Heute möchte ich einen Dialog posten, den ich mit einem meiner Weggefährten auf meiner Reise des Verstehens, der anonym bleiben möchte, geführt habe. In diesem geht es um das typische Verhaltensmuster der Menschen, wenn es darum geht alte Paradigmen umzustoßen und neue Wege zu gehen.
Herr …
Ich habe regelmäßig Ihre sehr interessanten und lesenswerten Beiträge zu verschiedenen Themen aus Verhaltensökonomik, Psychologie etc. gelesen. Daher interessiert mich Ihre Meinung zum Modell “Homo Oeconomicus” besonders. Ist dieses Modell noch zeitgemäß? Oder ist es wie mit der katholischen Kirche und Galileo Galilei: man weiß zwar längst, dass dieser Wissensstand überholt ist, kann es aber aus gesellschaftlichen Gründen nicht akzeptieren, dieses Konzept zu verwerfen? Ich danke Ihnen für Ihre Einschätzung. Über den folgenden Link können Sie eine aktuelle Debatte der Ökonomen zu notwendigen Änderungen in der Ökonomie verfolgen.
Conny Dethloff
Vielen Dank für Ihr Feedback. Ich denke mit dem Modell des Homo Oeconomicus erhält man sich eine Scheinsicherheit aufrecht, die die meisten Menschen brauchen, um ruhiger zu leben. Dieses Modell ist ein sehr gutes Beispiel, dass wir uns schwer tun, nichtlinear und zirkulär zu denken. Wir bevorzugen die lineare Variante. Diese wird ja auch in unseren Bildungseinrichtungen gelehrt. Theorie und Praxis wechselwirken aber beidseitig aufeinander. Man versucht Erscheinungen der Umwelt griffig zu machen und stellt dafür eine Theorie auf. Diese Theorie wirkt aber auch zurück auf die Praxis, da durch die Theorie Spielregeln aufgestellt werden, an denen sich die Spieler halten wollen oder müssen (aber nicht immer). Man erhält das Henne-Ei-Problem, also ein Paradoxon, was aus der zweiwertigen Wissenschaft ausgeschlossen ist, quasi als nicht existent deklariert wird. Nur weil wir aber etwas weg definieren ist es deshalb nicht gleich weg.
Man geht in der Mainstream-Ökonomie immer noch von einem komplett rational denkenden und handelnden Menschen aus. Man schafft damit Spielregeln, die die Menschen dann auch so handeln lassen. Das nimmt man dann als Beweis für das Modell. Mit dem Aufstellen von Modellen sind wir aber nicht nur Beobachter, sondern auch Akteur. Hat man dies erkannt, kommt man auch sehr schnell zu der Einsicht, dass Modelle regelmäßig validiert werden müssen und niemals fertig sein können. Aus der Spirale kommt man nicht heraus. Man zieht aber leider nur den linearen Schluss von der Theorie zur Praxis, leider nicht zurück. Verhalten sich Menschen nicht rational, sondern emotional, dann hakt man dies unter Ausnahme oder “Krankheit des Akteurs” ab. Die Theorie bleibt unangetastet. Das ist der Fehler.
Aus meiner Sicht kann man nicht entscheiden zu wie viel Prozent Rationalität oder Emotionalität in die Entscheidungen von Menschen einzahlen. Menschen sind nämlich “nichttriviale Maschinen”. Wenn die Ökonomen sich dieses Nichtwissen eingestehen würden, graben sie sich ihrer Meinung aber ihr eigenes Grab. Mehr Demut gegenüber dem Nichtwissen ist angesagt. Dann kann man auch ganz bewusst mit der Unsicherheit umgehen. Das ist dann aus meiner Sicht der Übergang von Quantitäten zu Qualitäten. Für Quantitäten haben wir Berechnungsvorschriften, die man anwenden kann. Geniale Scheinwelt. Für Qualitäten haben wir diese Berechnungsvorschriften nicht. Also weg damit. Komplexität muss reduziert werden.
Manchmal helfen Analogons, um eine Problematik plastischer darstellen zu können. Ich nehme das Beispiel Fußball. Wir haben Spielregeln aufgestellt, wie beispielsweise, dass Tore geschossen werden müssen, um zu gewinnen. Also versuchen Spieler Tore zu schießen. Niemand wundert sich darüber. Theorie wirkt auf Praxis. Spielregeln haben aber auch Schlupflöcher, die ausgenutzt werden können. Nimmt man wahr, dass ein Spieler kein Tor schießen will, hakt man dieses nicht einfach als Ausnahme ab, sondern hinterfragt. Ist hier vielleicht Mauschelei oder Betrug im Spiel? Man ändert unter Umständen die Spielregeln, also das Modell, bzgl. Wetten etc. Praxis wirkt auf Theorie. Hier macht man also den Rückschluss.
Wie stehen Sie zu dem Modell?
