Projekte sind nur das Mittel niemals der Zweck

Sie kennen sicherlich das berühmte magische Dreieck des Projektmanagements: Zeit, Kosten, Qualität. Projekte müssen in-time, in-budget und in-quality abgeschlossen werden. Ich will jetzt gar nicht darauf eingehen, dass diese Überprüfung dieser 3 Dimensionen auf Planwerte beruht, die regelmäßig angepasst werden müssen, damit das Projekt nicht in seiner eigenen Scheinwelt durchgeführt wird, sondern stets im Austausch mit der Umwelt. Peter Addor hat diese Thematik ebenfalls in seinem Post Der Pfad der Ungewissheit in Projekten aufgegriffen.

Haben Sie schon einmal Statusmeetings in Projekten beiwohnen dürfen? Worüber wurde in diesen Meetings hauptsächlich gesprochen? Aus meiner Erfahrung vorrangig über Kosten und Termine, nicht über Qualität der Lieferergebnisse. Implizit sieht man dann die Dimension Qualität in den Dimensionen Zeit und Kosten enthalten, da man davon ausgeht, dass schlechte Qualität der Lieferergebnisse eines Projektes mit einem erhöhtem Aufwand, Kosten und Terminverzügen einhergeht. Wächst der Druck aber im Projekt, ist diese Implikation dann nicht mehr gültig, da zu kurz und linear gedacht. Kurioserweise wächst der Druck gerade dann, wenn die Qualität der Arbeitsergebnisse nachlässt, wenn also nachgearbeitet werden muss und dadurch Meilensteine verschoben (Zeit) werden oder zusätzlich Menschen in das Projekt geholt werden müssen (Kosten). Dann wird auch gerne mal der Scope des Projektes verringert. Das Projektergebnis, welches ursprünglich erstellt werden sollte, wird beschnitten, was ja in der Regel stets dazu führt, dass nicht das gesamte Potential aus diesem Projekt gezogen werden kann. In diesen Szenarien geht es dann nur noch um Termin- und Kostentreue. Daran wird der Projektmanager unmittelbar gemessen. Es kommt dann noch dazu, dass Zeit und Kosten quantifizierbar sind, Qualität nicht. Zeit und Kosten sind also dadurch gut messbar und bekommen einen quasi objektiven Charakter. Bei der Qualität ist das nicht so, die ist verhandelbar.

An der obigen Graphik erkennen wir das Dilemma. Qualität ist in einem hohen Maße dafür verantwortlich, welchen Nutzen das Unternehmen aus den Projektergebnissen ziehen kann. Während der Projektdurchführung verdient das Unternehmen noch kein Geld mit dem Projekt. Es ist eine Wette in die Zukunft, da mit dem Ergebnis in der Zukunft Geld verdient werden soll. Projekte sind also niemals Selbstzweck. Ein Unternehmen möchte mit den Projektergebnissen, das können neue Produkte, neue Produktfeatures, neue interne Geschäftsprozesse, Einführung neuer IT-Systeme etc. sein, nach Abschluss des Projektes implizit oder explizit Geld verdienen. Der Projektmanager ist aber immer nur bis zum Projektende für das Projekt und damit auch für die Ergebnisse verantwortlich. Dementsprechend fokussiert er sich auch nur auf die Dimensionen des magischen Dreiecks, an denen er gemessen wird. Das sind dann eben Zeit und Kosten.

Bei vielen Projekten wird aus meiner Sicht der Fokus falsch gesetzt. Projekte verkommen zum Selbstzweck. Die Sicht bei allen Aktivitäten im Rahmen eines Projektes werden explizit auf das Projektende und auf die Kosten gelegt und nur implizit, wenn überhaupt, auf die Qualität. Damit möchte ich natürlich nicht die genau entgegengesetzte Blickrichtung einnehmen und postulieren, dass Kosten und Zeit nicht wichtig sind, sondern nur die Qualität. Ich möchte nur noch einmal die Wichtigkeit der Qualität hervorheben, damit das magische Dreieck des Projektmanagements nicht zu einer magischen Linie verwaist. Denn möchte man Kosten und Zeit gering halten beginnt man das Projekt bestenfalls gar nicht. Dann hat man null Kosten und zu spät ist man ebenfalls nie.

