Zu viele Projekte bringen nicht den Mehrwert, den man sich von ihnen erhofft. Das belegen ganz ganz viele Studien. Nur wird auf diesen Fakt falsch reagiert. Im Titel meines Posts habe ich ja schon betont, das aus meiner Sicht die Methoden des Projektmanagements zu mechanistisch und linear sind. Die Reaktionen auf die vielen Misserfolge bei Projekten lässt aber kein Umdenken erkennen, sondern der Kurs in Richtung Mechanisierung und Linearisierung wird noch härter und schärfer verfolgt. Die Methoden des Projektmanagements reflektieren nur ungenügend den Fakt, dass Menschen Projekte durchführen. Was meine ich damit?
- Zum Start eines Projektes können die Anforderungen an die Projektergebnisse nicht vollständig vorliegen. Die Anforderungen präzisieren oder ändern sich mit der Durchführung des Projektes, da Wissen generiert wird, welches zum Start des Projektes nicht vorhanden ist. Im Rahmen der Projektplanung wird dieses Faktum ignoriert.
- Bereits fertig gestellte Arbeitspakete können wieder geöffnet werden, da sich mit dem Wissenserwerb während des Projektes, die Anforderungen an das Projektergebnis ändern können. Das ist mehr als normal und verständlich, wird aber im Rahmen des Projektmanagements als schädlich und als zu vermeiden angesehen. Die vorherrschenden Planungstools von PERT über GANTT bis hin zu WBS können diesen Fakt nicht integrieren, da sie keine Zirkulationen zulassen.
- Bei den Aufwandsschätzungen und den Abarbeitungen der Arbeitspakete werden weiche Faktoren bzgl. der Mitarbeiter, wie Motivation, Druck oder Arbeitslast nicht berücksichtigt. Des Weiteren werden bei den Aufwandsschätzungen nicht berücksichtigt, dass zum Start eines Projektes gar nicht gewusst werden kann, welche Arbeiten überhaupt in Summe verrichtet werden müssen. Das konkretisiert sich erst mit dem Durchführen des Projektes.
- In den Projektplanungen wird der Fakt ignoriert, dass Arbeitspakete, die sich im Test befinden, zurück in die Implementierung oder gar in die Konzeption springen können, da die Tests nicht erfolgreich waren. Planungstools, wie oben angesprochen, lassen diesen Fakt unreflektiert, da sie Zirkulationen von Arbeitspaketen nicht zulassen.
- Im Projektmanagement wird darauf abgezielt, Unsicherheit zu verringern. Menschen nehmen Unsicherheit als komplexe Situationen wahr. Dabei vernachlässigt man aber leider den Fakt, dass Unsicherheiten nicht verringert werden können, auch mit einem noch so gut durchgetakteten Risikomanagement nicht. Projekte erhöhen Komplexitäten der Umwelt und damit die Unsicherheiten. Das kann nicht verhindert werden. Also muss im Rahmen vom Projektmanagement ebenfalls mit einer Komplexitätserhöhung reagiert werden, damit die Eigenkomplexität des Projektes stimmig ist mit der Fremdkomplexität der Umgebung, in dem das Projekt eingebettet ist.
Sicherlich fallen Ihnen weitere Punkte ein, die den Fakt der mechanistischen und linearen Denk- und Arbeitsweise im Projektmanagement erhärten.
Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat diese Missstände in den vorherrschenden Projektmanagementmethoden und -tools aufgegriffen und in einem Kurs namens “System and Project Management” verarbeitet. Kursmaterialien können Sie hier unter dem Punkt “Lecture Notes” einsehen. Dieser Kurs ist übrigens aus dem Jahre 2003, nur leider immer noch nicht in die PM-Gilde vorgedrungen.
Der Kern, um denen sich die Erkenntnisse drehen ist das Anwenden der quantitativen Modellierung mit System Dynamics. Die Modelle werden mit der Modellierungssoftware Vensim erstellt. An dieser Stelle habe ich einen kleinen Kritikpunkt. Mit Vensim können keine, oder nur umständlich, Prozesse inklusive des Ressourcenverbrauchs abgebildet werden, was das Abbilden der Critical Chain, welche im Modul 3 behandelt wird, erschwert. Ich nutze für die Modellierung der Vorgänge in Projekten seit längerer Zeit erfolgreich und gerne den CONSIDEO PROCESS MODELER.
Guten Tag Herr Dethloff
Mit Interesse habe ich Ihren Blogbeitrag gelesen.
Meiner Erfahrung nach kann mit traditionellem Projektmanagerhandwerkszeugs gut gearbeitet werden. Man muss es halt nur nutzen (Methodisches Arbeiten tritt man zu selten an). Es gibt einige Vorgehensmodelle, welche iterative Zyklen erlauben und die Planungen kleiner, aber genauer durchführen lassen. Komplexe Projekte lassen sich so in Arbeitspakete oder Iterationen aufteilen, dass sie handelbar werden.
Risiken sollte man in einer Risikoliste führen. Wer Risiken vernachlässigt und nicht aktiv managed, wird von Problemen geführt: Tägliches Troubleshooting ist nur ein Symptom davon.
Meines Erachtens ist der grösste Fehlerpunkt bei Projekten auf der zwischenmenschlichen Ebene zu finden. Ich treffe viele Projektleiter an, die denken, sie managen Projekte. In Wirklichkeit werden aber Menschen an ein Ziel geführt.
Folgender Artikel zum Thema finde ich lesenswert: http://www.cio.de/strategien/methoden/857705/
Freundliche Grüsse
Thomas Verasani