Entscheiden geht nur im paradoxen Zustand

Vom 07. bis zum 09. September findet in Berlin wieder das alljährliche PM Camp statt. Zu diesem Event wurde eine Blogparade gestartet, an der ich mit diesem Beitrag gerne teilnehme. Es geht um Vielfalt.

Wer mich seit Jahren hier beim Füllen meines Logbuches verfolgt, der weiß, dass das “Entscheiden” einen besonderen Reiz für mich hat. Deshalb möchte im Rahmen dieser Blogparade eine Verbindung zwischen Vielfalt und Entscheiden setzen. Warum ist Entscheiden grundsätzlich wichtig? Jeder Mensch trifft tagtäglich Entscheidungen. Selbst wenn man glaubt Entscheidungen aufzuschieben entscheidet man sich, nämlich für das Aufschieben. Nichtentscheiden geht also nicht, oder besser, nur im Tod muss oder kann man nicht mehr entscheiden. Lebendigkeit bedeutet stetes Entscheiden.

Entscheiden ist das Suchen nach “richtig” und “falsch”. Für den “richtigen” Weg entscheiden wir uns, den “falschen” Weg lassen wir links liegen. Das ist aber zu kurz gedacht, denn diese Suche bleibt zum Zeitpunkt der Entscheidung stets erfolglos. Trotzdem muss ich als Entscheider diese Suche eingehen wollen. Entscheiden geht ja grundsätzlich nur, wenn keine guten Gründe vorliegen. Dazu ein kleines Beispiel. Die Antwort “3” auf die Frage “Was ergibt 1+2?” ist keine Entscheidung. Die Entscheidung wurde vorher bereits im Rahmen der mathematischen Rechenregeln getroffen. Bei der Suche nach der Antwort muss diese Regel nur noch angewendet werden.

Entscheidungen vergrößern Vielfalt

Hier beziehe ich mich auf den Kybernetiker Heinz von Förster, der im Rahmen seines Ethischen Imperativs Folgendes formuliert hat.

Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird!

Eine Entscheidung ist dann “gut”, wenn sie den Raum der Wahlmöglichkeiten vergrößert. Warum ist das so? Jedes lebendige System, egal ob es sich um einen Menschen oder um ein Unternehmen handelt, bildet mit seiner Umwelt einen geschlossenen Regelkreis (Closed Loop), der wie folgt ausschaut: Entscheiden → Reaktion der Umwelt wahrnehmen → Erkenntnisse generieren und Lernen → Entscheiden usw. usf. Entscheiden geht dabei nur über Hypothesen, da die Unsicherheit der Umwelt nicht absorbiert werden kann. Hypothesen sind aber nur dann gut, wenn sie auch widerlegbar sind, wenn die Entscheidung sich später also als nicht passfähig herausstellt. Und wenn man dann seinen Handlungsspielraum im Rahmen einer Entscheidung einschränkt, gefährdet man seine Lebensfähigkeit. Man endet in einer “Sackgasse”.

Entscheidungen verringern Vielfalt

Hier beziehe ich mich auf Dan Ariely, dem prominenten Verhaltensökonom, der in einem Interview mit dem Stern sinngemäß formuliert

Entscheidungen müssen getroffen werden, wenn Vielfalt zu groß ist!

In dem Moment also wenn der Optionsraum an möglichen Handlungen zu groß wird, muss eine Entscheidung getroffen werden. In dem Moment werden dann viele andere mögliche Optionen negiert. Um diesen Fakt verstehen zu können, kann man sich wiederum auf den oben angesprochenen geschlossenen Regelkreis beziehen. Da wir zum Zeitpunkt einer Entscheidung niemals wissen können, ob diese “richtig” oder “falsch” ist, geht man als Entscheider im Rahmen einer Entscheidung eine Wette ein. Diese muss man auch eingehen, da man Stabilität benötigt, um handlungs- und damit lebensfähig zu sein. Ohne diese Stabilität würden wir aus dem Zweifeln nicht herauskommen und immer wieder Optionen gegeneinander abwägen. Im Entscheiden tun wir so als wäre die Zukunft sicher. Allerdings darf man nie vergessen, dass diese Stabilität intern im lebensfähigen System (Mensch, Unternehmen etc.) künstlich erzeugt wird. Die Umwelt gibt dafür in der Regel keinen Anlass.

Entscheiden geht nur im paradoxen Zustand

Vielleicht erkennen Sie nun warum das Entscheiden uns Menschen manchmal so wahnsinnig schwer fällt. Man muss beim Entscheiden Widersprüchlichkeiten aushalten und handhaben. Im Rahmen einer Entscheidung muss gleichzeitig Vielfalt vergrößert und verringert werden. Entscheidungen lassen sich also nicht rein im Zweiwertig logischen Denkraum erfassen, da dieser Widersprüche ausschließt. Entscheidungen sind damit Menschen vorbehalten, denn Widersprüchlichkeit bedeutet gleich Lebendigkeit. Maschinen führen nur von Menschen definierte Regeln aus. Sie können nicht entscheiden.

Ich hoffe wir finden auf dem PM Camp in Berlin Raum und Zeit über “Entscheiden” zu diskutieren.

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