Jetzt scheine ich wohl komplett verrückt geworden zu sein, denken Sie vielleicht. Mag sein. Was heißt schon verrückt? Egal, das möchte ich nicht weiter vertiefen. Ich möchte in diesem Post das Thema Paradoxien beleuchten und wie wir Menschen mit diesen umgehen. Ergebnisse dieser Gedankengänge möchte ich dann auf das Führen von Unternehmen reflektieren.
Um Sie schon einmal ein bisschen auf die Folter zu spannen formuliere ich folgende These.
Wer an die Kennzahl Umsatz glaubt, sollte auch die im Titel dieses Posts gestellte Aufgabe lösen können.
Was ist eigentlich ein Paradoxon?
In Wikipedia finde ich
Ein Paradoxon ist ein scheinbar oder tatsächlich unauflösbarer Widerspruch.
In der Definition wird von Widerspruch geschrieben. Aber Widerspruch zwischen was? Das möchte ich einmal näher durchleuchten.
Aus meiner Sicht geht es hier um den Widerspruch zwischen dem was wir aus der Umwelt wahrnehmen und dem wie wir darüber denken und reflektieren. Wenn es also einen Widerspruch zwischen diesen beiden Dingen gibt, stehen uns mehrere Möglichkeiten des Auflösens dieses Widerspruchs parat.
- Das was wir von der Umwelt wahrnehmen ist „falsch“ und wir denken „richtig“ darüber.
- Das was wir von der Umwelt wahrnehmen ist „richtig“ und wir denken „falsch“ darüber.
Die anderen beiden Möglichkeiten, dass nämlich Beides richtig oder Beides falsch sein kann, ergeben Übereinstimmungen, so dass wir nicht auf ein Widerspruch stoßen. Ich habe an dieser Stelle die Wörter „richtig“ und „falsch“ nicht ohne Grund in Anführungszeichen gesetzt. Ich möchte an dieser Stelle nicht auf die absolute Wahrheit abzielen und die beiden Wörter entsprechend verstanden wissen. Mir geht es an dieser Stelle einzig und allein um das Aufdecken der Unterschiede, unbenommen eines Wahrheitsanspruches der Wahrnehmung oder des Denkens.
Denn die Frage bleibt offen, ob wir das „richtig“ und „falsch“ überhaupt bewerten können. Ich sage hier nein, was ich aber in diesem Post nicht weiter durch deklinieren möchte. Hier verweise ich gerne auf einen anderen Post aus meinem Logbuch: Lässt sich über Wahrheit wahr sprechen?
Das bedeutet eben auch, dass bzgl. der beiden betroffenen Einteilungen nicht objektiv darüber geurteilt werden kann, ob entweder die Wahrnehmung oder das Denken richtig oder falsch ist. Beide Prozesse bedingen nämlich einander. Wie gesagt, es geht mir rein über den empfundenen Unterschied der Ergebnisse beider Prozesse.
Des Weiteren ist mir auch bewusst, dass „falsch“ mehreren Werten zugeordnet werden kann und nicht genau einem. Wenn eine Person mich mit dem Namen „Anton“ und eine andere Person mit dem Namen „Alfred“ anredet ist Beides falsch. Auf diese Unterscheidung möchte ich aber ebenfalls verzichten, da sie für eine Herleitung von Erkenntnissen für das Führen von Unternehmen uninteressant ist. Ich mache also eine bewusste Trivialisierung.
Wie gehen wir Menschen mit Paradoxien um?
Hier möchte ich auf die beiden oben gezeichneten Unterscheidungen zurück greifen. In der Regel werden Unterschiede der ersten Kategorie nicht als Paradoxon bezeichnen. Den Widerspruch lösen wir hier ganz einfach auf, in dem wir unserem Wahrnehmungsapparat einige Fehler zugestehen. Im Netz gibt es eine Reihe hervorragender Beispiele dazu. Wir sprechen hier oft von optischen Täuschungen. Unser Gehirn überlistet uns. Das lassen wir einfach so stehen und fühlen uns nicht in unserer Ehre gekränkt. Was können wir denn dafür wenn wir physiologisch eben so ausgestattet wurden? Diese Kategorie fällt also nicht unter ein Paradoxon. Wir leben mit dem Widerspruch und gut.