Herr …
Ich bedanke mich für Ihre Antwort. Ihrem Modell kann ich zu 100 Prozent zustimmen. Gerade Dan Ariely hat mit seinen Forschungsarbeiten in der Altruismusforschung einige wichtige Beiträge (ich drücke es jetzt mal nicht fachmännisch aus) zum “Schummel”-Verhalten in Gesellschaften und zu möglichen Anreizen einer “fairen” Welt gegeben. Ihr letztes Beispiel zum Fußball drückt dies perfekt aus. Menschen verhalten sich dann kooperativ, wenn sie erwarten, dass andere das auch tun. Es gibt eine tolle Forschungsarbeit mit Trustees und Kunden, wo im Versuchsmodell der Kunde an den Trustee Geld lieh und der Trustee dem Kunden nach einer bestimmten Zeit den “Gewinn” auszahlte. Das Ergebnis zeigte, dass sich alle Beteiligten vertrauen, je mehr Vertrauen der Kooperationspartner zeigte.
Ich möchte jetzt auch gar nichts mehr dazu sagen, weil Sie alle wichtigen Punkte auf den Punkt gebracht haben. Wie Sie es in einem Ihrer Artikel so schön ausgedrückt hatten: Emergenz und Black Box-Problematik etc. (nicht abschließende Aufzählung). Was ich nicht ganz verstehe, ist die Tatsache, dass ein System, das widerlegt worden ist, immer noch mit der Begründung gehalten wird, dass das neue System noch nicht alle Konstellationen erklären kann und somit unvollständig ist. Und sich Fachleute wie Michael Hüther und Hans-Werner Sinn sowie Bert Rürup eine “goldene” Nase mit ihren Talkshow-Auftritten verdienen.
Vielleicht muss es noch bessere mathematische Beweise geben, als es sie längst gibt.
Conny Dethloff
Zu Ihrer Frage am Schluss habe ich folgende Sichtweise.
1. Das Widerlegen der Systeme wird zum großen Teil nicht zugelassen. Ich möchte mich auf das Modell des Homo Oeconomicus beziehen. Viele Ökonomen sind mit diesem Paradigma groß geworden. Ihr ganzes Leben und ihre ganze Arbeit basiert auf diesem Modell. Ein Negieren dieses Modells bedeutet zwangsläufig ein Negieren ihres Lebenswerkes. Dass sie das verhindern wollen, kann ich emotional nachvollziehen, was nicht bedeuten soll, dass der Umsturz nicht notwendig ist. Kratzer am Modell werden also nicht zugelassen.
2. Auch wenn man Kratzer zulassen würde, sprich wenn man sich auf eine Diskussion bzgl. Pro und Contra einlassen würde, werden die gefundenen Fakten nicht fair auf die verschiedenen Behauptungen reflektiert. Ich möchte das an einem Beispiel konkretisieren, dem Modellieren. Wie Sie wissen, bin ich Verfechter der Methode des Modellierens. Beim Modellieren werden die mentalen Modelle der Diskursteilnehmer offen gelegt, in dem beispielsweise mittels Ursache-Wirkungsbeziehungen die Argumente zu einem Wirkungsnetz vervollständigt werden. Viele Gegner des Modellierens sagen, dass es unmöglich ist die Welt zu modellieren und auf dieser Basis objektive Entscheidungen zu treffen. Das ist richtig. Das ist aber grundsätzlich richtig. Egal wie ich zu Entscheidungen komme, sie sind stets subjektiv und basieren niemals auf der “richtigen” Realität. Ich entgegne, dann stets dass wir nicht nicht modellieren können. Auch wenn wir es nicht explizit betonen, aber stets wenn wir unsere Umwelt wahrnehmen und Faktoren gegeneinander abwägen und auf dieser Basis Entscheidungen treffen, modellieren wir. Das machen wir dann meistens im Kopf, ohne dass wir diese Beziehungen explizit machen. Dann bleiben diese Beziehungen für die Mitdiskutanten aber unsichtbar. Das Finden einer gemeinsamen Sprache, mit der man Probleme beschreiben und Lösungen formulieren kann, wird unmöglich. Man wird mit der Methode des Modellierens im schlechtesten Fall gleich gut bleiben, oft aber besser.
Neue Ideen werden also meist abgebügelt, weil Begründungen gefunden werden, die ein komplettes Heilen der Welt mit diesen Ideen im Wege stehen. Das die derzeitig vorherrschenden Ideen dies auch nicht tun, wird ausgeblendet. Warum blendet man diese aus? Hier ziehen wieder die Fakten aus 1. Wir tun uns leichter alte eingesessene Paradigmen zu bestätigen. als diese zu hinterfragen. Fakten, die zur Bestätigung der Paradigmen beitragen werden sehr hoch gewichtet, da sie die eigene Identität bestätigen.
Welche Erfahrungen machen Sie mit Mitmenschen, die “Paradigmenreiter” sind? Die Bezeichnung “Paradigmenreiter” soll nicht despektierlich klingen. Ganz im Gegenteil. Wie ich oben bereits ausgeführt habe, habe ich Verständnis für diese Menschen, da ich sie nachvollziehen kann. In bestimmten Bereichen kann ich mich sicherlich auch nicht davon frei machen. Wie versuchen Sie mit diesen Menschen umzugehen?
