So heißt ein Kapitel des Buches Im Spiegel der Sprache: Warum die Welt in anderen Sprachen anders aussieht von Guy Deutscher. Deutscher hat mich mit seinem Buch im Thema Sprache zu ein paar neuen Gedankenansätzen inspiriert. Beispielsweise bin ich mir nach dem Lesen dieses Buches relativ sicher, dass die Sprache nicht so sehr das logische Denken, sondern viel mehr das emotionale und intuitive Denken sowie die Wahrnehmung der Menschen massiv beeinflusst. Dieser Fakt ist aber nicht minder wichtig, denn in unserer heutigen Welt werden Intuitionen und Gefühle beim Fällen von Entscheidungen immer größere Bedeutung beigemessen.
Die Sprache 1. Ordnung zu beherrschen rückt von der Bedeutung gegenüber der Sprache 2. Ordnung immer mehr in den Huntergrund. Im Rahmen der Sprache 1. Ordnung wird Wert darauf gelegt, Wörter und Sätze grammatikalisch exakt auszusprechen und Sätze wohl zu formen. Man könnte auch sagen, man möchte Freund des Phrasenschweins sein. Monolog ist angesagt. Im Rahmen der Sprache 2. Ordnung werden Wörter und Sätze so gebildet, dass die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass der Gesprächspartner das verstehen mag, was man ausdrücken möchte. Hier ist ein Dialog angesagt. Unsere Welt ist geprägt von steigender Vernetzung, was bedeutet, dass Kommunikation und Sprache als ein Mittel der Kommunikation immer wichtiger werden.
Ich möchte im Folgenden auf das oben angesprochene Buch eingehen.
Im ersten Teil des Buches geht Deutscher darauf ein, dass Kultur und Erziehung unsere Sprache beeinflussen. Das nimmt er als Aufhänger um im 2. Teil dann eine kühne Behauptung aufzustellen: Sprache beeinflusst unser Denken. Das macht der Autor an 3 Beispielen klar: den Orientierungsinn, den Genus und die Farbwahrnehmung. Deutscher erklärt die Phänomene an Experimenten, die verschiedene Wissenschaftler durchgeführt haben, sehr eindrucksvoll. Er deutet aber auch an, dass wir uns derzeit leider nur auf diese Experimente und deren Erklärungsansätze stürzen können, da wir nicht in der Lage sind, die Arbeitseise des menschlichen Gehirns nachzuvollziehen. Wie schon des Öfteren von mir angemerkt, können wir derzeit nur Denkinhalte, aber keine Denkprozesse beschreiben. Dazu habe ich etwas in meinem Zettelkasten verfasst.
Sprache beeinflusst unser Denken und Handeln. Aber nicht so wie ich immer dachte. Deutscher hat mich mit seinem Buch aufgeklärt. Es geht nämlich nicht darum, dass eine Sprache dem Denken und Handeln harte Grenzen setzt, aus dem diese dann nicht mehr herauskommen, weil Begriffe beispielsweise fehlen. Die Frage ist, in wie weit die Sprache das Denken und Handeln zu etwas zwingt. Ein Beispiel dazu. Sie haben gestern mit Ihrem Nachbarn nett zusammen gesessen. Im Englischen heißt das: “… chilled with my neighbour”. Es wird nicht spezifiziert, ob es die Nachbarin oder der Nachbar war. Die Englische Sprache zwingt also den Sprechenden nicht dies näher zu spezifizieren. Er kann es aber wenn er will und es bedeutet ebenfalls nicht, dass der Sprechende gedanklich nicht in der Lage ist, den Nachbar von der Nachbarin zu unterscheiden. In der Deutschen Sprache müssen Sie diese Unterscheidung treffen, ob Sie wollen oder nicht. Es geht also hauptsächlich um den Fakt, dass, wenn eine Sprache diesen Zwang auferlegt, die notwendige Denkweise so zu sagen in “Fleisch und Blut” übergeht. Sprache beeinflusst also nicht unser logisches Denken. Allerdings führt Deutscher, wie oben schon angemerkt, eine Reihe Experimente an, die beweisen, dass Sprache unsere Intuition, unsere Wahrnehmung und unser emotionales Denken beeinflussen. 2 der 3 Beispiele möchte ich kurz beschreiben.
