lebensnotwendigkeit. Diesen Fakt können wir übrigens von der Natur und unserem menschlichen Körper abschauen.

Interne Komplexität hoch und angepasst halten, niemals kontextlos reduzieren!

Gewisse Funktionen (Verteidigung, Angriff, Ball halten, Ball verteilen, Tore vorbereiten, Tore schießen, …) müssen von der Mannschaft des FC Bayern einfach ausgeführt werden, es ist aber nicht entscheidend von wem genau. Jeder einzelne Spieler muss über die gesamte Spielzeit wahrnehmen und agieren bzw. reagieren. Denkleistung in Perfektion von der ersten bis zur letzten Minute ist gefragt. Wie oft habe ich Kommentare im Kontext eines Bayernspiels in dieser Saison gehört wie

Über die Aufstellung muss man eh nicht reden, kommt sowieso alles anders im Spiel.

Man kann nicht wirklich erkennen, wer heute welche Position einnimmt.

Von außen sieht es scheinbar chaotisch aus. Aber intern verstehen sich die Spieler quasi blind. Das ist Positionsspiel in absoluter Höchstperfektion, egal welcher Spieler welche Position bekleidet; ein Zeichen einer hohen internen Komplexität der Mannschaft. Keine Standardisierung. In den ersten 8 Spielen dieser Saison hatte Bayern niemals die gleiche Start-Elf auf dem Platz. Douglas Costa spielt mal rechts, dann mal links vorne. Alaba ist bekannt dafür, dass er in einem einzigen Spiel 3-4 verschiedene Positionen bekleidet. Die Gegner des FC Bayern können sich sehr schwer einstellen, haben sie scheinbar ein Rezept gefunden, ändert sich der FC Bayern wieder. Irgendwann ist dann der Widerstand gebrochen, da gegnerische Mannschaften die hohe Änderungsrate nicht mitgehen können. Einen Fakt, der dies belegt, der FC Bayern hat in dieser Saison viel mehr Tore in der zweiten als in der ersten Halbzeit erzielt.

Was bedeutet dieser Fakt auf die Wirtschaft gespiegelt?

Um als Unternehmen überlebensfähig in einem hoch dynamischen Marktumfeld zu sein, muss ein gesunder Mix zwischen “Reagieren auf den Markt” und “Gestalten des Marktes” im Unternehmen vorherrschend sein. Ich habe diese Gedanken oben im Kontext des geschlossenen Regelkreislaufes zwischen Unternehmen und Markt bereits angerissen und möchte es an dieser Stelle noch weiter ausführen.

Unternehmer haben grundsätzlich den tiefen Drang zu gestalten. Sie sehen im Kontext Investition hauptsächlich Chancen. Deshalb ist auch Jeder bei ihm willkommen, der Ideen hat, in die er investieren kann. Bei einem Manager sieht es anders aus. Er verwaltet und sieht deshalb in erster Linie Risiken, keine Chancen. Jeder, der mit Ideen kommt und nach Investition fragt, hat das Gefühl sich dafür entschuldigen zu müssen. Beide, Unternehmer und Manager, sind für ein Unternehmen wichtig, da sie mit den dahinter liegenden Geisteshaltungen die Balance zwischen Stabilität und Instabilität herstellen können. Es ist aber zu beobachten, dass in traditionellen Unternehmen die Manager klar in der Überzahl sind. Sie stehen in der Regel in der Hierarchie oben und üben qua Gesetz ihre Macht aus. Das führt zu Trägheit der Unternehmen im Kontext Wandel. Fatal.

Ein Manager fragt im Bezug zu Investitionen nach Business Cases, ein Unternehmer tut dies nicht. Ich höre immer wieder, dass es doch normal wäre, für Investitionen Business Cases rechnen zu müssen. Ja? Ist es das? Ist das ein Naturgesetz, wie die Gravitation? Unternehmen, in denen es auch Unternehmer gibt, sind beim Investieren und damit beim Gestalten des Marktes rattenschnell. Dort wird mit der folgenden Haltung investiert.

Was ist mir das Thema wert und was bin ich deshalb bereit für dieses Thema zu verlieren?

Folgende Gedanken, die Bestandteil von Effectuation sind, liegen dieser Haltung zu Grunde. Nachlesen können Sie das hier.

  1. Mittelorientierung statt Zielorientierung: Kausale Logik bedeutet, Ziele festzulegen und dann Mittel und Wege finden, um die Ziele bestmöglich zu erreichen. Effectuation beginnt hingegen bei den vorhandenen Mitteln: Wer ich bin, was ich weiß und wen ich kenne. Die Mittel bestimmen, was machbar ist.
  2. Leistbarer Verlust statt erwarteter Ertrag: Kausale Logik orientiert sich am erwarteten Ertrag. Man wählt Ziele aus, die den besten Ertrag versprechen. Effectuation orientiert sich am leistbaren Einsatz oder Verlust. Da sich in einer ungewissen Zukunft keine Erträge vorhersagen lassen, sollte man nur das aufs Spiel setzen, was man zu verlieren bereit ist.
  3. Umstände und Zufälle nutzen statt vermeiden: Nach kausaler Logik gilt es, den Zufall auszuschließen, Überraschungen gefährden die Zielerreichung. Effectuation sieht den Zufall als Partner an: Es gilt, Überraschungen in Chancen zu verwandeln und Nutzen aus dem Ungeplanten zu ziehen.
  4. Partnerschaften statt Konkurrenz: Kausale Logik unterscheidet zwischen „den richtigen Partnern“ und grenzt sich gegen potenzielle Konkurrenz ab. Effectuation bedeutet, Partnerschaften mit denen einzugehen, die sich selbst selektieren und früh an einem noch unsicheren Vorhaben beteiligen.

Niemals zufrieden sein, denn Zufriedenheit bedeutet Stillstand!

Alle vorher von mir beobachteten Eigenschaften eines Hochleistungsteams FC Bayern impliziert das Ausüben extremst hoher Fertig- und Fähigkeiten eines jeden einzelnen Spielers. Dem sind nicht Alle gewachsen, auch wenn diese sich vorher in anderen Mannschaften bereits als (Welt)klasse bewiesen haben. Da sind einige Beispiele zu nennen. Wie gesagt, diese beruhen auf meine Wahrnehmungen. Da sind zum einen die beiden Stürmer Mario Gomez und Mario Mandzukic zu nennen. Beide haben durchaus Fähigkeiten, die sie zu guten Stürmern machen. Vergleicht man sie aber mit Robert Lewandowski, wird klar was ihnen fehlt. Lewandowski ist ein spielender Stürmer, der sich immer wieder im Mittelfeld anbietet und damit als zusätzliche Anspielstation gilt. Er ist technisch wahnsinnig stark, kann Doppelpässe spielen und auch lange Bälle in die Spitze stark verarbeiten und zumachen. Und na klar, als Stürmer ist er auch torgefährlich. Mandzukic und Gomez waren also als Spieler nicht komplett genug, um das Team FC Bayern besser zu machen.

Xherdan Shaqiri ist hier ebenfalls zu nennen, der so glaube ich, einfach überfordert war mit den vielen Positionswechseln im Rahmen eines Spiels, die von ihm verlangt wurden. Auch er war technisch und vor allem auch im Tempodribbling sehr stark, aber eben nicht komplett genug. Nicht umsonst sagt Guardiola, er hätte am liebsten nur Mittelfeldspieler, was bedeuten soll, dass diese Spieler eigentlich Alles auf dem Fußballfeld können sollten, verteidigen, pressen, gegenpressen, Tore schießen etc. Bei Mario Götze kann man Ähnliches beobachten. Beim BVB war er absoluter Leistungsträger und damit sein Weggang eine extreme Schwächung für das Team. Beim FC Bayern kommt er jetzt nach 2 Jahren Eingewöhnung so langsam an.

Was bedeutet dieser Fakt auf die Wirtschaft gespiegelt?

Mitarbeiter in Unternehmen müssen gefordert und gleichzeitig gefördert werden. Das ist aber auch gleichbedeutend mit einer Verantwortungsübergabe und -nahme an und durch die Mitarbeiter, die nur durch eine “wirklich” offene, transparente und vertrauensvolle Umgebung geschehen kann.

Unternehmen, in denen streng nach einem hierarchischen Modell zusammen gearbeitet wird, verwenden das Prinzip der Arbeitsteilung, um Verantwortung auf viele Schultern zu verteilen. Das ist richtig und sinnvoll. Aber es führt auch zu einer “organisierten Unverantwortlichkeit”. Oder genauer gesagt. Für eingetretenen Erfolg will Jeder gerne persönlich verantwortlich sein und diesen sich auf die Fahne heften. Der Misserfolg ist allerdings fast immer das “Stiefkind”, welches niemand haben möchte. In Hierarchien ist es auch ein Leichtes, Misserfolge vereinbarten Prozessen und Regeln aufzubürden, getreu dem Motto: “Ich konnte ja gar nicht anders handeln, ich habe es streng nach unserem Prozess getan.”

Es gibt also niemals zufrieden zu sein. Zufriedenheit bedeutet Sattheit. In diesem Zustand entwickelt man sich schwer weiter. Warum auch? In Zeiten der Digitalisierung entwickelt sich aber das Umfeld der Unternehmen stetig weiter. Halten Unternehmen dem nicht Stand kann das fatale Folgen haben. Trotz steter Unzufriedenheit muss aber eine Umgebung der Glücklichseins geschaffen werden. Klar, oder? In einem Unternehmen, in dem tagtäglich nur gemotzt und gemeckert wird, kann wohl keine Atmosphäre geschaffen werden, die Höchstleistung zulässt. Man muss also zufrieden und gleichzeitig aber auch unzufrieden sein. Ein Widerspruch? Klar, wir haben es ja mit Lebendigkeit zu tun.

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Fokussierung auf messbaren Projekterfolg mehrt die ungenutzten Potentiale, …

… weil dann die Projekte in der Regel zum Selbstzweck mutieren. Warum? Das möchte ich in diesem Post belegen.

Ich möchte aber vorher nicht unerwähnt lassen, wer mich in dieses Thema geschubst hat. Es war Eberhard Huber mit seinem Post zur Blogparade des anstehenden PM-Camps in Dornbirn Muster brechen – Was ist Projekterfolg?. In diesem Post wird das zu hartnäckige Muster der zu engen Definition des Projekterfolgs zum Thema gemacht. Ich habe zu diesem Beitrag bereits meine Kommentare dort verfasst und abgelegt, möchte diese aber hier noch einmal sortiert vorlegen.

Mein eigener Beitrag zu dieser Blogparade namens “Musterbrechen heißt Widersprüche lieben” finden Sie übrigens hier.

Der Glaube an quantifizierbaren Projekterfolg beruht auf unserem tradierten Denkmodell.

Fokussiert man sich auf Projekterfolge, dann geht man von folgenden Prämissen (unbewusst?) aus.