Herr …
Ich freue mich über unseren Diskurs. Natürlich bin ich mir der Tatsache bewusst, dass Paradigmen in der von Ihnen beschriebenen Weise wirken und Wissen somit nicht objektiv als richtig oder falsch, sondern der jeweiligen Gesellschaftsform und ihren Trägern dienlich sein müssen. Aber gerade da finde ich, sollten wir in der heutigen Zeit (mit einem Geschichtsverständnis, das die alten Fehler der Vergangenheit vielleicht einmal abschüttelt, um neue, für die Gesellschaft förderliche Sichtweisen und Erkenntnisse vorzubringen). Habermas hat mit seiner Diskursethik (herrschaftsfreie Kommunikation und die in einen Diskurs jeweils neu zu entwickelnden Geltungsansprüche durch Aushandeln des “besseren” Arguments als den Systemimperativen Macht, Geld oder reiner Zweckrationalismus einen -wie ich finde- wichtigen Beitrag geliefert.
Ich komme auf das Thema eigentlich deshalb, weil ich auf Phoenix eine Sendereihe zur “Inquisition” im Mittelalter gesehen habe und mir war gar nicht bewusst, dass es Päpste (Benedikt IV.) gab, die schon sehr früh neue Denkweisen der Naturwissenschaften zulassen wollten, aber von den Kardinälen, die Angst hatten, die katholische Kirche würde ihre Deutungshoheit verlieren, diese Denkweisen blockierten. Galileos Sichtweisen (hervorgerufen durch Kopernikus) wurden sogar intern in der Kirche als “allgemeines Wissen” anerkannt. Nur nach außen musste man den Schein wahren.
Natürlich kann ich Menschen verstehen, dass Sie Ihren Status und das Wissen, das diesen legitimieren soll, sichern wollen. Aber ich glaube, wir müssen in der heutigen Zeit, in der die Märkte und die Weltwirtschaft immer erbarmungsloser werden, neues, innovatives Wissen generieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Und das entsteht meines Erachtens nur durch “Rulebreaker” (übrigens sehr empfehlenswertes Buch von S.G. Janszky), die eben nicht nur den Mainstream denken, sondern Innovationen schaffen.
Ich teile Ihre Auffassung zum Modellieren voll. Ich glaube, dass schafft Transparenz im Denken.
Conny Dethloff
Ich finde unseren Diskurs ebenfalls sehr interessant. Ich bin voll mit Ihnen. Wir müssen unsere Denk- und Handelsweise überdenken. Das ist eine lange Reise und beginnt bereits im Kindesalter, damit sie nachhaltig sein kann. Es gibt wahrscheinlich viele Ansätze. Nur derzeit sehe ich nur verschiedene kleine Puzzleteile, die erst zu einem Bild geformt werden müssen. Die Diskursethik von Habermas ist sicherlich eines dieser Puzzleteile. Haben Sie gutes Material dazu? Ich möchte mich da ein bisschen näher belesen.
Mir fehlt aber wie gesagt der Ausblick, diese vielen sehr guten Ansätze zu operationalisieren. Wir sind noch viel zu sehr in der heutigen Welt der Quantitäten verwurzelt. Das lässt ein Denken in Qualitäten zwar zu, jedoch nicht das Handeln. Wo könnten die Hebel sein?
Herr …
Informationen zu Habermas habe ich Ihnen gesendet. Ich habe in letzter Zeit begonnen, mich mit Akerlof und Stiglitz zu beschäftigen, die ein Modell der asymmetrischen Informationsverteilung zwischen Angebot und Nachfrage am Beispiel des Gebrauchtwagenmarktes herausgebracht haben. Dieses Modell haben sie erweitert und übertragen auf die Problematik von moral hazard, also gegenseitigem Vorenthalten von Informationen der obersten und untersten Ebene eines Unternehmens und der dadurch entstehenden Informations-Lücke. Hier kann ich auf das Buch Animal Spirits verweisen. Dort wird zwar nicht die eigentliche wissenschaftliche Theorie beschrieben, aber die Beschreibung der Ursachen der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 sowie das Aufzeigen von Gemeinsamkeiten verschiedener Wirtschaftskrisen der Vergangenheit (z.B. Asienkrise) und möglicher Lösungsansätze für die Zukunft. Weitere Informationen finden Sie weiterhin hier und hier.
Conny Dethloff
Sie schreiben: “Habermas hat mit seiner Diskursethik (herrschaftsfreie Kommunikation und die in einen Diskurs jeweils neu zu entwickelnden Geltungsansprüche durch Aushandeln des “besseren” Arguments als den Systemimperativen Macht, Geld oder reiner Zweckrationalismus einen – wie ich finde – wichtigen Beitrag geliefert.”
