2 mal 2 ist eben doch grün

Heinz von Förster, der wohl größte Impulsgeber für mich auf meiner Reise des Verstehens, hat in diversen Beiträgen unsere Schulen angeprangert. Mit dem im Titel formulierten Satz

2 mal 2 ist grün.

hat er wie so oft aufrütteln wollen, Zusammenhänge in unserem Denken und Tun tiefgründiger zu beleuchten. In diesem Falle bezog er sich auf den Umgang mit Kindern und Jugendlichen in den Schulen.

Schüler werden in den Schulen trivialisiert. Sie werden dazu animiert, genau eine Antwort auf eine Frage zu geben, da nur diese eine Antwort vom Lehrer als “richtig” bewertet wird. Und um dem Ganzen dann auch noch die Krone aufzusetzen, motivieren wir die Schüler nicht nur dazu Ergebnisse auswendig zu lernen, sondern dies auch nur zu tun, um gute Zensuren zu bekommen.

Ein absoluter Wahnsinn.

Wie viele seiner Bücher, die von Förster im Laufe seiner Schaffenszeit geschrieben oder die über ihm geschrieben wurden, kann ich auch folgende Audio CD empfehlen.

HvF_2mal2

Folgende Geschichte habe ich just zu diesem Thema auf dieser Seite gefunden, die das oben Gesagte eindrucksvoll verdeutlicht.

Vor einiger Zeit rief mich ein Kollege an und bat mich, ihm als Sachverständiger bei der Benotung einer Prüfungsaufgabe zu helfen.

Offensichtlich wollte er einem Schüler für die Bearbeitung einer Physikaufgabe keinen Punkt geben. Der Schüler jedoch meinte, er müsste die volle Punktzahl bekommen, wenn es mit rechten Dingen zuginge. Lehrer und Schüler waren übereingekommen zur Klärung dieser Frage einen Unparteiischen heranzuziehen und hatten mich dazu auserkoren. Ich ging in das Arbeitszimmer meines Kollegen und las mir die Prüfungsaufgabe durch: “Zeigen Sie, wie man mit Hilfe eines Barometers die Höhe eines Hochhauses bestimmen kann.” Die Antwort des Studenten: “Man nimmt das Barometer mit aufs Dach, bindet es an eine lange Schnur und lässt es daran auf die Straße hinunter. Dann holt man es wieder herauf und misst die Länge der Schnur. Diese Länge entspricht der Höhe des Gebäudes.”

In der Tat war das eine außerordentlich interessante Antwort, nur – konnte man dem Schüler dafür die volle Punktzahl geben? Zuerst wies ich einmal darauf hin, dass der Schüler das Recht ohne Zweifel auf seiner Seite habe, denn er hatte die Aufgabe vollständig und richtig gelöst. Andererseits jedoch: Wenn der Schüler die volle Punktzahl erhielt, dann konnte das dazu beitragen, dass er auch eine gute Note in Physik erhielt. Eine gute Note sollte dem Schüler bescheinigen, dass er Kenntnisse in Physik hat, gerade das aber wurde durch diese Art der Beantwortung der Prüfungsaufgabe nicht nachgewiesen.

Nachdem ich das überlegt hatte, schlug ich vor, dem Schüler noch einmal die Möglichkeit zur Bearbeitung der Aufgabe zu geben. Nicht überrascht war ich, dass mein Kollege diesem Vorschlag zustimmte. Dass auch der Schüler zustimmte, überraschte mich dann doch.

Aufgrund dieser Vereinbarung gab ich dem Schüler sechs Minuten zur Bearbeitung der Aufgabe und wies ihn darauf hin, dass seine Antwort Kenntnisse in Physik zeigen sollte.

Nach fünf Minuten hatte er noch kein Wort geschrieben Ich fragte ihn, ob er aufgeben wolle, weil ich mich noch um eine andere Klasse kümmern musste. Aber er sagte nein, er wolle noch nicht aufgeben. Er habe eine Reihe von Lösungsvorschlägen für dieses Problem und überlege sich gerade, welches der beste Vorschlag sei. Ich bat ihn um Entschuldigung für meine Unterbrechung und forderte ihn auf weiterzumachen.

In kürzester Zeit hatte er folgende Antwort zu Papier gebracht: „Man nimmt das Barometer mit auf das Dach des Gebäudes und lehnt sich über die Dachkante. Dann lässt man es fallen und stoppt die Dauer des Falls mit einer Stoppuhr. Schließlich ermittelt man die Höhe, indem man folgende Formel benutzt: 1/2 mal g mal t ins Quadrat.“

An dieser Stelle fragte ich meinen Kollegen, ob er aufgeben wolle – er wollte. Als ich das Arbeitszimmer meines Kollegen bereits verlassen wollte, fiel mir ein, dass der Schüler behauptet hatte, er habe noch andere Lösungsvorschläge. Ich fragte ihn danach.

“O ja”, sagte der Schüler, “es gibt noch eine ganze Reihe von Möglichkeiten um die Höhe eines Hochhauses mit einem Barometer zu ermitteln. Zum Beispiel können Sie an einem sonnigen Tag das Barometer mit nach draußen nehmen und seine Höhe sowie die Länge seines Schattens abmessen. Dann messen Sie, wie lange der Schatten des Hochhauses ist, und bestimmen mit einer einfachen Verhältnisgleichung die Höhe des Gebäudes.”

“Prima”, sagte ich. “Wissen Sie noch eine andere Möglichkeit?”