  1. Unsere Welt besteht aus klar zu ergründenden Ursache-Wirkungsbeziehungen.
  2. Unsere Wahrnehmungen von der Welt können wir in Zahlen ausdrücken.
  3. Wir können unsere Welt für eine Analyse in Teile zerlegen und dann die Lösungsbestandteile anschließend wieder linear zusammenfügen.

Was liegt unserem Drang nach Messen zu Grunde? Ich kann Wirkungen ganz klar und transparent Ursachen zuordnen, getreu dem Motto

Ich habe das erreicht, weil ich dieses und jenes getan habe und dieses und jenes nicht getan habe!

Das funktioniert aber weder ex ante noch ex post in einem komplexen Umfeld. Ex ante ist wohl Jedem bewusst, denn wir können nun mal nicht die Zukunft vorhersagen. Diesen Fakt möchte ich hier nicht weiter beleuchten. Für Details kann man sich bei einigen Posts aus meinem Logbuch bedienen.

Ex post kann ich aber ebenso wenig wahrgenommene Wirkungen klar und einwandfrei Ursachen zuordnen. Denn klare Ursache-Wirkungsbeziehungen existieren nur in einer “toten Welt”, wenn ich beispielsweise eine Kaffeemaschine repariere. Im nach hinein kann ich die Funktionstüchtigkeit der Kaffeemaschine ganz klar meinen einzelnen Reparaturaktivitäten zuordnen. Warum? Es gibt nur einen einzigen Kontext. Ich tue das und genau das, weil die Kaffeemaschine wieder funktionieren soll. Ich repariere die Maschine nicht, damit sie sich wieder glücklich fühlt. Vielleicht ist das mein Ansinnen im Bezug zu meiner Frau, aber da betrete ich dann ja schon wieder die “lebendige Welt”.

Wir bewegen uns also im Fall der Kaffeemaschine in einem monokontexturalen und damit in ein einem allenfalls komplizierten Umfeld. Unsere Projekte laufen aber in der Regel in einem polykontexturalen, also komplexen und damit lebendigen Umfeld ab. Hier ist die erzielte Wirkung also nicht nur den Ursachen zuzuordnen, sondern in hohem Maße auch dem darunter liegenden Kontext dieser Ursachen und der Wirkungen. Dieser Kontext wird aber beim Messen ausgeblendet, weil wir beim Messen trennen müssen.

Oft erlebe ich, wie Menschen quasi gezwungen werden, ihren Erfolg zu erklären. Wenn sie dann antworten, bedienen sie aber wieder nur unser tradiertes Denkmodell, in dem sie klare Ursachen benennen. Ob das dann wirklich die Ursachen sind, kann Niemand wirklich sagen.

Warum versuchen wir eigentlich nicht einen prozentualen Anteil der Vorarbeit von Andre Schürrle dem Tor von Mario Götze im letztjährigen WM-Finale beizumessen? Weil wir es nicht können. Wir wissen nur, dass Schürrle einen Anteil hatte, genau so, wohl aber ein bisschen mehr, wie ein paar Minuten vorher Boateng mit seinem Pass auf Hummels. Wie groß dieser Anteil ist, können wir nicht feststellen. Ist ja auch uninteressant, oder? Wir sind Weltmeister.

Übertragen wir das doch einmal auf unsere Unternehmen und die darin ablaufenden Projekte. Entscheidend ist doch stets, das Unternehmen als Ganzes zu sehen. Jede Trennung, die wir vornehmen, ist künstlich und liegt unserem Denkmodell zu Grunde. Sich die Frage zu stellen “Reagiert der Markt passfähig zu den von mir ausgelobten Zielen?” ist doch entscheidend. Wirkungen, die wir erzielen, sind also niemals gut oder schlecht, sondern immer nur passfähig zum Markt oder eben nicht. Wir sollten diese (Nicht)Passfähigkeit niemals auf einzelne Aktivitäten oder Projekte im Unternehmen zuordnen. Diese Zuordnungen existieren nur in unserem Kopf, basierend auf unserem Denkmodell. Dem Markt sind unsere einzelnen Projekte total egal.

Ein Denkmodell ist grundsätzlich notwendig, aber ein neues.

Alles was wir wahrnehmen und bewerten, vollführen wir gegen eine Wirklichkeitskonstruktion, die mit der Realität nicht gleichzusetzen ist. Statt Wirklichkeitskonstruktion kann man auch Modell sagen. Wir benötigen also grundsätzlich Modelle, um überhaupt wahrzunehmen und zu bewerten und uns auf dieser Basis miteinander auszutauschen. Also auch im Rahmen von Projekten.

Welche Modelle nutzen wir im Rahmen von Projekten? Da wären zum einen Kennzahlen, die beispielsweise Fortschritt messen oder den Budgetverbrauch, also Scope, Time, Budget. Dieses so genannte magische Projektdreieck hat direkt nichts mit dem eigentlich zu Erreichenden im Projekt zu tun. Wir machen diesen Umweg, um das durch das Projekt zu Erreichende dem wirklich Erreichten im Ist gegenüberzustellen. Des Weiteren sind auch alle Methoden der PM-Disziplinen (Scope-, Issue-, Risiko-, … Management) Wirklichkeitskonstruktionen. Wir glauben durch Befolgen dieser klaren Anweisungen das Gap zwischen Plan und Ist in der Dimension des Erreichten so klein wie möglich zu halten.

Wird bereits klar was wir mit Projektmanagement und mit der Fokussierung auf Projekterfolg im traditionellen Sinne eigentlich tun? Genau. Wir bewegen uns in einer Scheinwelt. Wir befolgen Methoden aus einer Scheinwelt, die nicht viel mit der Realität zu tun haben und messen dann den Erfolg ebenfalls mit Mitteln aus genau dieser Scheinwelt.

Warum Scheinwelt? Projekte erzeugen per Definition für das jeweilige Unternehmen etwas Neuartiges, noch nie Dagewesenes. Und was bedeutet traditionelles Management? Richtig, Nach alt bewährter Form tue ich Dinge, um etwas zu erreichen, weil genau diese Dinge früher zum Erfolg geführt haben. Und das Management kontrolliert dieses Einhalten der alt bewährten Struktur. Aber wie soll das gehen? Ich möchte Neues erreichen und nutze dafür ausgelatschte Pfade? Lässt man sich das auf der Zunge zergehen, kommt man zum Schluss, dass es Projektmanagement (im traditionellen Sinn) niemals geben sollte. Denn Projektmanagement sorgt dafür, dass das Erreichte im Projekt so minimal wie möglich gehalten wird. Das Streben nach Sicherheit im Projektmanagement, und das tut man implizit durch Befolgen von Methoden und Regeln in einer hoch dynamischen Welt, ist gleichbedeutend mit einem Streben nach NULL Innovation, NULL Kreativität und damit nach NULL Fortschritt.

Nehmen wir das Risikomanagement als Beispiel. Über das Risikomanagement sollen die Risiken im Projekt eingedämmt oder mitigiert werden. Damit nimmt man dem Projekt aber die Überraschungen und die Innovationskraft. Neues kann so schwerlich entstehen, sondern nur das, was bereits im Unternehmen vorhanden ist. Nimmt man Risikomanagement, und damit Projektmanagement, ernst, sollte man Projekte erst gar nicht starten. Und damit muss es Projektmanagement auch gar nicht geben, weil es keine Projekte gibt.

Nun schlage ich den Bogen zurück zum Projekterfolg. In traditionellen Diskussionen rund um den Projekterfolg wird dieser eben angesprochene blinde Fleck, dass es Projekte mit dem Mindset eines traditionellen Projektmanagers eigentlich gar nicht geben sollte, nicht reflektiert. Dementsprechend merken wir auch gar nicht, dass wir zwar etwas messen, dieses Gemessene aber überhaupt nichts mit dem Projekterfolg im eigentlichen Sinne zu tun hat. Denn sowohl die Mittel der Durchführung von Aktivitäten (Methoden), als auch die Kennzahlen (Status nach Scope, Time und Budget), die den Erfolg messen sollen, stammen aus einer Scheinwelt.

Projekterfolg sollte also auf Qualitäten, nicht auf Quantitäten basieren.

Nun habe ich die ganze Zeit ausgeholt, was man im Kontext von Projektdurchführung und Fokus auf Projekterfolg nicht machen sollte. Aber was sollte man dann stattdessen tun, oder besser, wie gehe ich persönlich im Rahmen der Projekte mit Projekterfolg um. Wie stelle ich Projekterfolg dar und kommuniziere ihn zu allen Stakeholdern?

Ich verfolge die Maxime, dass man Erfolg von Projekten nicht messbar machen sollte. Ich benutze zwar Zahlen, diese Zahlen ergeben sich aber nicht aus komplizierten Formeln und Rechenwegen, sondern sind das Ergebnis dessen, was die involvierten Personen fühlen und wahrnehmen. Wie soll das funktionieren?

Ich lasse die Projektmanager regelmäßig genau eine Frage beantworten.

Geben wir unser Geld im Projekt mehrwertgenerierend aus?

Die Antwort basiert zahlen- und rechentechnisch nur auf dem bereits investierten Geld und dem geplanten Budget für das Projekt. Den eigentlichen Fortschritt im Projekt, das betrifft ganz viele unterschiedliche Dimensionen, wie erstellte Funktionalitäten, Zufriedenheit der Stakeholder etc., beurteilt der Projektmanager einzig und allein auf Basis seiner Wahrnehmung und seines Gefühls. Nur das Ergebnis wird in Zahlen dargestellt, um dieses dann in Form eines Bildes integriert mit dem geplanten und ausgegebenen Geld darzustellen. Was ist der Vorteil?

  1. Zahlen und komplizierte Rechnungen vernebeln nicht die Wahrnehmung.
  2. Die Logik dahinter ist extrem einfach und allgemein verständlich.
  3. Verantwortung für den Fortschritt im Projekt wird nicht aus Zahlen und komplizierten Rechnungen erzeugt, sondern bleibt da wo sie hingehört, beim Projektmanager.

Meine differenzierte Sicht zu Zahlen habe ich unter anderem in diesem Post verdeutlicht.

Bugdet-Fortschritt-Tracking

Das Ergebnis aller Projekte stellen wir dann graphisch in einem 3D Diagramm dar. Die obige Abbildung steht exemplarisch für ein solches Diagramm. Die x-Achse reflektiert die Ratio zwischen ausgegebenem und geplantem Geld. Die y-Achse reflektiert die Ratio zwischen geplanten und tatsächlich erreichtem Fortschritt, nur basierend auf der Wahrnehmung der Projektmanager. Dann wird jedes Projekt noch mittels der Größe der Kreise im Kontext ihres Scopes dargestellt. Je größer der Scope desto größer die Kreise.

