Vor geraumer Zeit kam meine Tochter, die nach diesen Sommerferien in der 5. Klasse lernen wird, auf mich zu und fragte mich was ich so den ganzen Tag im Büro mache. In der Schule wurden sie von der Lehrerin nach den Berufen der Eltern befragt. Meine Tochter sagte, dass ihr Papa Manager in der Wirtschaft ist, woraufhin einige Kinder fragten, was dass denn wäre und was ich so mache. Die Frage hat meine Tochter dann an mich weiter gereicht und ich kam ins Grübeln. Ich wollte ihr natürlich die Frage so einfach wie möglich beantworten, die Antwort sollte aber natürlich auch inhalts- und gehaltvoll sein.
Ich hatte also zwei Aufgaben zu bewältigen. Meiner Tochter zu erklären was ein Unternehmen ist und was ich als Manager in diesem Unternehmen für Aufgaben habe. Heute möchte ich die erste Aufgabe mit diesem Post in Angriff nehmen. Die Darlegung der Daseinsberechtigung eines Managers in einem Unternehmen wird Bestandteil des nächsten Posts sein. Dieses Unterfangen bettet sich auch sehr schön in mein Gefühl ein, welches in letzter Zeit stetig stärker wird, dass wir Menschen nämlich Themenstellungen häufig komplizierter und komplexer beschreiben wollen, als wir es müssten, und genau deshalb auch oft Lösungswege nicht sehen. Um meine Tochter zu erklären, was ich tagtäglich im Arbeitsleben tue, möchte ich mich also einfach ausdrücken.
Also was ist ein Unternehmen?
Ein Unternehmen steht in Interaktion mit seiner Umwelt, wandelt dabei Input in Output um und diese Umwandlung geschieht aus Gründen der Erfüllung eines vorher definierten Zweckes. An der obigen Abbildung erkennt man sehr gut, dass Unternehmen ganzheitlich und dynamisch als Systeme betrachtet werden sollten und nicht wie häufig statisch unterteilt in Bereiche und Abteilungen. Ein System hat stets 3 Bestandteile, die Elemente, die Interaktionen zwischen diesen Elementen und einen Zweck. Bei toten System spricht man übrigens von der Funktion und nicht vom Zweck. Aber das nur nebenbei.
Bei einem Handelsunternehmen sind die 3 angesprochenen Bestandteile inklusive Beispiele dazu die Folgenden.
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Elemente: Mitarbeiter, Lieferanten, Kunden, Interessenten, Wettbewerber, Berater, Gesetze, Regierung, Lobbyisten, …
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Interaktionen: Kommunikation zwischen Mitarbeiter eines Unternehmens, Verhandlungsgespräche mit Beratern und Lieferanten, Befolgen von Gesetzen, Befolgen oder bewusstes Brechen von vereinbarten Prozessen, …
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Zweck: Den Kunden ein unvergessliches Einkaufserlebnis anbieten, Den Kunden Produkte anbieten, die er bei anderen Handelsunternehmen nicht findet, Den Kunden Produkte zu optimalen Preisen anbieten, Dem Kunden das gekaufte Produkt so schnell wie möglich ausliefern, Den Kunden Dienstleistungen rund um das gekaufte Produkt anbieten, die er bei anderen Handelsunternehmen nicht findet, Und natürlich nicht zu vergessen, denn extrem wichtig. Unternehmen haben auch einen positiven Beitrag zur Entwicklung der Gesellschaft zu leisten, gut bekannt unter dem Hype CSR (Corporate Social Responsibility)
Meine Tochter verstand den Zweck eines Handelsunternehmens sehr gut. Ihre Augen leuchteten, als ich ihr die Beispiele aufzählte, denn sie weiß, was es bedeutet Freude und Einkaufen miteinander zu verbinden. Dafür sorgt ja meine Frau. 🙂
Sie finden bestimmt weitere Beispiele für die jeweiligen Bestandteile. Darauf kommt es auch gar nicht an. Es soll nur die systemische Betrachtungsweise von Unternehmen verdeutlichen. Vielleicht kommt es ihnen komisch vor, dass ich scheinbar externe Elemente eines Unternehmens, wie Wettbewerber, Lieferanten und Kunden, hier als Element des Unternehmens aufnehme. Aus einer systemischen Betrachtung heraus ist dies ein wichtiger Aspekt, denn wenn man diese Elemente ausklammert, vernachlässigt man den entscheidenden Fakt, nämlich die Interaktion der Unternehmen nach “draußen”. Aus dieser Ausrichtung in Richtung Markt entsteht ja erst der Zweck eines Unternehmens.
