In der Schule verlernen Schüler das Denken

Problemlösen ist heute in den meisten Fällen nur noch das ungefilterte und unreflektierte Anwenden von vorgefertigten Lösungen. In diesen Fällen haben wir dann auch keine Chance, die tiefgreifenden Probleme unserer heutigen Zeit, wie die Finanzkrise oder die Umweltproblematik, zu lösen. Denn es sind neuartige Denkansätze notwendig, keine Best Practice, wie Albert Einstein so schön sagte.

Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.

Aber warum sind wir Menschen in der Regel dazu nicht mehr in der Lage? Warum können wir nicht mehr denken? Aus meiner Sicht ist der Grund dafür in unserem Bildungssystem zu suchen. Wir haben das Denken in der Schule verlernt. In der Schule bekommen wir Menschen vermittelt, dass es nicht mehr notwendig ist, seinen eigenen Kopf zu benutzen, sondern dass es ausreicht den Kopf Anderer zu benutzen, in dem Wissen “gebimst” wird. Wissen, dass man im heutigen Internetzeitalter in Sekundenschnelle auch “googeln” kann.

Um es auf den Punkt zu bringen. In der Schule werden die Kinder trivialisert. Später wundern wir uns dann, wenn in der Mehrzahl nur noch unkreative Menschen ins Arbeitsleben eintreten, die nur noch Antworten liefern können, die die betreffenden Probleme trivialisieren. Schüler, die beispielsweise auf die Frage “Was ergibt 5*4” der Lehrerin/ des Lehrers mit “4*5” oder “eine gerade Zahl” antworten, bekommen mit Sicherheit nicht die volle Punktzahl zugesprochen. Die Schüler wissen, welche Antwort erwartet wird, nämlich “20”. Also sagen sie das auch. Ganz einfach. Trivialisierung beschreibt Heinz von Foerster in seinem Buch KybernEthik wie folgt.

Trivialisierung ist Amputation interner Zustände, Blockierung der Entwicklung unabhängigen Denkens und Belohnung von vorschriftsmäßigem, also voraussagbarem Verhalten.

Das oben genannte Beispiel kann man bezüglich des Lernverfahrens in den Schulen sehr gut verallgemeinern. Es wird stets genau ein Erwartungshorizont in Form einer Lösung formuliert. Diesen muss der Schüler treffen, um nicht durchzufallen. Es wird also genau ein bestimmtes Verhalten der Schüler zugelassen. Genau dieses Denkmuster schleppen wir dann unser restliches Leben mit uns herum und können es kaum mehr abwerfen. Wenn wir aber bedenken, dass es im Jetzt stets ganz viele mögliche Zukünfte gibt, die erst durch unser Agieren zu genau einer Zukunft werden, steht das natürlich konträr unseren Denkprozessen gegenüber. Wir sind gar nicht mehr in der Lage uns verschiedene Handlungsoptionen vorzustellen. Wir denken und handeln nur noch in dem Wahr-Falsch Schema.

Wenn ich also in meinem Post Entscheidungen: Mit System Dynamics dem BI Wirkkreis Leben einhauchen darauf eingehe, dass wir denken müssen, um gute Entscheider zu sein und in der Schule das Denken verlernt wird, ist einleuchtend, wo in Bezug auf gute Entscheider für die Zukunft angesetzt werden muss, in der Schule.

Ich möchte folgend meine Ideen und Gedanken zum Thema Bildung beschreiben. Diese erheben ob der Komplexität des Themas keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie sollen aber einige Bausteine eines Fundamentes eines zukunftsweisenden Bildungssystems liefern. Ich möchte Sie gerne ermuntern, über die Möglichkeit der Kommentare dieses Fundament vervollständigen zu helfen.

Als erstes möchte ich auf theoretisches Wissen zurückgreifen, welches aus dem Fachgebiet des radikalen Konstruktivismus gewonnen wurde. Dabei gehe ich vor allem auf zwei Themen ein. Zum einen darauf, dass der Lernprozess ein zirkuläres geschlossenes Agieren ist und zum anderen darauf, dass die Validitätsprüfung des Erlernten stets durch Kommunikationsprozesse geschieht.

Kommen wir zum zirkulär geschlossenen Agieren. Aus der Lerntheorie von Jean Piaget wissen wir wie der Lernprozess eines Kind aussieht. Das Kind lernt beispielsweise einen Ball als Ball kennen, in dem es versucht den Gegenstand “Ball” unter Kontrolle zu bringen. Es entwickelt dabei eine spezifische sensomotorische Kompetenz, die benannt wird, sobald das Kind ein gewisses stabiles Verhalten in Bezug auf den Gegenstand “Ball” erworben hat. In unserem Fall bezeichnet es diese Kompetenz dann als “Ball”. “Ball” ist der Eigenwert der Folge von unterschiedlichen Einwirkungen auf den Gegenstand komplett unabhängig vom Startwert, sprich wie das Kind begonnen hat, diesen Ball für sich zu begreifen. Das Kind besitzt damit ein Endverhalten in Bezug auf den Ball, welches unabhängig von der initialen Ursache ist. Das bedeutet also, nicht der Reiz ist für das Verhalten des Kindes verantwortlich, sondern das Kind selber. Was lernen wir daraus für das Lernen in der Schule?