Damit gibt es 3 Bereiche. Einen neutralen Bereich (eine Linie), in welchem die Ratio zwischen investiertem Geld und erreichtem Fortschritt im Einklang ist. Die anderen beiden Bereiche symbolisieren die grüne und rote Fläche. Bei Projekten, die auf der grünen Fläche lokalisiert sind, wird das investierte Geld mehrwertgenerierender als ursprünglich gedacht investiert, bei Projekten auf der roten Fläche hat man eben weniger Mehrwert in Bezug zum investierten Geld generiert als gedacht.

Die Kommunikation über dieses Diagramm funktioniert sehr gut. Alle Stakeholder sind von der Einfachheit und Transparenz, auch nach anfänglicher Skepsis, begeistert. Schwierig war vor allem zu erklären, dass der Fortschritt im Projekt rein auf Wahrnehmung des Projektleiters und die darauf aufbauende subjektive Projektion in die Zahlenwelt basiert. Rechnungen, und seien sie auch noch so kompliziert, erzeugen nicht mehr Objektivität.

In diesem Kontext habe ich aber auch einen Kompromiss zugelassen. Sie haben es wahrscheinlich bereits gemerkt. Denn aus meiner Sicht muss man keine Erfolgsdarstellung auf Projektebene durchführen. Sie wissen ja, nicht trennen was nicht trennbar ist. Es geht um das Unternehmen. Aber das hatten wir ja schon.

Aber ab und zu muss man auch das System bedienen, um es ändern zu können.

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Blogparade: Musterbrechen heißt Widersprüche lieben

Eberhard Huber hat im Kontext des kommenden PM Camps in Dornbirn vom 19. bis zum 21. November 2015 zu einer Blogparade aufgerufen. Es geht um Musterbrechen und das im Zusammenhang mit Projektmanagement.

Dieses Thema verbindet sich sehr gut mit meinen derzeitigen Ideen und Gedankengängen. Deshalb mache ich bei dieser Parade mit.

Projekte und Musterbrechen gehören zusammen wie die Faust auf`s Auge.

Neues erschafft man nur durch Musterbrechen und Projekte sind genau dafür da, Neues in Unternehmen zu erschaffen. Also muss es ja schon in der DNA von Projekten verankert sein, Muster brechen zu wollen. Aber ist uns das auch wirklich immer so bewusst?

Um diese Frage zu beantworten möchte ich mich noch einmal dem Begriff “Musterbrechen” nähern. Mit Musterbrechen verbinde ich in erster Linie zwei Dinge.

  1. Die Vergangenheit wird nicht linear in die Zukunft extrapoliert.
  2. Dieses nichtlineare Fortschreiben geschieht durch Kontextwechsel.

Nur so entstehen Innovationen. Nehmen wir das Beispiel Apple mit dem iPhone. Nur in dem das “Handy” aus einer anderen Sicht mit anderen Prämissen betrachtet wurde, kamen Apple-Mitarbeiter wahrscheinlich auf die Idee der Smartphones. Sie haben dafür weder Kunden befragt, da diese wohl zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wussten, jemals Smartphones benötigen zu wollen, noch haben sie die zu der Zeit vorherrschenden Handymodelle einfach rillenoptimiert. Sie haben Muster gebrochen. Nokia hat beispielsweise dieses Muster nicht gebrochen oder brechen wollen.

Ein weiteres negatives Beispiel ist Kodak, die ebenfalls die Notwendigkeit eines Musterbrechens im Bereich der Fotografie nicht erkannt haben und so die Reise hin zur Digitalfotografie verschlafen haben.

Tradierte Projektmanagementmethoden und Musterbrechen schließen sich aus.

Okay, verstanden. Im Rahmen von Projekten sollen Muster gebrochen werden, um Neues entstehen zu lassen. Helfen uns dabei unsere derzeit vorherrschenden Projektmanagementmethoden? Oder genauer gefragt. Hilft uns dabei unsere derzeitig vorherrschende Geisteshaltung (Mindset), so viel wie nur irgend möglich im Projekt über Methoden und Best Practice zu standardisieren? Wohl eher nicht.

An dieser Stelle ist eine Unterscheidung sinnvoll (keine Trennung), nämlich zwischen den beiden Fragestellungen

  1. Wie tue ich die Dinge “richtig”?
  2. Welche “richtigen” Dinge tue ich?

Bei welchen Fragen helfen uns unsere Methoden weiter? Bei der ersten? Das könnte man vielleicht meinen, weil bereits klar definiert ist, was getan werden muss. Jetzt geht es nur noch um des effiziente Abarbeiten.

Aber wie oben bereits angedeutet, wird man beim Musterbrechen die zweite Frage zuerst beantworten müssen, auch wenn diese nicht klar zu entscheiden ist. Es geht um die Fragestellung, was zu tun ist. Und das ist in diesem Zusammenhang eine unternehmerische Entscheidung, die zum Zeitpunkt des Treffens der Entscheidung nicht mit “richtig” oder “falsch” einzuwerten ist. Musterbrechen eben.

Auch Apple hat zum Zeitpunkt des Experimentierens in Richtung der Smartphones nicht sicher vorhersagen können, ob die Kunden Smartphones lieben und kaufen werden. Es geht also um Probieren und Lernen.

Hat man die zweite Frage beantwortet, kann man sich dann der ersten stellen, wie die neuen Dinge umgesetzt werden sollen. Da es sich aber wie gesagt in der Regel um neue Themen handelt, die man in der Regel so in dieser Art noch niemals im Unternehmen getan hat, muss man auch mit alt bewährten Methoden vorsichtig sein.

Beim Musterbrechen helfen also alt bewährte Verfahren nur bedingt. Es geht in Projekten darum, einen Rahmen zu setzen, in welchem die beiden oben aufgeführten Fragen effektiv und effizient beantwortet werden können, und zwar von den Experten.

Spinnt man diesen Faden weiter, wird einem auch schnell bewusst, dass der Begriff “Projektmanagement” vielleicht nicht unbedingt der passendste ist, um diese Haltung einzunehmen. Vielleicht sollten wir eher von Projektführung reden, was Holger Zimmermann übrigens auch bereits angeregt hat.

Dieser neue Weg ist aber von Widersprüchen gepflastert, was Prozessanweisungen fehlschlagen lässt.

Alle Anweisungen, die nach Rezepte schmecken, haben den Anspruch immer zu gelten. Diese müssen also kontextunabhängig sein und gelten damit nur in einer toten Welt. Beispiel hierfür sind u.a. “Aufbauen eines Schranks”, “Reparieren eines Autos” oder “Sortieren von Briefen nach Empfänger”. Diese Aktivitäten können Maschinen durchführen, werden sie wahrscheinlich auch irgendwann in Summe. Artikel über solche und ähnliche Zukunftsszenarien sind ja zuhauf im Netz zu finden.

In einer lebendigen, und damit komplexen Welt, gibt es aber immer viele Kontexte, die bei einer Entscheidung und Handlung erst einmal wahrgenommen und bewertet werden müssen, um dann zu handeln. Dieses Wahrnehmen und Bewerten kann aber niemals ex ante aufgeschrieben und als Prozessanweisung geltend gemacht werden.

Leider versuchen wir viel zu häufig und unreflektiert, erfolgreiche Errungenschaften der toten komplizierten Welt in die lebendige komplexe zu übertragen.

Eine weitere Eigenschaft der lebendigen Welt ist, dass sie von Widersprüchen durchsetzt ist. Prozessanweisungen, die für eine lebendige Welt passfähig wären, müssten also jeden erdenklichen Kontext, in welchem bestimmte Handlungen ausgeführt werden sollten, inkludieren. Das ist aber schier unmöglich. Werden die Kontexte nicht inkludiert, müssten sich diese Anweisungen in sich widersprechen, was sie dann wieder sinnentkoppelt erscheinen lassen.

Die folgende Tabelle zeigt einige Widersprüche auf, die hochkommen, wenn man klare Konzepte für die Umsetzung eines Wandels in Unternehmen aufstellen wollte.

Widersprüche_Beispiele1

Diese Beispiele habe ich aus dem Artikel Entzauberung der lernenden Organisation von Stefan Kühl entnommen.

Eine ähnliche Konstellation findet man vor, wenn man nach Konzepten “Guter Führung” in Unternehmen fragt. Die Antworten sind meist von großer Ambivalenz geprägt. Das bedeutet, man kann diese Konzepte als “passfähig” oder “nicht passfähig” auslegen, je nach Kontext, in denen man diese bewertet. Beispiele dazu finden Sie im Artikel Gefangen im System des Forums Gute Führung.

Widersprüche_Beispiele2

Lebendigkeit und damit auch der Wandel im Bereich der Lebendigkeit ist von Widersprüchen durchsetzt. Das ist nun weder gut noch schlecht, sondern es ist. Dem müssen wir uns stellen, auch und gerade im Projektkontext.

Widersprüche annehmen heißt Menschlichkeit lieben.

Es ist zu beobachten, dass der notwendige Wandlungsprozess in Unternehmen, der in einem zunehmend dynamischeren Marktumfeld immer häufiger von statten gehen muss, den Unternehmen schwer fällt. Sehr häufig werden dafür Umsetzungsschwierigkeiten als Ursache genannt. Es wird aber nicht ansatzweise in Betracht gezogen, dass der eigentliche Denkrahmen, auf dem das Funktionieren von Unternehmen basiert, nämlich, dass Abläufe in Unternehmen zu 100% steuer- und kontrollierbar sind, das Übel darstellt.

Es wird schon unterstellt, das Alles irgendwie schwieriger wird. Dem möchte man aber mit ebenso schwierigen Methoden und Prozessen anheim kommen. Häufig wird für “schwierig”, gleichbedeutend mit kompliziert, das Wort “komplex” genannt. An dieser Stelle aber dann fataler weise falsch, denn wenn man wüsste, was Komplexität bedeutet, würde man keine starren Regeln und Konzepte zur Umsetzung eines Wandels anfertigen lassen und sich dann darüber aufregen, dass die Mitarbeiter diese nicht umsetzen, um dann wiederum auf Ausbildung der Mitarbeiter zu setzen, um zu glauben besser zu werden. Es geht hierbei aber nicht um Wissenszuwachs in Form von Lernen, denn bei Komplexität hilft kein Wissen, sondern Talent und Können. Wissen ist in einem komplexen Umfeld keine Kompetenz.

Konzepte und Regeln müssen stets widerspruchsfrei sein. Im Bereich der Lebendigkeit gibt es aber Widersprüche ohne Ende. Wäre es nicht so, würden wir von etwas Totem reden.

Welche Facetten muss man also beachten, um Muster brechen zu können?