Was ist aber mit der zweiten Kategorie? Hier wird es heikel, denn zuzugestehen, dass wir im Denkprozess einen Fehler machen, geht uns eben nicht so leicht ab. Denn wir nehmen viel eher an, dass die Basis unserer Denkprozesse etwas ist, was wir Menschen erschaffen haben (Axiome, Regeln etc.) Hier können wir die Verantwortung also nicht so leicht abstreifen. Diese Kategorie ordnen wir den Paradoxien zu und versuchen diesen Widerspruch zu lösen.
Das möchte ich an einem Beispiel näher ausführen, da es uns näher an Erkenntnisse für das Führen von Unternehmen bringt. Es geht um das Paradoxon Achilles und die Schildkröte. Ich zitiere aus dieser Quelle.
Als Paradoxon von Achilles und der Schildkröte wird einer von mehreren bekannten Trugschlüssen bezeichnet, die dem antiken griechischen Philosophen Zenon von Elea zugeschrieben werden. Darin wird versucht zu belegen, dass ein schneller Läufer wie Achilles bei einem Wettrennen eine Schildkröte niemals einholen könne, wenn er ihr einen Vorsprung gewähre. Der Gang des Arguments ist folgender: Bevor Achilles die Schildkröte überholen kann, muss er zuerst ihren Vorsprung einholen. In der Zeit, die er dafür benötigt, hat die Schildkröte aber einen neuen, wenn auch kleineren Vorsprung gewonnen, den Achilles ebenfalls erst einholen muss. Ist ihm auch das gelungen, hat die Schildkröte wiederum einen – noch kleineren – Wegvorsprung gewonnen, und so weiter. Der Vorsprung, den die Schildkröte hat, werde zwar immer kleiner, bleibe aber dennoch immer ein Vorsprung, sodass sich der schnellere Läufer der Schildkröte zwar immer weiter nähert, sie aber niemals einholen und somit auch nicht überholen könne.
Natürlich ist uns Allen bewusst, dass Achilles die Schildkröte nach einer gewissen Zeit stets einholt, ganz egal wie groß der Vorsprung der Schildkröte auch sein mag. Das lässt sich empirisch immer belegen. Wie kommt es aber, dass die mathematisch-logischen Erklärungen Zenons, wie oben im Zitat angeführt, mit unseren Wahrnehmungen nicht vereinbar ist? Denn laut der mathematisch-logischen Erklärungen würde Achilles die Schildkröte niemals einholen.
Beide Sichtweisen stehen an dieser Stelle unvereinbar gegenüber, auch wenn uns dass die vielen Auflösungsversuche dieses Paradoxons anders glaubhaft machen wollen. In jedem Auflösungsversuch wird aber die empirisch-physikalisch Sichtweise, nämlich durch Einführen der Geschwindigkeit, einfach der mathematisch-logischen Sichtweise übergestülpt, ohne zu merken, dass hier ein logischer Denkfehler geschieht. Warum ist das so?
Durch Einführen der Geschwindigkeit, als Verhältnis von zurückgelegtem Weg und der dafür benötigten Zeit, wird ein Kategorienfehler begangen. Jedes Kind spätestens ab der ersten Klasse in der Schule weiß, dass man nur Dinge mit gleichen Eigenschaften miteinander addieren oder voneinander subtrahieren kann. Würde ich meinem Sohn, der erst in diesem Sommer in die Schule kommt, die Aufgabe stellen: „Was ergibt 3 Weihnachtsmänner plus 4 Osterhasen“, würde er mich wahrscheinlich sehr schmal angucken oder mich auslachen. Logisch. Was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen die Aufgabe stelle: „Addieren Sie bitte 10 Meter und 20 Sekunden.“ Lachen Sie dann auch? Wahrscheinlich. Aber wieso bitteschön lachen wir denn nicht auch bei der Aufgabe „10 Meter durch 20 Sekunden“? Hier rechnen wir einfach drauf los und geben dem Ergebnis einfach eine neue Maßeinheit, nämlich Geschwindigkeit.
Aus der Schule wissen wir aber auch, dass sich Division bzw. Multiplikation zweier Zahlen stets auf den Prozess einer Addition bzw. den Prozess einer Subtraktion zurückführen lässt. Also wenn wir Meter und Sekunden ins Verhältnis setzen, dann sollten wir auch Meter und Sekunden miteinander addieren oder subtrahieren. Verwerfen wir das Zweite, was wir ja tun, sollten wir auch das Erste verwerfen.