“Ja”, erwiderte der Schüler. “Da gibt es noch eine sehr grundsätzliche Methode, die Ihnen gefallen wird. Sie nehmen das Barometer und gehen die Treppen hoch. Dabei markieren Sie die Höhe der Wand jeweils in Barometer-Einheiten. Dann brauchen Sie nur diese Barometer-Einheiten zusammen zu zählen und Sie erhalten die Höhe des Gebäudes in Barometer-Einheiten. Es ist allerdings eine sehr handgreifliche Methode. Sollten Sie an einer etwas subtileren Methode interessiert sein, dann könnten Sie das Barometer an eine Schnur binden und es als Pendel schwingen lassen. Sie bestimmen den Wert von ‘g’ (Schwerebeschleunigung) in der Formel ‘T = 2 mal Wurzel aus 1 durch g’ auf Straßenniveau und auf dem Dach. Aus der Differenz zwischen g1 und g2 können Sie prinzipiell die Höhe des Gebäudes errechnen.”

Schließlich meinte er: “Wenn Sie mich nicht auf eine physikalische Lösung festlegen, dann gibt es noch viele andere Möglichkeiten. Zum Beispiel könnten Sie das Barometer nehmen und beim Hausmeister anklopfen. Wenn er sich meldet, dann sprechen Sie wie folgt: ‘Lieber Herr Hausmeister, ich habe hier ein wunderbares Barometer. Wenn Sie mir die Höhe dieses Hauses verraten, dann gehört es Ihnen.’ ”

Hier endlich fragte ich den Schüler, ob er die erwartete Lösung wirklich nicht wisse. Er gab zu, dass er sie wusste. “Aber”, so fügte er hinzu, “er sei es leid, dass die Lehrer immer versuchten, ihm beizubringen, wie er denken und seinen kritischen Verstand gebrauchen sollte, statt ihm grundsätzliche Zusammenhänge zu zeigen und zu erklären. Deswegen habe er beschlossen, an einem Beispiel einmal zu zeigen, was für ein Theater das sei.

(Angeblich war der Schüler Niels Bohr.)

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2 Thesen, die die Forschungen und Ergebnisse zum „freien Willen“ in das Reich der Fabeln verweisen

Ich habe des Öfteren in meinem Logbuch meine Ideen und Gedanken zur Thematik “Freier Wille” gespiegelt. Der Post einer meiner Weggefährten, Martin Bartonitz, mit dem Titel Faszination Mensch: System oder Bewusstsein? hat mich zu einer Konsolidierung und Zusammenfassung aller meiner bislang gewonnenen Erkenntnisse inspiriert.

Entstanden sind 2 Thesen, die ich Ihnen heute anreichen möchte und mit teilweise meinen schon veröffentlichten Posts, aber auch mit Artikeln anderer Menschen unterfüttern möchte.

These 1: Die Forschungen bzgl. des “freien Willens” sind zu unreflektiert.

Denkt man tiefgründig über die Frage “Kann es einen freien Willen geben?” nach, kommt man auf Basis der Bedeutung der beiden Wörter “frei” und “Wille” relativ schnell auf die Antwort: Natürlich nicht. Ein Wille ist stets an das gebunden, was er will. Wie soll er da frei sein? Wäre das möglich, könnte man nicht mehr von einem Willen sprechen. Die beiden Begriffe “frei” und “Wille” schließen sich rein semantisch schon aus. Details zu dieser Argumentationskette habe ich in meinem Post Kann ein freier Wille bedingt sein? verfasst.

Das Buch Das Handwerk der Freiheit von Peter Bieri hat mich beim Schreiben des oben aufgeführten Posts inspiriert, was ich dort auch vermerkt habe. Es war für mich wahnsinnig beeindruckend zu erleben, wie tiefgründig das Denken sein kann und wie wahnsinnig einsichtig danach die Erkenntnisse erscheinen. Er kommt nämlich zum Schluss, dass ein Wille stets bedingt ist und deshalb niemals frei sein kann.

Jetzt stellt sich mir die Frage, warum trotzdem noch Herrscharen an Wissenschaftlern über die Existenz des freien Willens nachdenken, wo doch klar ist, dass es diesen rein schon aus der Bedeutung der Begriffe gar nicht geben kann. Das bringt mich zur zweiten These.

These 2: Die Forschungen bzgl. des “freien Willens” operieren im Gebiet des “blinden Flecks”.

Bei dieser These möchte ich mich von zwei Seiten her nähern, die darlegen sollen, dass es derzeit nur scheinbare Forschungen bzgl. des freien Willens gibt. Grundlegend fehlende Reflektionen bzgl. der Forschung und ihrer Ergebnisse, die durch These 1 belegt wird, lassen den Fleck auch weiterhin blind sein.

Auf der einen Seite verweise ich auf den Kant-Experten Prof. Dr. Wolfgang Deppert, der in seinem Artikel Die Evolution des Bewusstseins den freien Willen beleuchtet. Auf Seite 88 schreibt er

Ein Wille will etwas verwirklichen, das in der Zukunft liegt. In der Wissenschaft sagt man: Ein Wille ist final und nicht kausal bestimmt. Aber nur das kausal in Form von Ursache-Wirkungsketten Beschreibbare gilt in der heutigen Naturwissenschaft als wissenschaftlich. Ein Wille kommt in den Naturwissenschaften nicht vor, weil es gar keine naturwissenschaftliche Bestimmung des Willensbegriffes gibt. Somit kann der Wille nicht naturwissenschaftlich beschrieben werden.

Auf der anderen Seite möchte ich auf Gotthard Günther und seine Polykontexturalitätstheorie verweisen. Günther hat im Rahmen dieser Theorie aufgezeigt, dass man auf Basis der Aristotelischen Logik, die monokontextural (monothematisch) ist, nicht in der Lage sein kann, lebendige Prozesse zu beschreiben und zu erklären. Da aber unsere heutige Wissenschaft eben auf genau diese Monokontexturalität aufgebaut ist, agieren Wissenschaftler dann, wenn sie versuchen lebendige Prozesse, wie auch den freien Willen, zu untersuchen, im Bereich des blinden Flecks.

Eine komplette Ausführung zur Polykontexturalität würde diesen Post sprengen. Ich verweise dafür gerne auf die komplette Bibliographie Günthers mit einem Direktzugriff zu allen erhältlichen Artikeln.