Alle Entwicklung im Kontext von Menschen, also auch die Wirtschaft, ist geprägt von kurzen plötzlich auftretenden und nicht lange angekündigten Ereignissen, so genannte Tipping Points. Man sollte also nicht von “Entwicklungspfaden” sprechen, da dieses Wort falsche Vorstellungen über Unternehmensentwicklung in uns weckt. Deshalb lassen sich Unternehmen auch nicht mit linearen Methoden und Werkzeugen steuern, die man aus der toten Welt kennt. Denn es gilt: Kleine Ursachen können große Auswirkungen haben. Das hebt unsere übliche Vorstellung über Ursache-Wirkung aus den Angeln.

Ein Beispiel dazu. Ein Frosch, der in einem Topf mit Wasser sitzt, in welchem das Wasser ganz langsam erhitzt wird. Das langsame Erhitzen nimmt der Frosch nicht wahr. Es wird irgendwann eine Temperatur erreicht, wo der Frosch stirbt. Das ist dann der Tipping Point, der deshalb scheinbar aus dem Nichts auftaucht, da er sich nicht ankündigt. Warum ist das so? Lebewesen sind bestrebt, eine Stabilität aus Instabilitäten der Unwelt zu errechnen. Das ist Basis unserer Wahrnehmung. Ohne diese Fähigkeit gäbe es keine Wahrnehmung.

Zum Schluss möchte ich das Geschriebene noch einmal im Kontext “Musterbrechen” zusammenfassen.

  1. Muster brechen bedeutet Neues schaffen und Veränderungen einleiten, also die ureigenste Aufgabe von Projekten. Deshalb sollten wir ab sofort statt Projektmanagement eher Projektführung sagen, um genau das hervorzuheben.
  2. Für Veränderungsprozesse in Unternehmen gibt es keine Regeln und Vorschriften.
  3. Veränderungsprozesse sind ermergente Vorgänge, die sich nicht in einzelne Abfolgen von Aktivitäten teilen lassen.
  4. Erfolg oder Misserfolg von Veränderungsprozessen in Unternehmen lassen sich aufgrund dieser inhärenten Emergenz ex post, ex ante sowieso nicht, nicht über alt bekannte Ursache-Wirkungslogik erklären.
  5. Veränderung passiert einfach oder eben nicht. Man kann aber auf sie wirken, aber immer nur indirekt über einen Handlungsrahmen. Dieser muss groß sein, damit die Menschen im Unternehmen flexibel agieren können und klein, damit die Menschen eine einheitliche Basis des Agierens haben. Widerspruch? Logisch, muss doch sein.
  6. Bei Veränderungsprozessen muss man ganz bewusst Widersprüchlichkeiten annehmen. Zu viel Verschriftlichung ist hier schädlich, da unsere Sprache und Schrift diese nicht zulassen.
  7. Veränderungsprozesse lassen sich, wie grundsätzlich alle Prozesse in Unternehmen, nicht steuern und kontrollieren.
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Zukunftskongress Logistik: Mein Vortrag im Kontext Big Data und Onlinehandel

In der letzten Woche, vom 08. auf den 09. September 2015, fand der Zukunftskongress Logistik in Dortmund statt.

Die Zukunft der Logistik ist digital, Technologien spielen für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen eine größere Rolle als jemals zuvor. Der »Zukunftskongress Logistik – 33. Dortmunder Gespräche« diskutiert die nächsten Schritte auf dem Weg in die digitale Zukunft.

Das folgende Bild ist der Bildergalerie meines Vortrages aus dem letzten Jahr entnommen.

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Ich habe grundsätzlich spannende und von der Technologie inspirierende Vorträge gehört. Viele Redner haben sich dem oben angeführten Motto der Konferenz aus meiner Sicht zu undifferenziert hingegeben. Ein wenig zu kurz kam die Sicht auf Herausforderungen des Technologiefortschritts unter Einbeziehung der Menschen. Auf einen Satz, den ich in einem der Vorträge lauschen durfte, referenziere ich hier exemplarisch.

Ja, der Mensch spielt auch eine Rolle bei der Digitalisierung.

Aua. Das tut mir wirklich weh. Der Mensch spielt aus meiner Sicht DIE Rolle. Für wen durchlaufen wir wohl die Digitalisierung, wohl nur für den Menschen, oder?

Ich war am zweiten Konferenztag ebenfalls mit einem Vortrag am Start. Ich habe den folgenden Titel gewählt: “Big Data Strategie für den Onlinehandel”. Die Folien sehen Sie folgend.

Ich möchte nun kurz auf die Inhalte meines Vortrages eingehen.

Im ersten Teil habe ich dem Plenum eine differenzierte Sicht zu den Begriffen Business Intelligence (BI) und Big Data angereicht. Ich bin in diesem Kontext auf die ureigenste Aufgabe von BI in Unternehmen eingegangen. Es geht nämlich um Entscheidungen, nicht mehr aber auch nicht weniger. Mittels BI sollen Entscheidungen, die in Unternehmen getroffen werden, besser und abgestimmter auf die Ziele im Unternehmen einzahlen, weil aus diesen besseren Entscheidungen bessere Handlungen resultieren. Ich habe zum Schluss meines Vortrages noch einmal den Bogen zurück auf Entscheidungen gespannt und diese hier getroffene Formulierung konkretisiert.

Unsere Vermutung ist nun, dass diese Entscheidungen über die Zuhilfenahme von Daten (Big Data) noch optimaler ausfallen werden, was mich dazu motivierte den Begriff Big Data zu erweitern. Von Big Data sprechen wir nämlich genau deshalb, weil wir heute technologisch in der Lage sind, immer mehr Daten zu produzieren (Volume), und das in immer rasend schnellerer Geschwindigkeit (Velocity) sowie in unterschiedlichsten Formaten (Variety). In diesem Kontext reden wir von den 3 Vs. Das genügt aber nicht, da in diesem Zusammenhang noch nichts über das Business an sich ausgesagt wird, in welchem diese Daten dann zu besseren Entscheidungen führen sollen. Wir benötigen also noch 2 weitere Vs (Veracity und Value), die letztendlich dafür einstehen, dass wir vertrauensvoll mit Daten umgehen und zwar im Sinne des Generierens von Mehrwerten und den vorliegenden Gesetzen im Kontext Datenschutz und -sicherheit. Damit transferieren wir Big Data zu Relevant Data. Denn es ist nicht wichtig viele Daten vorrätig zu haben, sondern relevante.

Im zweiten Teil habe ich dann die Erkenntnisse des ersten Teils auf das Business des Onlinehandels am Beispiel OTTO gespiegelt. Ich habe ausgeführt, dass es von immenser Bedeutung ist, die Prozesse, die der Kunde im Rahmen seiner “Customer Journey” vollführt und die Prozesse, die OTTO Mitarbeiter in den Prozessdomänen Vertrieb, Einkauf, Logistik etc. ausführen, gut aufeinander abgestimmt sein müssen. Diese Integration erfolgt durch getroffene interne Entscheidungen bei OTTO. Es besteht die Notwendigkeit, Entscheidungen schnell und damit (halb-) automatisiert zu tätigen oder eben auch manuell.

Hier kommt nun die neue BI Plattform bei OTTO ins Spiel: BRAIN. Es gibt innerhalb von BRAIN 3 funktionale Stacks (Classic, Big Data und Analytics), die die Aufgabe haben, Daten zu transformieren und so für anstehende Entscheidungen vorzubereiten und bereitzustellen. Zwei weitere funktionale Stacks stellen dabei das so genannte “Tor zur Außenwelt” dar und dienen der Entscheidungsausspielung. Der Reporting Stack, über welchem die OTTO Mitarbeiter mit den Daten arbeiten und auf dieser Basis manuelle Entscheidungen treffen können; sowie der Realtime Stack, über welchem schnelle automatisierte Entscheidungen in verschiedene Kanäle ausgespielt werden können.

Zum Ende des zweiten Teils habe ich die BI Plattform BRAIN an einem ganz konkreten umgesetzten Use Case, Retargeting im Display Advertising, erklärt.

Im dritten Teil meines Vortrages habe ich dann meine differenzierte Sicht im Kontext Big Data erläutert. Mit Big Data kann man sicher viel erreichen, aber eben nicht Alles. Diesem Fakt muss man sich stellen, um Entscheidungen mittels Daten wirklich besser zu gestalten. Das habe ich detaillierter ausgeführt.

Digitalisierung in Unternehmen erfordert nicht “richtig zu Entscheiden”, sondern “schnell auf (Re)Aktion des Marktes zu (re)Agieren”. Warum? Weil es keine richtigen Entscheidungen zum Zeitpunkt der Entscheidung geben kann, da sonst solche Situationen keine Entscheidungen bedürfen, da sie längst entschieden wären. Es geht also um schnelles Handeln und schnelles Lernen, um dann auf Basis der neuen Erkenntnisse immer besser entscheiden und damit handeln zu können. In diesem Sinne habe ich den geschlossenen Regelkreislauf (Closed Loop), welchen ein Unternehmen mit dem Markt herstellen muss, betrachtet. Der geschlossene Regelkreislauf bedeutet für das Unternehmen, der Geschwindigkeit des Marktes Stand zu halten:

Schnell Entscheiden → Schnell Reaktion des Marktes wahrnehmen → Schnell Erkenntnisse generieren/ Lernen → Schnell Entscheiden → usw. usf.

Der Markt wartet nicht. Ein Verzögern des Kreislaufes innerhalb des Unternehmens bedeutet ein Verringern der internen Komplexität, womit ein Unternehmen seine Überlebensfähigkeit auf`s Spiel setzt.

Kommen wir nun zu einem weiteren Punkt der Differenzierung. Big Data hilft im Unternehmen weder dabei sich weiter zu entwickeln, noch Innvationen zu befeuern. Warum? Welche Fragen können wir auf Basis von Daten beantworten?

Reagiert der Markt bzgl. dem was wir derzeit tun positiv oder negativ im Sinne unserer Ziele? Mehr nicht.

Aber das konnten wir auch schon vor dem Big Data Zeitalter mit unseren vorliegenden Daten. Wir haben jetzt nur mehr Daten schneller vorliegen und diese aus unterschiedlichen Quellen, so dass es uns helfen sollte, die obige Frage besser zu beantworten. Big Data hilft uns aber nicht dabei, die Zukunft vorherzusagen oder ganz genaue Gründe aufzudecken, warum wir heute erfolgreich sind oder eben nicht, denn die Welt ist komplex und im Komplexen gibt es keine linearen Ursache-Wirkungsbeziehungen. Wir sollten also geglaubte Kausalität in wahrgenommenen Ereignissen des Marktes stets hinterfragen. Das habe ich im Vortrag auch an einigen Beispielen transparent gemacht.

Also genauer. Bei welchen Fragen hilft uns Big Data eben nicht, sondern weiterhin nur unser Kopf?

1. Wenn wir heute mit dem was wir tun erfolgreich/ nicht erfolgreich sind, sind wir es denn morgen damit immer noch?
2. Was muss ich tun, um erfolgreich zu werden oder zu bleiben?