Ich möchte darauf Bezug nehmen, soweit ich Habermas aus den von Ihnen mir zugestellten Dokumenten verstehe. Habermas geht bei seiner Diskursethik von einer idealen Sprechsituation aus. Das bedeutet:
1. Alle Subjekte verhalten sich in der idealen Sprechsituation rational.
2. Alle Subjekte haben die gleiche Möglichkeit, sich zu äußern.Widerspricht dass nicht den Erkenntnissen Akerlofs, der klar formuliert, dass Menschen sich nicht rational verhalten, sondern in einem hohen Maße Werte und Normen eine Rolle spielen, und dass Informationen niemals gleichverteilt sind, sondern asymmetrisch? Mir kommt es so vor, als wenn Habermas zwar eine Theorie aufstellt, die Qualitäten integriert, diese aber nur in Umgebungen der Quantitäten praktisch umsetzbar sind. Man hat also nicht viel gewonnen.
Wie sehen Sie das?
Herr …
Sie haben vollkommen Recht. Akerlof und Habermas stehen diametral entgegen. Ich habe Habermas in den Diskus gebracht, um zu zeigen, dass wir eben nicht die (wie wir es durch unsere Sozialisation in der Schule, Ausbildung, Universität etc.) postulierten Werte wie z.B., dass es wirklich nach Leistung geht und das bessere Argument sich durchsetzt im Diskurs, leben. Habermas sagt nämlich, dass es Subsysteme (wie die Judikative und die Wirtschaft) gibt, die nicht den Regeln des kommunikativen bzw. verständigungsorientierten Handelns unterliegen. Diese Bereiche nennt er Bürokratie. Sie unterliegen seiner Meinung nach dem zweckrationalen, nutzenorientierten und auf der Basis von Macht basierenden Kriterien. Dadurch, dass seiner Meinung nach alle anderen Bereiche dem verständigungsorientierten Handeln unterliegen oder unterliegen sollten, kann es Schwierigkeiten bei der Verständigung in beiden Bereichen geben. Für mich ist Habermas daher weniger ein Philosoph im eigentlichen Sinne, der ein neues Denksystem erschafft, sondern das bestehende aufzeigt. Zu beachten ist auch, dass Habermas zwischen Lebenswelt (a tergo) und System (a fronte) unterscheidet.
Akerlof hingegen entwirft -meines Erachtens- ein Zukunftsmodell, da er den Menschen auf Basis von Forschungsarbeiten aus der Hirnforschung und Verhaltensökonomik neu definiert (oder vielleicht gerade nicht mehr definiert?!). Er möchte darauf aufmerksam machen, dass es einen Herdentrieb gibt, der die Menschen blind macht für Risiken, die die Grundlagen ihrer Gesellschaft zerstören können (Börsen, Rating, Derivate). Auf der anderen Seite will er aufzeigen, dass Unternehmen besser funktionieren, wenn sie die Mitarbeiter besser in ihre Prozesse einbinden, da diese dann auf der Mikroebene besser und engagierter zusammenarbeiten. Nicht mehr Geld soll ein Anreizsystem für mehr Leistung sein, sondern Beteiligung durch Einbindung in die Unternehmenskultur.
Ich hoffe, ich konnte den Unterschied deutlich machen. Habermas habe ich nur zitiert, da ich die bestehende Wirklichkeit der nicht auf rationaler Basis orientierten, aber so postulierten Diskurskultur kritisieren wollte. Natürlich haben Sie mit Ihrem Einwand recht. Beide stehen diametral entgegen. Ich favorisiere Akerlof, aber bin mir bewusst, dass wir noch meilenweit von dem entfernt sind. Also hoffe ich, dass wir mit Habermas und seinem “Rationalismus” die Systeme Geld und Macht etwas verschieben können. Ich hoffe, ich konnte diese Ungereimtheit etwas aufklären.
Conny Dethloff
Die Theorie der asymmetrischen Informationen von Akerlof lässt sich m.E. auch auf die Schwierigkeit reflektieren, die besteht, neue Denkrichtungen zu platzieren. Angenommen Ich habe eine neue Idee, die alte Paradigmen umstoßen. Wenn ich davon ausgehen kann, dass alle Menschen, denen ich diese Idee vortrage, die gleichen Informationen haben, müssten sie dieser Idee offen gegenüberstehen. Das ist aber nicht realistisch. Die Informationen sind ungleichverteilt. Bzgl. alter und neuer Denkweisen stellt sich stets ein Gleichgewicht ein, worauf sich auch auf die Erzeugung neuer Ideen auswirkt, denn die Menschen möchten ja, dass sie gehört werden. Eine Spirale nach unten beginnt, was dazu führt, dass “Inhaber” radikal neuer Ideen von der Bildfläche verdrängt werden. Dadurch verhindern wir einen Umsturz der alten überholten Paradigmen. An dieser Stelle ist ein Prozessmusterwechsel notwendig. Aufgrund der ungleich verteilten Informationen ist aber oft nur eine Funktionsoptimierung möglich. In einigen Bereichen, vor allem im Sport, kennt man einige Beispiele für diese Prozessmusterwechsel. Ein Beispiel ist der schwedische Skispringer Jan Boklöv, der den V-Stil erfunden hat. Vielleicht ist dieses Beispiel nicht ganz passend, denn Bokolöv hatte im Parallelstil keine Chance vorne mit zuspringen. Also konnte er sich entscheiden, zwischen Mittelmaß im Parallelstil oder Ausgrenzung, wegen Verlachens des V-Stils. Sein Risiko zu verlieren war also nicht so groß, wie beispielsweise, dass eines Wissenschaftlers, der sein ganzes Lebenswerk riskiert, wenn er unpopuläre Ideen vertritt.
