Eigenschaften einer guten Führungskraft? Frag` doch einfach Platon

Immer wieder höre ich in Führungskräfteschulungen Fragen wie „Welche Eigenschaften sollte eine gute Führungskraft mitbringen?“ oder „Wie muss eine gute Führungskraft sein?“ Genau zu diesem Thema habe ich jetzt ein sehr schönes kleines Büchlein von Andreas Drosdek gelesen: Platon für Manager.

Buchcover_Platon für Manager

Man mag es kaum glauben, aber eine gute Antwort auf die Fragen kann man der Tugendlehre Platons, die zusammen mit der Ideenlehre in dem Buch thematisiert wird, entnehmen.

Die folgende Abbildung stellt schematisch die Tugenden einer guten Führungskraft dar.

Platon_Tugenden

Diese 4 oben dargestellten Tugenden (Weisheit, Besonnenheit, Mut und innere Gerechtigkeit) stehen alle miteinander in Beziehung und beeinflussen sich gegenseitig. Die vierte der Tugenden, die innere Gerechtigkeit, sorgt für eine Ausgewogenheit der anderen 3 Tugenden.

Was die einzelnen Tugenden besagen und wie die Ausgewogenheit dieser, die eine gute Führungskraft ausmacht, ausschauen, möchte ich nun thematisieren.

Weisheit

Als gute Führungskraft muss man die Frage der eigenen Identität und der des zu verantwortenden Bereiches beantworten können. Das klingt wahrscheinlich auf dem ersten Blick banal, ist es aber laut meiner Erfahrungen keineswegs. Fragen wie

  1. Was ist meine ureigenste Aufgabe hier im Unternehmen?
  2. Wofür stehe ich und wofür stehe ich nicht?
  3. Würden die restlichen Mitarbeiter des Unternehmens weinen, würde es mich und meinen Bereich nicht mehr geben?
  4. Wie zahlen meine Arbeit und die meines von mir zu verantwortenden Bereiches in die Mission und Vision des Unternehmens ein?
  5. Kenne ich die Mission und Vision meines Unternehmens überhaupt und kann ich diese uneingeschränkt teilen und danach leben?
  6. Würde es das Unternehmen, für das ich arbeite nicht geben, was wären triftige Gründe dieses zu gründen?

können von ganz wenigen Managern und Führungskräften beantwortet werden. Testen Sie es gerne aus. Die Antworten sollten natürlich so konkret wie nur irgend möglich ausfallen.

Können Sie diese Fragen nicht beantworten, sollten Sie Alles stehen und liegen lassen und sich an das Finden der Antworten machen. Egal welche Aufgaben und Aktivitäten Sie derzeit in Beschlag nehmen, ohne die Antworten können Sie diese nur unzureichend erledigen.

Um obige Fragen zu beantworten ist es natürlich unerlässlich, dass die Führungskraft sich als Person grundsätzlich eine Vision und Ziele zuschreibt und sich diesen stets bewusst wird und eigene Handlungen dahingehend reflektiert. Ein kritisches Nachdenken, Reflektieren und Justieren über die eigenen Zielvorstellungen und dem Status Quo ist also gefragt.

Das sollte dann auch auf die Ebene des Unternehmens übertragen werden. Fast jedes Unternehmen hat heute nieder geschriebene Visionen und Missionen. Nur gehen diese sehr häufig nicht mit der realen Unternehmenskultur konform. Mitarbeiter merken das natürlich sehr schnell und die Authentizität der Führungskraft geht damit verloren.

Mut

Ist sich eine Führungskraft um seiner eigenen Identität und die seines zu verantwortenden Bereiches bewusst, ist es nicht immer einfach diese auch authentisch in Handlungen einfließen zu lassen. Viele Menschen in einem Unternehmen bedeuten unter Umständen auch viele Meinungen und Eigeninteressen, die nicht immer mit den Interessen des Unternehmens übereinstimmen müssen. Will man seine eigene Identität nicht verleugnen, braucht man in erster Linie Mut, auch mal „gegen den Strom zu schwimmen“ und nicht stets zu Allem „Ja und Amen“ zu sagen. Merken Mitarbeiter, das die eigene Führungskraft wie ein Fähnchen im Wind heute „A“ und morgen „B“ je nach Großwetterlage sagt, geht die Verbundenheit zu und die Glaubwürdigkeit gegenüber den ausgelobten Visionen, Missionen und Zielen verloren.

In der Praxis kann man sehen, dass Manager und Führungskräfte die nachhaltigen Erfolg vorweisen können und konnten, gradlinige Menschen waren, die stets offen und ehrlich für ihre Sache eingestanden haben, auch wenn sie die einsamen Rufer in der Wüste waren.

Weise ist eine Führungskraft, wenn sie stetig eigene Handlungen und Ergebnisse reflektiert und bewertet.  Das bedeutet aber auch eigene Stärken und Schwächen anzuerkennen. Ohne Mut funktioniert das nicht. Denn das Anerkennen eigener Schwächen kann manchmal weh tun, denn man muss sich eingestehen, gewisse Fähigkeiten und Fertigkeiten, von denen man glaubte sie zu haben, doch nicht zu haben. Und dann darf man die Mühen nicht scheuen, diese Lücke zu schließen.

Aber auch das Anerkennen eigener Stärken geht nicht ohne Mut. Denn tut man dies, sollte man sich auch in die Lage versetzen können, mehr Verantwortung zu übernehmen. Warum hat das mit Mut zu tun? Mehr Verantwortung bedeutet mehr Aktionsraum und damit steigt die Gefahr Fehler zu machen. Diesen Fehlern muss man offen gegenüber stehen, denn sonst nimmt man sich selbst das Potential der Weiterentwicklung. Das Eingestehen eigener Fehler geht wiederum nicht ohne Mut.

Besonnenheit

Mit dieser Tugend geht einher, dass man anderen das Recht überlässt, ihre eigenen Sichten und Meinungen auf Themen und Sachverhalte zu haben. Diese müssen nicht immer mit den eigenen übereinstimmen. Objektivität gibt es nicht und schon gar nicht die absolute Wahrheit.

Ich betone es in meinem Logbuch immer wieder, dass ich nach Menschen mit anderen Sichtweisen und Meinungen zu von mir dargelegten Themen suche. Denn diese ermöglichen mir einen Zugang zu anderen Ideen und Gedankengängen und stellen so die Basis für meinen Lernprozess dar. Das bedeutet natürlich nicht, dass ich diese Sichtweisen dann sofort übernehme. Entweder ich kann mit den neuen Gedankengängen meine Sichtweise mit weiteren Argumenten erhärten oder ich kann meine Sichtweise revidieren. In beiden Fällen lerne ich. Lasse ich dies gar nicht erst zu, nehme ich mir die Chance zu lernen.