Alle Projekte müssen also stets ganzheitlich in eine Unternehmenssicht integriert werden. Projekte wird es stets geben, da durch diese das Unternehmen erst lebensfähig bleibt. Auf der Höhe des Erfolgs müssen neue Projekte initiiert werden. Das erkennen Sie ebenfalls schematisch in der oberen Graphik. Diese Ganzheitlichkeit lässt sich natürlich auch steuern. In Anlehnung an das Sensititivitätsmodell von Vester kann man auch hier Schlüsselbereiche definieren, wogegen Kennzahlen, KPIs oder Faktoren gemappt werden können. Allerdings muss man die 7 Schlüsselbereiche der Kriterienmatrix von Vester überdenken, die da wären Beteiligte, Tätigkeiten, Raum, Befinden, Umweltbeziehungen, innere Abläufe, innere Ordnung, denn Vester bezieht sich mit diesen Kriterien eher auf das Modellieren von Großsystemen wie Ballungszentren oder Verkehrssysteme. Mögliche Kriterien wären

  1. Marktstellung
  2. Innovationsleistung
  3. Produktivität
  4. Attraktivität für gute Leute
  5. Profitabilität
  6. Liquidität

Diese Kriterien werden von Peter Gomez und Gilbert J. B. Probst, in ihrem Buch Die Praxis des ganzheitlichen Problemlösens: Vernetzt denken – Unternehmerisch handeln – Persönlich überzeugen hergeleitet, als adäquat angesehen. Allerdings sind diese aus Sicht von Sebastian Hetzler, wie er es in seinem Buch Real-Time Control für das Meistern von Komplexität auf Seite 60 ausführt, beliebig und daher nicht allgemein gültig genug für eine Kriterienmatrix. Nichtsdestotrotz müssen alle Faktoren ganzheitlich betrachtet werden, um die Lebensfähigkeit eines Unternehmens zu validieren. Sehr häufig werden ja nur finanzielle Zahlen der Vergangenheit oder der Gegenwart beleuchtet, was nicht ausreichend ist. Die oben aufgeführte Liste von Gomez und Probst ist mit Sicherheit eine gute Auswahl, aber wohl nicht die einzige.

Um aber auf das Thema Projekte zurück zu kommen. Die Qualität der Projektergebnisse in Unternehmen schlägt sich unter anderem in dem Kriterium Innovationsleistung nieder, da es aufgrund des Lebenszyklus von Produkten jeglicher Art wichtig ist auch Umsatz mit neuen Produkten zu machen und nicht nur mit etablierten. Und nicht zu vergessen. Auch die Projektmanager müssen ganzheitlich daran gemessen werden.

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3 Responses to Projekte sind nur das Mittel niemals der Zweck

  1. Peter Addor says:

    Du triffst vermutlich den Nagel auf den Kopf, Conny, wenn Du darauf hinweist, dass von den drei Schlüsselgrössen – Kosten, Zeit und Qualität – stets nur die ersten zwei betrachtet werden, während Qualität immer untergeht. Ich denke, solange Projekte an den zwei Grössen “Kosten” und “Zeit” gemessen werden -im PMBOK heissen sie Kostenentwicklungsindex CPI und Terminentwicklungsindex SPI und werden an den Haaren herbeigezerrt – solange also Projekte daran gemessen werden, können sie auch nicht erfolgreich abgeschlossen werden. Da kann die Standish Group ihre Chaos-Studie noch jahrhundertelang veröffentlichen, der Anteil an erfolgreich abgeschlossen Projekte wird nie viel grösser als 25% betragen. Das ist auch eine Kritik am gesamten Wirtschaftssystem.

    Auf Projektebene finde ich die Nachhaltigkeit wichtig. Darunter verstehe ich nicht einen auf ökologische Faktoren begrenzten Begriff. Der Projektgegenstand ist nachhaltig, wenn er auch NACH dem Projekt noch HÄLT, was er versprochen hat, nämlich z.B. damit Geld zu verdienen. Nachhaltig ist etwas, wenn es auch in künftigen Projekten oder Geschäften eingesetzt werden kann und künftigen Generationen etwas nützt.

