Die Forschungen im Rahmen der Künstlichen Intelligenz sind einem Missverständnis aufgesessen

In einigen Posts habe ich die Aktivitäten im Forschungsgebiet der Künstlichen Intelligenz bereits beleuchtet.

Ich wurde in dieser Woche auf ein lange Zeit verschollenes und bislang nur in Englischer Sprache erhältliches Dokument aus dem Jahre 1954!!! von Gotthard Günther mit dem Titel The SEETEE Mind: Über Denkstrukturen der Materie und Antimaterie – eine Herausforderung für die moderne Logik aufmerksam. In diesem Dokument räumt der Autor unter anderem mit einem Missverständnis auf, denen Bestrebungen im Rahmen der Kybernetik und somit der Künstlichen Intelligenz erlegen sind, nämlich intelligente kreative Maschinen bauen zu wollen.

Das Dokument ist in 4 Teilen aufgebaut. Im ersten Teil legt der Autor dar, dass Menschen stets zweiwertig denken müssen. Wir können nicht höherwertig denken. Wir denken in Dichotomien wie gut-böse, hell-dunkel, an-aus etc. Der Grund dafür sind die grundlegenden Eigenschaften der ihm umgebenden Welt, die wir beim Denken in uns abbilden müssen.

Seite 3-4: Unser organisches Gehirn wiederholt also in seiner eigenen funktionalen Organisation diese beiden aktiven Eigenschaften der physischen Existenz. … Wir sagen dann: unsere Intelligenz arbeitet mit Grundbegriffen des Denkens, welche zwei grundlegende Qualitäten haben: sie sind entweder positiv oder negativ, wahr oder falsch, objektiv oder subjektiv, individuell oder allgemein.

In meinem letzten Post Vernetztes Denken ist (noch?) eine Illusion habe ich bereits über die Grenzen menschlichen Denkens argumentiert, dies aber aus einem anderen Blickwinkel ausgeführt. Diese weitere Argumentation über die Grenzen im menschlichen Denken soll uns aber nicht davon abhalten oder als Entschuldigung geltend gemacht werden nicht mehr denken zu müssen.

Im zweiten Teil behandelt der Autor die Frage, ob zwischen den Gegensätzen der zweiwertigen Logik vermittelt werden kann und kommt so zur nicht-aristotelischen Logik. Diese Vermittlung benötigten wir eigentlich im Alltag um beispielsweise Paradoxien aufzulösen. Günther gibt in dem Dokument dafür einige sehr gute Beispiele. Es gibt aber auf der anderen sehr gute Gründe dafür, dass Menschen “nur” zweiwertig denken, obwohl nicht alle Situationen und Aspekte im Leben, wie die Paradoxien, zweiwertig behandelt werden können.

Seite 13: Dies zeigt deutlich, dass es für uns keinen Sinn ergibt, eine dreiwertige Logik zu übernehmen, weil sie nur dann funktioniert, wenn der Umfang der Alternativen, die in ihrem System verwendet werden, willkürlich eingeschränkt wird. Andererseits verfehlt eine Logik ihren Zweck gänzlich, wenn sie es uns nicht erlaubt, Aussagen beliebig hoher Allgemeingültigkeit zu produzieren.

Im dritten Teil geht es Günther dann um theoretische Aspekte einer dreiwertigen Logik. Wenn wir Menschen mit einer dreiwertigen Logik nichts anfangen können, muss es also einen anderen Ort geben, wo die dreiwertige Logik Umsetzung finden kann. Das ist das mechanische Gehirn oder der Roboter. An dieser Stelle räumt der Autor mit einem Missverständnis mit dem Sinn und Zweck der Kybernetik auf. Ich möchte dieses Missverständnis auf die heutige Zeit übertragen und dieses Missverständnis den Forschungsaktivitäten im Rahmen der Künstlichen Intelligenz übertragen. Es kann nämlich nicht darum gehen, ein künstliches Gehirn zu entwickeln, welches dem menschlichen Gehirn überlegen ist. Dieses künstliche Gehirn wird ein mechanisches bleiben. Menschen haben ja auch nicht das Bedürfnis ihre Körperteile, beispielsweise die Beine, gegen mechanische einzutauschen, nur weil diese dann nicht ermüden. Wenn dann tun wir dies aus der Not heraus gehorchend, was dann kein Eintausch mehr ist.

Seite 16: Nun, es war einmal, da war er auch nicht mit den Fortbewegungsmöglichkeiten zufrieden, die ihm seine Beine boten. Schickte er sich an, den Mechanismus des Beines zu verbessern? Nicht dergleichen.

Auch wenn solch ein mechanisches Gehirn, was es heute noch nicht gibt, da die Notwendigkeit einer dreiwertigen Logik noch nicht erkannt wurde, in der Lage ist dreiwertig zu arbeiten, was das menschliche Gehirn niemals können wird, kann man an dieser Stelle nicht davon sprechen, dass das mechanische Gehirn dem menschlichen überlegen wäre.

Seite 16-17: Eine solche Konstruktion wäre “kreativ” in einem ganz neuen Sinne des Wortes: Es besäße delegierte Kreativität insofern, als es Gedanken in einer dreiwertigen Struktur produzieren könnte, zu denen der Mensch völlig unfähig wäre. Aber sie würde diese nur kraft der Tatsache haben, dass der Mensch die notwendigen Gesetze in den objektiven Geist der Maschine eingebaut hätte.

Im vierten und letzten Teil macht der Autor einige Ausführungen zu konkreten Umsetzungsvorschlägen einer dreiwertigen Logik. Hier führt Günther noch einmal aus, dass wir zwar nicht dreiwertig denken können, jedoch mit einer dreiwertigen Logik rechnen können, weshalb es wert wäre, diese in Maschinen umzusetzen. Er gibt hier einen Vergleich zwischen kleinen und großen Zahlen.

Seite 24: Die Situation lässt sich grob mit dem logischen Unterschied zwischen unserem Umgang mit kleinen und sehr großen Summen vergleichen. Wir können die Ergebnisse von 1+1 oder 1*1 denken, aber wir können nicht 356797351*997310971 denken.

Details zu Umsetzungen einer dreiwertigen Logik hat Günther in seinen weiteren Arbeiten zur Polykontexturalität und Morphogrammatik aufgezeigt, die dann später von seinem Schüler Rudolf Kaehr weiter geführt wurden.

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4 Responses to Die Forschungen im Rahmen der Künstlichen Intelligenz sind einem Missverständnis aufgesessen

  1. Pingback: Können Maschinen entscheiden? - Conny Dethloff

  2. mamido says:

    Die indiosprache Aimará ist dreiwertig. 😉

  3. Volker Murmann says:

    In diesem zweifelhaften Beitrag
    http://www.spiegel.de/netzwelt/gadgets/kuenstliche-intelligenz-turing-test-chatbots-neuronale-netzwerke-a-1126718.html
    wird auf das über 700 Seiten starke Dokument (The quest for artificial intelligence . A history of ideas and achievements) verwiesen:
    http://www-formal.stanford.edu/jmc/history/dartmouth/dartmouth.html
    Gotthard Günther ist mit keinem Wort erwähnt. Hat er doch 1957 zB in “Bewusstsein der Maschinen” auf hohem wissenschaftlichen Niveau und dennoch verständlich Möglichkeiten und Grenzen der KI aufgezeigt: Ein Hype wird gemacht.

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