Nun möchte ich Ihnen noch zwei Thematiken anreichen, die ich meiner Tochter so nicht erklärt habe, ihnen aber nicht vorenthalten möchte. Es passt hier sehr gut hinein.
Ein Unternehmen ist stets operational geschlossen, aber energetisch offen. Das Unternehmen empfängt Daten aus der Umwelt. Klar. Mit diesen Daten werden Erkenntnisse gewonnen, die eine Ausrichtung in Richtung des Marktes, aber auch eine Gestaltung des Marktes erst möglich werden lassen. Was bedeutet aber in diesem Fall operational geschlossen? Auf keinen Fall bedeutet es “im eigenen Saft schmoren und sich nur mit sich selbst beschäftigen”. Ein Unternehmen sollte stets selbstreferentiell aufgebaut sein, ähnlich dem menschlichen Gehirn. Selbstreferentialität bedeutet in diesem Fall, dass die Elemente des Unternehmens sich gegenseitig bedingen und sich damit das Unternehmen selbst organisiert. Das ist übrigens auch in der obigen Abbildung dargestellt, in dem nämlich der Markt als Abbild im Unternehmen selbst repräsentiert wird. Die Sicht auf den Markt ist also damit niemals objektiv, sondern stets subjektiv und kontextabhängig für das jeweilige Unternehmen. Dieser Fakt der operationalen Geschlossenheit ist übrigens immens wichtig für die Veränderungsfähigkeit und die Ausbildung einer Identität im Unternehmen. Die operationale Geschlossenheit des menschlichen Gehirns erkennt man übrigens daran, dass nur 1% der etwa 100 Mrd bis eine Billion Neuronen an der Oberfläche sind. Damit ist also unsere Realität zu mehr als 99% von Signalen unserer Innenwelt bestimmt.
Die Bildung und Betrachtung von Systemen ist stets kontextabhängig und damit subjektiv. Ein System ist stets ein Modell, welches wir für die Wahrnehmung unserer Umwelt nutzen. Ein Beispiel dazu. Salz auf der Straße im Sommer im Gegensatz zu Salz auf der Straße im Winter. Im ersten Fall erfüllt das Salz im Zusammenspiel mit der Straße keinen Zweck, sollte deshalb auch nicht als System definiert werden. In diesem Fall ist es auch egal, ob wir Salz zugeben oder entfernen. Im zweiten Fall sieht es anders aus. Hier erfüllt das Salz einen Zweck, nämlich den der Verringerung der Rutschfähigkeit der Fahrzeuge, die auf der Straße fahren. Das ist für die Definition von Systemen als Modell und Abbildung der Realität ein wichtiger Aspekt. Ein System muss stets einen Zweck erfüllen, wie oben bereits angemerkt.
Nun wieder zurück zu meiner Tochter. Meine Ausführungen möchte ich eine Ebene tiefer auf den Handel fokussieren. Damit wollte ich meine Tochter darauf vorbereiten, meine dedizierte Aufgabe im Unternehmen verständlich zu machen.
Tätigkeiten und Aktivitäten, die einen direkten Wertbeitrag zu den definierten Unternehmenszwecken beisteuern, gehören zu den Kernprozessen, die die einen indirekten Wertbeitrag liefern, zu den Supportprozessen. Es ist offensichtlich, dass für Handelsunternehmen Aktivitäten, die zum Vertrieb, Einkauf und zur Logistik gehören, unter Kernprozesse subsummiert werden. Für diese Kernprozesse kann man weitere detaillierte Ziele definieren, die verfolgt werden sollten.
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Vertrieb: Über die Marketingkanäle viele Kunden anziehen, Wenig Kunden verlieren, Den Kunden relevante Angebote unterbreiten.
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Einkauf: Relevante Produkte zum Anbieten an die Kunden vorrätig haben.
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Logistik: Gekaufte Produkte schnell an die Kunden ausliefern.