    Wenn immer ich in einem Integrations- oder Migrationsprojekt ein qualitativ mangelhaftes Produkt einbringen muss, dessen Entwicklungsprojekt bereits beendet ist, dann überzieht mein Projekt Kosten und Termine, weil das vorhergehende Entwicklungsprojekt in der Zeit und in den Kosten abgeschlossen worden ist und dabei die Qualität auf der Strecke blieb.

    Man sollte Projekte vermehrt in Wertschöpfungsketten betrachten. Zuerst kommen das Entwicklungsprojekt, dann das Integrationsprojekt, dann das Change Management und Organisationsentwicklungsprojekt, dann das Wartungsprojekt, etc. Wenn das eine schlamppt, leiden die darauffolgenden.

  2. Peter Addor says:

    Übrigens sind die sechs Kriterien von Probst und Gomez in Hetzlers Dissertation “Brain Supporting Environments für Entscheide in komplexen Umgebungen” der Weisheit letzter Schluss, d.h. er listet sie am Schluss des Abschnitts “Integrale Planung und Entscheidungsfindung in komplexen Systemen” auf, ohne sie zu kritisieren. Allerdings schreibt Hetzler die sechs Kriterien Malik zu, nicht Probst und Gomez.

    • Hallo Peter,

      vielen Dank für Deine Anmerkungen.

      Im von mir im Post angeführten Buch von Sebastian Hetzler “Real-Time Control für das Meistern von Komplexität” sschreibt der Autor auf Seite 60, dass Gomez und Probst die von Vester aufgestellten Kriterien für das Managen von Unternehmen unzureichend finden. Die Herkunft der 6 Kriterien kann man implizit folgern, da auf Seite 60 eine Abbildung mit Kriterien abgebildet ist, die aus Seminarunterlagen des Malik MZSG stammen. An dieser Stelle war ich in meinem Post nicht genau genug. Der Autor merkt aber in der Fußnote 94 auf Seite 60 an, dass diese Faktoren aus seiner Sicht willkürlich sind. Anscheinend hat er dies dann in anderen Ausarbeitungen, wie Du schreibst, revidiert. Absolutheit finde ich immer schwierig. Deshalb kann ich den Aussagen Hetzlers in dem oben angeführten Buch folgen. Die Kriterien sind ausreichend, aber ob sie absolut sind, kann ich nicht bestätigen.

      Das ist aber genau der Punkt, den ich mittlerweile an Malik kritisiere. Er verabsolutiert sich bis aufs Äußerste. Er hat sich viele Erkenntnisse, Methoden und Tools mittlerweile verstorbener Kybernetiker und Denker, wie Stafford Beer und Frederic Vester, eingeheimst und lässt den Rest der Welt nur für ganz großes Geld daran teilhaben. Damit verrät er aus meiner Sicht seine eigenen Maxime, nämlich systemisch oder vernetzt zu denken. Ein Hoch also auf die Vernetztheit. Ich bin mir nicht sicher, ob diese Denk- und Arbeitsweise beispielsweise im Sinne Vesters wäre. Zu diesem Thema habe ich gestern eine sehr gute Ausarbeitung im Netz gefunden.

      Die Kritik von Malik hat nichts mit den Erkenntnissen zu tun, die er postuliert. Denn die oben angeführten 6 Kriterien hat er sehr schön und anschaulich in einem Artikel Direttissima – Der schnellste Weg zur besten Strategie dargestellt. Es geht mir nur darum wie er sich in der Öffentlichkeit darstellt. Das erkennt man ebenfalls an dem Titel des Artikels. Er hantiert zu oft mit den Begriffen “richtig” und “beste” und bezieht diese auf sich. Das muss er wahrscheinlich auch, denn warum sollte man sonst seine Tools und Methoden für so viel Geld kaufen, wenn man dann nicht das BESTE bekommt?

      Beste Grüße,
      Conny

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