Prof. Dr. Eberhard von Goldammer nimmt in seinem Beitrag Welches Wissen? Welche Gesellschaft? auf diese Theorie Günthers Bezug, wenn er in Fußnote 13 auf Seite 7 schreibt

Der Logik der Mathematik liegt die strikte Gültigkeit des Satzes der Identität zugrunde und daraus folgt das sequentiell aufgebaute Zahlensystem, wie wir es kennen. Dieser Sachverhalt wird in kaum einem Lehrbuch der Mathematik erwähnt, ist aber dennoch von fundamentaler Bedeutung, denn er hat das Abendland in eine Kultur geführt, die dominiert wird durch ein identitätsontologisches und damit ein statisches Denken: Etwas ist oder es ist nicht – ein Drittes ist ausgeschlossen. Es verwundert daher nicht, dass in der Physik nur Veränderungen zwischen Zuständen (im Allgemeinen zwischen einem Anfangs- und Endzustand) gemessen werden. Ein physikalischer Zustand zeichnet sich dadurch aus, dass alle physikalischen Größen, die für die Beschreibung des physikalischen Systems relevant sind, einen festen, d.h. sich zeitlich nicht verändernden Wert einnehmen – das ist aber nichts anderes als das, was man aus Sicht der Lebenswissenschaften als tote Systeme bezeichnen muss.

Eine Unterscheidung zwischen Denkinhalten und Denkprozessen ist wichtig. Denkinhalte sind die Ergebnisse von Denkprozessen. Die Denkinhalte lassen sich in physikalische Zustände, wie im obigen Zitat beschrieben, darstellen. Die Denkinhalte lassen sich daher auch zeitlich nacheinander anordnen und deshalb auch messen. Bei Denkprozessen aber ist das anders. Diese sind nebengeordnet (heterarchisch). Sie sind deshalb auch nicht messbar. Diesen Fakt führt Goldammer auf Seite 8 seines Artikels weiter aus.

In den Wissenschaften wird aber eben genau über Messergebnisse erklärt, dass ein freier Wille nicht existieren kann (siehe Benjamin Libet u.a.). Was auch immer mit diesen Messvorgängen und den –ergebnissen nachgewiesen wird, jedenfalls nicht die Nichtexistenz des freien Willens, denn der Wille ist stets etwas Prozessuales und nichts Statisches.

Fazit

Die Gehirnforscher bestätigen Ergebnisse zum freien Willen, die auch ohne diese bereits vorliegen (Es gibt keinen freien Willen, ein Wille ist stets bedingt), die sie aber gar nicht bestätigen dürften, da sie den Willen derzeit gar nicht thematisieren, dies aber nicht merken.

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Modeler Camp 2013 in Berlin: Lassen Sie uns dort treffen und diskutieren

Ich wurde von den beiden Geschäftsführern der Consideo GmbH in Lübeck gebeten auf dem diesjährigen Modeler Camp am 6. Mai in Berlin einen Vortrag zum Thema Komplexität und Vernetztes Denken zu halten. Dieser Bitte werde ich sehr gerne nachkommen. Details zu der Veranstaltung finden Sie hier.

Ich möchte in diesem Post einen kurzen Abriss meines Vortrages geben. Vielleicht haben Sie ja Interesse und wir sehen uns auf dem Camp und können dann darüber und über viele andere Themengebiete diskutieren.

Wie gesagt werde ich in meinem Vortrag den Begriff Komplexität auf die Wirtschaft reflektieren. Sehr oft höre ich, dass Unternehmenslenker die Herausforderung haben mit der wachsenden Komplexität umzugehen. Diese These möchte ich in meinem Vortrag konkretisieren.

Ich werde den Begriff Komplexität definieren und dabei auf die Entwicklung der Wirtschaft vom Handwerkzeitalter bis in das Netzwerkzeitalter spiegeln. Basierend auf diesen Erkenntnissen möchte ich dann mit den Zuhörern einen “Deep-Dive” in die Interaktionen von Unternehmen mit dem Markt vollziehen und dabei konkrete Beispiele aus der Praxis anbringen, die den Begriff Komplexität verdeutlichen. Dabei werde ich Komplexität in verschiedene Facetten zerlegen, beispielsweise in Eigen- und Fremdkomplexität oder in bezahlte und nicht bezahlte Komplexität. Damit, so bin ich mir sicher, habe ich die Basis gelegt, um die Methode des Vernetzten Denkens als gewinnbringende Methode zur Handhabung der Komplexität in Unternehmen vorzustellen und Anwendungsgebiete zu formulieren.

Ich freue mich Sie auf dem Camp zu treffen.

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Zeitgeist-Bewegung: Gesellschaftliche Belange konsequent ganzheitlich betrachten

Viel zu häufig, und das habe ich in verschiedenen Posts meines Logbuches angemerkt, werden Problemlösungen zu einseitig und kurzatmig angegangen. Auch die erhaltenen Lösungen, die dadurch nicht nachhaltig sein können, werde nur ungenügend reflektiert. Es wird nämlich vergessen, dass, wenn man Probleme der Wirtschaft thematisieren möchte, diese nicht losgelöst von der Umwelt der Wirtschaft adressieren kann. Mit diesem Weitblick betritt man dann den Boden von Politik, Ökonomie, Wissenschaft, Psychologie, Kybernetik, Philosophie etc.