Hier hat man es also mit einem Problem zweiter Ordnung zu tun. Probleme, die wir mit den alten Modellen erkennen, gründen auf dem Vorhandensein von asymmetrischen Informationen. Ein Umstoßen dieser alten Modelle ist aber genau deshalb schwierig, weil nämlich genau diese asymmetrischen Informationen bestehen.
Was denken Sie?
Herr …
Ich denke darüber genauso, wie Sie es dargestellt haben. Toll finde ich auch immer Beispiele aus dem Sport (wie Ihr Beispiel), weil diese uns eher einleuchten. Für mich ist es immer die gleiche Frage, die hinter solchen Überlegungen steht: Wollen wir effizienter handeln und das bestehende System optimieren oder effektiver werden und etwas Neues wagen. Dem Neuen fehlt natürlich die Akzeptanz und es fehlen praktische Erfahrungen. Deshalb sagen dann viele Menschen (sogenannte selbst ernannte Praktiker), das Neue lässt sich praktisch nicht umsetzen. Und so werden Chancen vertan, sich von anderen positiv abzusetzen.
Ich finde auch das Beispiel vom Affen, der eine Banane vom Baum holen will, geeignet. Wenn der Affe immer nur springen würde, bis er vielleicht mal die Banane erreicht hat, wird er lange brauchen. Wenn er aber nachdenkt und sich ein Hilfsmittel sucht, wird er zwar zunächst Zeit gebrauchen, um sich dieses Hilfsmittel zu besorgen bzw. ggfs. eine Konstruktion zu bauen, aber er wird letztlich auch wieder Zeit einsparen.
Genauso sehe ich das auch mit Innovationen. Diese sind notwendig, um uns im Wettbewerb auf wirklich wichtige Dinge konzentrieren zu können. Etwas Neues zu schaffen bedeutet immer auch Zeitverzögerung. Kein Reiz-Reaktions-Schema, sondern ganzheitlicher denken, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Übrigens, ein weiteres Beispiel aus dem Sport sehe ich im Tennis mit Roger Federer. Der spielt seit Jahren ohne Verletzung auf höchstem Niveau, weil sein Spiel und seine Schläge so harmonisch sind, dass er weniger Kraft aufwenden muss.
Der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften Daniel Kahnemann hat herausgefunden, dass der Mensch mehr Angst vor Verlusten hat, als mögliche Gewinne einzustreichen. Das hat mit dem Belohnungssystem im Gehirn zu tun. Deshalb haben es Neuerungen besonders schwer, von der Gesellschaft akzeptiert zu werden.
Es schließt sich der Kreis. Wie ich eingangs in meiner ersten Email gesagt habe, bleibt es der Mathematik vorbehalten, den Beweis oder Gegenbeweis des Homo Oeconomicus zu führen. Da ich mathematischer Laie bin, möchte ich nur kurz stichwortartig Beispiele geben. Vielleicht können sie Licht ins Dunkel bringen.Der Mensch lebt nach dem Modell des erwarteten diskontierten Nutzens – platt ausgedrückt – vom Nutzen, den er so früh wie möglich realisiert. Demnach ist der Mensch ungeduldig. Außerdem schaut er nach dem Modell des Nash-Gleichgewichtes auf die Erwartungen der anderen. Danach handeln sie rational, was in der Praxis so nicht vorkommt. Außerdem gibt es das Modell der optimalen Lebensplanung nach Samuelson, nach dem sein Vergnügen oder Missfallen am Leben durch Konsum ermittelt wird und er demnach vom Standpunkt der Gegenwart aus immer ein begrenztes Vergnügen am Konsum hat. Das ist von mir bewusst etwas provozierend formuliert. Ich habe diese Beispiele aus der Fachzeitschrift Spektrum der Wissenschaft Spezial “Wie entscheiden wir?” und finde diese geeignet, näher zu beleuchten.
Conny Dethloff
Vielen Dank für Ihre Ergänzungen. Unsere Unterhaltung gefällt mir ungemein, da sie Erkenntnis für mich generiert. Ich möchte kurz zusammenfassen, bevor ich auf die derzeitige Mathematik eingehe. Diese Zusammenfassung können Sie gerne ergänzen oder revidieren, falls Sie eine andere Sicht haben. Wir haben festgestellt, dass das Modell des Homo Oeconomicus längst überholt ist, dies auch von einigen Menschen hergeleitet wurde, die Ökonomie aber trotzdem noch an diesem Modell festhält. Folgende Gründe haben wir dafür herausgearbeitet.
