Mittlerweile ist die dritte Themenwoche des MOOC Management 2.0 zu Ende gegangen. Wiederum fanden in der letzten Woche spannende Diskussionen zum Thema Innovation 2.0 auf unserer Xing-Community statt.
Wie Sie es bereits schon von meinen vorigen Posts zu dem MOOC Management 2.0 kennen, werde ich zu bestimmten Themen immer wieder einen Link zu der Xing-Community setzen, wenn dieses von mir angerissene Thema dort auch diskutiert wurde.
Ich möchte heute auf zwei Fragestellungen eingehen.
- Was ist eigentlich Innovation?
- Kann man Innovationen managen?
Es ist aus meiner Sicht unerlässlich, dass man sich bevor man über einen Begriff inhaltlich diskutiert, diesen erst einmal erklären sollte. Das möchte ich mit der Beantwortung der ersten Frage tun.
Innovationen haben in meinen Augen stets mindestens 2 Dimensionen. Sie sind neuartig und sie generieren einen Mehrwert für Denjenigen, der die entsprechende Leistung als Innovation ansieht. Was also für mich eine Innovation ist, muss für Sie noch lange keine sein. Ich möchte hier auch gar keine Einschränkung auf Prozesse, Methoden, Tools, Produkte etc. machen wollen. Warum sich hier einschränken wollen?
An der Dimension „Mehrwert“ ziehe ich auch die Unterscheidung zwischen Kreativität und Innovation. Kreativität erzeugt nicht immer einen unmittelbaren Mehrwert für ein Unternehmen, ganz im Gegenteil. Sehr oft werden Ideen und Gedanken, die im Rahmen von kreativen Phasen aufgedeckt werden, wieder verworfen. Hier möchte ich nicht darauf eingehen, in wie weit verworfene Ideen in letztendliche Innovationen doch irgendwie einfließen, da man ohne diese verworfenen Ideen vielleicht nicht die entscheidenden Ideen generiert hätte. Ohne Kreativität kann also aus meiner Sicht keine Innovation entstehen, wo hingegen nicht jede kreative Phase als innovativ angesehen werden kann.
Damit möchte ich es auch schon gut sein lassen. Innovationen sind neuartig und erzeugen einen Mehrwert. Muss der Begriff „Innovation“ komplizierter definiert werden? Vielleicht, damit wir noch besser mit Innovation umgehen können, diese vielleicht sogar managen können?
Damit möchte ich dann auch schon zur zweiten Frage überleiten. Lassen sich Innovationen managen? Diese Frage habe ich auch in der Xing-Community als Thread formuliert. Meine Sicht dazu möchte ich hier noch einmal spiegeln.
Es scheint auf dem ersten Blick naheliegend, dass, wenn das Thema Innovation im Rahmen eines MOOC zu Management debattiert wird, dass es auch irgendwie gemanaged werden kann, oder? Hier geht es aber um Management 2.0 und in diesem Sinne bin ich auch ganz fest der Meinung, dass Innovationen nicht im herkömmlichen Sinne gemanaged werden können.
Treffender als Karl-Heinz Brodbeck diese These in seinem Artikel Wirtschaft als kreativer Prozess auf Seite 5 verargumentiert, kann ich es gar nicht tun, weshalb ich ihn hier zitiere.
Kreative Prozesse als Neuerungsprozesse haben keine Ursache. Es ist ein logischer Widerspruch, eine neue Idee prognostizieren zu wollen. Die Prognose einer Neuerung wäre ihre Erfindung – doch dann wäre sie nicht „neu“. Deshalb kann es, aus rein logischen Gründen, keine identifizierbare Ursachen für die Kreativität geben, und deshalb gibt es keine Kreativitätsmaschinen und – im strengen Wortsinn – auch keine Kreativitätstechniken. Eine Technik ist ein Weg zum Ziel, ein Mittel zum Zweck. Bei kreativen Prozessen ist aber das Ziel, der Zweck das Unbekannte. Wie soll man einen Weg definieren, der kein Ziel hat? Wie soll eine Technik funktionieren, wenn man nicht weiß, welche Funktion sie erfüllen soll? Deshalb umgibt die menschliche Kreativität immer auch die Aura des Geheimnisses, des Rätsels ihrer Herkunft. Niemand sagt: Ich mache eine neue Idee, sondern: Mir kommt eine neue Idee. Kreativität ist ein zarte, empfindliche Pflanze, die selbst der Wertschätzung bedarf und die unter dem Einfluss berechnender Gleichgültigkeit (in Geld gerechnet gilt alles gleich) vertrocknet.
Da ich am Anfang des Posts formuliert habe, dass Innovationen ohne Kreativität nicht geschehen, und wenn man sich dann die Worte Brodbecks zur Kreativität zu Gemüte führt, lässt sich sagen, dass Innovationen nicht zu managen sind. Man kann nicht genau vorhersagen, welche Methoden, Techniken und Prozesse zu Innovationen führen. Deshalb kann man auch keine genaue Planung darüber aufstellen, die man dann „controlen“ kann. Hier betritt man den Raum der Ungewissheit.
Selbst wenn aus einer Kreativität ein Output entsteht, ist es nicht immer einfach diesen als Innovation oder als Nichtinnovation zu charakterisieren. Denn dafür fehlt die Basis, da Innovationen nicht immer zur Unternehmensstrategie passen müssen. Logisch oder? Würde es so sein, würden Unternehmen sich die Chance zur Weiterentwicklung nehmen.
Kann man dann Nichts in Bezug auf Innovationen tun?