Des Weiteren bedeutet besonnen zu sein, auch in brenzligen Situationen nicht in Aktionismus zu verfallen. Ein Agieren und Handeln der „3 Lassens“ ist angesagt: Zulassen – Weglassen – Loslassen. Das bedeutet natürlich nicht leidenschaftslos zu agieren, ganz im Gegenteil. Gegenüber seinen eigenen Visionen und Zielen und denen des Unternehmens muss man mit Leidenschaft bei der Sache sein. Merkt man diese Leidenschaft nicht mehr, sollte man entweder die gesteckten Ziele überdenken oder eben das Unternehmen wechseln. Auch das ist eine Möglichkeit.

Diskussionen über verschiedene Sichtweisen können nur dann eine Basis für das Lernen sein, wenn sie inhaltsgeleitet geführt werden. Machtkämpfe haben hier nichts zu suchen. Nicht immer der Ranghöhere in der Hierarchie hat Recht.

Will man andere Menschen von seinen Visionen und Zielen überzeugen, kann das nur über Selbstbeherrschung, Mäßigung, Gelassenheit und Unaufgeregtheit von statten gehen. Verhält man sich wie „die Axt im Walde“ verstärkt man den Widerstand nur noch.

Innere Gerechtigkeit

Die innere Gerechtigkeit ist laut Platon verantwortlich für ein gesundes Gleichgewicht in unserem Inneren. E s reicht beispielsweise nicht aus nur gute Ideen zu haben, diese dann aber nicht umsetzen zu wollen. Es reicht ebenfalls nicht aus, etwas umsetzen zu wollen, ohne sich ausreichend Gedanken darüber gemacht zu haben, wie diese Ergebnisse langfristig in die ausgelobten Visionen einzahlen.

Wie in der obigen Abbildung dargestellt lokalisiert Platon die Weisheit im Kopf, den Mut im Herzen und die Besonnenheit im Bauch. Allein dadurch wird eine Ganzheitlichkeit und Vernetztheit im Denken und Agieren symbolisiert. Entscheidungen sollten also weder nur aus dem Bauch heraus geschehen, noch sollte man für eine anstehende Entscheidung nach immer mehr Daten suchen und so niemals zu einer Entscheidung kommen. Ebenfalls sollte man sich bei Entscheidungen nicht zu schnell von seinen Emotionen leiten lassen, wenn einem beispielsweise ein Wutgefühl bei Nichteintreten bestimmter gewünschter Ereignisse überkommt.

Der Satz: „Lieber noch einmal eine Nacht darüber schlafen und sacken lassen.“ Kommt Ihnen wahrscheinlich bekannt vor. Bei Entscheidungen befinden wir uns also zwischen den Polen von Rationalität und Emotionalität.

Fazit

Auch wenn Platon seine Tugendlehre ca. 400 v. Chr. Entwickelt hat, hat sie meines Erachtens nichts an Bedeutung für das „richtige“ Denken und Agieren von Managern und Führungskräften in unserer heutige Zeit verloren. Die Erkenntnisse Platons muss man natürlich auf die Bedingungen unserer heutigen Zeit anpassen.

Vielleicht haben Sie das Gefühl, ich habe es jedenfalls, dass die hier beschriebenen Eigenschaften einer guten Führungskraft nichts Bahnbrechendes darstellen. Man ist geneigt zu sagen: „Logisch, so sollte eine gute Führungskraft. Warum dafür einen Post spendieren?“ Es scheint zwar logisch, dass eine gute Führungskraft so sein sollte. Aber warum kann ich diese Eigenschaften denn so selten beobachten? Das ist der Grund für diesen Post.

Und natürlich lassen sich diese Eigenschaften auch grundsätzlich auf Menschen übertragen. Ein „guter“ Mensch sollte so sein. Klar, denn warum sollten sich Wirtschaft und Leben so großartig voneinander unterscheiden?

Ich hoffe ich habe Ihnen einen Impuls geben können, sich dieses kleine Büchlein mal zu Gemüte zu führen und diese Reflektion für sich vorzunehmen.

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Gastbeitrag: Big Data – auch nur wieder ein Hype, der irgendwann untergeht?

Ich möchte mein persönliches produktives Sommerloch, in welchem ich durchgeatmet und neue Impulse für weitere Logeinträge gesammelt habe, mit einem Gastbeitrag beenden.

Vor geraumer Zeit hat mich Gustavo Reich, ein Wegbegleiter auf meiner Reise des Verstehens gebeten, einen Gastbeitrag in seinem Blog Im Zuge der Zeit zum Thema Big Data zu verfassen. Dieser Gastbeitrag ist heute online geschaltet worden. Danke Gustavo.

Zum Beitrag gelangen Sie durch einen Klick auf die untere Abbildung.

Gastbeitrag_Big Data

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Die besten Adressen im Weiterbildungsweb 2013 – Meine Reise ist dabei

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Die 10. Jahrespublikation “Die besten Adressen im Weiterbildungs-Web” ist am 19.07.2013 erschienen. Mit der August-Ausgabe der Fachzeitschrift managerSeminare erhalten alle Leser das Jubiläumsheft “trainerlink” mit dem Eintrag meiner Reise des Verstehens auf Seite 5.

Das Heft steht hier zum Download bereit. Die Ernennung freut mich sehr. Vielen Dank.

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Hierarchien sind Trivialisierungsstrukturen

Die Aussage im Titel ist auf dem ersten Blick wahrscheinlich sehr negativ besetzt. Diese negative Besetzung ist aber kontextabhängig. Auf der einen Seite braucht ein Unternehmen eine strenge hierarchische Aufstellung, um Geld zu verdienen. Auf der anderen Seite ist genau diese strenge hierarchische Struktur hinderlich, wenn es darum geht, die Basis für das Geldverdienen überhaupt erst zu schaffen.

Aber der Reihe nach.

Wenn ich in diesem Post die hierarchische Organisationsform anführe und diese in bestimmten Situationen in Unternehmen als nicht anwendbar deklariere, sollte es eine weitere Organisationsform in Unternehmen geben. Diese gibt es auch, nämlich die heterarchische Organisationsform oder das heterarchische Zusammenarbeitsmodell.

Die folgende Tabelle (Durch ein Klick auf die Tabelle sehen Sie diese größer dargestellt) stellt die beiden gegensätzlichen Zusammenarbeitsmodelle in Unternehmen gegenüber.

Hierarchie vs. Heterarchie

Wie das Muster der Zusammenarbeit in den jeweiligen Modellen zwischen den Menschen ausschaut, können Sie an den kleinen Bildchen in den Überschriftenspalten der Tabelle sehen. Die hierarchische Zusammenarbeit ist geprägt von herkömmlich bekannten Organigrammen, in denen jeder Mitarbeiter genau einen Vorgesetzten hat. Das heterarchische Zusammenarbeitsmodell wird eher durch netzwerkartige Strukturen bestimmt, in denen jeder Mitarbeiter je nach Kontext seine Beziehungen zu anderen Mitarbeitern aufbaut.