1. Laut G. Akerlof haben wir es im Markt mit unvollkommenen oder asymmetrischen Informationen zu tun, die das Modell des vollkommen rational handelnden Menschen invalide werden lassen. Die Hürde, die dem Erkennen des Fehlleitens des Modells im Wege steht, ist wiederum der Aspekt, dass wir es mit asymmetrischen Informationen zu tun haben. Es handelt sich also um ein Problem zweiter Ordnung.
2. Der Mensch ist ungeduldig. Er lebt nach dem Modell des erwarteten diskontierten Nutzens, eines Nutzens, den er so früh wie möglich realisiert. Prozessmusterwechsel implizieren aber stets eine Zeitverzögerung. Funktionsoptimierungen helfen aber nicht immer weiter, gerade dann nicht, wenn es um gravierende Änderungen geht. Das haben wir am Beispiel Skispringen erläutert. Ein anderes Beispiel könnte der Hochsprung sein. Es gab mehrere Arten von Sprüngen, bis man letztendlich beim Fosbury Flop gelandet ist. Eine ähnliche Evolutionsstufe müssten wir auch beim Neuschreiben eines Modells für die Ökonomie durchleben, ein Prozessmusterwechsel.
3. Der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften Daniel Kahnemann hat herausgefunden, dass der Mensch mehr Angst vor Verlusten hat, als mögliche Gewinne einzustreichen. Das hat mit dem Belohnungssystem im Gehirn zu tun. Das Formulieren neuartiger Ideen, die ein allgemein anerkanntes Paradigma umstoßen könnten, kann zum Ausschluss aus der Gemeinschaft führen. Man wird als Verräter eingestuft. Menschen sind “Herdentiere” und stufen solch einen Ausschluss als Verlust ein.
Sie sprechen an, dass die Mathematik eine Vorreiterrolle übernehmen sollte, um die oben angesprochenen Hürden anzukratzen. Hier sind wir m.E. wieder bei dem Verhältnis Qualität vs. Quantität. Die heutige Mathematik ist auf der zweiwertigen Aristotelischen Logik aufgebaut. Diese kennt nur Quantitäten. Qualitäten werden von der Mathematik ausgeschlossen. Detaillierter habe ich das in meinem Logbuch der Reise des Verstehens im Post Behindert unser unzureichendes Zahlenverständnis unser Problemlösen? beschrieben. Das bedeutet aber nicht, dass ich Ihnen nicht Recht gebe. Die Mathematik sollte diese Rolle annehmen, nur muss man sich der Hürde bewusst sein, damit sie eingerissen werden kann.
Herr …
Wie bereits gesagt – freue ich mich über unseren Diskurs. Zu den Punkten 1 bis 3 herrscht Übereinstimmung und Klarheit, wie ich denke.
Die Aussage zur Mathematik hätte ich wohl eher als Frage formulieren müssen. Im persönlichen Gespräch hätte ich durch den Tonfall dieses Aussagesatzes das deutlich machen können. Nichtsdestotrotz möchte ich eine Aussage des Nobelpreisträger Prof. Manfred Eigen (Bio- und Physikchemiker), der auf dem Gebiet der Kinetik von schnellen biochemischen Reaktionen seinen Nobelpreis erhalten hat, in der Sendung “So gesehen” in einem Interview gesagt hat, die Mathematiker seien soweit, die gesamte Welt einschließlich sozialwissenschaftlicher und gesellschaftlicher Probleme in mathematischer Ausdrucksweise zu erklären.Gleichzeitig glaube ich (ich weiß es aber nicht), dass wir der Mathematik zu viel Glauben schenken. Ich denke, es verhält sich ähnlich wie mit Habermas Rationalismus. Da alle glauben, Menschen denken und handeln rational, wäre die Methode von Habermas, dem besseren Argument in einer herrschaftsfreien Umwelt Glauben zu schenken, rational. Dass dem nicht so ist, wissen wir und auch Habermas. Ansonsten hätte er nicht konstatiert, dass es Subsysteme wie die Bürokratie gibt. Ich kann ihre Aussage zum Verhältnis Quantität und Qualität nachvollziehen. Ich glaube aber, dass wir – soweit ich das beurteilen kann- auch an der quantitativen Aussagefähigkeit etwas verändern können, in dem wir transparentere Verfahren schaffen, die durch festgelegte Regeln bestimmt werden, die weniger Methodenwechsel erlauben.
Ich möchte gerne noch auf die Erwartungen von Menschen eingehen. Keynes und Nash haben dies schön aufgezeigt. Nach diesem Konzept gehe man im 1. Grad davon aus, dass andere sich keine Gedanken machen. Im 2. Grad geht man davon aus, die anderen denken, man selbst mache sich keine Gedanken. Im 3. Grad entscheidet man, dass die anderen in der Annahme entscheiden, sie machten sich keine Gedanken. Für mich klingt das ein wenig wie Herdentreib.