Bei jeder Frage, die in die Zukunft gerichtet ist, sollte man sich nicht auf Daten verlassen, sondern auf seinen Kopf. Denn, möchte man Zukunft auf Basis von Daten gestalten, müsste man davon ausgehen, dass der Markt sich nicht weiterentwickelt, sondern das Alles so bleibt wie es ist. Big Data gibt also, genau wie Daten schon immer, einen Impuls Änderungen anzustoßen, also einen quantitativen Reiz. Dieser besitzt aber keine Qualitäten, gibt also nicht an, was getan werden muss. Das bedarf immer noch unternehmerischer Entscheidungen, wo es kein Muster in Daten geben kann.

Also lassen Sie uns nicht aufhören zu denken. Big Data nimmt uns das nicht ab. Ein Glück. 🙂

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Konkretisierung des Begriffes “Duales System” im Kontext Führung und Zusammenarbeit

Vielleicht haben Sie es ja mitbekommen. Andreas Zeuch, ein langjähriger Wegbegleiter von mir, hat mich mit seinem Post Der Irrtum des Dualen Systems zum tieferen Nachdenken über meine niedergeschriebenen Gedanken und Ideen im Kontext der Führung und Zusammenarbeit in Unternehmen animiert.

Nur kurz als Ankerpunkt. Über diesen Link finden Sie die bisher von mir festgehaltenen Notizen (5 Blogposts und 1 Diskussionspapier), auf die sich Andreas bezieht.

Andreas hatte natürlich Recht. Ich war nicht konkret genug, im Erklären des Begriffs “Duales System”. Das ist aber auch gar nicht verwunderlich. Denn, wie Maria Pruckner in ihrem Buch Komplexität im Management 2 – InFormation so schön sagt.

Misslungene Kommunikation ist normal, gelungene ein Grund zum Feiern. Wenn Information übertragbar wäre, wäre Kommunikation Gehirnwäsche.

Wenn ich zu Ihnen beispielsweise den Begriff “Duales System” sage, dann verbinden Sie mit dem Begriff das, was Sie darüber denken, nicht was ich damit verbinde. Logisch, oder? Information und Wissen ist nicht direkt übertragbar. Ich sende Ihnen “nur” Daten (Buchstaben), aus denen Sie einen Sinn erzeugen. Was noch erschwerend hinzu kommt ist, dass wir auch den Erfolgsfall von Kommunikation nicht erkennen können, weil wir dafür ja auch wieder Kommunikation als Hilfsmittel nutzen müssen.

Das bedeutet aber nicht, es dem Vogel Strauß gleich zu tun und den Kopf in den Sand zu stecken, sondern im Gegenteil, immer weiter zu kommunizieren und dabei zu versuchen, immer konkreter zu werden. Aus dieser Erkenntnis heraus ist meine Maxime, mit so wenig wie möglichen Fachtermina auszukommen, in diesem Fall also den Begriff “Duales System” nicht zu verwenden und statt dessen bekannte Begriffe zu wählen, die meine Gedanken besser beschreiben. Wie sagte Albert Einstein so treffend? 

Hat man eine Thematik verstanden, kann man diese auch sehr einfach erklären.

Danke also, Andreas. Deinetwegen wird mir wieder einmal bewusst, mit welcher Portion Demut wir an Diskussionen heran gehen sollten, da Missverständnisse nie auszuschließen, da normal, sind.

Aber nun zum Eigentlichen, nämlich zur Konkretisierung. Über den am Anfang genannten Artikel von Andreas habe ich bereits einen Kommentar verfasst, den ich hier aus Gründen des Leseflusses noch einmal als Zitat hinein kopiere, um dann noch einmal daran anzuschließen.

Moin Moin Andreas,

vielen Dank, dass Du meine Blogpostreihe zum Neuen Modell im Kontext Führung und Zusammenarbeit in Unternehmen aufgegriffen hast und “gegentrittst”. Cool. Da will ich mal gleich kontern. 🙂 

Aber bevor ich das tue, möchte ein paar Worte zu Kotter verlieren. Grundsätzlich sehe ich seine Arbeiten rund um Change Management in Unternehmen skeptisch, weil ich nicht glaube, dass Wandel in Unternehmen per Rezept zum Erfolg geführt werden kann. Change kann man nicht managen. Das suggerieren seine Werke aber. Jedenfalls nehme ich das so wahr. Warum?

Ein System zu ändern ist komplex. Denn, man muss Spielregeln des Systems einhalten, da man sonst ausgegrenzt wird oder man ist eben der Hofnarr, der Alles darf, aber nicht ernst genommen wird. In beiden Fällen kann man nicht dazu beitragen, das System zu ändern. Auf der anderen Seite muss man aber bewusst gegen Spielregeln des Systems verstoßen, da man ja Änderungen herbeiführen möchte. Geht man immer wieder die gleichen Pfade, sollte es nicht verwundern immer wieder am gleichen Ort anzukommen. Das Wesen des Handelns in komplexen Systemen (wie Unternehmen) ist, dass man das richtige Handeln stets nur ganz konkret im individuellen Fall bestimmen kann. Also weg mit Rezepten. Aber nun zum eigentlichen Punkt.

Ja, ich glaube ganz fest daran, dass in Unternehmen gefestigte Strukturen, also Werkzeuge des traditionellen Managements (Prozesse, Rollen, Pläne, Business Cases, Kennzahlen, KPIs, …), genau dafür da sind, Stabilität vorzugaukeln, wo keine Stabilität herrscht. Das absorbiert Unsicherheit. Ich habe sehr lange gebraucht zu verstehen, warum immer wieder Konzepte für neue Modelle im Kontext Führung und Zusammenarbeit in Unternehmen kreiert werden, diese aber sehr sehr häufig in der Schublade verschwinden und nicht umgesetzt werden. Diese greifen genau das künstliche Gebilde der Sicherheit an, da diese die gefestigten Strukturen hinterfragen. Ich nehme diesen Fakt seit 15 Jahren tagtäglich in großen Unternehmen wahr. Das ist auch die Daseinsberechtigung von kontextunabhängigen Hierarchien in traditionell geführten Unternehmen.

Ich stimme Dir zu, dass Netzwerke in Unternehmen schon immer da waren und auch niemals verschwinden werden. Das kommt im Beitrag wohl nicht ganz rüber. Allerdings wurden diese Netzwerke im Laufe der Zeit in traditionellen Unternehmen durch die Hierarchien absorbiert, so dass diese nur noch informellen Charakter haben. Das schreibst Du ja auch.

Ich glaube auch ganz tief und fest an die Notwendigkeit von Hierarchien, da diese immer da sein werden, ähnlich wie Netzwerke. Sie werden auch benötigt. Die Frage hier ist nur wie diese entstehen. In traditionellen Unternehmen entstehen diese per Gesetz mittels fest auferlegten Ritualen (Assessment Center etc.), also kontextunabhängig. Das prangere ich ganz klar an. Besser sollten diese Hierarchien kontextabhängig durch die Beteiligten, die an einem Thema arbeiten, entstehen. Sie entstehen ja sowieso, weil Menschen erkennen, wer was wie viel zu einem Thema beitragen kann. Gibt man diesen Hierarchien dann einen Raum, und zwar innerhalb des Netzwerkes, sind diese auch mehrwertgenerierend. Also Derjenige, der zu einem Thema das meiste Talent und Geschick mitbringt, der bestimmt. Dieser kann aber im Kontext eines anderen zu behandelnden Themas ebenso “einfaches” Teammitglied im Netzwerk sein. Hierarchien sollten also niemals in Stein gemeißelt sein, sie wird es aber immer geben, dann eben innerhalb von Netzwerken.

Aus meiner Sicht existiert deshalb immer Beides, Hierarchie und Netzwerk, deshalb auch duales System. Nehmen wir nicht Ähnliches in unserem privaten Umfeld wahr? Beispiel Familie oder Freundeskreis. Grundsätzlich agiert man als Netzwerk ohne Hierarchie und je nach Thema hat Jemand die “Bestimmerrolle”, weil er sich vielleicht gerade in der Gegend am besten auskennt und deshalb die besten Lokationen bzgl. Sport oder Mittagessen kennt. In anderen Kontexten sieht die Rollenverteilung dann wieder ganz anders aus.

Man sollte nicht den Fehler machen, die Begriffe “Hierarchie” und “Netzwerk” so absolut zu betrachten, sondern eher relativ zueinander. Das eine existiert in dem anderen und umgekehrt.

Dementsprechend sollten Routineaufgaben, und das sprichst Du ja auch an, auch immer in einer Hierarchie, aber innerhalb eines Netzwerkes, abgearbeitet werden. Das wird es automatisch, wenn man Netzwerken zulässt. Denn die Menschen streben diesem Zustand inhärent entgegen, da sie dem jeweiligen Experten folgen werden. Das heißt aber natürlich nicht, dass Routineaufgaben nicht auch geändert werden können, weil man aufgrund einer Entwicklung ein besseres Verfahren entwickelt hat. Diesen Ausschluss habe ich nie getätigt.

Hier zeigt sich aus meiner Sicht wieder der Fakt, dass es uns schwer fällt in “Sowohl-Als-Auch” zu denken. Wir denken zu sehr in “Entweder-Oder” also in Polen. Kontextunabhängige Hierarchien in traditionellen Unternehmen haben sich als nicht mehr ausreichend, ja gar als störend erwiesen. Da bin ich voll dabei. Das bedeutet für mich aber nicht, dass Hierarchien komplett und vollends verteufelt werden sollten.

Wie gesagt, man bekommt Hierarchien ähnlich wie Netzwerke niemals weg. Sie werden immer existieren. Die Frage ist nur, wie man zulässt, dass diese kontextabhängig entstehen können. Das ist Aufgabe von Führung in Unternehmen im digitalen Zeitalter.

Netzwerkartig-hierarchische Grüße,
Conny

Noch einmal ausdrücklich, da wichtig. Es sollte im Modell der Führung und Zusammenarbeit stets Beides simultan nebeneinander geben, Hierarchie und Netzwerk, da es in der Natur des Menschen liegt, nach beiden Modellen zu denken und zu agieren, und diese nicht nach niedergeschriebenen Entscheidungsprämissen zu wählen, sondern total intuitiv. Um sich das klar zu machen, muss nur Jeder einen kleinen Ausflug in sein Privatleben wagen.

Der Begriff des Dualen Systems lässt wahrscheinlich vermuten, dass beide Modelle parallel koexistieren sollten, also mal dieses und dann mal jenes. Vielleicht meint Kotter das auch so. Ich bin wie gesagt anderer Meinung. Hierarchien existieren in Netzwerken und umgekehrt auch. Innerhalb von Netzwerken entstehen im Kontext der zu bearbeitenden Aufgaben Hierarchien, die aber nicht in Stein gemeißelt sind. Sie sind fluid und können im nächsten Moment schon wieder zusammenbrechen, da andere Aufgaben- und Fragestellungen gefragt sind.