Richtigerweise sollten wir an dieser Stelle bei unseren Denkprozessen ansetzen, die auf die zweiwertige Logik von Aristoteles aufgebaut sind. Unser Denken ist monothematisch. In dieser Denkweise herrscht das Entweder-Oder vor. Entweder Etwas ist gut oder böse. Entweder Etwas ist schön oder hässlich. Ein Drittes kann es rein logisch nicht geben. Dementsprechend können wir logisch nicht mit Qualitäten, sonder nur mit Quantitäten umgehen. Details können Sie gerne in meinem Post Behindert unser unzureichendes Zahlenverständnis unser Problemlösen?
Dabei werden aber eben genau diese Kategorienfehler vorgenommen, die oben beschrieben wurden. Dinge unterschiedlicher Eigenschaften, beim Beispiel des Paradoxons Weg und Zeit, werden einfach und trivial vereinheitlicht. Trivial sage ich deshalb, da auf die Qualitäten keine Rücksicht genommen wird.
Wer also mit der physikalischen Größe „Geschwindigkeit“ umgeht, sollte sich Gedanken machen wie das Ergebnis der Aufgabe 3 Weihnachtsmänner plus 4 Osterhasen ausschaut und welche Einheit wir dem Ergebnis geben. Wer das nicht möchte, der sollte sich über eine Erweiterung der Logik von einer monothematischen zu einer polythematischen Gedanken machen, wie es Gotthard Günther mit dem Einführen der Polykontexturalität getan hat. Auf diesem Trip bin ich seit geraumer Zeit unterwegs.
Welche Auswirkungen hat das für das Führen von Unternehmen?
Ganz kurz gesagt. Ein Überdenken der Kennzahlen und KPIs (Key Performance Indicators). Denn auch beim Berechnen der Kennzahlen werden häufig Kategorienfehler gemacht. Denken Sie nur an die Kennzahl „Umsatz“. Hat man den zweiten Teil dieses Posts verinnerlicht, ist einem klar dass man nicht einfach Menge und Preis multiplizieren kann. Wer trotz allem an die Kennzahl Umsatz denkt und damit arbeitet, sollte mir gerne erklären, warum er bei der Aufgabe “Menge+Preis” meint, dass man diese Aufgabe nicht lösen könne.
Wie hat eine meiner Weggefährtinnen auf meiner Reise des Verstehens vor ein paar Tagen zu mir gesagt? „Conny, weißt Du was, Kennzahlen machen die Menschen krank.“ Recht hat sie. Weil wir mit den Kennzahlen die Menschen trivialisieren. Wollen wir das weiterhin tun?
Ein konsequentes Weiterdenken in Richtung einer menschlichen Wirtschaft, weg vom “Höher-Schneller-Weiter”, macht auch ein Überdenken der Kennzahlen unumgänglich. Nur mit einer Weiterführung der Zahlen in Richtung von qualitativen Zahlen und der dazugehörigen Arithmetik, wie oben bereits angedeutet, lassen sich Qualitäten ohne Begehen von Kategorienfehlern darstellen. Nur davon sind wir derzeit noch sehr weit entfernt, obwohl Gotthard Günther hier bereits sehr viel Vorarbeit geleistet hat.
Hallo Conny,
als Betriebswirt stolpere ich über Dein sehr simples Verständnis von Umsatz. Das, denke ich, Deine Argumentation einigermaßen unterhöhlt.
Umsatz ist eine Geldgröße, die sich auf eine beliebige Anzahl bezieht. Darin bildet der Preis das wirtschaftliche Synonym für ein Produkt oder eine (Dienst-)leistung.
Der Umsatzkalkulation geht folgender, von Dir nicht erwähnter, Vorgang voraus: Wir machen aus einem Paar “Schuhe” – “35 EUR” und jetzt schauen wir wie viel Paar 35 Euro wir hergestellt, verkauft und weggeworfen haben.
D.h. wir brauchen keine “Neue” Einheit für die Formel “Menge*Preis”, da wir ja gar keine zwei Einheiten miteinander vermischen.
Denn wenn wir 1 Meter + 1 Meter machen ist die Menge ja auch nicht die Einheit und da wir für die Umsatzberechnung zuerst einmal Güter und Dienstleistungen durch einen Preis substituieren, kommt dasselbe dabei heraus. Die Menge ist keine Einheit, sondern eine Aussage über die Einheit, damit rechnen wir wieder mit einer Einheit – nämlich dem Preis – und schon wären wir laut Deinem oberen Erklärungsteil wieder sauber unterwegs.