In der Zeitgeist-Bewegung werden genau nach dieser Handlungsmaxime analysiert und Vorschläge unterbreitet. Es geht in dieser Bewegung darum, wissenschaftliche Methoden konsequent auf gesellschaftliche Belange anzuwenden. Ich zitiere (Quelle ist obiger Link)

Der grundsätzliche Fokus der Bewegung beinhaltet die Erkenntnis, dass der Großteil der sozialen Probleme, welche die menschliche Spezies aktuell erträgt, nicht das alleinige Ergebnis von institutioneller Korruption, Knappheit, politischen Programmen, einer fehlerhaften Natur des Menschen oder anderen weit weitläufigen ursächlichen Annahmen sind. Vielmehr erkennt die Bewegung, dass Probleme wie Armut, Korruption, wirtschaftlicher Zusammenbruch, Obdachlosigkeit, Krieg, Hungersnöte, etc. als Symptome erscheinen, welche aus einer veralteten Gesellschaftsstruktur resultieren. Es geht darum, die Funktionsweise der Gesellschaft durch fortschrittliche und bewährte Methoden der Wissenschaft auf den neuesten Stand zu bringen und dabei die zerstörerischen Konsequenzen und Beschränkungen zurück zu lassen, welche durch unsere derzeitige Struktur von monetärem Austausch, Profiten und Unternehmen motiviert wird.

Das folgende Video stellt die oben zitierten Zusammenhänge anschaulich dar.

Eine schöne Geschichte, die ich gerade nach und nach und behutsam mit meiner 9-jährigen Tochter abarbeite, möchte ich Ihnen noch anreichen. In dieser Geschichte namens Die fliegende Raupe geht es um eine Raupe, die sich nicht mit alt her gebrachten und von Raupengeneration zu Raupengeneration postuliertem Wissen zufrieden gibt, sondern nach dem tieferliegenden Sinn ihres Lebens Ausschau hält. Eine sehr feine Analyse, die behutsam aufbereitet und reflektiert auch für Kinder erkenntnisreich ist.

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Sind Hühner die besseren Manager?

Im Blog einer meiner Weggefährten auf meiner Reise des Verstehens, Martin Bartonitz, wurde gestern ein sehr erkenntnisreicher Beitrag veröffentlicht.

Es geht letztendlich darum, dass wir Menschen unsere eigene spezielle Sicht auf Natürlichkeit haben und Alles und Jeden, der bzgl. dieser Sichtweise in den Topf der Unnatürlichkeit gesteckt wird, entweder mit aller Macht in Richtung Natürlichkeit gepolt wird oder schlicht “getötet” wird. Aber lesen Sie selbst die folgende Geschichte

In der Natur ist alles in BESTER Ordnung. Das Huhn pickt Grassamen und macht sich einen schönen Tag und legt vielleicht ein Ei. Will das Huhn mal nicht picken oder sonst nichts leisten, dann setzt es sich auf die Stange und ist kein faules sondern ein sehr zufriedenes Huhn. Es baut das Gras nicht an, sondern pickt einfach das, was da ist und wandert so über die Wiesen. Es macht keinen Zaun darum, Tauben und Finken kriegen auch was ab. Hat das Huhn Flöhe, dann juckt es halt ein bisschen. Es kauft kein Gift und pudert sich damit ein. Setzt sich eine Fliege auf seine Samen, dann holt es nicht die Fliegenklatsche raus. Dann irgendwann lädt der Fuchs das Huhn zum Essen ein. Er lässt es sich schmecken, die anderen Hühner picken weiter – ungerührt. Sie holen nicht die Hühnerpolizei und stellen den Fuchs vor Gericht oder kaufen sich ein Gewehr um Füchse abzuknallen. Dem Fuchs hat das Huhn gut gemundet – aber eröffnet er jetzt eine Hühnerfarm? Von wegen! Und wozu auch die Mühe. Ist ja genug zu Fressen da. Ist ein Huhn krank oder verletzt, lebt es so gut und lang es geht mit diesem Handicap. Es kommt nicht ins Hühnerkrankenhaus und kriegt keine Hühnermedizin entwickelt mithilfe von Rattenversuchen. Ein steinaltes Huhn darf sterben und wird nicht zwangsernährt. Ist das Huhn tot, dann kommen derTotengräberkäfer und die Krähe und bedienen sich. Ist ein Huhn hässlich oder dämlich, gackern es die anderen nicht aus oder an. Gras und Huhn und Floh und Fuchs und Käfer leben in größter Harmonie. Anders der Mensch: Er hat sich zum Herrn über Tod und Leben gemacht und nimmt sich jedes Recht – und jedes Mittel ist ihm Recht – das eigene Leben zu verlängern, bequemer und angenehmer zu machen – und das anderer Wesen nach Belieben zu verkürzen oder deren Lebensbedingungen zu seinem Vorteil zu manipulieren. Und wenn es an den eigenen Kragen geht, dann gibt’s ein Riesengeschrei. Der Fuchs hat MEIN Huhn gefressen. Die Spatzen haben MEINEN Hafer gefressen.

Falls Sie mehr wissen möchten, lesen Sie gern hier weiter.

In allem was wir tun, auch in der Wirtschaft, ist also mehr Demut gegenüber der Natur gefragt.

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Systemarchetypen enttrivialisieren Entscheidungssituationen – Problemverschiebung

In diesem dritten Post meiner Reihe zu den Systemarchetypen und ihrer Modellierung und Erläuterung im Consideo iModeler geht es um die immer wieder in Entscheidungssituationen wahrgenommene zu wenige Fokussierung auf Verzögerungen und Ganzheitlichkeiten.

Ein Problem soll gelöst werden und Aktivitäten zur Lösung dieses Problems werden gestartet, aber keine “Besserung” ist sichtbar. Man versteift sich auf andere Lösungsmöglichkeiten, die dann kurzfristig positive Wirkungen zeigen, die aber mittel- und langfristig das Problem verschlimmern. Sie verschieben das Problem.

Wir behandeln den Systemarchetyp “Problemverschiebung”

Es geht also auf der einen Seite darum, dass wir Menschen ein unzureichendes kognitives Verständnis über Dynamiken in Rückkopplungsschleifen aufweisen. Wir denken linear, und können dadurch relativ schlecht mit Verzögerungen in Wirkkreisen umgehen, die auf Nichtlinearitäten beruhen. Details dazu können Sie gerne in meinem Post Entscheidungen: Mit System Dynamics dem BI Wirkkreis Leben einhauchen nachlesen.

