Mein Rucksack ist mein ständiger Begleiter auf meiner Reise des Verstehens. Alle Erkenntnisse und jedes Wissen, die ich für mich generiere, ist Inhalt des Rucksacks. Er wird geleert, wieder gefüllt; teil geleert, wieder teil gefüllt. In meinem Rucksack lege ich meine Basiswissen in den Bereichen
ab. Aus diesem Basiswissen generiere ich dann man abgeleitetes Wissen zu wirtschaftlichen und ökonomischen Zusammenhängen.
Vielleicht stellen Sie sich die Frage, warum ich oben die klassischen BWL-Bereiche nicht als Basiswissen aufführe. Das möchte ich Ihnen kurz erklären. Ankerpunkt meiner Ausführung wird der Begriff Komplexität sein. Inspiriert wurde ich bei der Strukturierung dieser meiner Gedanken und Ideen von einem Vortrag von Mark Poppenborg, dem Geschäftsführer der intrinsify!me GmbH.
In diesem Vortrag wird ein neues Denkmodell zu Führung und Arbeit angeboten und begründet. Sehr spannend finde ich die in diesem Vortrag getroffene Unterscheidung zwischen Komplexität und Kompliziertheit.
Komplexität ist die Maßzahl für Vorhersagbarkeit einer Situation, wo hingegen Kompliziertheit die Maßzahl für das notwendige Wissen für die Beherrschbarkeit einer Situation ist.
Diese Unterscheidung ist ähnlich zu der die ich in vielen meiner Posts ebenfalls treffe, an dieser Stelle ist sie nur mit anderen Worten beschrieben. Alleine an dieser Unterscheidung kann man erkennen, dass komplexe Situationen nicht beherrschbar, sondern lediglich handhabbar sind. Es gibt kein Wissen, welches der Mensch sich aneignen könnte, um komplexe Situationen zu beherrschen.
In dem Vortrag wird ein kurzer historischer Abriss der Wirtschaft angeboten, der hat man ihn erst einmal verinnerlicht, die Absurdität der des wirtschaftlichen Gebarens deutlich werden lässt und an dem ich Ihnen ebenfalls transparent darlegen möchte, dass ich Erkenntnisse aus den Fachrichtungen BWL und VWL derzeit allerhöchstens als Wissen kategorisiere, wie man es nicht machen sollte. Die folgende Graphik stellt diesen schematischen Abriss dar. Natürlich sind die Übergänge nicht so glatt verlaufen und auch über die Jahreszahlen lässt sich je nach Industriebereich streiten. Für einen schematischen Überblick, den ich folgend näher darlegen möchte, sollte die Darstellung allerdings ausreichend sein.
Vor der Industrialisierung war das wirtschaftliche Agieren auf lokale Märkte beschränkt, die gesättigt waren. Das handwerkliche Gewerbe war vorherrschend. Um auf diesen Märkten überlebensfähig zu sein, mussten die Unternehmen eine hohe Eigenkomplexität aufweisen, da die Umwelt diese ebenfalls inne hatte. Zu diesen Zeiten gab es keine Standardisierungen. Lean war gar kein Thema; Redundanzen waren gewollt. Hierarchien bildeten sich nicht per Erlass, sondern natürlich entsprechend des Wissens der Menschen. An Best Practice und vorgefertigte Methoden war nicht zu denken.
Mit dem Einzug der Industrialisierung, sprich mit der Urbarmachung von Technik, wurde auch das wirtschaftliche Agieren ausgedehnt. Es war nicht nur lokal beschränkt. Es wurde die Basis für die Globalisierung geschaffen. Dadurch wurden die Märkte, auf denen die Unternehmen, die dann auch immer größer wurden, ausgedehnt. Die Märkte waren nicht gesättigt und Unternehmen konnten durch Schaffung von effizienten und effektiven Prozessen optimal agieren. Standardisierung war das Schlagwort. Geschäftsprozesse, an die sich alle zu halten, wurden geboren. Wenige dachten, viele agierten. Die Unternehmen haben also ihre Eigenkomplexität minimieren können, gar müssen, um wettbewerbsfähig zu sein. Durch die Ausweitung der Märkte wurden nämlich auch deren Komplexitäten reduziert. Die Lehre vom Management von Unternehmen, wie es in vielen Büchern zu lesen ist, wurde in dieser Zeit geboren.