1. Das Lernen setzt das Interesse des Lernenden voraus. Es ist unmöglich, die Wahrnehmung und das Erkennen und somit das Lernen steuernd von außen zu beeinflussen.

Kommen wir zum Validieren des Erlernten. Das Kind verifiziert, ob sein Eigenverhalten “richtig” ist, sprich ob das Ergebnis seiner Lernprozesse in sein Leben passt (viabel ist), in dem es abprüft, ob sich seine Modelle, die es sich durch das Lernen von Dingen, Verhältnissen und Vorgängen in der Erlebenswelt aufgebaut hat, in sprachlichen Interaktionen mit Anderen bewähren. Ist dies der Fall, bewirkt das eine Bestätigung und damit eine Verstärkung des Erlernten. Hat das Kind beispielsweise einen Ball in der Hand und benennt diesen mit Auto, wird es wahrscheinlich von seinen Eltern ein negatives Feedback bekommen. Mit der Zeit lernt das Kind, das ein Ball rund ist, das ein Auto beispielsweise 4 Räder hat und so weiter und so fort. Was lernen wir daraus für das Lernen in der Schule?

2. Der Lehrer darf nicht als Außenstehender des Lernprozesses, sondern als Teilnehmer gesehen werden. Kommunikative Prozesse zwischen allen Lernbeteiligten, Lehrer und Schüler, gewinnen enorm an Bedeutung.

Die beiden eben getroffenen Schlussfolgerungen möchte ich nun an 6 von mir beobachteten Paradigmen unseres Bildungssystems spiegeln, die aus meiner Sicht schnellstens überdacht werden müssen.

A. Durch Benotung kann Motivation und Pflichtbewusstsein für das Lernen vermittelt werden.

Kinder werden spätestens ab der dritten Klasse benotet. Kinder lernen in der Kita beispielsweise noch mit absoluter Freude. Sie probieren aus, lernen Laufen und Sprechen, all dies ohne Benotung. Kinder müssen in der Kita nicht explizit inspiriert werden zu Lernen. Sie tun es einfach. Sie müssen nicht durch Regeln und auferlegten Pflichten gezwungen werden. Sie lernen aus Enthusiasmus heraus. Warum glauben wir, dass Kinder ab einem gewissen Alter benotet werden müssen? Um sie zu motivieren?

Müssen Sie beispielsweise aufgefordert werden, Ihrem Hobby nachzukommen, quasi pflichtbewusst ihrem Hobby gegenüber zu sein. Hört sich komisch an, oder? Pflichtbewusstsein und Hobby passen nicht zusammen. Und zwar deshalb nicht, weil Sie ihrem Hobby mit Freude nachkommen. Sie verspüren keine Pflicht, machen es trotzdem. In der Schule wird auf Pflichtbewusstsein großen Wert gelegt und immer wieder darauf hingewiesen. Also geht man wohl schon davon aus, dass Schüler in der Regel keine Freude haben am Lernen können. Dabei sagen doch die neuesten Erkenntnisse aus der Neurologie, dass Lernen nur in Zusammenhang mit Freude am besten geht, da das Gehirn nur dann Botenstoffe aussendet, die das Schaffen neuer Verbindungen zwischen Neuronen begünstigen. Und das muss beim Lernen passieren.

B. Wettbewerb ist notwendig, um auf das Leben vorbereitet zu werden.

Vor ca. 2500 Jahren setzten die Philosophen Demokrit und Leukipp die Auffassung in die Welt, dass die Menschen nur eine Anhäufung von Atomen sind und das man alles aus der Wechselwirkung der Atome untereinander erklären kann. Das ist der Anfang der rein materialistischen Sicht auf die Welt. Dieses Denkschema hatte ihre Blütezeit in der Industrialisierung. Diesen Ideen hängen wir in der Bildung heute immer noch an: Messen, Objektivierung, Mechanisierung etc.

Wir können uns der Stärke, etwas objektivieren zu können, kaum entziehen. Basis für den Wettbewerb in der Bildung sind Zensuren und Beurteilungen. Kinder müssen vergleichbar sein. Man benötigt für die Vergleichbarkeit eine Entscheidungsgrundlage, mit der man später sehr gut Verantwortung dafür abgeben kann. Wenn also ein Kind doch schlechter oder besser ist als erwartet, ist das Messverfahren der Zensuren und Beurteilungen schuld. Geht ja gar nicht anders. Kinder werden wie Maschinen behandelt. Man muss stets besser sein als der Andere. Und dann wundern wir uns, wenn die Kinder in späteren Jahren nicht selbständig denken können, nicht kreativ oder nicht teamfähig sind. Kooperation wird zwar oft gelobhudelt, aber gehandelt wird nicht danach. Es geht stets nur um größer, schneller, weiter, besser. Denn darauf kommt es doch im Leben an. Oder? Wo uns das hinführt, nehmen wir hoffentlich alle derzeit wahr. Heute Morgen erst habe im TV wieder einmal die Ausschreitungen in Griechenland mit Erschrecken gesehen.