Ein Fakt, der dieses Verhalten von Entscheidern in Unternehmen aber noch verstärkt, ist der, dass Unternehmen, durch die Finanzwirtschaft gegeißelt, immer frühzeitiger Erfolge aufzeigen müssen. Für Details möchte ich gerne auf meinen Post Nachtrag zu: Wir schaffen unsere Finanzkrisen durch das Zinsparadigma selber verweisen.

Die folgende Abbildung stellt das Verhaltensmuster der Menschen entlang des Systemarchetyps “Problemverschiebung” schematisch dar.

Schematisches Modell_Problemverschiebung

Ähnlich wie beim Systemarchetyp Reparaturdienstverhalten geht es auch bei diesem Archetyp darum, ein Problem oder mehrere zu lösen. Hier wird der Fokus allerdings auf ein anderes Verhaltensmuster der Menschen gelegt, nämlich auf die Fokussierung auf Symptome eines Problems und nicht auf die eigentlichen Ursachen dieses Problems. Aufgrund des zielsuchenden (engl.: goal-seeking) Musters existieren also wieder ausgleichende Rückkopplungsschleifen, genau genommen zwei.

Die eine Schleife stellt die Symptombekämpfung dar (linke ausgleichende Schleife). Hier wird das Objektiv auf “Kurzfristigkeit” gestellt. In der Regel werden damit auch Lösungen erzielt, die allerdings nicht nachhaltig sind und, und das ist besonders schmerzhaft, langfristig gesehen dazu führen, dass die “richtigen” Lösungsoptionen, also die Ursachenbekämpfung (rechte ausgleichende Schleife), nur mit mehr Aufwand zum Erfolg führen, wenn überhaupt. Dieser negative Einfluss der Symptom- auf die Ursachenbekämpfung, den Sie im oberen Bild in der graphischen Abbildung der Ergebnisse über die Zeit sehen können, wird durch die verstärkende Schleife (unten) modelliert.

Quantitatives Modell_Problemverschiebung

Ich habe diesen Archetyp wie gehabt an einem praktischen Beispiel im Consideo iModler modelliert. Es geht in diesem kleinen Fall darum, dass das Management eines Unternehmens abweichende tatsächliche Produktverkäufe zum Plan feststellt und dieses Problem lösen möchte. Eine detaillierte Erklärung dieses Beispiels können Sie im Präsentator des iModelers einsehen. Sie können natürlich auch ihre eigenen Szenarien modellieren und simulieren, in dem Sie die Parameter des Modells ändern. Allerdings, und das wissen Sie ja auch, können Sie, wenn Sie keine Lizenz für den iModeler besitzen, dieses Modell nicht exportieren und speichern; simulieren und probieren können Sie aber. Den Link zu dem Modell finden Sie hier oder über einen Klick auf die obige Abbildung.

Das folgende Video zeigt sehr anschaulich, welche Auswirkungen es nach sich ziehen kann, wenn man ein Problem lösen möchte, aber dabei nur unzureichend Neben- und Fernwirkungen seiner Aktionen in die Überlegung mit einbezieht und damit das eigentliche Problem nachhaltig verschlimmert.

Eine Auflistung aller bislang erschienenen Posts zu dieser Reihe finden Sie hier.

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Systemarchetypen enttrivialisieren Entscheidungssituationen – Reparaturdienstverhalten

Im ersten Post der Reihe zu den Systemarchetypen mit dem Titel Systemarchetypen enttrivialisieren Entscheidungssituationen – Grenzen des Wachstums habe ich meine Motivation dargelegt, diese Reihe zu starten. Heute möchte ich einen Archetyp vorstellen, der bei Senge so nicht aufgeführt wird, der für mich aber trotzdem ein beobachtbares Verhalten von Menschen beim Umgang mit komplexen Situationen ist; insbesondere beobachtbar von Managern, Führungskräften oder grundsätzlich von Entscheidern in Unternehmen.

Bevor ich mit dem nächsten Systemarchetyp loslege, möchte ich nicht versäumen Sie auf mein Tutorial zum System Dynamics Modellieren mit dem Consideo Modeler aufmerksam zu machen. Dieses Tutorial ist nun auch über eine Playlist auf youtube verfügbar.

Es geht also um den Archetyp “Reparaturdienstverhalten”.

Was versteht man unter dem Begriff Reparaturdienstverhalten? Ist man diesem Verhaltensmuster erlegen, sucht man stets nach seinen wichtigsten und bedeutendsten Problemfällen und Aufgaben, fokussiert sich komplett auf diese und spendiert seine ganze Energie in diese eine Situation. Alles Andere wird für den Moment ausgeblendet. Hat man diese Situation dann aus seiner Sicht gemeistert, sucht man das nächste Problem usw. usf. Da man bei diesem Verhalten die Vernetzung der einzelnen Problemsituationen ignoriert, repariert man also nur, so wie der Name schon sagt. Man setzt die Kurzfristbrille auf und lässt die Langfristbrille im Schreibtisch verstauben.

Mehr Information zu dem Archetyp können Sie in der 2006 in der Universität Heidelberg erschienen Enzyklopädie Denken und Problemlösen im Kapitel 7 Störungen und Fehler beim Denken und Problemlösen finden. Harald Schaub thematisiert auf Seite 5 das Reparaturdienstverhalten. Des Weiteren hat sich Prof. Dr. Dietrich Dörner in seinem Buch Die Logik des Misslingens unter anderem diesem Verhaltensmuster angenommen.

Die folgende Abbildung stellt das Wirkdiagramm dieses Archetyps schematisch dar.