Mit dem fortschreitenden Agieren auf den Märkten wurden diese immer gesättigter. Der Wettbewerb zwischen den Unternehmen um Marktanteile stieg an. Die Technik wurde genutzt, um die Vernetzung auf den Märkten zu erhöhen. Die vielen Märkte schlossen sich wieder zu einem großen Markt zusammen. Die Globalisierung war da. Damit wurde aber auch wieder die Komplexität des Marktes, also der Umwelt erhöht. Unternehmen sollten nun wieder reagieren und ihre Komplexität ebenfalls erhöhen, wie es vor der Industrialisierung der Fall war, um auf diesem Markt überlebensfähig zu sein. Tun sie das aber? Nein, zu beobachten ist, das sie genau das Gegenteil tun. Es wird noch mehr über Standardisierung gesprochen, es werden lokale Effizienzen geschaffen, künstlich geschaffene Hierarchien verhindern das Denken etc. Unternehmenslenker stecken in einem Dilemma, denn die Denk- und Handelsweisen der Industrialisierung funktionieren nicht mehr. Um das bestätigt zu wissen, muss man sich nur jeden Tag die Horrormeldungen in den Zeitungen anschauen.
BWL und VWL lehren aber genau diese Denk- und Handelsweisen, was mich dazu veranlasst hat, Erkenntnisse andere Fachgebiete und –richtungen zu nutzen, zu verbinden und damit zu versuchen die Zusammenhänge zu verstehen.
Unternehmen sollte man als Systeme auffassen, in dem Menschen agieren. Damit lassen sich nicht einfach 1:1 Erkenntnisse und Wissen von komplizierten Systemen auf die Wirtschaft übertragen, denn Unternehmen sind komplex (→ Systemtheorie). Der Faktor Mensch muss wieder in den Vordergrund rücken, Technokratisierung und Standardisierung in den Hintergrund. Stelle ich den Mensch in den Vordergrund, thematisiere ich unweigerlich Fragestellungen der Wahrnehmung, des Lernens und des Wissensaufbaus (→ Erkenntnistheorie). Unternehmen sehen sich der zunehmenden Komplexität der Märkte ausgesetzt. Es geht nicht um Vorhersagen der Zukunft, da es diese nicht gibt, sondern um Erkennen von Mustern und Musterbrüchen, um Prozesse des Wandels zum rechten Zeitpunkt einzuleiten. Unternehmen müssen stets am Rande des Chaos agieren. Gleichgewichtszustände im Unternehmen bedeuten den „Tod“ für das Unternehmen. Es geht darum sich stetig neu zu erfinden (→ Chaostheorie). Unternehmen können die Märkte nicht steuern oder regulieren, da diese stets eine höhere Komplexität aufweisen, als die der Unternehmen selbst. Es kann nur darum gehen, die Märkte zu handhaben. Dafür muss Unsicherheit in den Unternehmen absorbiert, nicht durch Schaffen von Scheinsicherheit, sondern durch das Definieren eines Möglichkeitsraumes an Handlungsalternativen und das Agieren in diesen (→ Kybernetik). Last but not least ist es unerlässlich die Möglichkeiten des Miteinander Umgehens in Unternehmen zu untersuchen. Ein Unternehmen wird durch Menschen geschaffen und am Leben erhalten (oder eben auch nicht). Das Agieren in Unternehmen wird ausschließlich von der Kommunikation bestimmt, da macht ist es dann nicht allzu verwunderlich, dass Erkenntnisse bzgl. Sprache, Methodik und Vorgehensweisen in meinem Rucksack zu finden sind (→ Modellierung).
Natürlich verschließe ich mich nicht den Erkenntnissen aus BWL und VWL, auch wenn das vielleicht meinen Ausführungen bisher so zu entnehmen sein könnte. Deshalb möchte ich dies hier noch einmal explizit betonen. Die Basis bilden die oben aufgeführten Fachrichtungen, da sie eher verbindenden Charakter bilden. Gewürzt werden diese dann mit Erkenntnissen aus BWL und VWL, da diese speziellen Charakter aufweisen. Ich agiere noch dem Motto: „Verbinden statt Separieren“, welches durch das folgende Zitat von Gotthard Günther, eines leider vergessenen Vordenkers und den ich immer wieder in meinen Ausführungen erwähne, auf den Punkt gebracht wird.
Wenn ein Problem wieder und wieder auftaucht und keine Lösung gefunden werden kann, dann sollte man nicht danach fragen, was die Vertreter gegensätzlicher Standpunkte voneinander unterscheidet, sondern was sie gemeinsam haben. Das ist der Punkt, wo die Quelle des Missverständnisses liegen muss.