Ich muss nicht wissen wie gut mein Kind ist. Ich muss nur wissen, ob mein Kind glücklich ist. Kinder werden in jungen Jahren schon Stress ausgesetzt. In der zweiten Klasse haben Sie durchschnittlich 5 Unterrichtsstunden pro Tag. Sie bekommen Hausaufgaben ohne Ende auf. Derzeit hören wir in den Medien einige Debatten über Burnout. Kinder werden doch bereits in ganz jungen Jahren darauf vorbereitet, stets auf Hochtouren laufen zu müssen. Kinder haben doch aber das gute Recht darauf, einfach mal keine Lust auf etwas zu haben. Oder? Warum denn auch nicht? Bitte nicht damit verwechseln, dass ich Kinder in Watte gepackt sehen möchte. Sie benötigen aber Freiraum, um einen Sinn in den Aufgaben zu erkennen und deshalb Lust und kein Frust beim Lernen verspüren.

Bildung ist kein Nullsummenspiel, bei dem der Gewinn eines Spielers vollständig durch die seitens des anderen Spielers erlittenen Verlustes kompensiert wird. Sport ist beispielsweise solch ein Nullsummenspiel. Es gibt Gewinner und Verlierer. In der Bildung gibt es aber kein Entweder-Oder, sonder ein Sowohl-als-Auch. In der Bildung können auch Alle verlieren, oder eben Alle gewinnen. Derzeit sieht es nach ersterem aus.

C. Unser Gehirn ist vergleichbar mit dem Speicher eines Computers.

Schule darf nicht nur reine Wissensvermittlung sein. Schule soll Kinder und Jugendliche auf das Leben vorbereiten. Wissen hat eine immer kürzere Halbwertszeit. Allgemeinwissen vermitteln reicht meines Erachtens aus. Kein Auswendig lernen. Kinder und Jugendliche müssen also lernen WIE man sich Wissen aneignet, dieses in der Praxis einsetzt und ständig auf Aktualität überprüft.

In der Schule werden Kinder  und Jugendliche richtig darauf hin getrimmt, nur das wahrzunehmen, was in unser Denkschema passt. Dazu möchte ich Ihnen ein Beispiel nennen. Vor geraumer Zeit habe ich meinen Sohn mit dem Auto in die Kita gefahren. An einer Ampelkreuzung wartend, machte er mich darauf aufmerksam, dass im Auto auf der Gegenfahrbahn ein Bekannter von uns sitzt. Im festen Glauben, dass der Bekannte auf Dienstreise ist und er deshalb nicht hier sein kann, verneinte ich seine Vermutung. Im nachhinein stellte sich heraus, dass mein Sohn Recht hatte. Ich sah zwar auch das Auto und den Insassen, habe aber zu unaufmerksam beobachtet und wahrgenommen. Das ist ein Beispiel, wie wir mit der Zeit das verlieren, was Kinder noch beherrschen, das sensible und Beobachten und Wahrnehmen. Wir machen es getreu dem Motto: “Was nicht sein darf, kann nicht sein”. Wo lernen wir das? Richtig, in der Schule.

D. Man muss ein generalistischer Spezialist sein, um sein Leben zu meistern.

In der Schule werden die Kinder generalistisch zu Spezialisten erzogen. Sie müssen in vielen Fächern Spezialisten sein. Das geht in der Regel weit über die Allgemeinbildung hinaus. Reicht es nicht aus im Mathematikunterricht allgemeinbildend bis zur Prozent- und Zinseszinsrechnung zu lehren und zu lernen? Wieviel mussten Sie in ihrem Leben nach der Schule aus dem Bereich der Mathematik anwenden? Benötigen Sie die Differential- oder Intergralrechnung noch? Sicherlich nicht. Es sei denn, Sie haben sich beruflich für einen Weg entschieden, in dem dieses Wissen notwendig ist. Dann lernen Sie das aber auch später im Rahmen des Berufes oder Studiums viel schneller und effektiver. Denn Sie haben sich dann bewusst für diesen Weg entschieden und sind mit Freude und Enthusiasmus dabei. Sie erkennen den Sinn.

Mit der Konzentration auf das generalistische Spezialistentum wird der Level für Allgemeinbildung viel zu hoch angesetzt. Resultat ist, dass einfache Themen nicht mehr gekonnt werden, die aber für das Leben wichtig sind. In der heutigen Wirtschaft und Wissenschaft existieren zu viele Spezialisten, die in ihrer eigenen Welt leben und übergreifend nicht mehr in der Lage sind zu kommunizieren. Spezialisten verschiedener Fachgebiete verstehen sich einfach nicht. Die Lösung der Probleme unserer heutigen Zeit bedürfen aber Vernetzung von unterschiedlichen Fachbereichen.