Wo also könnte die Ursache tatsächlich liegen, dass uns Kennzahlen krank machen?
Durch Deinen Text ist mir eine auf jeden Fall eingefallen:
Während es Maschinen, Gummisohlen, Lederstücken – sprich in sich toten Dingen – relativ egal zu sein scheint, ob sie durch einen Preis substituiert werden, kommen wir Menschen damit ungleich schlechter zurecht.
Wer, hier in Deutschland, kann sich wohl gut fühlen, wenn man sie/ ihn mit einem Tageswert von 0,89 Cent bewerten würde? Oder einem Stundenwert von Cent-Bruchteilen.
Das ändert sich natürlich ein wenig, wenn die Zahl steigt, doch das ist eine andere Geschichte.
Ich finde, Du bist hier etwas Großem auf der Spur und bedanke mich für den Denkanstoß.
Grüße
Gebhard
Hallo Gebhard,
danke für Dein Feedback und Deine Motivation zum Weiterdenken.
Du Sicht, die Du zum Thema Geld anreichst, unterstreiche ich voll. Das ist die empirisch-physikalische Sicht. Nur ist diese Sicht konsistent zur mathematisch-logischen Sicht? Nur wenn beide Sichten übereinstimmen, sind wir im Reinen.
Und diese Übereinstimmung kann ich nicht feststellen. Wir machen hier nämlich eine Trivialisierung, auch im Bereich der “toten” Dinge. Die Substitution, wie Du es sagst, ist diese Trivialisierung, die ich meine.
Aus mathematisch-logischer Sicht können wir nämlich nur dann “Menge mal Preis” rechnen, wenn wir auch “Menge – Preis” oder “Menge plus Preis” rechnen würden.
Ein Ausweg könnte die Einführung qualitativer Zahlen, wie Gotthard Günther anmerkt, sein. Dann müsste man schauen ob empirisch-physikalische und mathematisch-logische Sicht wieder passend sind.
Jetzt kann man natürlich fragen, warum diese beiden Sichtweisen. Ich glaube, dass wir mit unseren mentalen Modellen oft zu sehr in jeweils einer Sicht verhaftet (meistens in der empirisch-physikalischen) und damit blind für die jeweils andere Sicht sind, diese sogar oft ins Reich der Fabeln verbannen.
Um Umdenkprozesse zu vollziehen, muss man beide Sichten übereinander legen und passend machen. Am Beispiel der Paradoxien kann ich erkennen, dass dies nicht vollendend genug geschieht, da nicht zwischen beiden Sichtweisen unterschieden wird.
Beste Grüße,
Conny
Sehr geehrter Herr Dethloff,
sehr geehrter Herr Borck,
auch ich finde Ihre Ausführungen sehr interessant.
Ich möchte an dieser Stelle auf die Unterschiede zwischen pagatorischen und kalkulatiorischen Zahlen einerseits und andererseits auf die Opportunitätskosten zu sprechen kommen.
Wie wir wissen, bezeichnen pagatorische Zahlenwerte die Zahlen, die auf einem Bankonto oder bar eingehen, während kalkulatorische Werte der Betriebswirtschaft entnommen werden.
Die kalkulatorischen Werte beschäftigen sich immer mit einem Was wäre, wenn?-Fragen. Wie kann ich meine jetzige Investition mit anderen möglichen vergleichen. Dabei handelt es sich um Fragen für entscheidungsrelevantes Verhalten.
Mit diesen Fragen beschäftigt sich auch die Verhaltensökonomik, insb. im Neuromarketing. Dort wird ein Käufer in einem Verkaufsgespräch in einer spezifischen Verkaufssituation (Beschaffenheit des Ortes, persönliche Gesprächssituation etc.) vom Verkäufer zu einem Kauf bewegt, den er möglicherweise an einem anderen Ort bzw. in einer anderen Situation gar nicht getätigt hätte.
Kennen wir nicht die Situationen, wo wir ein Problem nicht lösen zu können scheinen, einen Ortswechsel vornehmen und dann intuitiv die Lösung finden?