Doch, ich denke schon. Und damit kommen wir zu Innovation 2.0. Was können also Manager und Führungskräfte tun, um Innovationen in Unternehmen zu begünstigen? An dem Wort „begünstigen“ lässt sich schon meine Einstellung zu diesem Thema erkennen. Aktionen, die in Bezug auf Innovationen getan werden können, haben impliziten Charakter. Es geht darum einen Rahmen zu schaffen, in welchem Mitarbeiter eines Unternehmens genügend Freiraum haben, um kreativ zu sein.
Es geht aber auch darum, und damit wohl einhergehend, den Menschen endlich in den Mittelpunkt des Interesses zu setzen. Der Mensch sollte im Rahmen vom Management nicht mehr nur als Mittel, sondern als Zweck in Betracht gezogen werden. Denn wenn wir uns Menschen als Zweck ansehen würden, würden wir Fragestellungen der folgenden Art zu beantworten versuchen
- Wie nehmen wir Menschen unsere Umwelt überhaupt wahr?
- Was ist rein physiologisch gar nicht wahrnehmbar und was bedeutet das für Entscheidungen?
- Was ist Erkenntnis bzw. Wissen?
- Kann man überhaupt etwas wissen? Falls nein: warum nicht? Falls doch: Wie gelangen wir zu unserem Wissen?
- Welche Quellen hat unser Wissen?
- Welche Rolle spielt die Erfahrung dabei?
- Kann man unabhängig von Erfahrung etwas wissen? Falls ja: was?
- Wie ist unser Wissen aufgebaut? Hat es ein Fundament? Wenn ja, worin besteht es? Falls nein: Wie ist es dann aufgebaut?
- Was ist Wahrheit?
- Was haben wir Grund zu glauben?
- Was heißt es, eine Überzeugung zu haben?
Es geht also um ein Menschlichwerden der Wirtschaft. Einer meiner engen Begleiter auf meiner Reise des Verstehens, Heinz Peter Wallner, hat diese Thematik in seinem neuesten sehr inspirierenden Post Management 2.0 – Nur ein Update oder ein radikaler Neuanfang in Unternehmen? ebenfalls aufgegriffen.
Es besteht dringender Handlungsbedarf um der Endung 2.0 Leben einzuhauchen.
Ich möchte nicht versäumen Ihnen die überaus lesenswerten Artikel von Karl-Heinz Brodbeck zum Thema Kreativität anzureichen. Wollen Sie sich intensiv und vor allem tiefgründig mit Kreativität auseinander setzen sind diese Artikel ein genialer Ankerpunkt.
Karl-Heinz Brodbeck hat nur teilweise Recht mit: “Deshalb umgibt die menschliche Kreativität immer auch die Aura des Geheimnisses, des Rätsels ihrer Herkunft.” denn er kennt leider nicht das dazugehörige Konzept der “Spontanität” von J. Levin Moreno, dem Begründer der Soziometrie, denn für ihn “stellen Spontanität und Kreativität trotz ihrer intimen Verbindung zwei verschiedene Prinzipien dar…. Kreativität gehört in die Kategorie der Substanzen; Spontanität gehört in die Kategorie der Katalysatoren”. Man kann Spontanität durch “Erwärmung”, durch Erhöhung der Komplexität hervorrufen und “dann küsst die Spontanität die Kreativität wach”.
Also Spontanität lüftet das Rätsle der Kreativität um einen wichtigen Aspekt, aber leider wird weder in der Philosophie noch in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften mit diesem Begriff gearbeitet und daher reden alle von Kreativitätstechniken, statt sich um Spontanitätstechniken zu bemühen.
Danke für das Anreichen dieses Modells, Christopher. Spannend.
Aber lüftet dieses Modell wirklich das Geheimnis der Herkunft von Kreativität? Kann dieses Modell reduktionsfrei beschreiben wie Kreativität im Menschen entsteht? Und das für JEDEN Menschen? Wäre es so, dann könnte man streng wie in einem Uhrwerk nach diesem Modell verfahren, wenn man kreativ sein möchte. Und genau dann könnte man dieses Verfahren auch einer Maschine vermitteln. Und das glaube ich nicht, ohne natürlich das Modell wirklich zu kennen. Und so verstehe ich Brodbeck in diesem Kontext.
Ich glaube, dass man mit Bewusstsein und Kreativität als Kategorien arbeiten kann, aber beide nie vollkommen verstehen wird, nie das Rätsel lösen oder seine Herkunft lüften wird und damit lässt sich beides nicht auf eine (digitale) Maschine vermitteln/übertragen.
Aber das Modell der Spontanität kann sehr wohl die Kreativität “wach küssen” und ja, ich arbeite recht erfolgreich fast wie ein Uhrwerk mit der Erhöhung der Komplexität, mit Perspektivenwechsel in meiner Einzel- und Teamberatung, um Spontanität und damit kreative Lösungsschritte zu erreichen.
Soziometrie (Die Vermessung des Begleiters) ist – neben dem Psychodrama und der Gruppenpsychotherapie – die dritte Säule von Morenos Denksystem. Sie bezweckt die qualitative Messung von Gruppen-/Teamstrukturen, wobei nicht nur an der Verbesserung der Dynamik des Teams gearbeitet, sondern immer gleichzeitig auch eine kreative Lösung für ein konkretes (betriebswirtschaftliches) Problem erarbeitet wird.
Vermessung ist aber immer qualitativ/subjektiv und nie quantitativ/objektiv gemeint. Ein plakatives Beispiel, das wie alle ein bisschen hinkt:
Jemand liegt zwar neben seinem One-Night-Stand (quantitativ nahe), aber sehnt sich, fühlt sich seinem Partner zu Hause nahe (qualitativ).
Das Konzept des Netzwerkes beruht zB auf der Idee von Moreno und als Gruppenpsychologe war der Gegenspieler zu Freud als Individualpsychologe damals in Wien.
Okay. Ja, in diesem Kontext bin ich einig.
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