Auf einige der in der Tabelle aufgeführten Charakteristika werde ich im Rahmen meiner Argumentation eingehen. Die restlichen können Sie sich sicher selber aus der Reflektion Ihrer Erkenntnisse aus der Praxis erschließen.

Wenn ich nun die Frage beantworten soll, welches der beiden Modelle zu bevorzugen ist, sage ich „Beide“. Wenn Sie meinen Post Das innere Spiel – Wie Entscheidung und Veränderung spielerisch gelingt … noch in Erinnerung haben, wissen Sie wo wir uns nun wieder befinden. Richtig, wir befinden uns zwischen den Polen. Die beiden Autoren des Buches, Heinz-Peter Wallner und Kurt Völkl, welches ich in dem Post rezensiere, nennen es das Prinzip der Polarität.

In stabilen Zeiten ist das hierarchische Zusammenarbeitsmodell zur Anwendung zu bringen. In diesen Zeiten geht es hauptsächlich um Funktionsoptimierung. Die “Dinge”, die zu tun sind, sind klar. Deshalb geht es hauptsächlich darum diese “Dinge” richtig zu tun. Es dreht sich also Alles um Effizienz. Das Umfeld, in dem sich das Unternehmen bewegt, wird als unverändert angenommen. In diesen Phasen wird Wertschöpfung betrieben. Das Unternehmen verdient Geld. Jeder Mitarbeiter weiß, was er zu tun, da es ja in Form von Prozessen definiert ist. Entscheidungen seitens des Managements müssen nicht gefällt werden, da diese bereits in Form von Prozessen und Methodiken vorweg genommen wurden.

Instabile Phasen sind durch die Wahrnehmung einer hohen Veränderungsrate der Umwelt des Unternehmens geprägt. In diesen Zeiten ist nicht klar, welche “Dinge” zu tun sind. Deshalb geht es darum die richtigen “Dinge” zu tun. Es dreht sich also Alles um Effektivität. Das Unternehmen befindet sich in diesen Phasen in einem Change. Was zum Zeitpunkt einer Entscheidung “richtig” und “falsch” ist kann nicht beurteilt werden. In diesen Phasen kommen Entscheidungen zum Tragen. Sie sind wichtig. In diesen Zeiten legt das Unternehmen die Basis für die kommenden stabilen Phasen, in dem Funktionen weiter entwickelt werden. Das heterarchische Zusammenarbeitsmodell kommt zum Einsatz.

Will ein Unternehmen lebensfähig sein, muss es für beide Phasen gewappnet sein, für die stabilen als auch für die instabilen Phasen. In der Regel sind Unternehmen für die stabilen Phasen gut aufgestellt. Sie haben ja ihre Hierarchien. Das Agieren in Hierarchien ist mittlerweile allen Beteiligten in Fleisch und Blut übergegangen.

Ein Wechsel von stabilen zu instabilen Phasen und umgekehrt ist auch immer verbunden mit dem Wechsel der Zusammenarbeitsmodelle. Ich habe oben davon gesprochen, dass instabile Phasen durch große Veränderungsraten der Umwelt des Unternehmens geprägt sind. Grundsätzlich ist die Umwelt eines Unternehmens immer und stetig Veränderungen unterlegen. Hier sollte man keine Augenwischerei betreiben. Alles ist im Fluss. In stabilen Phasen werden diese Veränderungen eben nur ausgeblendet. Es wird trivialisiert. Das muss auch so sein, da ein Unternehmen sonst stetig nur im Umbruch wäre, sich nicht konsolidieren könnte und niemals produktiv sein könnte.

Der Trigger für einen Change und damit für einen Wechsel der Zusammenarbeitsmodelle kommt also stets aus dem Unternehmen heraus, niemals von außen.

Nun kommt der Titel dieses Posts zum Tragen. Hierarchien tragen eben genau zu dieser Trivialisierung bei. Wird aber diese Trivialisierung ausdauernd fortgeführt, sprich werden Veränderungen der Umwelt stetig ignoriert und nicht adäquat darauf reagiert, kann sie für ein Unternehmen “tödlich” enden. Hierarchien sind also gut, aber nicht immer. Wir bewegen uns zwischen den Polen.

Der stete und rechtzeitige Wechsel der Zusammenarbeitsmodelle ist ein erfolgskritischer Faktor. Jetzt könnte man behaupten, dass wir diesem Wechsel der Zusammenarbeitsmodelle bereits Aufmerksamkeit schenken, nämlich durch die Einführung der Matrixorganisationen im Kontext der Projekte. Das ist aber nur scheinbar der Fall. Warum? Matrixorganisationen führen nur dazu, dass zwei oder mehrere hierarchische Strukturen parallel eingeführt werden. Der Mitarbeiter ist dann in der Regel Diener mehrerer Herren, was eher kontraproduktiv ist.

Projekte sind in der Regel auch streng hierarchisch aufgestellt. Die Umwelt wird also stetig als stabil trivialisiert. In Projekten geht es aber eben genau darum etwas Neuartiges zu entwickeln. Es wird eine Funktionsweiterentwicklung betrieben, also eine Basis für spätere Wertschöpfung gebaut. Ein streng hierarchisches Zusammenarbeitsmodell ist hier also eher unangebracht. Die Verantwortlichkeiten für bestimmte Aufgaben müssten stetig wechseln, je nach Erfahrung und Talent der involvierten Mitarbeiter. Je nach Kontext würde es unter Umständen einen anderen Projektleiter im Projekt geben. Ein Projekt ist also nur eine Projektion des Agierens eines Unternehmens vom Großen ins Kleine. Auch im Projektkontext wird die Umwelt, das ist dann das Unternehmen, mal als stabil und mal als instabil angesehen. In Projekten sollten also ebenfalls beide Zusammenarbeitsmodelle zum Einsatz kommen. Im Rahmen der heterarchischen Zusammenarbeit werden Gedanken und Ideen konzipiert (“Die richtigen Dinge tun”), die dann im Rahmen der hierarchischen Zusammenarbeit umgesetzt werden (“Die Dinge richtig tun”).

Auch die Organisationsform von Unternehmen ist wieder ein Beleg, sich nicht auf den gegensätzlichen Polen aufzuhalten, sondern mittendrin zwischen den Polen, um damit lebensfähig zu sein.

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Ein aktives Bejahen von Nichtwissen in Unternehmen ist Basis für Erfolg

Ich habe im Rahmen meines Vortrages zum Modeler Camp in Berlin bereits die Problematik angerissen, das Wissen in komplexen Systemen nicht dazu führen kann, komplexe Systeme zu beherrschen. Wissen ist für komplizierte Systeme, wie eine Uhr oder eine Heizung notwendig, um dieses zu beherrschen. Komplexe Systeme lassen sich nicht beherrschen, bestenfalls handhaben. Für dieses Handhaben ist nicht Wissen, sondern Können und Talent entscheidend.