RDV_Schematisches Modell

An dem Modell können Sie sehr schön erkennen, dass es grundsätzlich darum geht, Sachverhalte in einen gewünschten Zustand zu bringen. In dieser schematischen Darstellung existieren 2 Sachverhalte (2 ausgleichende Rückkopplungsschleifen), die als problematisch eingestuft werden, und dementsprechend Aktivitäten des Gegensteuerns verlangen. Man kann sich leicht vorstellen, dass Entscheider in Unternehmen es mit mehreren solcher Sachverhalte zur gleichen Zeit zu tun haben. Entscheidend ist nun, wie oben bereits angesprochen, wie diese parallel auftretenden Probleme priorisiert werden.

In dem Fall, und das sehen Sie in der obigen Abbildung in der unteren graphischen Darstellung über die Zeit dargestellt, wo das Management sich dediziert auf den wahrgenommen wichtigsten Problemfall stürzt (Reparaturdienstverhalten), wird die Lösungsgüte ALLER Problemfälle mit der Zeit abnehmen, inbegriffen des Problemfalles auf welches sich fokussiert wird. Aufgrund dessen steigt auch die Aufmerksamkeit des Managements in Bezug auf die Problemfälle, da die Probleme nicht gelöst werden. Im anderen Fall, wo das Management dem Reparaturdienstverhalten nicht erlegen ist, ist es genau anders herum. Die Güte der Problemlösungen steigt mit der Zeit und damit fällt auch die Aufmerksamkeit des Managements für eben diese Problemfälle.

Das mutet im ersten Moment vielleicht eigenartig an, weshalb ich diesen Sachverhalt im Consideo iModeler modelliert habe.

RDV_Modell im iModeler

Über diesen Link (oder Doppelklick auf die obige Abbildung) können Sie das Modell in Ihrem Browser öffnen. Sie benötigen keine Lizenz für den iModeler und können trotzdem in dem Modell Parameter verändern und simulieren, abspeichern können Sie diese Änderungen allerdings nicht.

In dem Modell habe ich das Überwachen von Produktqualität modelliert. Der Einfachheit halber habe ich hier nur ein Problem dargestellt, welches seitens des Managements gelöst werden soll. Und selbst bei nur einem Problem können wir das oben dargestellte Muster bei der Simulation sehen. Detailliert habe ich das Modell inklusive der Erklärungen der Verbindungen und der dahinter liegenden Formeln im Präsentator des iModelers beschrieben. Ausführliche Erklärungen zu den Wirkzusammenhängen in den Simulationsergebnissen können Sie ebenfalls im Präsentator einsehen.

An diesem Beispiel kann man die Vorteile des quantitativen Modellierens sehr schön erkennen. Wir haben ein sehr kleines einfaches Wirkmodell vorliegen. Trotz allem kann man alleine aus der Betrachtung dieses Wirkmodells nicht das dynamische Verhalten ablesen. Ich hätte dieses Verhalten beispielsweise nicht vorhersagen können. Oder hätten Sie erahnt, dass bei der Fokussierung auf ein singuläres Problem selbst dieses Problem nicht so effizient und effektiv gelöst wird, als wenn man seinen Blick eher auch noch in andere Bereiche schweifen lässt?

Und genau die Notwendigkeit des Schweifen Lassens seiner Aufmerksamkeit wird in unserer heutigen Zeit immer gravierender, denn wir Menschen haben es mit immer höherer Vernetzung und immer mehr Daten in Zusammenhang mit komplexen Situationen zu tun, die wir handhaben müssen. In einem Interview zum Thema Krisen der Computergesellschaft streift der Soziologe Dirk Baecker dieses Thematik aus einem anderen Blickwinkel auf.

Ab der Minute 33 thematisiert er zusammen mit seinem Interviewpartner die Aufmerksamkeit, die seitens der Menschen spendiert werden muss, um Sachverhalte zu durchdringen. Das vertikale Durchdringen von Sachverhalten, sprich die Spezialisierung, muss jetzt ergänzt werden durch horizontales Durchdringen. Baecker spricht hier von einem schnellen hüpfenden Aufnehmen und Verwerten von Daten. Es gibt hier kein lineares Muster des Aufbaus einer Argumentationskette, wie wir es aus Büchern kennen. Es geht hier eher um das Aufsuchen von Mustern zwischen heterogenen scheinbar nicht im Zusammenhang stehenden Sachverhalten.

Wir erkennen hier sehr schön den Zusammenhang zum oben dargestellten Systemarchetyp des Reparaturdienstverhaltens. Ein Entscheider muss seinen Fokus breit streuen und seine Antennen auf Empfang schalten und je nach Bedarf vertikal las auch horizontal ins Detail gehen können. Der Entscheider muss schwebend aufmerksam sein.

Eine Auflistung aller bislang erschienenen Posts zu dieser Reihe finden Sie hier.

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Systemarchetypen enttrivialisieren Entscheidungssituationen – Grenzen des Wachstums

Situationen, in denen Menschen beteiligt sind, sprich in “lebendigen” Situationen, sind laut des Kybernetikers Heinz von Förster prinzipiell nicht entscheidbar; und zwar deshalb nicht, weil Menschen “nicht-triviale Maschinen” sind. Die Entscheidungen sind stets eine Wette in die Zukunft. Damit unterscheiden sie sich von Situationen, wie beispielsweise das Lösen einer Rechenaufgabe wie “1+1”. Diese Situation ist bereits entschieden, muss also deshalb nicht mehr von Menschen entschieden werden.