E. Kinder müssen durch Disziplin und straffe Regeln lernen, Verantwortung zu übernehmen.

Schule muss Sinn vermitteln, etwas zu lernen. Das tut sie derzeit nicht. Nur wenn Menschen den Sinn einer Sache kennen, sind sie mit Eifer und Leidenschaft dabei. Beispiele sehen wir bei kleinen Kindern, wenn sie laufen oder sprechen lernen. Aber das hatten wir ja schon. Die Schule kennt statt Sinnvermittlung, das Aufstellen von starren Regularien und Strukturen. Alles geht über Druck und Angst, nach dem Motto, wenn ihr das nicht könnt, habt ihr später auch Schwierigkeiten einen Beruf zu finden.  Wurden Kinder in der Kita beim Erlernen von Laufen und Sprechen auch diesem Druck ausgesetzt? Natürlich nicht. Aber warum hat man es dort nicht als angebracht gesehen und  in der Schule auf einmal als notwendig? Mit Druck geht die Freude am Lernen verloren. Voraussetzungen des Lernens und Verstehens sind Faszination, Neugierde, Enthusiasmus.

Aus der Systemtheorie kennen wir den Effekt der Selbstorgansiation. Ein Beispiel, welches sich in der Praxis sehr oft bewährt hat sind die Kreisverkehre im Straßenverkehr. Überall dort wo statt Ampeln Kreisverkehre geschaffen wurden, ist der Autostrom fließender mit weniger Staus geworden. Mit den Kreisverkehren werden straffe Regeln gebrochen und die Verantwortung in die Hände der Autofahrer gelegt. Überall dort wo Menschen in Gemeinschaften zusammenleben, werden natürlich Regeln benötigt. Aber diese sollten so weit gefasst sein, dass Menschen sich trotzdem frei und kreativ bewegen können. Das heutige Bildungssystem bietet diese Feiheit nicht.

Wenn Kinder in der Schule so auf das Leben vorbereitet werden, muss man ja davon ausgehen, dass das Leben “dreckig und gemein” ist und wir Menschen grundsätzlich nicht in der Lage sind dieses zu meistern. Ich höre sehr oft Sätze wie: “Das Leben ist kein Ponyhof.” Aber warum eigentlich nicht? Warum darf das Leben kein Ponyhof sein? Leben wir 80 Jahre, um uns größtenteils Stress aussetzen zu wollen? Warum darf das Leben kein Spaß machen? Warum darf Lernen kein Spaß machen? Wir sollten nicht vergessen, das Leben in der Gesellschaft, wie es heute existiert, haben wir geschaffen, wir ganz alleine.

Natürlich darf Lernen Spaß machen, werden Vielleicht Einige jetzt sagen. Nur, warum verhindern wir genau das? Wie gesagt, Kinder haben in der Kita noch Spaß am Lernen. Und dann kommt die Schule. Kinder können und dürfen nicht ausprobieren. Sie werden in ein starres Schema gedrückt und sollen sich dann nach dem Schulabschluss für einen Beruf entscheiden. Wenn Sie dann öfter wechseln, egal ob die Ausbildung, den Beruf oder die Studienrichtung, bekommen Sie oft zu hören, dass sie sich nun endlich einmal durchbeißen müssen, dass sie endlich mal Verantwortung für ihr Leben übernehmen müssen. Sie passen dann nicht mehr in dieses starre Schema und werden “verstoßen”.

F. Es gab bereits Versuche, neue Ideen im Bildungssystem umzusetzen. Alle sind gescheitert.

Das wird mir oft entgegnet, wenn ich in Diskussionen meinen Standpunkt vertrete. Das Scheitern ist doch aber auch logisch, wenn die Kinder danach wieder in das alte kranke, von den oben angesprochenen Paradigmen, wie Wettbewerb und Mechanismus, entlassen werden.

Des Weiteren bekomme ich in Diskussionen oft zu hören, dass unsere Schüler “Drünnbrettbohrer” wären, die nicht verantwortungsvoll und nicht pflichtbewusst wären und zu Nichts Lust hätten, was mit Schule zu tun hat. Deshalb müsse man die “Zügel” anziehen. In dieser Argumentationskette erkennt man das linear-kausale Denkschema, dem wir Menschen sehr oft erlegen sind: eine Wirkung hat eine Ursache. Denn was wird hier missachtet? Die Kinder sind in diesem System groß geworden und sind jetzt so wie sie sind. Wendet man nämlich das nichtlinear-kausale Denkschema an, erkennt man, dass die Wirkung wiederum Ursache wird. Wir haben es hier mit dem Archetyp der Eskalation zu tun: … -> Schüler sind nicht pflichtbewusst -> Regeln und Druck werden verschärft -> Schüler werden noch weniger pflichtbewusst, da sie sich nicht ernst genommen fühlen -> Regeln und Druck werden weiter verschärft -> … Eskalation heißt der Archetyp deshalb, weil das Problem exponentiell wächst. Jetzt wissen wir aber das kein System unbegrenzt wachsen kann, da es durch seine Umwelt begrenzt wird. Es gibt also eine Grenze des Problemwachstums, die auf zwei Arten erreicht werden kann, entweder in dem man bewusst dagegen steuert oder in dem das System aus sich heraus kollabiert. Ich würde doch lieber die erste Methode bevorzugen, obwohl wir leider bereits Anfänge der zweiten Art wahrnehmen, wenn wir uns die Ausschreitungen in Großbritannien, Griechenland, Spanien oder in Nordamerika anschauen.