Daniel Juling, ein Wegbegleiter auf meiner Reise des Verstehens, hat dieser Thematik mit der Perspektive des Nichtwissens eine weitere Perspektive geschenkt. Diese Perspektive reicht er uns in einem Vortrag, den er in München gehalten hat, an.

Wissen ist also nicht erfolgskritisch für das Handhaben von komplexen Systemen. Wie sieht es dann beispielsweise mit Produkten aus, die in Unternehmen auf Basis von Wissen entstehen? Können diese Produkte langfristig erfolgreich sein?

Daniel gibt im Rahmen seines Vortrages, den Sie sich oben anschauen können, praktische Beispiele, die genau diese Frage mit „Nein“ beantworten lassen. Ein Beispiel möchte ich aus seiner Präsentation heraus greifen.

Apple hat ohne Frage für eine gewisse Zeit den Markt der Smartphones bestimmt. Apple hat diesen Markt überhaupt erst erfunden, nämlich in der Zeit, in der kein Mensch den Wunsch nach einem Smartphone hatte. Apple hat den Menschen diesen Wunsch erst generieren lassen, hat also einen Rahmen für diesen Wunsch geschaffen.

Diesen Rahmen hat Apple aber mit dem Schaffen des iphones verlassen. An dieser Stelle sind sie dann relativ restriktiv vorgegangen. Diese Restriktion hat beispielsweise Google abgeschafft. Auch Google hat ein Smartphone auf den Markt gebracht, welches aber eher bescheidenen Erfolg hatte. Doch mit dem  Betriebssystem Android hat Google Handyhersteller ermöglicht Smartphones herzustellen, mit den Nebeneffekt, die Reichweite der Google Service zu erweitern. Durch den Andockpunkt zu mehreren Handyherstellern hat Google im Gegensatz zu Apple die Optionsvielfalt erhöht und damit die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg erhöht. Man erkennt jetzt schon, dass Apple im Segment der Smartphones immer mehr Boden an einige Wettbewerber einbüßt.

Das Muster, welches in diesem Beispiel Apple zugeschrieben wird, ist extrem häufig in Unternehmen zu erkennen. In Unternehmen werden Produkte nach strikten Annahmen über das zukünftige Käuferverhalten konzipiert. Da hier die Optionsvielfalt sehr gering ist, sind diese Produkte auf Wissen aufgebaut, was keines ist, denn die Zukunft ist ja wie wir alle wissen nicht vorhersagbar. Es ist halt nur scheinbares Wissen, was sich sehr häufig als falsch heraus stellt.

In dem Moment, wo in Unternehmen das Nichtwissen über das zukünftige Käuferverhalten eingeräumt wird, kann auch damit gearbeitet werden. Mit dieser Perspektive aus dem Nichtwissen heraus wird für die Konzeption der Produkte die Weisheit der Vielen genutzt und damit die Optionsvielfalt erhöht. Es sind also Produkte, die auf Nichtwissen beruhen. Im oberen Beispiel ist es das Muster, welches Google anwendet.

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Das innere Spiel – Wie Entscheidung und Veränderung spielerisch gelingt …

… heißt das Buch, welches ich Ihnen heute vorstellen möchte. So viel vorweg. Das Buch ist für Jeden geschrieben, der sich im Leben stetig weiter entwickeln möchte, ganz egal ob im privaten oder im beruflichen Umfeld.

Haben Sie es auch schon öfter erlebt? Sie diskutieren mit anderen Menschen und tauschen Standpunkte aus. Stets dann, wenn Sie Argumente gegen den Standpunkt der anderen Diskursteilnehmer anbringen, wird sofort induziert, dass sie den entgegengesetzten Standpunkt einnehmen. Wir diskutieren in Gegensätzen, streng nach dem Motto: “Entweder-Oder”.

Heinz-Peter Wallner, ein Wegbegleiter meiner Reise des Verstehens, thematisiert mit seinem Kollegen Kurt Völkl im neuen Buch “Das innere Spiel – Wie Entscheidung und Veränderung spielerisch gelingt”

Buch - Das innere Spiel

unter anderem genau diesen Aspekt. Sie plädieren und belegen an praktischen Beispielen den Fakt, dass wir wegkommen sollten vom Denken und Handeln in “entweder-oder” hin zu “sowohl-als-auch”. Sie nennen es Prinzip der Polarität, welches eines der Erfolgsrezepte im Spiel der Veränderungen ist. Aber dazu gleich mehr.

Das Buch finde ich deshalb so faszinierend, da mich genau dieses oben genannte Erfolgsrezept seit längerer Zeit auf meiner Reise des Verstehens begleitet. Unter der Thematik Polykontexturalität finden Sie eine Reihe verschiedener Posts, in welchem ich immer wieder aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchte, warum es uns Menschen so schwer fällt, sich in den Sog zwischen die Pole zu begeben. Das hat nämlich damit zu tun, dass wir von klein auf an mit der zweiwertigen Logik von Aristoteles aufwachsen. Entweder etwas ist gut oder böse, hässlich oder schön etc. Ein Dazwischen, sprich ein Drittes, lassen wir selten zu. Wir bewegen uns also zu oft im Bereich der Pole und nicht dazwischen, um es mit den Worten der beiden Autoren zu schreiben.

Falls Ihnen noch nicht ganz eingängig erscheint, was mit diesem Erfolgsrezept gemeint ist, möchte ich Ihnen zwei Fragestellungen anreichen, die ich in einigen meinen Posts bereits dargelegt habe.

Wie sollten wir mit Komplexität umgehen?

Wir sollten Beides tun, unsere Eigenkomplexität erhöhen aber auch senken, stets in Anpassung an unsere Umwelt, sprich der Fremdkomplexität. Eigenkomplexität, die keinen Mehrwert auf Lebenserhalt generiert, sollte gesenkt werden. Am Beispiel der Unternehmensführung wären das unnötige Abstimm- und Genehmigungsschleifen in Prozessen. Eigenkomplexität, die aber einen Mehrwert generiert, sollte natürlich erhöht werden. Auch hier wieder ein Beispiel. Im Rahmen von Kundenselektionen im Kampagnenmanagement kann die Vielfalt der Kundengruppen nicht hoch genug sein, um die Kunden adäquat zu erreichen. Bestenfalls wird jeder einzelne Kunde individuell angesprochen, was logischerweise nicht umzusetzen ist.

Sehr häufig werde ich gefragt: “Conny was denn nun, Komplexität erhöhen oder senken?” Mit der Antwort “Beides” können die wenigsten Menschen etwas anfangen. Details finden Sie unter anderem im Manuskript meines letzten Vortrages auf dem Modeler Camp in Berlin mit dem Titel Handhaben von Komplexität im Handel.