Ich fühlte mich bei Ihren Artikel über Zahlenverständnis und Problemlösen an meine Schulzeit und mein Abitur zurückerinnert, wo in Mathematik immer nur Übungsaufgaben mit theoretischen Aussagewert vorkamen, leider keine Systematik erklärt wurde (wie das in ihrer Darstellung der Fall ist) und keine praxisbezogenen Übungsaufgaben, womit der Aussagewert für einen Teenager gleich null ist.
Ich möchte aber auf einen mir wichtigen Punkt noch einmal zurückkommen. Das Verhältnis der abhängigen (endogene, erklärte) zur unabhängigen (erklärende, exogene) Variable in Gleichungssystemen. Auf Seite 36 des Buches „Animal Spirits“ von Akerlof wird davon gesprochen, dass Jan Tinbergen. der 1938 ein 48 Gleichungen umfassendes Modell der US-Wirtschaft schuf. 1950 wurde ein weiteres Modell zur Messung der Volkswirtschaft der Vereinigten Staaten unter Lawrance Klein Ausgangspunkt für ein Projektnetzwerk “Project Link”, “das ökonometrische Modelle aller großen Länder weltweit miteinander verknüpfte und Tausende von Gleichungen umfasste.” S. 36 „Animal Spirits“. Als mathematischer Laie stelle ich mir vor, dass die Herren dort versucht haben, jeweils immer die unabhängige Variable zu erklären?
Conny Dethloff
Auf ihren letzten Punkt möchte ich gerne eingehen.
1. Die Ergebnisse, die ein Modell erzeugt, müssen nachvollziehbar sein. Ein Modell ist stets nur ein Ausschnitt einer zu untersuchenden Thematik. Deshalb gibt es in diesen Modellen auch abhängige und unabhängige Variablen. In der Realität existieren aus meiner Sicht keine unabhängigen Variablen, da alles irgendwie mit allem verknüpft ist. Ein Modell darf nicht zu schwierig aber auch nicht zu einfach sein. Teilweise habe ich das Gefühl, dass sich Menschen mit schwierigen Modellen eine Scheinsicherheit aufbauen, frei nach dem Motto: „Das ist so schwierig, das muss richtig sein.“. Wir müssen Demut gegenüber Unsicherheit zeigen. Wir werden Unsicherheit niemals ganz absorbieren können, auch nicht mit noch so schwierigen Modellen.
2. Beim Modellieren hält uns unsere lineare Denkweise gefangen. Wir glauben, dass komplexe Muster oder Verhaltensweisen auch nur mit komplexen Handlungsanweisungen erzeugt werden können. Das ist aber nicht der Fall. Die Natur lehrt uns das. Ich habe in meinem Post Komplexitäten entstehen aus Einfachheiten, sind aber schwer zu handhaben. dieses Phänomen beleuchtet. Ein gutes einprägsames Beispiel ist das Fangen eines Balles. In diesem Post stelle ich die Ideen von Stephen Wolfram, den Erfinder von Mathematica, vor, der zu diesem Komplex ein ganzen Buch geschrieben hat, A new kind of science.
3. Einen dritten Fehlschluss, den wir ziehen ist, dass wir nicht unterscheiden zwischen Determiniertheit und Vorhersagbarkeit. Das möchte ich gerne ausführen. Determiniert ist etwas, wenn Ursache-Wirkungsverhältnisse ausgemacht werden können. Vorhersagbar ist etwas, wenn man eine Formel definieren kann, die in endlicher Zeit lösbar ist und wenn alle Parameter der Formel beliebig genau bestimmt werden können. Es besteht ein Zusammenhang zwischen Determiniertheit und Vorhersagbarkeit. Ist eine Situation vorhersagbar muss sie determiniert sein. Der umgekehrte Fall gilt nicht. Es gibt determinierte Situationen, die nicht vorhersagbar sind. Die Chaostheorie hat hier ein bisschen Licht ins Dunkel gebracht. Dazu empfehle ich Ihnen meinen Artikel Was hat Unternehmensführung mit Chaostheorie und Quantenmechanik zu tun?
Dazu ein Beispiel aus der Praxis: Würfeln ist determiniert, denn die gewürfelte Augenzahl hängt ab von der Größe des Würfels, der Rutschfestigkeit des Untergrundes, Abstand der Hand zum Untergrund, Winkel des Aufpralls des Würfels auf dem Untergrund, der Kraft etc. Eine Formel dafür kenne ich nicht. Sie ist aber theoretisch denkbar. Aber auch wenn diese Formel in endlicher Zeit lösbar wäre, ist es schwierig, beliebig genau die oben angeführten Parameter zu bestimmen. Das Würfeln einer Augenzahl ist also nicht vorhersagbar. Statistisch gesehen wissen wir zwar, dass jede Augenzahl mit der Wahrscheinlichkeit 1/6 fällt. Dafür benötigt man aber sehr viele Versuche. Es bringt also nichts für einen bestimmten Wurf die Augenzahl vorherzusehen. Es bleibt ein Raten.