Im ersten Beispiel geht es um den Orientierungssinn von Menschen. Wir orientieren uns in der Regel egozentrisch. Wir kennen die Wörter links und rechts. Wenn wir uns umdrehen, ist das was vorher links war jetzt rechts und umgekehrt. Auf größere Distanzen sind wir auch in der Lage uns geografisch zu orientieren. Fahren wir zum Beispiel von Hamburg nach München mit dem Auto, kann man sich teilweise auch an Himmelsrichtungen orientieren, was das geografische Orientieren auszeichnet. Es gibt aber einige Völker, deren Sprache kein Links und Rechts kennen. Zum Beispiel die Eingeborenen der Nordostküste Australiens, die die Sprache Guugu-Yimithirr sprechen. Diese Sprache ist voll auf die geografische Orientierung ausgerichtet, also Norden, Süden etc. Das bedeutet, die Richtungen bleiben bei Bewegungen unverändert, was bei der egozentrischen Orientierung nicht der Fall ist. Was bedeutet das aber für das Denken dieser Menschen? Sie müssen stets die Himmelsrichtungen erkennen und sich merken, in allem was sie tun und in allem was und wie sie sich erinnern; und das auch in Gegenden wo die Sonne beispielsweise nicht zu sehen ist, wie in Gebäuden o.ä. Das erfordert eine ausgesprochen andere Denkleistung als wir es gewohnt sind.
Im dritten Beispiel des Buches stellt Deutscher die Farbwahrnehmung vor. Er beschreibt wie in einigen Experimenten der Einfluss der sprache auf die Wahrnehmung von Farben untersucht wurde. Es wurden Probanden beispielsweise 3 verschiedene Farben präsentiert, von denen diese dann sagen sollten, welche am weitesten von den anderen Farben, bezogen auf die Farbskala, entfernt liegt. Wann immer für die Farben Wörter in der entsprechenden Sprache existierten, wurde die Antwort schneller getätigt als wenn nicht. Es wurde anhand von Hirnströmen auch erkannt, dass Sprachzentren des Gehirn aktiv waren, obwohl die Probanden nicht geredet haben und auch nicht dazu aufgefordert wurden. Des Weiteren wurde ein Experiment beschrieben, in welchem die Gegenstände links oder rechts der Probanden platziert wurden. Hierzu muss man wissen, dass das Sprachzentrum der linken Seite des Gehirns zugehörig ist und das Gegenstände, welche links von Menschen lokalisiert sind, in der rechten Gehirnhälfte wahrgenommen werden und vice versa. Die Forscher fanden heraus, dass die Probanden Farbunterschiede von Gegenständen, die rechts von Ihnen lokalisiert waren, und für die es ein Wort gab, schneller wahrnahmen, als wenn diese Gegenstände links von Ihnen platziert wurden. Auch hier half also die Sprache.
Anhand dieses Beispiels möchte ich noch einmal klar stellen: Es gibt keine Farben in der Natur, nur Gegenstände, die Licht unterschiedlicher Wellenlänge abstrahlen. Diese Wellenlängen errechnet unser Gehirn zu Farben. Niemand kann sagen, ob das Blau was er erkennt, genau das Blau ist, was auch Andere erkennen. Das geht nicht, da es wie gesagt errechnet wird. Es wäre spannend zu sehen, was wir direkt von der Umwelt aufnehmen, quasi was direkt hinter unseren Augen vorhanden ist, wenn das Signal also noch nicht weitergeleitet wurde. Dieses Signal ist aber durch unsere Sprache nicht formalisierbar, da es noch nicht in unser Bewusstsein gelangt ist.
Den Fakt des Errechnens von Farben kann man sich auch sehr gut an der Farbblindheit bewusst machen. Ich beispielsweise habe ein Rot-Grün Farbschwäche. Gewisse Farben, die auf der Farbskala zwischen Rot und Grün liegen kann ich nicht wahnehmen. Woran liegt das nun?
- 1. Fall: Es gibt Farben in der Umwelt und ich erkenne die Farben so wie alle anderen Menschen auch. Ich bin nur unfähig das richtige Wort für die Farbe zu bilden. Kann ich mir kaum vorstellen. Das ist relativ leicht erlernbar.
- 2. Fall: Es gibt Farben in der Umwelt und ich erkenne die Farben der Umwelt nicht richtig. Die Wahrnehmung der Farbe wird in meinem Inneren geändert, quasi neu errechnet. Bei den Nicht-Farbblinden oder bei allen anderen Farben exklusive denen zwischen Rot und Grün gibt es keine Änderung oder Errechnung der Farben im menschlichen Gehirn. Das bedeutet, bei wenigen Ausnahmen existiert eine enorme Andersartigkeit der kognitiven Prozesse. Das kann ich mir ebenfalls nicht vorstellen.
- 3. Fall: Es gibt keine Farben in der Umwelt, nur verschiedene Lichtwellen, die wir im Innern als Farben errechnen. Das kann ich mir vorstellen.
Deutscher geht auf das Errechnen von Farben separat im Anhang seines Buches ein. Ich habe dazu einen Artikel verfasst: Ist Objektivität eine Illusion.
Zum Schluss noch ein kleines Wortspiel. Alles was ich wahrnehme ist für mich richtig. Man kann es nicht negieren, denn es ist ein WAHRnehmen. FALSCHnehmen gibt es nicht.
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