Unser Bildungssystem kann man mit einem Schnellzug vergleichen. Wir müssen diesen Schnellzug nicht nur lenken, sondern neu konzipieren. Die Schwierigkeit besteht nur darin, dass dies während der Fahrt geschehen muss. Die Mauer naht.

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5 Responses to In der Schule verlernen Schüler das Denken

  1. Grundsätzlich befinden sich in dem Artikel viele Wahrheiten, wenn auch die kritische und teilweise unreflektierte Beschreibung des Bildungssystems fehlt. So ist es bereits an vielen Schulen gängige Praxis, dass der Lehrer sich im schulischen Lernprozess als “Teilnehmer” sowie Begleiter versteht und nicht als “Außenstehender”, der den Unterrichtsstoff in die Schüler “hineinkippt” (siehe Nürnberger Trichter).

    Des Weiteren muss ich der Beschreibung in 2.A, dass Kinder innerhalb der KITA nicht explizit zum Lernen inspiriert werden, widersprechen. Innerhalb jeden sozialen Gefüges müssen bestimmte Regeln eingehalten werden, die ein gewinnbringendes Miteinander und die Kommunikation ermöglichen. Gleichermaßen gibt es Pflichten, die den Kindern auch schon in diesem Bereich der Bildung “auferlegt” werden (müssen), um das Funktionieren zu erhalten. Sowohl in verbaler, als auch in visueller Form wird auf Verhaltensregeln aufmerksam gemacht: “Man darf nicht hauen, sondern muss reden!”. So lernen die Kinder entsprechend ihres Alters- und Entwicklungsstandes, dass Regeln und Pflichten notwendig sind, um in bestimmten gesellschaftlichen Bereichen normgerecht zu agieren. Hierbei verzichten sie keinesfalls auf ihren “Enthusiasmus”, denn das geschulte Erzieherteam der KITAs, sowie auch die examinierten LehrerInnen im Bereich Schule, nutzen extrinsische Anregungen, um die intrinsische Motivation der Heranwachsenden zu stimulieren und die Freude am Lernen zu erhalten. Ebenfalls fragwürdig erachte ich die beschriebene Kombination der Begriffe “Pflichtbewußtsein” und “Hobby”. Für mich sind das durchaus Inhalte, die miteinander verbunden sind. Denn wenn mein Hobby sich nicht auf mich allein beschränkt, sondern ich mein Hobby in einer Gemeinschaft ausübe, dann muss auch ich sowie die Anderen sich bestimmten Regeln und Pflichten unterwerfen. Im Bereich Sport (Mannschaftssport) oder Musik (Chor) ergeben sich durch Missachtung bestimmter zeitlicher Komponenten möglicherweise große Probleme, die das Hobby in der Ausübung unmöglich werden lassen. Somit ergibt sich eine genaue Definition des Begriffes “Hobby”.

    Ein weiterer Diskussionspunkt wird in Punkt 2.D eröffnet. In Deutschland haben wir ein dreigliedriges Schulsystem: Hauptschule (9 Jahre), Realschule (10 Jahre) und Gymnasium (12/ 13 Jahre). Innerhalb der gesetzlich festgelegten Schulpflicht erlernen die Schüler ein grundlegendes Wissen, welches sie befähigen soll, sich in der Gesellschaft zurecht zu finden. Ich stimme zu, das sich Schule immer in der Reform befindet und sich zu bestimmten Zeitpunkten natürlich nie in einem absoluten “Superzustand” befinden wird. Allein die Arbeit daran, Schule immer wieder zu überarbeiten und Schule immer als Ort der “Baustelle” zu sehen, um stets die Möglichkeit offen zu halten, an dem wichtigesten Gut der Menschen zu arbeiten, ist eine großartige Chance. Trotzdem darf man nicht den Grund des dreigliedrigen Systems vergessen. Menschen, denen von Natur aus eine nicht so weitgefasste Aufassungsgabe gegeben ist bzw. denen zu dem bestimmten Zeitpunkt ihre Kompetenz noch verborgen scheint, wird durch das in Deutschland gegebene Schulsystem die Möglichkeit gegeben, sich grundlegend zu bilden und ihren Weg im Leben zu gehen. Scheint der Weg sie dann nicht glücklich zu machen, dann hat man natürlich die Möglichkeit, sein Wissen zu erweitern und sich so eventuell glücklicher zu machen. Ähnlich sehe ich es mit der Vermittlung von Wissen in der Schule allgemein. Stellt ein Schüler nach dem Abschluss Hauptschule fest, dass er/ sie mit den dann gegebenen Möglichkeiten unzufriedener wäre, kann er/ sie den Abschluss der Mittleren Reife anstreben und weitergehend genauso dann das Abitur und Studium. Getrieben von der eigenen Lust, Freude, Enthusiasmus, intrinsischer Motivation, unterstützt durch familiäres Umfeld und LehrerInnen, werden solche Vorstellungen möglich. Hierbei muss man dann auf eine breitgefasste Bildungsbasis zurückgreifen können, um höhere Bildungsabschlüsse auch zu ermöglichen. Eine allgemeinbildende Schule, wie im Arikel beschrieben, würde diese Möglichkeiten für Menschen, die sich erst nach Jahren entscheiden, eine höher qualifizierte Bildung wahrzunehmen, ausgrenzen und unter ihren Möglichkeiten lassen. Die weiterführende Philosophie in diesem Fall wäre kaum auszudenken, wenn es sich hierbei nicht nur um Einzelfälle handeln würde (totaler zusammenbruch des Systems). Die Spezialisierung in einzelnen Bereichen kann nur dann passieren, wenn in der grundlegenden Basis eine allumfassende Vernetzung herrscht. Natürlich kann ich gerade das Beispiel der Mathematik sehr gut nachempfinden, denn Differential- und Integralrechnung haben mein Leben nach dem Abitur nur noch selten gestreift. Dennoch, so glaube ich, haben sie meinem Leben nicht geschadet und mir in Bereichen, und sei es nur um “small talk” zu betreiben, geholfen, um andere Bereiche für mich persönlich als wichtig oder weniger wichtig zu benennen.