Die Zeiten, in denen Hierarchien eine lange Lebensdauer haben, sind wahrscheinlich vorüber. Denn das würde bedeuten, dass die zu bearbeitenden Aufgaben so klar strukturiert sind, dass sie in Ablaufbeschreibungen formuliert werden können. Dann kann man diese Beschreibungen also auch in Algorithmen (Programmcode) schreiben. Was bedeutet das? Maschinen können dann diese Aufgaben übernehmen. Diese Aufgaben habe ich übrigens als Routine deklariert. Sie erinnern sich bestimmt. Lässt sich etwas in Programmcode beschreiben ist es monokontextural. Routineaufgaben sind monokontextural.

Was bedeutet diese Erkenntnis für zeitgemäße Führung?

Auf das richtige Delegieren kommt es an. Es sollte niemals “von oben” vorgegeben werden, was und wie genau etwas zu tun ist. Dann nämlich behandelt man Mitarbeiter wie Maschinen. Es sollte eher vermittelt werden, was erreicht werden soll. Hier natürlich wieder auf die Eigenarten der Kommunikation aufpassen. Wir haben es oben angesprochen. Und natürlich spreche im Kontext von Delegieren nur über die kreativen Aufgaben, denn die Routineaufgaben sind klar durch die Ablaufbeschreibungen vorgegeben, wissend, und das habe ich ja im Kommentar angesprochen, dass sich durch geänderte Rahmenbedingungen auch Routineaufgaben ändern können. Dem begegnet man durch das fluide schnelle kontextabhängige Wechseln zwischen Hierarchie und Netzwerk und umgekehrt, was nicht “von oben” angeordnet wird, da es sonst kontextunabhängig wäre.

Ich delegiere beispielsweise in dem ich zu einem dedizierten Thema Fragen aufstelle, die mindestens beantwortet werden müssen. Wie, in welchem Format und Layout sowie in welchem Medium die Antworten gefunden und dokumentiert werden, überlasse ich den Experten. Die wissen das viel besser als ich.

Bei weiteren Unklarheiten gerne gegentreten. 🙂

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Dem Big Data Hype ein wenig Erdung einverleiben

Hypethemen der Wirtschaft, Service Oriented Architecture (SOA) oder Unternehmens Core Data Warehousing (CDW), um nur zwei der nahen Vergangenheit zu nennen, werden zu Beginn ihrer Entstehung extrem hoch gejubelt. Erwartungen werden in sie gesetzt, die sie so meistens nicht erfüllen können, da diese zu hoch gesteckt sind. Diese Hypethemen haben auch häufig einen Mantel der Technologie um, weil wir Menschen sowieso sehr häufig in der Technik unser Heil suchen, wie im Rahmen der Digitalisierung unserer Gesellschaft, mit der Wirtschaft als Teil davon, schön zu beobachten ist.

Warum sind nun die Erwartungen in solche Hypethemen so hoch? Das ist auf unseren zweiwertigen Denkrahmen zurückzuführen. Entweder etwas ist “gut” oder “schlecht”, etwas dazwischen darf nicht sein. In den Anfangstagen sind Hypethemen ausnahmslos “gut”. Ganz viel Hoffnung wird in sie hinein projiziert. Mit der Zeit nährt sich dann die Wahrnehmung, dass diese Hypethemen doch nicht die gesamte Wirtschaftswelt retten können und dann sind sie “schlecht”. Sie verschwinden von den Schauplätzen der Wirtschaft und werden verschmäht und verprügelt.

Big Data Zuwachs

Wird dieses Schicksal “Big Data”, einem neuen Hypethema der Wirtschaft, ebenfalls zuteil? Ich befürchte es. Deshalb auch dieser Post, in welchem ich eine Sowohl-Als-Auch Haltung zum Thema Big Data einnehmen und verargumentieren möchte. Big Data ist also weder “gut” noch “schlecht”, sondern für bestimmte Fragestellungen eben passfähig und für bestimmte andere Fragestellungen eben nicht. Man sollte sich also der Grenzen des Einsatzes von Big Data bewusst sein, um diese dann auch mehrwertgenerierend im jeweiligen Kontext in der Wirtschaft einsetzen zu können.

Wo ist Big Data eher hinderlich?

Ich möchte gleich mal vorweg mit der Türe ins Haus fallen. Mit Big Data wird Bestehendes optimiert, Neues wird nicht erzeugt. Big Data verhindert Innovation und führt zu Stillstand. Der Grund? Daten entstehen aus Handlungen der Vergangenheit und zeichnen damit vergangene Handlungen nach und auf. Datenanalysen sind immer der Versuch, Schlüsse für die Zukunft aus der Vergangenheit zu ziehen. Der Blick auf Daten, egal mit welchen Verfahren oder Tools, sind stets ein Blick in den Rückspiegel. Wie wurde wohl beispielsweise das iPhone erfunden? Durch Erkennen von Zusammenhängen in Daten, die aufgezeigt haben, dass Menschen gerne Touchscreens bedienen möchten? Wohl kaum.

Ich spreche hier also das Thema Innovation und Kreativität in Zusammenhang mit Datenanalysen. Gegen Ende des Posts noch einmal mehr dazu.

Sie erkennen wahrscheinlich schon, wo die Hürde im Umgang mit Big Data liegen könnte. Es geht um einen adäquaten passgerechten Mindset als Basis für Datenanalysen. Wenn ich nur auf “Datacrunching” und das Erkennen von Muster in Daten aus bin, mich kopfmäßig davon nicht lösen kann und mal meine Intuition zu Worte kommen lasse, dann erkenne ich genau diese möglichen neuen Produkte nicht, die Kunden begeistern könnten.

Oft wird bereits der Umgang mit Daten im Kontext von Entscheidungen als innovativ betrachtet. Nur weil man vielleicht im Kontext des Einsatzes von Tools und Methoden auf dem neuesten Stand der Technik ist. Das ist für mich aber eben nicht innovativ. Innovation hat für mich etwas mit Musterbrechen zu tun. Mit Datenanalysen lassen sich Muster aufdecken, auf deren Basis man dann wiederum Entscheidungen trifft. Damit schreibt man dann die Vergangenheit in die Zukunft fort. Allerdings werden damit direkt keine Innovationen angekurbelt, ganz im Gegenteil. Ich verstehe Musterbrecher auf einer anderen Ebene, nicht WAS man tut ist entscheidend, sondern mit welchem Mindset und welcher Intention ETWAS getan wird. Mit dem alleinigen Auffinden Wollen von Mustern (Korrelationen) zwischen Daten schreibt man einzig etwas bereits Dagewesenes Vorhandenes nach vorne hin fort und trifft auf dieser Basis Entscheidungen. So entstehen aber keine innovativen Lösungen. Innovationen lassen sich nicht entdecken, sondern nur erfinden.

Es gibt einige Beispiele von Firmen in der Wirtschaft, wo das alleinige Fortschreiben von Mustern in die Zukunft lebensbedrohlich wurde. Schauen wir einmal auf Nokia im Handymarkt, die den Wandel zum Smartphone nicht erkannt haben. Kodak wäre hier auch zu nennen, die den Wandel hin zur Digitalfotografie verschlafen haben. Solche Zeitpunkte sind Musterbrüche, die sich nicht ohne weiteres in den Daten erkennen lassen, da Daten immer nur die Vergangenheit abbilden. Musterbrüche lassen sich nicht in Korrelationen zwischen Daten aufdecken.

Und grundsätzlich ist auch der Umgang mit Daten an sich, um in Unternehmen Entscheidungen herzuleiten, nicht neu. Seit x Jahrzehnten schon werden in Unternehmen Berichte ohne Ende produziert, um auf dieser Basis zu entscheiden. Heute nutzen wir nur zusätzlich mehr und verschiedenartigere Daten, die schneller erzeugt werden, sowie dazu noch analytische Modelle. Das hier das Neuartige fehlt, möchte ich kurz andeuten.

Entweder werden analytische Modelle im Kontext Daten genutzt, um Handlungen der Vergangenheit zu erklären, um auf dieser Basis Entscheidungen zu treffen. Stichwort Sales Attribution im Handel. Es wird analysiert, wie hoch der Beitrag der einzelnen Onlinekanäle (Search Engine Advertising (SEA), Search Engine Optimization (SEO), Preissuchmaschinen (PSM), …) auf den eigentlichen Ertrag ist, wenn der Kunde nämlich einen Artikel kauft, um auf dieser Ratio eine zukünftige Budgetzuteilung auf die Onlinekanäle vorzunehmen. Hier ist sehr einfach ersichtlich, dass die Vergangenheit in die Zukunft fortgeschrieben wird. Also nur Optimierung des bereits Vorhandenen und keine Innovation.

Des Weiteren werden analytische Modelle aber auch genutzt, um wirtschaftliche Optimierungsaufgaben zu lösen. Dabei werden über Korrelationsanalysen Treiber für eine zu optimierende Zielgröße gesucht. Diese sind dann Inputfaktoren für das Modell, welches die Zielgröße optimieren soll. Die Güte des Modells wird dann gegen Sampledaten aus der Vergangenheit durch Testen festgestellt. Je besser ein Modell die Konstellation der Vergangenheit nachstellen kann, um so besser. Was wird hier getan? Richtig. Wieder kein Musterbrechen, da sowohl die Korrelationsanalysen als auch das Testen auf Daten der Vergangenheit beruhen. Also Optimierung des bereits Vorhandenen und keine Innovation.

Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Big Data ist an sich nicht schlecht. Ich bin hier nur auf eine Hürde im Kontext Big Data eingegangen, die, wenn sie nicht genommen wird, einer Mehrwertgenerierung im Wege steht. Es ist unsere Geisteshaltung, mit diesen Daten zu agieren, um Innovation anzukurbeln. Innovationen entstehen in vielen Fällen durch Zufall. Wir versuchen aber über Big Data genau diesen Zufall zu killen. Warum? Weil er uns Unbehagen und schlaflose Nächte bereitet. Wir können dann nicht mehr steuern und kontrollieren.

Bleiben wir kurz beim Erkenntnisgewinn im Umgang mit Big Data und den darauf “losgelassenen” Algorithmen. Was erzielen Algorithmen für Ergebnisse? Dazu möchte ich auf einen sehr interessanten Artikel verweisen und hier kurz darauf eingehen. Neuronal Netze werden oft zur Bilderkennung eingesetzt. In diesem Kontext haben sich Forscher die Frage gestellt, wovon diese trainierten Netze eigentlich träumen, oder nicht ganz so philosophisch ausgedrückt, wieviel Erkenntnisgewinn eigentlich in Anwendung solcher Netze steckt. Das Ergebnis? Sehr wenig Erkenntnisgewinn. Denn ein Neuronales Netz, welches beispielsweise auf das Erkennen von Bananen trainiert wurde, erkennt in jedem Bild Bananen. Es bestätigt sich also jedes Mal immer wieder selber.