Wie sollten wir mit Zielen umgehen?

Auf der einen Seite benötigen wir Ziele, damit Menschen, die zusammen im Sinne einer gemeinsamen Sache agieren, eine Kommunikations- und Handlungsbasis haben. Auf der anderen Seite aber sollten Ziele so gesetzt sein, dass sie nicht erreichbar sind, um nicht stets im Mittelmaß zu enden. Auch dies scheint auf dem ersten Blick ein Widerspruch zu sein. Warum soll ich mir Ziele setzen, wenn ich sie sowieso nicht erreichen kann? Wir befinden uns zwischen den Polen. Möchten Sie zu dieser Fragestellung mehr wissen lesen Sie gerne meinen Post Ziele sollten als unerreichbar gesetzt werden, aber als erreichbar wahrgenommen werden.

Die nachfolgende Abbildung stellt das Spielbrett des Spiels der Veränderungen dar. Diese habe ich dem Post von Heinz-Peter Wallner zu seinem Buch entnommen (Link)

Das innere Spiel - Spielbrett

In der Abbildung erkennen sie in der Mitte die 4 Spielregeln

  1. Neues Denken,
  2. Neue Haltung,
  3. Neue Erkenntnis und
  4. Neues Tun

die Basis dieses Spiels bilden und die die beiden Autoren auf der Seite 20 des Buches einführen und erklären. Alle diese 4 Spielregeln habe ich in vielen meiner Posts bereits thematisiert und reflektiert. Deshalb ist es mir auch sehr leicht gefallen, sofort Anschluss an die Argumentation der beiden Autoren zu knüpfen und für mich weitere Erkenntnisse zu generieren.

Mit der ersten Spielregel, Neues Denken, ist grundsätzlich gemeint, über den Tellerrand hinaus zu blicken und weg zukommen vom linearen Denken hin zu einem ganzheitlichen Denkmuster. Hier geht es auch darum, integrierend und nicht separierend zu denken. Detaillierte Erkenntnisse meinerseits können Sie im Post Kybernetik – die Versöhnung zwischen dem Rationalen und dem Humanen nachlesen.

Die zweite Spielregel, Neue Haltung, sagt aus, dass wir nicht zu voreilig urteilen und bewerten sollten. Tun wir das, beschränken wir zu schnell unseren Wahrnehmungsfokus und damit den Möglichkeitsraum an Handlungen. Damit sind wir dann nicht mehr offen genug für weitere Optionen. Mit dem Einnehmen dieser Haltung hören wir auch auf in Kategorien „wahr “ und „falsch“ zu denken, da es diese zum Zeitpunkt einer Entscheidung sowieso nicht geben kann.

Die dritte Spielregel, Neue Erkenntnis, trägt der Komplexität des Lebens Rechnung. Hat man das Thema Komplexität verinnerlicht, wird einem auch bewusst das Wissen immer mehr an Bedeutung verliert und Erfahrung und Können immer mehr an Bedeutung gewinnt. In komplizierten Systemen, wie einer Uhr oder einer Heizung, ist Wissen essentiell, um diese zu beherrschen. Komplexe Systeme sind nicht zu beherrschen, da hier das Wissen nicht entscheidend ist.

Die vierte Spielregel, Neues Tun, beleuchtet unter anderem die Fähigkeit Fehler machen zu wollen. Da wir in einem komplexen Umfeld die Zukunft nicht vorhersagen können und auch nicht unser Wissen anwenden können, welches wir aus Erfahrungen der Vergangenheit generiert haben, müssen wir uns langsam vortasten, wie im Nebel. Hier geht es eher darum stetig die Auswirkungen eigener Handlungen zu reflektieren und daraus zu lernen.

Die letztgenannten 3 Spielregeln habe ich im bereits oben vermerkten Manuskript meines letzten Vortrages in Bezug auf Handlungsmuster in der Wirtschaft angerissen.

Die 4 Spielregeln sind miteinander verbunden. Dadurch kommt die Dynamik mit ins Spiel. Und das ist für mich das Faszinierende an dieser Darstellung, die ich schon länger von Herrn Wallner kenne aber erst mit diesem Buch verstanden habe. Genial.

Die Verbindung wird durch die liegende Acht in der oberen Abbildung des Spielbrettes dargestellt. Mit dem Spiel startet man in den beiden rechten Quadranten, dem Neuen Denken und der Neuen Haltung. In diesen Bereichen geht es darum, Änderungsimpulse zu generieren und zuzulassen. Geht man der liegenden Acht nun weiter entlang, kreuzt man den Nullpunkt. Das ist der Punkt der ersten Entscheidung. Man entscheidet sich an dieser Stelle für das Zulassen eines ersten Änderungsimpulses und gelangt in die beiden linken Quadranten, dem Neuen Tun und der Neuen Erkenntnis. In diesen Bereichen geht es darum, die Änderungsimpulse zur Umsetzung zu bringen und die Passfähigkeit mit der Umwelt zu überprüfen. An diesem Punkt kommt man zum Punkt der zweiten Entscheidung, dem angepassten Weitermachen. Änderungsimpulse kommen nämlich nur dann zur Entfaltung, wenn sie stetig wiederholt werden. Mit dieser Entscheidung gelangt man dann wieder in die rechten beiden Quadranten. Dieser Prozess steht sinnbildlich für das Leben der Menschen. Denn Leben bedeutet im steten Fluss zu sein.

Da man in einem vollständigen Kreislauf zweimal entscheidet, nennen die Autoren dies auch das Prinzip der doppelten Entscheidung. Ganz besonders faszinierend finde ich, dass sie den Begriff “Entscheidung” in diesem Zusammenhang schärfen und sich dann auf die für Menschen in Veränderungsprozessen besonders wichtige Art von Entscheidungen stürzen, nämlich die, die prinzipiell unentscheidbar sind. Für solche Art von Entscheidungen gibt es zum Zeitpunkt der Entscheidung kein “richtig” oder “falsch”. Würde es diese Kategorisierung geben, müsste der Mensch nicht mehr entscheiden, da die Entscheidung bereits gefallen ist.

Mit den Spielregeln haben die beiden Autoren den Rahmen für das neue Spiel gegossen. Ein Einhalten der Spielregeln befähigt erst einmal nur zum Mitspielen, nicht automatisch zum erfolgreichen Mitspielen. Zu diesem Zwecke wurden in dem Buch im Kapitel 6 Erfolgsrezepte, die Sie ebenfalls auf dem Spielbrett die Spielregeln umkreisend finden, offen gelegt. Zwei dieser Erfolgsrezepte habe ich bereits reflektiert, nämlich das Prinzip der Polarität und das Prinzip der doppelten Entscheidung. Die weiteren 4 Rezepte lauten.