    In Punkt 2.E wird Schule die Sinnvermittlung abgesprochen und “das Aufstellen von starren Regularien und Strukturen” unkritisch übergestülpt. Die Schlussfolgerung, das “dabei die Freude am Lernen verloren” geht, scheint unumgänglich. Dabei ist Schule wie ich sie kenne und sie seit jetzt nun mehr als 5 Jahren praktiziere weitmehr als das. Natürlich bedient sich die Schule durch das Aufstellen eines Stundenplans und der Vermittlung von Wissen in den unterschiedlichsten Fächer bestimmter Regularien und Strukturen. Aber innerhalb dieser ist man als Lehrer und Schüler, gestützt durch (schulinterne) Fach- und Stoffverteilungspläne, auch Individuum und sehr nah an der Wirklichkeit, die in der Betrachtung, so wie sie im Artikel geschildert wird, fehlt. Authentisch und wirklichkeitsnah sieht der Unterricht heute aus, wobei die Betrachtung historischer Aspekte natürlich die Grundlage zur Kommunikation gibt. Besonders ich als Sprachenlehrer kann eine Starrheit in meinem Unterricht widerlegen, denn, die Sprache als Medium genutzt, wird innerhalb meines Unterricht über eine Vielzahl von Themen gesprochen, denen sowohl ich als auch die Schüler größtenteils mit Enthusiasmus beiwohnen. Somit sind im heutigen Unterricht durchaus “Kreissysteme” erkennbar, die natürlich, bedingt durch den rasanten Fortschritt und die überaus schnelle Entwicklung immer einer Überprüfung bedürfen und an der man an der ein oder anderen Stelle eventuell auch mal eine Ampel setzen sollte, um keine lebensbedrohlichen Unfälle zu provozieren.

  2. Falls Sie ob des gleichen Nachnamens gegrübelt haben. Ja, Juliane ist meine Frau. Sie ist Lehrerin der gymnasialen Stufe, was sicherlich auch ein Grund dafür ist, dass wir in der Vergangenheit relativ häufig über das Thema Bildung diskutiert haben. Also keine Verwunderung, wir reden nicht nur via Internet miteinander. Unsere Intension ist, eine Diskussion über das Thema Bildung zu entfachen.

    Wenn ich dafür plädiere, dass sich LehrerInnen als Teilnehmer des Lernprozesses sehen sollten, dann meine ich damit, dass sie gleichberechtigte Teilnehmer sein müssen. In diesem Fall gibt es dann keine Hierarchie zwischen Lehrer und Schüler. Da Lehrer die Schüler mittels Zensuren bewerten und die Schüler das nicht tun, sehe ich hier keine Gleichberechtigung.

    Im zweiten Absatz sprichst Du die Notwendigkeit von Pflichten und Regeln an. Selbstverständlich sind diese für ein funktionierendes Miteinander in einer Gesellschaft essentiell. Ohne Frage. Regeln und Pflichten können aber nur dann ihre Aufgaben erfüllen, wenn der Sinn dieser verstanden wird. Regeln und Pflichten müssen den Kindern erklärt und plausibel gemacht werden. Einfach nur zu sagen: “Du sollst nicht hauen!” wird nicht ausreichend sein. Diese Regel wird vor allem in den Fällen ad absurdum geführt, in denen Erwachsene die Meinung vertreten, dass ein “kleiner Klaps” noch Niemanden geschadet hat. Man muss also Kindern erklären, warum sie etwas nicht dürfen oder warum sie etwas tun sollten. Dazu muss den Kindern genau das vorgelebt werden.