Der Wert eines Gegenstandes bzw. eines Lebewesen etc. kann bis zu einem bestimmten Grad mathematisch ermittelt werden. Z.B. hat man versucht, den Wert eines Baumes in den tropischen Wäldern anhand seines Wertes in der menschlichen Werschöpfungskette zu ermitteln. Allein der Versuch ist nicht logisch, weil man den ideellen Wert nicht an allgemein-quantitativen Zahlen messen kann, da er individuell und gesellschaftlich unterschiedlich sein kann.
Der Anthropologe hat in seinem Buch “Schulden-Die ersten 5000 Jahre” eindruckvoll dargelegt, dass der Wermaßstab Geld immer mit Vertrauen zu tun hat (Chartalismus vs. Metallismus).
Ist Vertrauen vollkommen messbar? Kann man Normalität mathematisch messen?
Ich denke, bedingt ja. Aber man muss die Präsmissen offenlegen, die man zugrundelegt und dann über die möglichen Risiken von nicht vollkommener Komplexität reden.
Meines Erachtens brauchen wir weiterhin Kennzahlen, sowohl absolute als auch relative, da unser Gehirn auch nach Heuristiken zu arbeiten scheint. Wir dürfen diese Zahlen nur nicht als Non-Plus-Ultra sehen, sondern müssen einen Weg finden, zwischen quantitativen und qualitativen Werten einen Bezug zu finden. Wie kann ich die Motivation und die Eigenständigkeit von Mitarbeitern, insb. Marketing zum Beispiel beim Erfolg am Umsatz messen, wenn die Mitarbeiter doch in eine Hierarchie eingebunden sind, die nur gewisse Spielräume zulassen. Als Beispiel nenne ich hier aus der Schifffahrt die Unterschiedlichkeit von Rasten aus der Linienschifffahrt (z.B. USD 1000 pro Containereinheit) und von Charterraten aus dem Trampgeschäft (USD 20000/Tageinheit).Wo muss man wohl mehr an Menge verkaufen, um den gleichen wertmäßigen Erfolg zu haben.
Ich freue mich auf einen interessanten Diskurs.
Freundliche Grüsse
Sascha Meyer
Hallo Herr Meyer,
danke für’s Integrieren in den Diskurs.
Sie sprechen es an, die Qualitäten, die verloren gehen. Mit der derzeitigen Mathematik kann man diese nicht abbilden. Das kann man sich wie gesagt über die beiden Sichtweisen bewusst machen. Beim Einführen und der Definition der Kennzahlen stützen wir uns nicht konsequent auf die mathematisch-logische Sichtweise, sonst dürfte es einige Kennzahlen so gar nicht geben. Beim Rechnen danach mit den Kennzahlen ziehen wir dann wieder Erkenntnisse dieser Sichtweise heran. Das sollte gelöst werden.
Jetzt kann man natürlich, wie Sie es sagen, trotzdem mit den Kennzahlen arbeiten und ihnen nicht so viel Gewicht beimessen. Oder man kann in Richtung der qualitativen Zahlen denken und die Mathematik und Logik erweitern. Ich würde den zweiten Weg bevorzugen.
Beste Grüße,
Conny Dethloff
Hallo Herr Dethloff,
vielen Dank für Ihre Konkretisierung der Auswahlmöglichkeiten. Ich stimme mit Ihnen völlig überein, mehr in Richtung qualitativen Zahlen zu denken, wäre aber schon erfreut, wenn sich überhaupt schon etwas in Richtung Aufnahme von Qualitäten in Kennzahlen bewegen würde.
Ich habe nämlich den Eindruck, dass die Mainstream-Wissenschaft, hier vor allem die Sozialwissenschaften sich von der quantitativ-mathematischen Darstellung, insb. der Methoden der Statistik abhängig gemacht hat, oder wie der Ökonom Tomas Sedlacek sagt, einen nahezu religionsersatzähnlichen Zustand erreicht habe.
Erste Ansätze für eine Veränderung sehe ich z.B. in dem Bemühen, das Bruttosozialprodukt um Faktoren wie Glück, Stressempfinden von Arbeitsprozessen, Lebenserwartung zu ergänzen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Stiglitz-Sen-Fitoussi-Kommission
Im Übrigen würde ich gerne mal Ihre Meinung zur Darstellung von Flussgrößen, insb. auch bei der Liquditätsmessung beim Beyond-Budgeting wissen.