  1. Das Prinzip Anfang und Ende
  2. Das Prinzip Resonanz
  3. Das Prinzip Wiederholung
  4. Das Prinzip Ordnungsmuster

Diese 4 Erfolgsrezepte möchte ich in diesem Post im Sinne der Länge nicht weiter ausführen. Ich kann Sie nur ermutigen das Buch zu lesen. Die beiden Autoren untermauern die Erfolgsrezepte sehr anschaulich mit Praxisbeispielen und machen diese damit sehr eingängig und nachvollziehbar.

Die Erkenntnisse des Buches spiegeln die beiden Autoren in einem speziellen Kapitel auf die Führungsarbeit in Unternehmen. Hier ziehen sie konsequent die Unterscheidung zwischen stabilen und instabilen Zeiten, in denen sich Unternehmen immer wieder abwechselnd befinden. Liest man dieses Kapitel sorgfältig und lässt es genüsslich auf sich wirken, wird klar, warum vielen Changevorhaben in Unternehmen scheitern und sogar scheitern müssen. Für das herkömmliche Change Management in Unternehmen werden nämlich Werkzeuge und Methoden angewandt, die nur in stabilen Zeiten anwendbar sind und entsprechend auch nur in stabilen Zeiten erfolgreich greifen können. Change Management ist aber dafür ausgelegt in instabilen Zeiten Anwendung zu finden, logisch. Diesen Knoten muss man lösen, um erfolgreiche Wandel zu vollziehen.

Wie am Anfang des Posts bereits angedeutet kann ich dieses Buch wärmstens und uneingeschränkt empfehlen. Es nimmt den Leser auf eine wundervolle Reise durch die Wellen des Wandels mit und stellt so in unnachahmlicher Weise dar, dass erfolgreicher Wandel nur mit Begeisterung und Freude vollzogen werden kann. Lassen Sie uns also spielen.

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Was ergibt 3 Weihnachtsmänner plus 4 Osterhasen?

Jetzt scheine ich wohl komplett verrückt geworden zu sein, denken Sie vielleicht. Mag sein. Was heißt schon verrückt? Egal, das möchte ich nicht weiter vertiefen. Ich möchte in diesem Post das Thema Paradoxien beleuchten und wie wir Menschen mit diesen umgehen. Ergebnisse dieser Gedankengänge möchte ich dann auf das Führen von Unternehmen reflektieren.

Um Sie schon einmal ein bisschen auf die Folter zu spannen formuliere ich folgende These.

Wer an die Kennzahl Umsatz glaubt, sollte auch die im Titel dieses Posts gestellte Aufgabe lösen können.

Was ist eigentlich ein Paradoxon?

In Wikipedia finde ich

Ein Paradoxon ist ein scheinbar oder tatsächlich unauflösbarer Widerspruch.

In der Definition wird von Widerspruch geschrieben. Aber Widerspruch zwischen was? Das möchte ich einmal näher durchleuchten.

Aus meiner Sicht geht es hier um den Widerspruch zwischen dem was wir aus der Umwelt wahrnehmen und dem wie wir darüber denken und reflektieren. Wenn es also einen Widerspruch zwischen diesen beiden Dingen gibt, stehen uns mehrere Möglichkeiten des Auflösens dieses Widerspruchs parat.

  1. Das was wir von der Umwelt wahrnehmen ist „falsch“ und wir denken „richtig“ darüber.
  2. Das was wir von der Umwelt wahrnehmen ist „richtig“ und wir denken „falsch“ darüber.

Die anderen beiden Möglichkeiten, dass nämlich Beides richtig oder Beides falsch sein kann, ergeben Übereinstimmungen, so dass wir nicht auf ein Widerspruch stoßen. Ich habe an dieser Stelle die Wörter „richtig“ und „falsch“ nicht ohne Grund in Anführungszeichen gesetzt. Ich möchte an dieser Stelle nicht auf die absolute Wahrheit abzielen und die beiden Wörter entsprechend verstanden wissen. Mir geht es an dieser Stelle einzig und allein um das Aufdecken der Unterschiede, unbenommen eines Wahrheitsanspruches der Wahrnehmung oder des Denkens.

Denn die Frage bleibt offen, ob wir das „richtig“ und „falsch“ überhaupt bewerten können. Ich sage hier nein, was ich aber in diesem Post nicht weiter durch deklinieren möchte. Hier verweise ich gerne auf einen anderen Post aus meinem Logbuch: Lässt sich über Wahrheit wahr sprechen?

Das bedeutet eben auch, dass bzgl. der beiden betroffenen Einteilungen nicht objektiv darüber geurteilt werden kann, ob entweder die Wahrnehmung oder das Denken richtig oder falsch ist. Beide Prozesse bedingen nämlich einander. Wie gesagt, es geht mir rein über den empfundenen Unterschied der Ergebnisse beider Prozesse.

Des Weiteren ist mir auch bewusst, dass „falsch“ mehreren Werten zugeordnet werden kann und nicht genau einem. Wenn eine Person mich mit dem Namen „Anton“ und eine andere Person mit dem Namen „Alfred“ anredet ist Beides falsch. Auf diese Unterscheidung möchte ich aber ebenfalls verzichten, da sie für eine Herleitung von Erkenntnissen für das Führen von Unternehmen uninteressant ist. Ich mache also eine bewusste Trivialisierung.

Wie gehen wir Menschen mit Paradoxien um?

Hier möchte ich auf die beiden oben gezeichneten Unterscheidungen zurück greifen. In der Regel werden Unterschiede der ersten Kategorie nicht als Paradoxon bezeichnen. Den Widerspruch lösen wir hier ganz einfach auf, in dem wir unserem Wahrnehmungsapparat einige Fehler zugestehen. Im Netz gibt es eine Reihe hervorragender Beispiele dazu. Wir sprechen hier oft von optischen Täuschungen. Unser Gehirn überlistet uns. Das lassen wir einfach so stehen und fühlen uns nicht in unserer Ehre gekränkt. Was können wir denn dafür wenn wir physiologisch eben so ausgestattet wurden? Diese Kategorie fällt also nicht unter ein Paradoxon. Wir leben mit dem Widerspruch und gut.

Was ist aber mit der zweiten Kategorie? Hier wird es heikel, denn zuzugestehen, dass wir im Denkprozess einen Fehler machen, geht uns eben nicht so leicht ab. Denn wir nehmen viel eher an, dass die Basis unserer Denkprozesse etwas ist, was wir Menschen erschaffen haben (Axiome, Regeln etc.) Hier können wir die Verantwortung also nicht so leicht abstreifen. Diese Kategorie ordnen wir den Paradoxien zu und versuchen diesen Widerspruch zu lösen.

Das möchte ich an einem Beispiel näher ausführen, da es uns näher an Erkenntnisse für das Führen von Unternehmen bringt. Es geht um das Paradoxon Achilles und die Schildkröte. Ich zitiere aus dieser Quelle.