Es gibt auch einen Artikel im Netz, der die Erkenntnisse von Keynes aus der Sicht der Chaostheorie beleuchtet, wirklich sehr interessant.Die Unterscheidung von Faktoren in abhängig und unabhängig ist also unserer Reduktion der Wahrnehmung der Umwelt geschuldet. In der Realität, die wir niemals wahrnehmen können, gibt es keine unabhängigen Variablen. Hier muss man natürlich sehr konkret werden, da man an dieser Stelle das Thema “Freier Wille” thematisiert. Details habe ich in meinem Post Kann ein freier Wille bedingt sein? reflektiert.
Ich hoffe ich habe sie jetzt nicht mit Lesestoff überladen. 🙂
Herr …
Ich möchte einige Punkte kurz herausstellen.
1. In dem Artikel über Keynes wurde George Soros erwähnt. Der hat mit seiner Boom-/ Bust-Theorie die Gleichgewichtstheorie widerlegt. Die Gleichgewichtstheorie geht auch mit dem Modell des “Homo Oeconomicus” einher. Wir haben dies bisher nicht explizit erwähnt, aber diese Theorie ist natürlich auch überholt.
2. Wir können Komplexitäten schon mit einfachen Mitteln überschauen: indem wir die Heuristiken der Intuition nutzen.(S. Gerd Gigerenzer)
3. Die Intuition baut auf dem Bewusstsein auf. Hier unterscheiden wir bedachte, unbedachte und unbewusste Zustände.
4. Darauf aufbauend können wir die Freiheit definieren durch die Urheberschaft und die Autonomie des Handelnden. Es bleibt aber das sogenannte prozedurale Gedächtnis, das auf rein unbewusstem Verhalten (nicht Handeln, das wäre intentional) basiert. Kann man dies wirklich als frei bezeichnen? Einen Reflex?
5. Freiheit ist begrenzt durch den Habitus – die „soziale Persönlichkeitsstruktur“ – die den Mitgliedern einer Gruppe gemeinsamen psychischen Merkmale innewohnt”, Pierre Bourdieu. Aber begrenzt heißt nicht determiniert. Jeder kann durch Bildung (kritisches Hinterfragen) aus den Schranken der ihm vorgegebenen Wert- und Normvorstellungen heraustreten.
6. Ein Freiheitsbegriff im Sinne der Hirnforschung müsste als eine Lücke im Kausalzusammenhang auf neuronaler Ebene zeitigen. Sie haben in Ihren Artikel zur Definition von Freiheit richtigerweise darauf hingewiesen, dass Freiheit nicht durch einen bis in seiner letzten Ursache aufgezeigten Wirkungszusammenhang entsteht. Das zeigen auch die Zusammenhänge der Unschärferelation, dass es einen “unbewegten Beweger” nicht geben muss, um naturwissenschaftliche Phänomene zu beschreiben. Nichtsdestotrotz können Hirnforscher mit Hilfe neuerer, genauerer Verfahren der fMRT, insbesondere durch bessere räumliche Auflösung auf unter einem Millimeter, des ASL (Artial Spin Labeling) Aufschluss von Veränderungen der Ergebnisse durch Einnahme von Medikamenten oder Kaffee- und dem Initial Dip (der kurzzeitigen Abnahme des Sauerstoffgehaltes im Blut, der bis dato nicht angemessen gemessen werden konnte) die Aussagefähigkeit ihrer Ergebnisse erweitern. Gedankenlesen wird aber hoffentlich nie möglich sein.
7. Ich möchte Ihnen die Semiotik von Charles Sander Peirce kurz vorstellen, da Sie in einem Ihrer Artikel auf Kommunikationsprobleme hingewiesen haben. Bei der Semiotik von Peirce handelt es sich hierbei um ein sehr differenziertes Kommunikationsmodell, das in der Tradition des Pragmatismus, dem auch Habermas unterliegt, steht. Es geht hierbei um ein Modell, dass Zeichen Ihren Ausdruck in Gedanken, Gefühlen, Handlungen, Dingen und Situationen in sprachlichen und nichtsprachlichen Kommunikationsmodellen finden. Ausgehend auf einem Modell von John Locke steht eine Erklärung einer triadischen Zeichenrelation (Zeichenmittel, Objekt, Idee), denen wiederum eine Triade von Möglichkeit, Realität und Regelhaftigkeit von Aussagen gegenübersteht. U.a. geht es hierbei darum, dass Zeichen einen Objektbezug sowie eine Metarepräsentation der Beziehung zwischen Zeichenmittel und Objekt darstellt.
8. Es gibt in der Genetik eine Unterscheidung zwischen aktuellen (veränderlichen) und potentiellen (praktisch unveränderliche) Einflussgrößen und den Begriff der kausalen Spezifität. Jede Ursache hat hierbei eine eindeutige Wirkung. Jede Wirkung nicht zu viele verschiedene Ursachen.
Conny Dethloff
Danke für den offenen Diskurs. Jetzt habe ich wieder ausreichend Stoff zum Nachdenken und Verbinden.