Trotzdem müssen wir aber in prinzipiell nicht entscheidbaren Situationen entscheiden. Genau diese Tätigkeit macht unter anderem das Führen von Unternehmen aus. Die Schwierigkeiten des Entscheidens in prinzipiell nicht-entscheidbaren Situationen haben sich in der Vergangenheit findige Menschen zu Nutze gemacht und Modelle entwickelt, die diese Entscheidungen unterstützen sollen. Nur leider haben viele dieser Modelle einen entscheidenden Nachteil. Sie erfassen nicht die Dynamik dieser Situationen. Diese Modelle sind nämlich statisch. Dynamik, die Situationen oftmals erst so komplex erscheinen lassen, können Sie in dem von der Consideo GmbH erstellten Fitnesstest in Entscheidungssituationen nachvollziehen. Selbst in scheinbar einfachen Situationen haben wir enorme Schwierigkeiten ohne adäquate Hilfsmittel zu entscheiden. Nehmen Sie sich beispielsweise die scheinbar einfache Aufgabe “Tuchstärke” in diesem Test vor und überprüfen Sie sich selbst.

Ich habe eben adäquate Hilfsmittel erwähnt. Was könnten adäquate Hilfsmittel sein? Auf jeden Fall müssten diese Hilfsmittel oder Modelle die Dynamik der Nichtlinearitäten erfassen. Diese Dynamik kommt in lebenden Situationen durch Rückkopplungsschleifen zu Stande. Und genau diese Rückkopplungsschleifen legt Peter Senge in seinen Archetypen als Basis zu Grunde. Senge beschreibt diese Archetypen unter anderem in seinem Buch Die fünfte Disziplin: Kunst und Praxis der lernenden Organisation.

Die Archetypen stellen Verhaltensmuster von Menschen dar, die immer wieder bei diesen beobachtet werden können. Damit will ich natürlich nicht behaupten, dass man diese Archetypen einfach lernen sollte und streng danach entscheidet. Würden wir das tun, würden wir den Menschen in komplexen Situationen zu sehr trivialisieren und er ist ja wie gesagt nicht-trivial. Archetypen stellen Strukturierungshilfen dar, anhand derer man seine Wahrnehmungen reflektieren kann.

In diesem Sinne war ich umso erfreuter dass seitens der Consideo GmbH kurz vor Weihnachten ein Modell kostenlos zur Verfügung gestellt wurde, in welchem die Archetypen von Senge auf gewöhnliche Alltagssituationen basierend modelliert wurden. Sehr schön.

Diese Modelle haben mich dazu motiviert, selbst meine Erkenntnisse und Erfahrungen mit den Archetypen in Form von einer Postreihe zu veröffentlichen. Ich werde jedem Archetyp einen Post widmen und darlegen, in welcher Art und Weise ich diese Archetypen nutze, um “lebendige” Situationen einzuschätzen und in diesen zu entscheiden. Im Übrigen habe ich einen dieser Archetypen, nämlich “Erodierende Ziele” für die Beurteilung von typischen Situationen in Projekten genutzt. Details können Sie in dem Post Verhaltensmuster im Projektmanagement Teil 1: Zielanpassungen nachlesen.

Jeden dieser Archetypen erkläre ich an einem praktischen Beispiel aus der Wirtschaft und der Unternehmensführung, welches ich im iModeler dargestellt und im Präsentator erläutert habe. In dieser Postreihe nutze ich also den Webservice des iModelers. Der Vorteil besteht darin, dass Sie direkt im Browser, ohne das Sie eine Lizenz für den iModeler haben müssen, das Modell nachvollziehen, ändern (aber nicht speichern) und simulieren können.

Heute geht es um den Archetyp “Grenzen des Wachstums”.

Als erstes möchte ich die grundsätzliche Struktur und das Verhaltensmuster hinter diesem Archetyp erklären.

Grenzen des Wachstums

Am oberen Bild erkennen wir zwei Schleifen, eine verstärkende (links) und ausgleichende (rechts). Über einen bestimmten Zeitraum wird durch bestimmte eingeführte Maßnahmen das Ergebnis, welches man erreichen möchte, immer besser. Das wird durch die verstärkende Schleife dargestellt. Allerdings wird das Ergebnis durch ein im Sinne des Ergebnisses Hindernis (Begrenzende Bedingung) begrenzt, so dass sich die verstärkende Wirkung auf das Ergebnis durch die ausgleichende Schleife (rechts) abschwächt. Diese Abschwächung wird immer größer je näher das Ergebnis sich dieser Begrenzung nähert und schlägt gar ins Negative um, wenn die Grenze überschritten wird. Das Überschreiten der Grenze kann (muss aber nicht) durch Verzögerungen in den Effekten zu Stande kommen.

Ein Indiz, ob einer beobachteten Situation dieser Archetyp als Muster vorliegt (In der Regel kann man einer beobachteten Situation mehrere Archetypen zuordnen, die miteinander integriert sind), ist der, dass ein bestimmter Faktor über einen gewissen Zeitraum enorm anwächst und dann auf einmal sehr stark abfällt.

Ein Beispiel für diesen Archetyp, welches ich auch modelliert habe, ist das Einführen eines neuen Produktes eines Unternehmens im Markt. Nach Einführung macht das Unternehmen mit dem Produkt einen entsprechenden Umsatz. Nach und nach wird der Markt für dieses Produkt immer gesättigter, da immer mehr Kunden das Produkt bereits gekauft haben und es gibt ja nicht unendlich viele Kunden. Die Begrenzung stellen hier also die kaufwilligen Kunden dar. Bemerkt der Produktverantwortliche die abnehmende Tendenz zu spät, wird immer weniger Umsatz mit dem Produkt gemacht. Das kann bis zu einem Umsatz von Null so gehen.

An diesem Beispiel erkennt man auch sehr schön, wo Optimierungsmaßnahmen anzusetzen sind. Einen kurzfristigen Effekt erreicht man über die verstärkende Schleife, beispielsweise über Marketingaktivitäten. In dem Moment aber, wo der Grenznutzen (Im Graphen erkennt man den an der 1. Ableitung der zugehörigen Funktion der zu untersuchenden Kennzahl.) dieser Aktivitäten abnimmt, muss man seinen Fokus ändern, nämlich in Richtung Mittel-und Langfristigkeit. Hier muss man dann an der ausgleichenden Schleife ansetzen. Es geht dann im Detail um die Begrenzung. Man könnte vielleicht neue Features dem Produkt zufügen und damit eine neue Version auf den Markt bringen oder ein komplett neues Produkt lancieren. Neue Verkaufsregionen oder neue Kundengruppen würden die mögliche Anzahl zu verkaufender Produkte und damit die Grenze auch erhöhen.