Als Paradoxon von Achilles und der Schildkröte wird einer von mehreren bekannten Trugschlüssen bezeichnet, die dem antiken griechischen Philosophen Zenon von Elea zugeschrieben werden. Darin wird versucht zu belegen, dass ein schneller Läufer wie Achilles bei einem Wettrennen eine Schildkröte niemals einholen könne, wenn er ihr einen Vorsprung gewähre. Der Gang des Arguments ist folgender: Bevor Achilles die Schildkröte überholen kann, muss er zuerst ihren Vorsprung einholen. In der Zeit, die er dafür benötigt, hat die Schildkröte aber einen neuen, wenn auch kleineren Vorsprung gewonnen, den Achilles ebenfalls erst einholen muss. Ist ihm auch das gelungen, hat die Schildkröte wiederum einen – noch kleineren – Wegvorsprung gewonnen, und so weiter. Der Vorsprung, den die Schildkröte hat, werde zwar immer kleiner, bleibe aber dennoch immer ein Vorsprung, sodass sich der schnellere Läufer der Schildkröte zwar immer weiter nähert, sie aber niemals einholen und somit auch nicht überholen könne.

Natürlich ist uns Allen bewusst, dass Achilles die Schildkröte nach einer gewissen Zeit stets einholt, ganz egal wie groß der Vorsprung der Schildkröte auch sein mag. Das lässt sich empirisch immer belegen. Wie kommt es aber, dass die mathematisch-logischen Erklärungen Zenons, wie oben im Zitat angeführt, mit unseren Wahrnehmungen nicht vereinbar ist? Denn laut der mathematisch-logischen Erklärungen würde Achilles die Schildkröte niemals einholen.

Beide Sichtweisen stehen an dieser Stelle unvereinbar gegenüber, auch wenn uns dass die vielen Auflösungsversuche dieses Paradoxons anders glaubhaft machen wollen. In jedem Auflösungsversuch wird aber die empirisch-physikalisch Sichtweise, nämlich durch Einführen der Geschwindigkeit, einfach der mathematisch-logischen Sichtweise übergestülpt, ohne zu merken, dass hier ein logischer Denkfehler geschieht. Warum ist das so?

Durch Einführen der Geschwindigkeit, als Verhältnis von zurückgelegtem Weg und der dafür benötigten Zeit, wird ein Kategorienfehler begangen. Jedes Kind spätestens ab der ersten Klasse in der Schule weiß, dass man nur Dinge mit gleichen Eigenschaften miteinander addieren oder voneinander subtrahieren kann. Würde ich meinem Sohn, der erst in diesem Sommer in die Schule kommt, die Aufgabe stellen: „Was ergibt 3 Weihnachtsmänner plus 4 Osterhasen“, würde er mich wahrscheinlich sehr schmal angucken oder mich auslachen. Logisch. Was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen die Aufgabe stelle: „Addieren Sie bitte 10 Meter und 20 Sekunden.“ Lachen Sie dann auch? Wahrscheinlich. Aber wieso bitteschön lachen wir denn nicht auch bei der Aufgabe „10 Meter durch 20 Sekunden“? Hier rechnen wir einfach drauf los und geben dem Ergebnis einfach eine neue Maßeinheit, nämlich Geschwindigkeit.

Aus der Schule wissen wir aber auch, dass sich Division bzw. Multiplikation zweier Zahlen stets auf den Prozess einer Addition bzw. den Prozess einer Subtraktion zurückführen lässt. Also wenn wir Meter und Sekunden ins Verhältnis setzen, dann sollten wir auch Meter und Sekunden miteinander addieren oder subtrahieren. Verwerfen wir das Zweite, was wir ja tun, sollten wir auch das Erste verwerfen.

Richtigerweise sollten wir an dieser Stelle bei unseren Denkprozessen ansetzen, die auf die zweiwertige Logik von Aristoteles aufgebaut sind. Unser Denken ist monothematisch. In dieser Denkweise herrscht das Entweder-Oder vor. Entweder Etwas ist gut oder böse. Entweder Etwas ist schön oder hässlich. Ein Drittes kann es rein logisch nicht geben. Dementsprechend können wir logisch nicht mit Qualitäten, sonder nur mit Quantitäten umgehen. Details können Sie gerne in meinem Post Behindert unser unzureichendes Zahlenverständnis unser Problemlösen?

Dabei werden aber eben genau diese Kategorienfehler vorgenommen, die oben beschrieben wurden. Dinge unterschiedlicher Eigenschaften, beim Beispiel des Paradoxons Weg und Zeit, werden einfach und trivial vereinheitlicht. Trivial sage ich deshalb, da auf die Qualitäten keine Rücksicht genommen wird.

Wer also mit der physikalischen Größe „Geschwindigkeit“ umgeht, sollte sich Gedanken machen wie das Ergebnis der Aufgabe 3 Weihnachtsmänner plus 4 Osterhasen ausschaut und welche Einheit wir dem Ergebnis geben. Wer das nicht möchte, der sollte sich über eine Erweiterung der Logik von einer monothematischen zu einer polythematischen Gedanken machen, wie es Gotthard Günther mit dem Einführen der Polykontexturalität getan hat. Auf diesem Trip bin ich seit geraumer Zeit unterwegs.

Welche Auswirkungen hat das für das Führen von Unternehmen? 

Ganz kurz gesagt. Ein Überdenken der Kennzahlen und KPIs (Key Performance Indicators). Denn auch beim Berechnen der Kennzahlen werden häufig Kategorienfehler gemacht. Denken Sie nur an die Kennzahl „Umsatz“. Hat man den zweiten Teil dieses Posts verinnerlicht, ist einem klar dass man nicht einfach Menge und Preis multiplizieren kann. Wer trotz allem an die Kennzahl Umsatz denkt und damit arbeitet, sollte mir gerne erklären, warum er bei der Aufgabe “Menge+Preis” meint, dass man diese Aufgabe nicht lösen könne.

Wie hat eine meiner Weggefährtinnen auf meiner Reise des Verstehens vor ein paar Tagen zu mir gesagt? „Conny, weißt Du was, Kennzahlen machen die Menschen krank.“ Recht hat sie. Weil wir mit den Kennzahlen die Menschen trivialisieren. Wollen wir das weiterhin tun?

Ein konsequentes Weiterdenken in Richtung einer menschlichen Wirtschaft, weg vom “Höher-Schneller-Weiter”, macht auch ein Überdenken der Kennzahlen unumgänglich. Nur mit einer Weiterführung der Zahlen in Richtung von qualitativen Zahlen und der dazugehörigen Arithmetik, wie oben bereits angedeutet, lassen sich Qualitäten ohne Begehen von Kategorienfehlern darstellen. Nur davon sind wir derzeit noch sehr weit entfernt, obwohl Gotthard Günther hier bereits sehr viel Vorarbeit geleistet hat.