    Ich habe das Gefühl, dass die Regeln und Pflichten des heutigen Bildungssystems viel zu engmaschig und starr sind. Bereits seit vielen Jahren ist das Konzept der Selbstorganisation aus der Systemtheorie bekannt. Nun will ich nicht behaupten, dass die Erkenntnisse ignoriert werden. Sie werden nur nicht flächendeckend und ganzheitlich genug eingesetzt. Was meine ich damit? Aus der Systemtheorie weiss man, dass die formgebenden, gestaltenden und beschränkenden Einflüsse von den Elementen des sich organisierenden Systems selbst ausgehen. In Bezug auf die Bildung sind die Elemente die SchülerInnen und LehrerInnen. Von außen dogmatisch auferlegte Lehrpläne sind es beispielsweise nicht. In den Schulen muss also eher auf die Fragen der Kinder und Jugendlichen eingegangen werden, als dogmatisch einen Rahmenrichtlinienplan durchzuboxen.

    Da Du zum Schluss Deines Kommentars auf den Straßenverkehr eingehst, möchte ich dies hier auch tun. Ich bin der festen Überzeugung, dass strikte Regularien nicht unbedingt zur Sicherheit im Straßenverkehr beitragen. Wir haben viel zu viele unsinnige Verkehrsregeln. Wie häufig habe ich schon in der Nacht vor einer roten Ampel gestanden und weit und breit war kein Auto zu sehen. Des Weiteren wird durch fest vorgeschriebene und starre Regeln die Verantwortung auf diese Regeln übertragen. Der Handelnde kann sich darauf berufen. Fährt man beispielsweise auf einer Autobahn in einer 120-Zone, dann wird suggeriert, dass, wenn diese Regel eingehalten werden, nichts passieren wird. Ich habe mich mal selbst beobachtet und reflektiert. Ich warte in solchen Situationen nur darauf, wann die Zone endlich beendet ist und ich wieder Gas geben kann. Die Sensibilität für das Geschehen im Straßenverkehr wird geringer. Ohne diese Geschwindigkeitsbegrenzungszonen würden die Verkehrsteilnehmer viel wachsamer agieren. Auch dann würde es natürlich Unfälle geben, aber weniger.

    Im 3. Abschnitt sprichst Du das Messen an, das Messen von Intelligenz. Was ist aber die Grundlage für die Beurteilung, ob ein Kind eine gute oder schlechte Auffassungsgabe hat? Richtig, unsere Normen und Regularien in unserer Gesellschaft und damit auch in unserem Bildungssystem. Legen wir das weiterhin zu Grunde wird sich auch nichts Grundlegendes ändern können. Ich werde nicht müde immer wieder auf die absurden Diskussionen bzgl. des Euro-Rettungsschirmes zu verweisen. Wir Menschen sind so dermaßen technologierverliebt, dass wir unser mechanistisches Denkschema, welches uns überhaupt erst in diese missliche Gesellschaftslage gebracht hat, nicht abstreifen können oder wollen. Wir denken noch nicht einmal darüber nach, da wir alleine dafür schon das mechanistische Denkschema verlassen müssten. Wir müssen endlich anfangen, Schüler und Schülerinnen als “nichttriviale Maschinen” wahrzunehmen. Ein erster Anfang wäre, wenn wir aufhören würden Leistungen messen und vergleichen zu wollen.

    Die mechanistische Weltanschauung war sicherlich gerade in den Zeiten der Industrialisierung eine Basis für unsere Weiterentwicklung. Man darf aber nicht verkennen in welchen Bereichen dieses Denk- und Handelsschema erfolgreich war und ist, nämlich nur dann wenn wir es mit toter Materie zu tun haben. Bei lebender Materie funktioniert das nicht oder nur in feiner Abstimmung mit einem humanistischen Denk- und Handelsschema, was man übrigens auch beim Umsetzen des Taylorismus erkannt hat, in dem man beispielsweise ganz strikt in körperliche und geistige Arbeit trennen musste, um dieses Konzept erfolgreich umsetzen zu können.

    Ähnlich agumentierst Du auch im folgenden Abschnitt, wenn Du meinst, dass Schule Wissen vermittelt. Das genau ist es nämlich nicht. Kinder vermitteln sich ihr Wissen selber. Die Schule und auch die LehrerInnen sollten lediglich die Aufgabe haben, einen geeigneten Rahmen zur Verfügung zu stellen, der so weit aber auch so konkret ist, dass die Kinder sich in diesem entwickeln können. Das Wörtchen “lediglich” bedeutet in diesem Sinne keine Herabstufung der Verantwortung der Lehrer und Lehrerinnen, ganz im Gegenteil.

    Zum Schluss möchte ich auf Gerald Hüther eingehen, der postuliert, dass das Gehirn ein gesellschaftliches Organ ist. Es entwickelt sich in Abhängigkeit der Umgebung, also der Gesellschaft, in welcher die Eigner das Gehirns groß werden. In der Zeitschrift Geo Kompakt Ausgabe 28 mit dem Titel Intelligenz, Begabung, Kreativität wird in dem Artikel Kindesentwicklung: Die Geburt der Gedanken auf die Entwicklung des Gehirns eingegangen. Unter anderem ist darin zu lesen, dass sich Kinder im pubertären Alter schlechter in andere Menschen hineinversetzen können, als jüngere oder ältere. Ich zitiere aus der Ausgabe von Seite 56.

    In Experimente brauchten Heranwachsende im Alter zwischen 12 und 18 Jahren bis zu 20 Prozent mehr Zeit als ältere oder jüngere Menschen, um Gefühle anderer richtig zu erkennen.

