Data Scientists – die Robin Hoods im BI Dschungel?

Im Post Kennzahlen in Unternehmen – eine Versöhnung ist angebracht habe ich den Drang der Menschen thematisiert, in Gegensätzen zu denken. Dies holt uns grundsätzlich beim Lösen von Problemen immer wieder ein.

In dem oben angesprochenen Post habe ich den Vergleich zwischen Problemlösen und dem Bewegen auf einem Band gewagt. Die Lösung zu einem Problem suchen wir stets auf dem entgegengesetzten Pol des Bandes. Dieses Denkmuster wurde uns quasi durch das Anwenden der zweiwertigen Aristotelischen Logik eingebläut. Entweder etwas ist gut oder böse. Entweder etwas ist schön oder hässlich.

Dieses Entweder-Oder-Denkmuster möchte ich jetzt wiederum auf die neuesten Strömungen im Business Intelligence reflektieren und die Auswirkungen aufzeigen.

Es geht um die Rolle des Data Scientists.

Lassen Sie uns ein paar Jahre zurückschauen.

Ich erinnere mich noch genau an BI Projekte, die ich bis zum Jahre 2010 durchgeführt habe. Jedem war klar, dass die Rolle des Business Analysten in einem BI Projekt besetzt sein muss. Business Analysten sollten unter anderem die funktionalen und nichtfunktionalen Anforderungen an eine zu implementierende BI Lösung zusammen mit dem Kunden definieren. An die Rolle des Business Analysten war also schon immer ein hoher Anspruch an Wissen und Erfahrung in dem jeweiligen Businesskontext gesetzt. Im Bereich des Datenhandlings war in der Regel kein allzu hoher Anspruch an die Business Analysten definiert, was letztendlich dazu führte, dass Business Analysten nicht datenaffin waren.

Dann kam der Datenhype. Modewörter wie Big Data

  1. Web-Daten: Clickstreamdaten, E-Commerce Logs, Onlinespiele, Onlinewerbung, Soziale Netzwerke (z.B. Facebook, Twitter)
  2. Semi-strukturierte Daten, z.B. XML, E-Mail, EDI
  3. Unstrukturierter Content, z.B. Freitext in Produktbewertungen in E-Shops
  4. Sensordaten, z.B. Temperatur, Licht, Vibration, Geodaten, Durchfluss, Druck, etc.
  5. Branchenspezifische strukturierte Transaktionsdaten, z.B. Telekommunikationsdaten

bestimmten und bestimmen die Hochglanzbroschüren dutzender Beratungsunternehmen. Logisch. Man hat auf der einen Seite erkannt, dass BI Projekte nicht sonderlich erfolgreich waren. Auf der anderen Seite konnte man sich der steigenden Datenflut, die die Welt durchzieht, nicht mehr verwehren. Also waren die Daten der Hebel für den Erfolg. Man musste sie nur besser nutzen. Klar.

In diesem Zuge wurde dann auch eine neue Rolle für BI Projekte geboren, der Data Scientist. Bei der Auslobung dieser neuen Rolle ist sehr schön das von mir angesprochene Entweder-Oder-Denkmuster zu erkennen. Man sucht jetzt datenaffine Menschen. Sie müssen Wissen in statistische Verfahren und den entsprechenden Tools haben. Sie müssen in der Lage sein, Muster in Daten zu erkennen, die dann wiederum Entscheidungen unterstützen sollen.

Es werden nun also vorrangig Naturwissenschaftler (Statistiker, Physiker, …) gesucht, die die Rolle des Data Scientists ausfüllen sollen. Nach Kenntnissen in dem jeweiligen Businesskontext wird nicht mehr gefragt. Warum auch? Es geht doch um Daten und die Handhabung dieser.

Ist das nicht der absolute Wahnsinn in welchen Gegensätzen wir denken?

Um aus den Daten, die unverhohlen in Massen vorliegen und tagtäglich neu generiert werden, Information und damit Erkenntnisse für das jeweilige Business zu gewinnen ist BEIDES von Nöten.

Erfahrung und Wissen im Umgang mit Daten sowie Erfahrung und Wissen bzgl. aktueller Trends in dem jeweiligen Geschäftssegment, in dem das Unternehmen agiert.

Statt ENTWEDER-ODER ist also SOWOHL-ALS-AUCH gefragt.

Ich möchte es an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich betonen. Ich bin mir sicher, dass wir heute nicht ansatzweise das Potential heben, welches die Daten für Entscheidungssituationen im Business besitzen. Wir sind uns dessen wahrscheinlich noch nicht einmal richtig bewusst. Ich glaube fest daran, dass durch Mustererkennung in Daten, Erkenntnisse für den jeweiligen Businesskontext erschlossen werden können, an die man heute noch gar nicht denkt. Das passiert aber nicht in dem „blind“, also ohne Ideen welche Muster das sein könnten, in den Daten herum stöbert. Diesen Vorgang vergleiche ich gerne mit dem Suchen nach „etwas“ in einem großen Sandhaufen, ohne zu wissen, was dieses „etwas“ ist.

Wenn man nicht weiß wonach man sucht, wird man es auch nicht finden.

Data Scientists sollten mit ganz kleinen Hypothesen starten. Das sind ganz konkrete Fragestellungen aus dem Business, die sie mittels Daten lösen wollen. Im ersten Schritt muss man also sehr bewusst vorgehen. Mit der Zeit, so bin ich der Meinung, entwickelt der Data Scientist ein gewisses Gefühl für den Zusammenhang von Daten und Businesspotentiale. Das bedeutet, er muss sich dann nicht mehr konkrete Fragen vornehmen, sondern kann dann Surfen und sich treiben lassen. Dann geht es nicht mehr um das Suchen, sondern um das Finden.

Was könnten solche kleinen Hypothesen sein? Beispielsweise könnte man vermuten, dass eine bestimmte Kundengruppe zu einer bestimmten Tageszeit besonders geneigt ist, bestimmte Produkte zu kaufen. Für diese Kundengruppe gestaltet man dann zu diesen Tageszeiten den E-Shop mit diesen entsprechenden Personalisierungen aus. Man könnte dann noch das aktuelle Wetter hinzuziehen oder auch bestimmte aktuelle Strömungen und Meldungen aus der Politik. Man könnte beispielsweise auch Produktwolken aus den Verkaufsdaten bilden, in denen Produktaffinitäten (z.B. Kunden, die Toshiba Fernseher kaufen tendieren in der Zweitmarke eher zu Siemens als zu Philips) definierter Kundengruppen abgebildet sind. An dieser Stelle sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt.

Es fehlt heute nicht an der Technologie, um Daten für das Business zu handhaben. Es fehlt an Ideen, wo der Hebel in den Daten liegen könnte. Um diesen zu finden benötigen wir eine Versöhnung zwischen den Business Analysten und den Data Scientists.

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