Ich habe des Öfteren über die Notwendigkeit gesprochen, eine Mehrwertigkeit in unserem Denken zu etablieren. Unser abendländisches Denken ist geprägt von der zweiwertigen aristotelischen Logik. Entweder eine Sache ist gut oder böse. Eine andere Option gibt es nicht. Detaillierte Ausführungen habe ich in verschiedenen Ausführungen zur Polykontexturalität gegeben.
Heute möchte ich aus gegebenem Anlass des Ausscheidens der deutschen Mannschaft bei der Fußball-EM, eine Auswirkung zur Diskussion stellen, die ich wahrnehme, wenn wir bei der Zweiwertigkeit im Denken und Handeln bleiben.
Vor dem Halbfinale gab es in den Medien durchweg überschwänglich positive Meldungen über die deutsche Mannschaft zu lesen. Jogi Löw hat ein Goldhändchen. Mats Hummels spielt eine überragende EM, was kaum zu toppen ist. Ihnen fallen bestimmt weitere Meldungen ein, die in die gleiche Richtung zeigen.
Nach einhelliger Meinung können wir einer rosigen Zukunft entgegen sehen.
Nach dem Halbfinale war auf einmal alles anders. Der komplette Gegensatz war zu lesen. Jogi Löw hat mit seiner Aufstellung alles vermasselt. Gomez hat sowieso nur die Haare schön. Wir haben keine echten Leader in der Mannschaft, die die Mannschaft mitreißen können. Lahm ist nur ein Politiker, der nicht Tacheles reden kann. Schweinsteiger wird niemals ein Leader sein.
Auf einmal sieht die Zukunft nicht mehr rosig aus.
Wie können 90 Minuten so viel bewirken? Hier gibt es nur eine Antwort. Das bewirkt die Zweiwertigkeit in unserem Denken. Es kann in diesem Sinne nur Weltklasse oder Kreisklasse geben. Zollt man dem Gegner Lob, muss man im Gegensatz die eigene Mannschaft tadeln. Es geht gar nicht anders. Natürlich war ich auch am Donnerstagabend gefrustet und traurig, weil ich fest davon überzeugt war, dass wir in diesem Jahr Europameister werden. Wir sind aber nun einmal im Halbfinale ausgeschieden. Trotzdem haben wir eine sehr gute EM gespielt. Die deutsche Mannschaft hat mich begeistert. Wir sind im Halbfinale auf einen Gegner getroffen, der an diesem Abend besser war. Trotzdem habe ich unsere Mannschaft an diesem Abend auch gut gesehen. Es geht also beides, nicht nur ein “entweder-oder”. Beide Mannschaften waren stark und haben dazu beigetragen, dass ich ein mitreißendes Spiel gesehen habe. Italien war besser und deshalb sind sie zu Recht ins Finale eingezogen.
Ich will mir gar nicht ausdenken, was passiert, wenn Mario Balotelli, der vor der EM auch von italienischen Fans rassistisch beleidigt wurde, jetzt nach dem Halbfinale der Gott in Italien ist, im Finale eine entscheidende Chance vergibt. Wie kann das ein Mensch nur aushalten? Gar nicht. So etwas ist nicht auszuhalten. Die Zweiwertigkeit in unserem Denken und Handeln macht uns Menschen krank. Leider merken wir das nicht und machen immer weiter.