    Diese Erkenntnisse will ich gar nicht abstreiten. Sicherlich haben wir alle schon des öfteren gerade bei Pubertierenden eine Art Anti-Haltung registriert. Wenn wir jetzt aber glauben, diese Haltung durch noch strengere Regularien aufbrechen zu wollen, sind wir meiner Meinung nach komplett auf dem Holzweg. Der Grund für dieses “Gegen alles sein” muss nämlich in unserer Gesellschaft inklusive ihrer Regularien gesucht werden. Ist diese “Anti-Haltung” vielleicht durch genau diese strengen und starren Regularien entstanden? Wie gesagt. Unser Gehirn ist ein gesellschaftliches Organ.

  3. Bernd says:

    Gut, dass hier immer soviel Zeit vor dem Computer verbracht wird.

  4. Peter Addor says:

    Dr. Gerhard Huhn sprach am Entrepreneurship Summit 2011 in einem Implusvortrag zu “Potenziale leben lernen!” (http://www.youtube.com/watch?v=UHcIws-nM3g). Er eröffnete seine Worte mit drei Bemerkungen:

    – “Die Schule ruiniert die Kreativität”
    – “Das Pardigma ‘Wissen ist Macht’ ist heute falsch”
    – “Das Gehirn ist nicht in erster Linie ein Speicherorgan, sondern ein Organismus zur Abwehr unwillkommener Neuerfahrungen”

    Ich stimme Conny voll und ganz zu. Mag sein, dass es auf gymnsialer Stufe ein paar löbliche Ausnahmen gibt. Fachhochschulen und Universitäten sind aber seit einigen Jahren der unglückseligen Bolognareform ausgesetzt, die versucht, sich dem Bildungsstandards der nicht über jeden Verdacht erhabenen USA anzunähern.

    Die Studenten sind nur noch an ihren ETCS interessiert, die sie sammeln, wie andere Leute Rabattmarken oder Fussballerbildchen. Von Kreativität oder interessiertem Hinterfragen und “Forschen” kann ich selten etwas entdecken. Nehme ich mir die Freiheit, mit den Studenten in einer Diskussion einer Sache auf den Grund zu gehen, werde ich schnell gefragt, welche praktische Relevanz diese Betrachtungen haben. Sie wollen nur noch Methoden und Rezepte haben und fragen nach dem Wie. Am Warum sind sie immer weniger interessiert.

    Natürlich verstehe ich das ein Stück weit. In einer Zeit, wo alles schneller gehen und billiger werden muss, will man schnell Rezepte haben, die es einem ermöglichen, erfolgreich zu sein und beim Chef zu brillieren. Dass es sich dabei um den Systemarchetypus der Problemverschiebung handelt, werden die Studenten nie erfahren, denn dazu müsste man ja nachdenken. Also fragen sie weiter den trvialisierenden Rezepten nach.

    Adrian Fröhlich hat das einmal so formuliert:

    “In einer Epoche, in der alle mit Tools, Techniken und Methoden hantieren, stirbt das Denken aus. Wir leben in der Hohen Zeit der Zauberlehrlinge”

    Ich erhalte Modulpläne, in denen genau vorgeschrieben ist, was ich in welcher Lektion zu erzählen habe. Von akademischer Freiheit keine Spur mehr. Dadurch werde ich zum Außenstehender des Lernprozesses gedrängt und habe keine Möglichkeit mehr, in kommunikativen Prozessen mit den Studenten zusammen, etwas zu erarbeiten.

    Connys sechs Paradigmen des Bildungssystems möchte ich durch ein siebentes ergänzen: Man kann die Welt in Fächer einteilen.
    Das mag zu Pestalozzis Zeiten nützlich gewesen sein und führt dazu, dass jemand meint, Differential- und Integralrechnung habe im Leben nach dem Abitur nur noch selten eine Rolle gespielt. Das ist gar nicht möglich und wenn, würde damit ein wesentlicher Teil der Welt ausgeblendet. Vermutlich versteht jemand, der das sagt, unter Differential- und Integralrechnung das rein technische Handwerk, wie Kettenregel oder partielles Integrieren. Das sind aber wiederuzm bloss Rezepte. Bei der Integralrechnung geht es vielmehr darum, Feedbackschlaufen zu verstehen, oder den Unterschied zwischen Beständen und Flüssen. Das sind Dinge, ohne die unsere Kultur gar nicht verstanden werden kann und ohne die man in der heutigen hochkomplexen Welt gar nicht überleben kann.

    In einer hochkomplexen Welt wie der heutigen, ist es schädlich sich 45 Minuten mit Georgraphie und die nächsten 45 Minuten mit Musik zu beschäftigen. Beides Geht Hand in Hand und gehört zusammen. Wer die grossen Zusammenhänge nicht verstehet – und die Schule lehrt sie immer weniger – der wird in der Komplexität untergehen.

  5. Pingback: Selbstorganisation rules - Wie Barcamps und Open Spaces auch in einer Schule auf Augenhöhe funktionieren können. › comspace-Blog

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