Meine Meinung dazu ist, dass man sich mit solchen Instrumenten eine Scheinsicherheit aufbaut, da die Interpretation und Bewertung der Abgrenzung von außerordentlichen und operativen Faktoren immer wieder zu Schwierigkeiten bei der Bemessung von Plangrößen darstellt.
Freundliche Grüsse
Sascha Meyer
Hallo an alle Interessierten zu diesem Thema,
in einem meiner Posts namens Einbeziehung subjektiver qualitativer Werte in Messmetriken habe ich mit einem meiner Weggefährten, Peter Bretscher, zu dem Thema qualitative Zahlen diskutiert.
Ich bin mir sicher, dass hier noch ein wenig mehr Details zu diesem Thema gezogen werden können.
Beste Grüße,
Conny Dethloff
Hallo Herr Meyer,
wenn Sie sich für die Ergänzung durch andere Faktoren interessieren, kann ich Ihnen auch die Studie a bit rich empfehlen.
Zudem würde ich gerne besser verstehen, was Sie mit den Flussgrößen bei der Leistungsmessung im Beyond Budgeting konkreter meinen? Ich habe mich ausführlich mit Beyond Budgeting auseinandergesetzt und dennoch stehe ich im Moment, in dem ich Ihre Zeilen lese, auf dem Schlauch.
Wenn Sie das genauer benennen können (meinen Sie Rolling Forecasts), habe ich ggf. auch eine Idee zur darin liegenden Scheinsicherheit.
Beste Grüße
Gebhard Borck
Hallo Herr Borck,
vielen Dank für den Hinweis auf Ihren Link und ihre Frage zur Konkretisierung von Flussgrößen im Zusammenhang mit Beyond Budgeting. Ihr Einwand ist bei der von mir gewählten Formulierung berechtigt und es freut mich, meine Überlegungen hierzu ausführen zu dürfen.
Zunächst einmal stehen Flussgrößen und Bestandsgrößen immer im Zentrum der Frage nach geeigneten Messkriterien von Liquidität und Finanzwirtschaft. Zahlen der Buchführung (wie Forderungen und Verbindlichkeiten) stellen immer Bestandsgrößen dar, die z.B. keine Aufträge enthalten, die noch im Bestellstatus sind.
Am besten lässt sich meines Erachtens die Divergenz in realen Abstimmungsproblematiken zwischen Verkauf und Einkauf darstellen. Wie häufig wird vom Verkauf moniert, dass der Einkauf nicht mit Bestellungen hinterherkommt und somit Kundenwünsche vertröstet werden müssen. Andererseits will der Einkauf nur eine an bestimmten Größen orientierte Menge an Waren vorhalten, da es sich ja auch um „totes Kapital“ handelt, das zum Ladenhüter werden kann.
Dies ist zweifelsohne eine sehr vereinfachte Darstellung, soll aber nur den Grundgedanken darstellen. Die Wirklichkeit ist differenzierter und fallabhängiger. Trotzdem habe ich solche Peinlichkeiten aber in der Praxis das ein oder andere Mal erlebt.
Grundgedanke des Beyond-Budgeting ist ja schlichtweg, von einem starren Planungssystem (Tayleristischer Gedanke) wegzukommen und mit einem rollierenden Fore-Cast-System Vergangenes genauso in die „Planung“ miteinzubeziehen wie zum gegenwärtigen Zeitpunkt schon Bekanntes, das in die Zukunft wirkt und so eine stetige Veränderung der einzelnen Fore-Casts möglich wird. Gleichzeitig ändern sich vergangene Forecasts durch neue Erkenntnisse der zum vergangenen Zeitpunkt noch nicht vorgelegenen Zahlen/Erkenntnisse und wirken damit auch wieder auf die Bewertung von zukünftigen Forecasts.
Dabei gibt es aber immer wieder außerordentliche Effekte, die in jedem Kennzahlensystem für die Zukunft nicht berücksichtigt werden dürfen, wenn man eine realistische Abschätzung von zukünftigen Zahlen erreichen will.
Hierzu gehören immer auch bilanzplanende Mittel, wenn der Verkauf am Ende des Bilanzjahres vom Controlling die Aufgabe erhält, Verkäufe vorzuziehen oder in die Zukunft zu verlagern. Auch das Konsignationslager ist eine ähnliche Maßnahme sowie jahresübergreifende Umsätze.