Supportprozesse dienen der steten Verbesserung der Kernprozesse. Sie dienen dazu die Kernprozesse stetig zu reflektieren und entsprechend der Ziele zu optimieren. Supportprozesse dürfen niemals zum Selbstzweck mutieren. Beispiele für Supportprozesse sind.
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Personalabteilung: Gute Mitarbeiter einstellen, Gezielte Weiterbildungsprogramm für Mitarbeiter aufsetzen, …
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IT Einkauf: Gute Partnerschaft zu Lieferanten aufbauen und pflegen, IT Mittel kostenoptimal beschaffen, …
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Controlling: Relevante Kennzahlen definieren, die die Leistung der Kernprozesse bestmöglich abbilden, Ergebnisse in Form von Kennzahlen messen und darstellen, …
Meine Tochter hat bis hierher gut verstanden und war nun einigermaßen glücklich. Natürlich habe ich die Ausführungen in teilweise anderen Worten vorgenommen, da einige genutzte Begriffe für ein 11-jähriges Kind so noch nicht fassbar sind. Inhaltlich trifft es aber unser Gespräch sehr gut. Nun wollte sie aber auch noch erfahren, was meine spezielle Aufgabe und Verantwortung in diesem Kontext ist. Das habe ich ihr natürlich auch erzählt. Das wird Part des nächsten Posts sein. Ich möchte aber die Ausführungen heute noch nicht schließen. Denn 2 wichtige Themen möchte ich zum Schluss noch loswerden.
Ich habe des Öfteren in diesem Post über die Zwecke von Unternehmen gesprochen. Ein Zweck eines Unternehmens sollte es niemals sein Geld zu verdienen. Das wäre so ähnlich als wenn wir Menschen sagen würden, wir möchten auf der Welt sein um zu atmen. Selbstverständlich haben wir uns ein Wirtschaftssystem aufgebaut, in welchem Geld essentiell wichtig ist. Logisch. Geld ist für Unternehmen genauso wichtig wie für uns Menschen die Luft zum Atmen. Aber einzig und allein das Geldverdienen sollte nicht Sinn und Zweck eines Unternehmens sein.
In einigen meiner vorigen Posts habe ich die Prozessreiterei angesprochen. Diesen Begriff kann man in dem bisher Gesagten sehr gut einordnen. Stets dann, wenn Aktivitäten in Unternehmen ausgeführt werden, die weder einen direkten Beitrag zum Unternehmenszweck liefern (Kernprozesse) noch einen indirekten (Supportprozesse), sollten abgeschafft werden. Denn in solchen Fällen kümmert man sich im Unternehmen einzig und allein um sich selber. Zu jeder Aktivität muss die Frage was der Kunde (speziell in einem Handelsunternehmen) davon hat, klar beantwortet werden. Das wird aus meiner Sicht noch viel zu wenig bis gar nicht in Unternehmen getan.
Fazit und Ausblick
Ich hoffe ich konnte dem mir eigens gestellten Anspruch gerecht werden, den Begriff “Unternehmen” einfach zu erklären, dabei aber wichtige Themen, die zum Verständnis beitragen, nicht wegzulassen. Ich setzte hier mal die Hypothese ab, dass wir grundsätzlich Themen, die wir selber kreiert haben, einfach erklären können, gar müssen. Wir tun es aber häufig nicht. Warum? Ein Punkt hierbei könnte sein, dass wir es einfach nicht zulassen wollen, die Verantwortungsbereiche von hoch dekorierten Managern einfach erklären zu können, wo sie doch so viel Geld verdienen. Damit möchte ich nun aber keinen Aufruf zur Trivialisierung absetzen. Das Ausrichten und stete Reflektieren eines Unternehmens in Richtung seines Zweckes, alleine schon das Definieren dieses, ist alles andere als einfach. Hier ist viel Demut gegenüber unseren Fähigkeiten angesagt. Komplexitäten entstehen aus Einfachheiten, sind aber schwer zu handhaben. Deshalb passt auch der Titel “Manager” so überhaupt nicht, denn Unternehmen lassen sich nicht managen. Versucht man es trotzdem, trivialisiert man zu unreflektiert und heraus kommt das, was wir tagtäglich in Nachrichten verfolgen müssen. Krisen, die von uns Menschen nicht mehr zu fassen sind.
Aber dazu mehr in meinem nächsten Post, in welchem ich meiner Tochter mein Tätigkeitsfeld erkläre.