Was bedeutet das aber jetzt für uns im Umgang mit Big Data? Ein “Mehr” an Daten führt nicht unbedingt immer zu “Mehr” an Erkenntnis. Wir müssen also immer noch unseren Kopf gebrauchen, um Innovationen herbeizuführen und dürfen uns nicht ganz den Daten hingeben. Wir benötigen also eine differenzierte Betrachtung von Big Data und dazu möchte ich auch mit diesem Post anregen.

Wo kann “Big Data” helfen?

Big Data erklärt Zusammenhänge der Vergangenheit und kann daher bestimmte Ergebnisse aus Aktionen der Vergangenheit erklärbarer machen. Dabei muss aber Klarheit über ein paar Begrifflichkeiten herrschen, die oftmals miteinander verwechselt werden. Es geht um Koinzidenz, Korrelation und Kausalität, auf die ich hier detaillierter eingehe. Ein Verständnis in diesem Kontext ist von immenser Bedeutung, will man Entscheidungen auf Basis von Geschehnissen der Vergangenheit ableiten. Ein Beispiel dafür ist ebenfalls über den oben aufgeführten Link angeführt, um die Unterschiede der 3 Begriffe transparent zu gestalten. Skurrile weitere Beispiele zur Verwechslung zwischen Korrelation und Kausalität können Sie hier einsehen. Beispiel: Die Anzahl der Filmauftritte von Nicolas Cage pro Jahr stimmt mit der Anzahl der Menschen, die in den USA in einem Pool ertrinken, überein. Will man diesen Fakt Nicolas Cage wirklich anlasten?

Angenommen, wir haben also klare Ursachen für bestimmte wahrgenommene Ergebnisse ausfindig machen können, das Dickicht zwischen Koinzidenz, Korrelation und Kausalität also klären können. Was wir wir mit dieser Erkenntnis im Kontext zukünftiger Handlungen anstellen sollen, erzählen uns diese Daten nicht. Dazu benötigen wir den Menschen. Dazu ein paar Beispiele aus dem Handel und meinem persönlichen Kaufverhalten. An meinen getätigten Käufen kann man beispielsweise erkennen, dass ich, wenn ich Sportschuhe kaufe, eher die Marke Adidas bevorzuge, als die Marke Puma. Nimmt man diesen Fakt als Basis für eine Entscheidung, um mir Sportschuhe anbieten zu wollen, sollte man mir wohl eher Adidas-Schuhe zeigen, unter der Vermutung, dass sich meine Affinität in diesem Kontext nicht so schnell ändert. Hier kann man also die Vergangenheit in die Zukunft fortschreiben. Stellen wir uns aber einen weiteren Fakt vor. Ich bin in der Regel kein Schnäppchenkäufer. Wenn ich also beispielsweise Gutscheine angeboten bekomme, die mir bei einem nächsten möglichen Kauf einen bestimmten Rabatt zusichern, landen diese Dinger sehr oft im Müll. Das muss aber nicht heißen, dass ich grundsätzlich und in jeder Lebenslage Rabatte verweigere. Hier bin ich Mensch und gebe dem Zufall eine Chance, bin damit also nicht immer durchschaubar. Das ist ja auch gut so, sonst wäre das Leben ja langweilig. Ob das allerdings die Algorithmen ebenfalls so sehen? 🙂

Der Bogen zwischen dem “Guten” und dem “Bösen” an Big Data …

kann einzig und allein durch den Menschen geschlossen werden. Ist das nicht erfreulich? Denn, Big Data und die ausgeklügelten analytischen Werkzeuge, die darauf aufsetzen, erlauben es uns, nahezu sämtliche Prozesse effizienter zu gestalten. Intuition und Kreativität werden bald die einzigen Unterscheidungsmerkmale unter den Wettbewerbern sein, um mittels Innovationen Produkte und Leistungen zu generieren, die durch Kunden als mehrwertig eingestuft werden. Aber dazu benötigen wir den Menschen. Die Werkzeuge und Tools, und seien sie auch noch so fortschrittlich und technisch ausgereift, können aus Big Data nicht die vielleicht erhofften Erkenntnisse extrahieren, da diese nur den Blick in den Rückspiegel erlauben. Innovation und Kreativität geht nicht durch Maschinen.

Treiber für Innovation ist nicht der Kunde und dessen vermeintliches Wissen um eigene künftige Bedürfnisse, also Marktforschung. Sondern konkrete Ideen beliebigen Ursprungs und die Kreativität der Mitarbeiter in Unternehmen. Es geht darum, tatsächlich überraschende Produkte zu schaffen und insofern dem Markt voraus zu sein. Denn im Zusammenhang mit Menschen haben wir es stets mit komplexen Situationen zu tun, und da hilft kein Wissen, weil Wissen dazu nicht existiert. In komplexen Situationen hilft nur Können, Talent und Phantasie. Daten werden aber in der Regel für Wissensaufbau genutzt. Das Entscheidende für Innovationsfähigkeit in Unternehmen ist nicht, Ideen zu befördern – die hat jeder, ständig. Entscheidend ist, Kreativität zu begünstigen bzw. zuzulassen. Den sozialen Prozess, der Ideen in Innovationen umwandelt, nennt man Kreativität. Kreativität ist also ein kollektives Phänomen und Innovation stets Teamleistung, und damit etwas sehr Menschliches.

Ständiges Verlangen nach Daten ist ein Zeichen für Innovationsschwäche. Denn Innovation bedeutet Neues zu erfinden, nicht zu erkennen. Erkennen lässt sich nur etwas Vorhandenes. Das bedeutet aber auch, dass das Risiko bei Entscheidungen im Kontext von Innovationen, also unternehmerische Entscheidungen, hoch gehalten werden muss. Der Drang nach Unsicherheitsabsorption ist hier fehl am Platze. Je größer das Risiko und damit je größer die Unsicherheit, desto größer ist auch die Chance auf Innovation.

Ich habe zwei Themen in diesem Post nicht oder nur sehr kurz beleuchtet, nämlich den Datenschutz und den “Sinn” bzw. Relevanz von Daten. Es geht nicht darum stets ein Mehr an Daten zu haben, sondern für bestimmte Fragestellungen relevante Daten zur Verfügung zu haben. Dieses Herausfiltern der Relevanz ist eine Kunst, die, wenn sie nicht beherrscht wird, zu einer absoluten Beliebigkeit in der Erkenntnisgewinnung aus Daten führt. Dann ist nämlich Alles und Nichts erklärbar, je nach Hypothese, die durch Daten eigentlich erst bestätigt werden soll. Einer meiner Wegbegleiter hat zu beiden Themenstellungen einen sehr interessanten Post namens Big Data – Was du letzten Sommer nicht getan hast, auf den ich gerne in diesem Kontext verweise.

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Digitalisierung in Unternehmen – Ein neues Modell für Führung und Zusammenarbeit

Der Begriff Digitalisierung ist derzeit in aller Munde und wird mittlerweile aus meiner Sicht schon wieder überstrapaziert, so wie viele Hypethemen der Vergangenheit. Leider, wie ich finde, nur in eine Richtung, nämlich in Richtung der Technologie. Für mich persönlich aber beginnt die Digitalisierung in den Unternehmen im Kopf der Menschen. Es geht nämlich um die Haltung eines jeden einzelnen Mitarbeiters, wie er die jeweils anderen Menschen des Unternehmens wahrnimmt und auf dieser Basis mit ihnen zusammen arbeiten möchte, unabhängig von Rang und Titel. Denn in einem Netzwerk, was ja als veranschaulichtes Bild der Digitalisierung gerne her genommen wird, zählt kein Status und keine Rolle per kontextlos auferlegtem Gesetz. Jeder Mitarbeiter muss sich tagtäglich auf`s Neue für seine Identität einbringen und ggf. neu erfinden, in dem er sich mehrwertgenerierend im Sinne der gesteckten Ziele im Unternehmen einbringt.

Diese passfähige Geisteshaltung ist also DER erfolgskritische Faktor im Kontext der Digitalisierung von Unternehmen, was mich dazu veranlasst hat, dieses Diskussionspapier zum Thema “Führung und Zusammenarbeit in Unternehmen” zu erstellen.

Paper_Das neue Modell der FuZ

In diesem Paper, mittels Mausklick auf die nebenstehende Abbildung gelangen Sie direkt dort hin, beleuchte im ersten Kapitel das derzeitig in vielen Unternehmen noch vorherrschende Modell der Führung und Zusammenarbeit, welches noch aus der Zeit der Industrialisierung stammt und dort auch Erfolge vorweisen konnte. Dann sammle ich darauf aufbauend Argumente, warum dieses Modell heute nicht mehr viabel zum digitalen Zeitalter ist. Im darauffolgenden Kapitel leite ich daraus ein neues Modell der Führung und Zusammenarbeit ab. Bis dahin bewegen wir uns noch größtenteils auf der rationalen Ebene. Da wir aber Menschen und keine Maschinen sind, müssen wir natürlich die emotionale Ebene in diesem Kontext beleuchten. Denn diese Ebene ist vor allem dafür verantwortlich, dass wir den Weg hin zum Zielbild eines neuen Modells als so steinig wahrnehmen. Das wird Bestandteil des letzten Kapitels sein.

Dieses Diskussionspapier ist eine Zusammenfassung und Neustrukturierung von 5 Beiträgen dieses Logbuchs zum Thema Führung und Zusammenarbeit in Unternehmen, die jetzt noch einmal kurz der Vollständigkeit halber aufgelistet sind.

  1. Beitrag Der blinde Fleck in den Diskussionen rund um Führung und Zusammenarbeit
  2. Beitrag Den blinden Fleck in den Diskussionen rund um Führung und Zusammenarbeit auflösen
  3. Beitrag Die Geisteshaltung einer Führungskraft – Das positive Annehmen von Widersprüchen
  4. Beitrag Hierarchien können zu Mehrwertvernichter mutieren
  5. Beitrag Das duale System der Unternehmensführung
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Das duale System der Unternehmensführung

“Sag niemals nie!” Dieser Leitspruch passt hier wieder ganz gut. Eigentlich sollte der vierte Post “Hierarchien können zu Mehrwertvernichter mutieren” der letzte Beitrag im Kontext “Führung und Zusammenarbeit in Unternehmen” sein. Allerdings habe ich in den letzten Woche gespürt, doch ich noch etwas nicht gesagt bzw. geschrieben zu haben, was ich mit diesem Post nachholen möchte.

Aber zuerst möchte ich noch einmal auf die vorigen Posts dieser Reihe kurz eingehen, damit ich für diesen Post einen Ankerpunkt setze.

Im ersten Post der Reihe Der blinde Fleck in den Diskussionen rund um Führung und Zusammenarbeit habe ich den Grundgedanken, auf dem das heutige Modell unserer Zusammenarbeit in Unternehmen beruht, beleuchtet und seine Entstehungsgeschichte verargumentiert. Denn, möchte man die grundlegende Art und Weise, wie wir heutzutage in Unternehmen miteinander agieren, ändern, muss man verstehen warum wir überhaupt so agieren.

