Bemerkungen zum Film Alpha 0.7 – Der Feind in Dir

Am 29.12.2010 wurde in der ARD der Film Alpha 0.7 – Der Feind in Dir ausgestrahlt. Falls Sie diesen verpasst haben, können Sie ihn sich hier noch einmal in voller Länge ansehen. Ich habe es getan und es hat sich gelohnt, weil er zwei Themen behandelt, die ich immens spannend finde und über die ich hier in meinem Logbuch auch schon geschrieben habe.

  • Der frei Wille
  • Die künstliche Intelligenz

Ich möchte kurz darlegen, worum es in dem Film geht. Wirklich nur kurz, denn ich möchte Ihnen die Spannung nicht nehmen.

Wir schreiben das Jahr 2017. In Stuttgart findet der EU-Sicherheitsgipfel statt. Auf dem Gipfel soll über den flächendeckenden Einsatz eines neu entwickelten Gehirnscanners entschieden werden. Mit diesem Gehirnscanner sollen beispielsweise Morde verhindert werden. Das heißt die vermeintlichen Täter sollen, bevor Sie sich über ihre kommende Tat bewusst werden, überführt werden. Und da sind wir auch schon beim ersten Thema, dem freien Willen.

Zu diesem Thema können Sie meine Ideen und Gedanken im Logbuch nachlesen. Dort habe ich nämlich schon beschrieben, wie ich dieses Thema einschätze. Den absolut freien Willen gibt es nicht. Was sagt aber der Film aus? Gedanken über einen Mord entstehen im Unterbewusstsein. Der Gehirnscanner erfasst dies, noch bevor diese Gedanken in das Bewusstsein des Menschen gelangen. Die Menschen werden dann sofort als Täter überführt. Man geht also davon aus, dass

  • die Menschen, das im Unterbewusstsein entstandene Mordvorhaben im Bewusstsein nicht mehr revidieren oder
  • das Mordvorhaben stets aus dem Unterbewusstsein heraus begangen werden.

Beides ist Nonsens. Deshalb ist auch der Einsatz eines solchen Scanners höchst fragwürdig, wohl auch noch im Jahre 2017. Eines muss ich aber noch loswerden, bevor ich zum zweiten Thema, der Künstlichen Intelligenz, überleite.

Es lässt sich nicht häufig genug sagen, wo die Hirnforschung derzeit auf dem Irrweg ist: Das Messen von Zeitpunkten. Die Hirnforscher messen nicht die Denkprozesse, sondern ausschließlich Denkinhalte. Genauer: Sie messen den Stoff- und Energieaustausch der an bestimmten Orten im menschlichen Gehirn auftaucht. Der Denkprozess ist nicht messbar, da dieser heterarchisch-hierarchisch abläuft. Es gibt kein Anfang und kein Ende. Dieses wird nur künstlich durch den Experimentieraufbau erzeugt. Das bedeutet also, dass durch Messungen, wie sie die Hirnforscher heute durchführen (und wohl auch noch 2017 durchführen werden), nie entschieden werden kann ob der freie Wille existiert oder nicht. Der Prozess der Willensbildung ist nämlich durch seine Eigenschaft der Heterarchie-Hierarchie nicht mehr transitiv (Aus Zeitpunkt 1 kleiner als Zeitpunkt 2 und Zeitpunkt 2 kleiner als Zeitpunkt 3 folgt nicht automatisch Zeitpunkt 1 kleiner als Zeitpunkt 3) und deshalb nicht messbar.

Ich möchte nun zu einem weiteren Phänomen, welches im Film behandelt wurde, eingehen: die künstliche Intelligenz. In dem Film wird Johanna Berger, der Hauptfigur, das Gehirn ausgelesen, um dann auf dieser Basis die Umwelt, die sie erkennt, künstlich auf einer Maschine zu empfangen und sie zu steuern.

Gehen wir kurz auf das “Auslesen des Gehirns” ein. Das Gehirn ist kein Speicher wie wir es vom Computer kennen. Der entscheidende Unterschied ist, dass der Computer Daten über das Adresskonzept speichert, um diese dann später auch wieder über die Angabe der Adresse abzurufen. Dabei stehen der semantische Inhalt der Daten und seine Speicheradresse in keinerlei Zusammenhang. Das ist beim menschlichen Gehirn anders. Zum einen sind Inhalt und Adresse stark verknüpft. Zum anderen lässt sich Information und Wissen nicht einfach kopieren oder speichern. Lernprozesse fügen diese in das kognitive System “Gehirn” ein. Wenn ich hier von Adresse spreche muss man natürlich aufpassen, denn der genaue physikalische Ort der Information und des Wissens ist unbekannt, aber auch nicht relevant. Denn der Abruf von Information und Wissen erfolgt assoziativ, spontan und ohne Benötigung einer zentralen Steuereinheit. Das Speichern und die Verarbeitung von Information passiert heterarchisch. Das ist eben genau der Prozess, der nicht transitiv abläuft und deshalb nicht messbar ist (wie oben angemerkt).

Spiegeln wir diese Erkenntnis auf den Film, erkennen wir ein paar Lücken. Auslesen kann man nur die Aktivitäten, sprich das Feuern der Neuronen. Dieses Feuern ist durch die Synapsen der Neuronen bestimmt, die quasi die Informationen enthalten. Die Synapsen wurden durch einen jahrelangen Lernprozess der Johanna Berger gebildet. Dieser Lernprozess läuft für jeden Menschen verschieden ab. Wollte man also die Kognition der Johanna Berger künstlich nachbauen, müsste auch dieser Lernprozess auf der Maschine durchlaufen werden, damit der Kontext hergestellt wird. Daran erkennen wir also wie komplex es ist, durch einen “Upload eines Gehirns” die Umwelt zu erkennen, die genau der Umwelt entspricht, die die Person des Gehirns erkennt.

Ein empfehlenswertes Buch zu dem Thema Informationsverarbeitung und Wissensgenerierung im neuronalen System ist das von Bernard Favre-Bulle mit dem Titel Information und Zusammenhang: Informationsfluß in Prozessen der Wahrnehmung, des Denkens und der Kommunikation

Fazit: Ein sehr spannender Film, der aber einige Lücken offenbart, von denen wir heute noch so weit entfernt sind diese zu schließen, dass ich behaupte dies auch im Jahre 2017 nicht vollziehen zu können. Vielleicht auch gut so

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