Letztendlich bleibt es der menschlichen Bewertung (auch betriebswirtschaftliches oder unternehmerisches Handeln genannt), das den Einfluss und auch die Beeinflussung von Bilanzzahlen prägt. So hat die Deutsche Bank 2008 seine Wertpapiere einfach mal seine Wertpapiere vom Bestand „Held for Sale“ in den Bestand „available for Sale“ gepackt, um die Abschreibungen aus der GuV zu nehmen (wird in die Neubewertungsrücklage gepackt) und damit seine Plan-EK-Rendite von 25 Prozent erreicht.
Diese Beispiele sollen lediglich dazu dienen, die Abhängigkeit eines quantitativen Ergebnisses von menschlichen Bewertungen aufzuzeigen, unabhängig davon, wie wir diese selber bewerten.
Dazu gehört es dann für mich, endlich zuzugeben, dass Bilanzen und Buchführungen nicht die objektiven Instrumente von Bewertung darstellen, wie es in der Öffentlichkeit dargestellt wird.
Auf diesen Punkt wollte ich hinaus, unabhängig vom Beyond Budgeting.
Freundliche Grüße
Sascha Meyer
Hallo Herr Dethloff,
vielen Dank für Ihren Link mit Ihrem Diskurs zwischen Herrn Bretscher und Ihnen.
Ohne mich im Details hier jetzt einmischen zu wollen, empfinde ich IHren Diskurs mit vielen Argumenten der ökonomischen Debatte um den Wert als Geld, ausgedrückt als Chartalismus oder Metallismus.
Dabei geht es dann um die Frage, ob Geld an sich einen Wert hat (Metallismus) ,der sich in der Beschaffenheit seiner Bestandteile ausdrückt, wie z.B. Gold-/Silberanteile etc. bzw. Papiergeld oder der Wert nur durch den Vertrauensstatus durch die Marktteilnehmer entsteht. Dabei denke ich vor allem an die großen Schwankungen von Währungen an den Börsen.
Zum anderen hat es in der Geschichte der Menschheit immer wieder unterschiedliche Methoden gegeben, Handel zu treiben. Dabei wechselten sich Tauschwirtschaft immer wieder mit Geldwirtschaftsystmen ab.
Die Bewertung von Leistungen und deren Austausch wird immer mit Problemen verbunden sein. Sie ist auch immer wieder Ausgangspunkt für die Frage nach Gerechtigkeit. Denn warum verdient ein Manager bei VW das über 200fache eine angestellten Durchschnittsverdieners? Doch weil die Wirtschaft und Ihre Beteiligten dieser Leistung einen bestimmten Wert beimessen.
Im Übrigen kann ich diese Debatte immer wieder auf den Fußball übertragen: Letzendlich wird die Öffentlichkeit eine Leistung immer nach den quantitativen Ergebnissen messen. Aber wie man dort hinkommt, ist eben mehr als die Zusammenfügung quantitativer Zahlen, sondern der Einfluss von Strategie, Taktik, Motivation und Fachwissen.
Freundliche Grüße
Sascha Meyer
Hallo Herr Meyer,
danke für Ihre Ausführungen. So wie ich Beyond Budgeting beraten habe, kommt es Ihrem Anspruch, denke ich, schon sehr nahe.
Bilanzen sind überhaupt keine Entscheidungshilfe, außer es soll darum gehen, Steuern zu sparen, denn einzig zur Berechnung der Steuerlast werden sie gemacht.
Bei der Buchführung sieht es schon anders aus. Diese macht man, um neben der Bilanzierung die Informationen zu bekommen, die einem im eigenen Unternehmen helfen sollen.
Bei beiden sollte einem klar sein, dass sie, wenn überhaupt, ein Teil der Bewertung im Umgang mit der Betriebswirtschaft darstellen, oftmals nicht einmal das.
In meinen Beratungen geht es hierbei um das Streben nach möglichst objektiven Wahrheiten, anstatt in Prognosen und Wünschen zu schwelgen. Konkreter: Es geht darum, die Auswirkungen unserer Entscheidungen zu erkennen/ verstehen/ bewerten (also um eingetretenes Ist), anstatt zu viel Zeit im Denken und Verhandeln eines möglichen Solls zu verbrauchen.
Es sollte mehr Gewicht auf der Klarheit über die unbestimmbaren Risiken in der Entscheidung selbst liegen, als auf den einzutretenden Wünschen.
Qualitative Zahlen sind hierzu ein vielversprechender Weg.
Gruß
Gebhard Borck
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