Beide Schleifen sind also kombiniert zu betrachten und stets zur rechten Zeit. Details dazu habe ich einem Modell erstellt. Dieses inklusive der Graphiken können Sie im Präsentator des iModelers nachvollziehen (Klick auf das untere Bild).

Beispielmodell zu GDW

Sie können in dem Modell die beiden Inputfaktoren “Erfolgsrate Mundpropaganda” und “Kunden im Markt” ändern und damit testen, wie sich Maßnahmen zur Stärkung der bereits existierenden Verstärkungsschleife (Erfolgsrate Mundpropaganda) und eine Lockerung der Begrenzung (Kunden im Markt) auswirken. Falls Sie Fragen zur Handhabung des iModelers haben, können Sie mich gerne kontaktieren.

Die Anwendung dieses Archetyps, wie auch die aller Folgenden, helfen natürlich nicht, die Zukunft vorherzusagen. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal betonen. Sie helfen auch nicht dabei ein Rezept zu finden, welches man einfach nur Schritt für Schritt befolgen muss, und schon hat man eine Situation richtig entschieden. Es geht darum, in den Wahrnehmungen Muster zu erkennen, und sich dann anhand dieser Muster einen Möglichkeitsraum an validen Aktivitäten aufzuspannen und die invaliden auszugrenzen. Dafür müssen die erforderlichen Kennzahlen nach Mustern untersucht werden. In diesem Fall könnte man an einem dramatischen exponentiellen Wachstum der Ergebniskennzahl (beispielsweise Umsatz von Produkt x pro Monat) und einem anschließenden Abfall auf diesen Archetyp schließen und mögliche für diesen Archetyp validen Aktivitäten (Erweiterung der Begrenzung) in sein Portfolio möglicher Aktivitäten übernehmen.

Beispiele dieses Archetyps findet man in der Praxis stets dort, wo man eine bestimmte Größe zum quantitativen Wachstum treiben möchte. Denn nichts ist unbegrenzt, wie Meadows in seinem Bestseller Grenzen des Wachstums bereits ausgeführt hat. Mithilfe dieses Archetyps kann man dann die Begrenzung ausfindig machen.

Anknüpfend daran möchte ich zum Schluss noch eines anfügen. Die Diskussionen, die sich derzeit um das Weltklima ranken, basieren auf diesem Archetyp. Ich habe in diesem Post davon gesprochen, dass die negativen Wirkungen dieses Archetyps durch Erweiterung der Begrenzung umgangen werden können. Was ist aber, wenn diese Grenze unsere Natur ist? Können wir unsere Welt erweitern und damit die Grenze ausdehnen? Aus quantitativen Gesichtspunkten natürlich nicht. In Ausdehnung der Begrenzung in diesem Falle ist eher ein qualitativer Aspekt gemeint. Wir Menschen müssen lernen diese Begrenzung erst einmal anzuerkennen und danach zu denken und zu handeln. Und genau um dieses neue Denken geht es Prof. Dr. Hans-Peter Dürr in diesem Interview, auf welches mich einer meiner Weggefährten Martin Bartonitz in seinem Post, aufmerksam gemacht hat.

https://youtube.com/watch?v=pdv1rQUfrks

Dürr meint beispielsweise in dem Interview, dass wir endlich das Paradigma des Wettbewerbens abstreifen sollten. Denn im Wettbewerb machen wir nur das was wir bereits können, nur immer schneller. In der heutigen Zeit geht es aber darum, Dinge zu denken, die derzeit für uns noch undenkbar sind. Wir benötigen also Zeit und Freiraum, um kreativ zu sein und um zusammen zu denken. Das funktioniert unter der Spielregel Wettbewerb aber nicht.

In diesem Fall sind die Begrenzung also unsere derzeitigen Denkmuster. Und Sie wissen ja wo man beim Zugrundeliegen dieses Archetyps ansetzen muss.

Eine Auflistung aller bislang erschienenen Posts zu dieser Reihe finden Sie hier.

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Initiative Wirtschaftsdemokratie: Ich bin als Autor dabei

Zwei meiner Begleiter meiner Reise des Verstehens, Andreas Zeuch und Martin Bartonitz, haben mich heute zu ihrer neu gegründeten Initiative Wirtschaftsdemokratie als Autor eingeladen. Ich habe sofort angenommen, da ich die Vision dieser Initiative uneingeschränkt teile.

Wir wollen dazu beitragen,
dass die Wirtschaft menschlicher wird und
dass die Wirtschaft wirtschaftlicher wird.

Ich freue mich auf eine erkenntnisreiche Zusammenarbeit mit allen Autoren, Lesern, Mitstreitern und Gleichgesinnten.

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Fitnesstest “Entscheidungen treffen”

Wie fit sind Sie als Entscheider? Testen Sie es gerne aus. Hier gelangen Sie zum Test. In der Firma Consideo GmbH wurde in der letzten Woche ein Test entwickelt, mit dem man seine Qualitäten als Entscheider testen kann.

In diesem Test wird vor allem auf die Sensibilität gegenüber Nichtlinearitäten und Verzögerungen in Entscheidungssituationen abgezielt, die größtenteils dafür verantwortlich sind, dass Entscheidungen sehr oft negative Konsequenzen nach sich ziehen. Des Weiteren erkennt man beim Testen ganz automatisch, dass das qualitative und quantitative Modellieren sehr oft zu besseren Entscheidungen führt.

Viel Spaß.

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