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Manuskript meines Vortrages auf dem Modeler Camp 2013 in Berlin

Im vorigen Post habe ich bereits den Foliensatz zu meinem Vortrag hinterlegt. Nun möchte ich das Manuskript nachreichen. Das Manuskript habe ich pro präsentierte Folie aufgebaut und die Folie auch in dem Manuskript an der entsprechenden Stelle hinterlegt. Sie können dadurch meine gehaltene Rede stets an den gezeigten Folien reflektieren.

Das Manuskript meines Vortrages können Sie hier einsehen.

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Modeler Camp 2013 in Berlin: Die Folien meines Vortrages

Die Folien des von mir gehaltenen Vortrages auf dem gestrigen Modeler Camp in Berlin mit dem Titel “Handhaben von Komplexität im Handel” finden Sie hier. Das Manuskript des Vortrages werde ich in den nächsten Tagen ebenfalls veröffentlichen.

Es war wie immer ein gelungenes Camp. Ich habe mir in vielen Gesprächen und Diskussionen einige Impulse geholt, die ich hier in meinem Logbuch verarbeiten werde.

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Wer auf Mittelmaß steht lobt SMARTE Ziele aus

Immer wieder höre ich in Verbindung mit der Auslobung von Zielen, dass man darauf achten sollte, dass diese SMART sind. Es gibt unzählige Quellen im Netz. Diese hier möchte ich nur als Paradebeispiel für eine Begründung dafür heranziehen, da hier die Bedeutung dieser 5 Buchstaben auf Ziele sehr schön erklärt wird. Ziele sollten also

Spezifisch,

Messbar,

Angemessen,

Realistisch und

Terminiert

sein. Wenn Sie meine bisherigen Ideen und Gedanken zu Zielen kennen, können Sie sich wahrscheinlich vorstellen, dass ich an dieser Stelle ganz anderer Meinung bin.

Ziele sollten alles andere als SMART sein.

Das will ich am Beispiel Fußball ausführen. Inspiriert zu dieser Analogiebildung hat mich übrigens Lars Vollmer, der in seinem Artikel Komplexität – der Feind in meinem Unternehmen? am Beispiel Fußball die Auswüchse in der Wirtschaft in Bezug zur Komplexität verdeutlicht hat, dass nämlich Komplexität als Feind gesehen wird, den man durch immer mehr haarklein definierte und verfeinerte Prozesse den Gar austreiben muss.

Also dann wollen wir mal den Ball auf den Anstoßpunkt legen und loslegen.

Ziele sollen spezifisch sein?

Stellen Sie sich vor Jupp Heynckes würde seinen Spielern vor einem Bundesligaspiel folgende Devise mit auf den Weg geben: „Ihr gewinnt heute 2:0.“ Denn im Kontext der Spezifität von Zielen würde natürlich die Maßgabe: „Heute gewinnt ihr“ nicht ausreichen.

Was würden wir über Jupp Heynckes denken?

Ziele sollen messbar sein?

Stellen Sie sich vor Jupp Heynckes würde seinem Abwehrspieler Dante die folgenden Ziele mit in das Spiel geben: „Du schlägst heute 8 Diagonalpässe auf den rechten Flügel zu Thomas Müller, 7 Diagonalpässe zu Franck Ribery, gewinnst 100% Deiner Zweikämpfe, egal ob in der Luft oder am Boden, der Mittelstürmer darf heute kein Tor erzielen und Du vermeidest grundsätzlich Rückpässe zu Manuel Neuer.“. Bayern verliert, aber Dante freut sich. Ziele erreicht. Denn im Kontext der Messbarkeit von Zielen wäre die Aussage: „Halte die Gegenspieler weit weg vom Tor und verteidige dementsprechend sehr hochstehend. Des Weiteren unterstütze die beiden 6-er im Gegenpressing. Wir wollen heute ohne Gegentor gewinnen.“ nicht ausreichend.

Was würden wir über Jupp Heynckes denken?

Ziele sollen angemessen sein?

Stellen Sie sich vor Jupp Heynckes würde seinen Spielern die folgenden Ziele mit in das Spiel geben: „Heute spielen wir gegen xyz. Ich habe genau analysiert, dass wir für einen Sieg nicht mit 100% Engagement in die Zweikämpfe gehen müssen. Es reicht absolut aus wenn wir nur jeden Zweikampf gewinnen. In die Kopfbälle braucht ihr gar nicht zu gehen. Der Gegner ist extrem kopfballschwach und so vermeiden wir Verletzungen.“ Denn im Kontext der Angemessenheit von Zielen wäre es nicht vertretbar, wenn die Spieler des FC Bayern München beispielsweise in einem Pokalspiel gegen einen Viertligisten mit vollem Engagement zu Werke gehen. Hier stehen dann Aufwand und Nutzen in keinem Verhältnis.

Was würden wir über Jupp Heynckes denken?

Ziele sollen realistisch sein?

Stellen Sie sich vor Tomas Oral, der Trainer vom FC Ingolstadt 04, würde vor einem Pokalspiel gegen den FC Bayern München seinen Spielern Folgendes mit auf den Weg geben: „Verliert nicht zu hoch. Es ist ja logisch, dass wir keine Chance haben, aber es sollte kein Debakel werden.“ Denn im Kontext der realen Einschätzung von Zielen ist es wohl klar, dass der FC Ingolstadt 04 keine reale Siegchance gegen den FC Bayern hat.

Was würden wir über Tomas Oral denken?

Ziele sollen terminiert sein?

Stellen Sie sich vor Jupp Heynckes würde seinen Spielern vor einem Spiel folgende Devise mit auf den Weg geben: „Die beiden Tore zum Sieg solltet ihr in den Minuten 44 und 68 erzielen.“ Denn im Kontext der Terminierung von Zielen würde natürlich die Maßgabe: „Ihr sollt heute 2 Tore schießen.“ nicht ausreichen.

Was würden wir über Jupp Heynckes denken?

Hier noch eine kleine Anmerkung. Die Terminierung „nach 90 Minuten …“ ist hier nicht gemeint, da es keine Entscheidung in der Zielauslobung darstellt. Laut Spielregel dauert ein Spiel nun einmal 90 Minuten plus Nachspielzeit. Das muss man nicht noch einmal explizit entscheiden. Die Aussage: „Nach 90 Minuten habt ihr 2 Tore erzielt.“ Verfehlt also die Eigenschaft der Terminierung von Zielen.

Grundsätzlich nimmt man sich mit SMARTEN Zielen die Möglichkeit auf die Indeterminiertheit der Zukunft und damit auf Überraschungen zu reagieren. Überraschungen bürgen aber Sprengkraft für Innovation und Kreativität. SMARTE Ziele stellen dementsprechend Mittelmaß sicher, nicht mehr und nicht weniger.

Glauben Sie immer noch, dass Ziele SMART sein müssen? Ich nicht.

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