Im zweiten Post der Reihe Den blinden Fleck in den Diskussionen rund um Führung und Zusammenarbeit auflösen habe ich den emotionalen Kontext mit hinein gebracht. Im ersten Post habe ich eher rational dargelegt, warum das derzeitige Modell der Führung und Zusammenarbeit nicht mehr funktionieren kann. Nur alleine diesen Fakt wissend, startet man aber noch lange nicht die Reise in den Wandel. Gründe dafür können Sie in diesem Post nachlesen.

Im dritten Post Die Geisteshaltung einer Führungskraft – Das positive Annehmen von Widersprüchen gehe ich noch ein Stufe tiefer. Es geht nun nämlich um die Geisteshaltung der Menschen, die in einem Unternehmen zusammenarbeiten. Konzepte sind nämlich das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben stehen, wenn man nicht mit einer “richtigen” Einstellung zu Werke geht, diese umsetzen zu wollen.

Der vierte Post Hierarchien können zu Mehrwertvernichter mutieren hat dann noch einmal eindringlich das Thema Hierarchie am Wickel. Hier belege ich ganz klar, dass Hierarchien in Unternehmen nicht grundsätzlich schlecht, nur eben zu bestimmten Themen- und Fragestellungen nicht viabel sind, und man dafür auf Netzwerke als Modell der Zusammenarbeit ausweichen sollte. Hier beleuchte ich also erstmalig ein Zielbild, das “Duale System” der Unternehmensführung.

Dieses Zielbild möchte ich nun noch weiter beleuchten und dabei die Frage reflektieren, warum es uns derzeit so schwer fällt, dieses Zielbild zu erreichen. Dabei stütze ich mich auf ein Video von John Kotter, der in seinem Buch Accelerate: Strategischen Herausforderungen schnell, agil und kreativ begegnen zum ersten Mal den Begriff “Duales System” einführt.

Unternehmen gründen sich häufig im Netzwerkmodell. Warum fällt es den Menschen in Unternehmen zu Anfangszeiten so leicht, diesem Modell Leben einzuhauchen? Sie haben nichts zu verlieren, da noch nichts da ist, was verloren gehen kann. Es herrscht also noch kein Sicherheitsdenken vor. Dann werden Werte geschaffen. Mit dem Zuwachs an geschaffenen Werten wächst parallel das Gefühl des Bewahrens. Unsicherheit kommt hoch, dass das Geschaffene zu Grunde geht. So entstehen Hierarchien, in dem Prozesse, Regeln, Rollen etc. definiert werden, die stets und unbedingt in alle Aktivitäten integriert werden müssen. Irgendwann überlagern diese Hierarchien komplett das Netzwerk, und zwar so lange bis das Netzwerk nicht mehr existiert. Man erinnert sich an die Zeiten des Netzwerkes, und das dieses Modell auch seine guten Seiten hat. Allerdings bleibt die Hierarchie tonangebend. Es wird versucht, den Netzwerkgedanken irgendwie in Hierarchien zu pressen, was allerdings “weder Fisch noch Fleisch ist”. Das erkennt man an den Bemühungen, Projektorganisationen in die bestehende Linienorganisationen in Unternehmen funktionstüchtig zu integrieren. Sehr oft scheitern diese Versuche.

Der Glaube, dass starre Regeln, Prozesse, Rollen etc., welche Sinnbild für Hierarchien sind, Sicherheit bringen, die geschaffenen Mehrwerte zu bewahren und damit die Überlebensfähigkeit des Unternehmens zu sichern, ist ein Irrglaube. Warum? Weil die Hierarchien Innovationen im Wege stehen. Wir benötigen also Beides, Hierarchien und Netzwerke. Warum allerdings fällt es uns Menschen so schwer, beide Modelle der Zusammenarbeit in Unternehmen koexistieren zu lassen? Warum können wir uns immer nur auf einem Pol bewegen, entweder auf dem Pol des Netzwerkes oder auf dem der Hierarchie?

Hier entblößt wieder einmal unser zweiwertiges Denken sein Antlitz. Es gibt nämlich für uns in Diskussionen ein “Entweder-Oder”, welches durch unser zweiwertiges Denken befeuert wird. Das “Sowohl-Als-Auch” fällt uns schwer. Grundsätzlich erschwert dieser Denkrahmen eine mehrwertgenerierende Diskussion rund um diesen Kontext. Befürworter des “Dualen Systems” müssen beide Pole als sinnhaft darstellen, also auch die Hierarchie, was allerdings die Befürworter der Hierarchie dazu bringt, zu meinen, dass man bereits genau in diesem Modell arbeitet. Sie blenden den Pol des Netzwerkes ja aus, da sie sich nur auf einem Pol, dem “guten”, bewegen. Der andere Pol, der des Netzwerkes, also der “böse”, wird ausgeblendet (Entweder-Oder). Überziehen daraufhin die Befürworter des “Dualen Systems” den Pol des Netzwerkes, um die Vorzüge des Netzwerkes für dedizierte Themenstellungen hervorzuheben, laufen sie Gefahr, ähnlich zweiwertig zu argumentieren, wie die Befürworter der Hierarchie. Es wird eine Debatte entfacht, die in der Regel nicht zum Erfolg, sondern zu tiefen Gräben zwischen den Parteien führt, da die Übereinstimmungen, die beide Lager in sich beherbergen, nicht erkannt werden. Sie liegen im blinden Fleck.

Dieser blinde Fleck wird durch die HX-Verwirrung in den Diskussionen sehr anschaulich aufgedeckt. Die HX-Verwirrung, eingeführt vom österreichischen Physiker und Philosophen Herbert Pietschmann, spiegelt nämlich den so genannten Schattenkampf beider Lager wieder.

Befürworter der Hierarchie unterstellen den Befürwortern des Netzwerkes, dass sie für kontextlose Basisdemokratie einstehen. ALLE Mitarbeiter eines Unternehmens sollten sich zu ALLEN Themen, die innerhalb eines Unternehmens auftauchen, Mitspracherecht haben. Dem ist natürlich nicht so. Denn auch innerhalb eines Netzwerkes werden zu bestimmten Themen nur die Mitarbeiter zugelassen, die auch etwas zu diesem dedizierten Thema beitragen können. Alle anderen Mitarbeiter werden von ganz alleine das Team verlassen, weil das Team ihnen das indirekt nahe legt, da sie keinen Mehrwert generieren, sondern behindern. Dadurch bilden sich Hierarchien innerhalb von Netzwerken, aber eben nicht per “per order de mufti”, sondern per Selbstorganisation innerhalb des Netzwerkes.

Befürworter des Netzwerkes wiederum unterstellen den Befürwortern der Hierarchie, dass sie für kontextlosen Befehl und Gehorsam einstehen. Für ALLE Themen gibt es immer stets EINEN, der das sagen hat, komme was wolle. Und dieser Eine steht stets “oben” in der Hierarchie. Natürlich gibt es innerhalb eines Unternehmens Aufgaben, für die diese Konstellation absolut erfolgversprechend ist, nämlich für die so genannten Routineaufgaben, für die sich nämlich in der Vergangenheit innerhalb des Unternehmens Wissen und damit auch Experten heraus gebildet haben. Warum sollten diese Experten dann nicht auch für diese Aufgaben tonangebend sein?

Beides, die kontextlose Basisdemokratie als auch der kontextlose Befehl und Gehorsam, liegen jeweils im Schatten des eigentlichen Zielbildes der jeweiligen Parteien. Wird dieser nicht aufgelöst, ergeben sich erbitterte nicht endend wollende Kämpfe zwischen beiden Lagern. Also bitte mal wieder auf die Sonnenseite der Diskussion treten und erkennen, dass beide Lager mit ihren Ansichten gar nicht so weit von einander entfernt liegen.

Mir fällt in diesem Sinne eine schöne Analogie zum Sport ein. Jeder Sportler, egal welcher Sportart, muss sich jeden Tag immer wieder neu beweisen. Erfolge der Vergangenheit zählen dann nicht mehr, wenn diese im Heute nicht wiederholt werden. Man beobachtet es manchmal im Fußballgeschäft, dass ein Trainer auf Stars zurück greift, die früher mal Stars waren, heute deshalb vermeintlich immer noch sind, die Leistungen aber nicht mehr bringen. Diese Trainer geraten dann sehr schnell in die Kritik, wenn diese Spieler immer noch aufgestellt werden. Oder aus dem Kinderalltag geplaudert, um den Unterschied zwischen dem dualen und dem hierarchischen Modell transparent zu machen. Sie können sich vielleicht noch erinnern. Eine Gruppe von Kindern möchte Fußball spielen und am Anfang werden die Mannschaften gewählt.

Wie reagiert das Kind mit einer “hierarchischen” Geisteshaltung?

Ich muss auf jeden Fall gewählt werden, denn ich habe ja den Ball, werde ich nicht gewählt, gehe ich nach Hause und nehme den Ball mit. Ohne Ball könnt ihr nicht spielen.

Wie reagiert das Kind mit einer “dualen” Geisteshaltung?

Okay, wenn ich nicht gewählt werde, bin ich wohl Stand heute nicht gut genug um mitzuspielen. Wenn ich doch mitspiele, macht es Euch nicht so viel Spaß. Ich werde üben, um irgendwann gewählt zu werden. Auf jeden Fall könnt Ihr meinen Ball haben und ich gucke zu, um zu lernen.

Zum Schluss möchte ich noch eine letzte Anmerkung im Kontext Digitalisierung vornehmen. Der Begriff ist ja in aller Munde und wird mittlerweile aus meiner Sicht schon wieder über strapaziert. Leider, wie ich finde, nur in eine Richtung, nämlich in Richtung Technologie. Für mich beginnt Digitalisierung in Unternehmen im Kopf der Menschen. Es geht nämlich um die Haltung eines jeden einzelnen Mitarbeiters, wie er die jeweils anderen Menschen des Unternehmens wahrnimmt und auf dieser Basis mit ihnen zusammen arbeiten möchte, unabhängig von Rang und Titel. Denn im Netzwerk zählt kein Status und keine Rolle per auferlegtem Gesetz. Jeder Mitarbeiter muss tagtäglich auf`s Neue für seine Identität arbeiten, in dem er sich mehrwertgenerierend einbringt. Mit dieser “richtigen” Geisteshaltung verspricht der Einsatz von neuer innovative Technologie auch Erfolg.

Buch_Alle Macht für Niemand

In diesem Zuge möchte ich gerne auf einen Post eines meiner Weggefährten, Andreas Zeuch, verweisen, aber natürlich ebenfalls auf sein neues Buch Alle Macht für niemand. Aufbruch der Unternehmensdemokraten.

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