{"id":48266,"date":"2020-05-20T05:13:48","date_gmt":"2020-05-20T04:13:48","guid":{"rendered":"http:\/\/blog-conny-dethloff.de\/?p=48266"},"modified":"2020-05-20T05:19:04","modified_gmt":"2020-05-20T04:19:04","slug":"kundenfokussierung-geht-nur-uber-regelbruch","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/blog-conny-dethloff.de\/?p=48266","title":{"rendered":"Kundenfokussierung geht nur \u00fcber Regelbruch"},"content":{"rendered":"
W\u00fcrden wir einen Fu\u00dfballer daf\u00fcr abstrafen, dass er, nur noch die einzige Chance habend, den Ball mit der Hand ins Tor bef\u00f6rdern zu k\u00f6nnen, diese Chance nicht nutzt? Nein, denn er w\u00fcrde ja mit Handspiel gegen Regeln versto\u00dfen. Dann sollten wir Menschen in Unternehmen auch nicht daf\u00fcr tadeln, wenn sie nicht prim\u00e4r im Sinne des Kunden, sondern prim\u00e4r im Sinne der vorliegenden Prozesse oder Kennzahlen im Unternehmen und damit eher unternehmens- und nicht kundenfokussiert agieren.<\/p>\n
Ich schildere mal einen Fall in diesem Kontext. Sie haben sicher ebenfalls einige als Kunde mit Unternehmen erlebt. Wie hier<\/a> bereits angedeutet, ben\u00f6tige ich zus\u00e4tzliche zu meinen initial georderten Klinkersteine. Also bin ich zum gleichen Baumarkt. Diesmal wollte ich keine ganze Palette (8 Quadratmeter) kaufen, sondern nur 40 Steine (0,7 Quadratmeter). Im Baumarkt wurde mir entgegnet, dass sie immer nur paletten- und nicht st\u00fcckweise verkaufen, da sie sonst auf den Restbest\u00e4nden sitzen bleiben. Auch nach mehrmaligem Hin und Her, ob es nicht doch eine M\u00f6glichkeit g\u00e4be, wurde mir keine L\u00f6sung angereicht. Also bin ich selber auf L\u00f6sungssuche gegangen. Ich habe die Zentrale des Unternehmens angerufen, welches die Steine fertigt. Dort wurde ich zum Vertriebsverantwortlichen Nord weitergeleitet. Dem habe ich das Problem geschildert, woraufhin er meinte, dass ich die Steine direkt vom Werk abholen k\u00f6nnte, wenn ich diese vorher beim Baumarkt bestellt habe. Daraufhin ich mit dieser Idee zur\u00fcck zum Baumarkt. Dort wurde mir mitgeteilt, dass das nicht ginge. Ich wurde aber um den Kontakt zu dem Vertriebsverantwortlichen gebeten. Ich habe also vermittelt. Nach einem Gespr\u00e4ch zwischen Baumarkt und ihm ist dann diese L\u00f6sung doch als realisierbar eingestuft worden. Ich habe beim Baumarkt bestellt und werde demn\u00e4chst meine Steine direkt vom Werk abholen.<\/p>\n Ich musste quasi mein Problem alleine l\u00f6sen, wo wir doch oft davon ausgehen, dass genau daf\u00fcr Unternehmen da w\u00e4ren, n\u00e4mlich Probleme von Kunden zu l\u00f6sen. Und ich habe nicht verlangt, dass man mir die Sterne vom Himmel holt. Ich wollte lediglich Steine kaufen, die in dem Baumarkt auch noch im Angebot sind. Mehr nicht.<\/p>\n Ich bin aber wie gesagt, dem Menschen, der mich im Baumarkt bedient hat oder besser gesagt nicht bedient hat, nicht b\u00f6se. Es verh\u00e4lt sich wie mit dem Fu\u00dfballer. Ich kann ihm gar nicht b\u00f6se sein, dass er die Regeln oder Prozesse befolgt hat. H\u00e4tte er es nicht gemacht, w\u00e4re ich nat\u00fcrlich froh gewesen, da dann mein Problem gel\u00f6st w\u00e4re, aber auffordern dazu kann ich ihn nicht, denn er gef\u00e4hrdet damit sein Verbleib im Unternehmen. Der Mensch im Baumarkt wird bestimmt nicht freudestrahlend nach Hause fahren, im Wissen mir nicht geholfen zu haben. Ich gehe davon aus, dass er mir helfen wollte. Aber die Strukturen haben es ihm untersagt.<\/p>\n Warum bewerte ich dieses Ph\u00e4nomen genauso? Warum ist das in meinen Augen ganz normales Gebahren in Unternehmen? Warum ist das kein Einzelfall? Warum bin ich nicht \u00fcberrascht, dass ich so behandelt werde?<\/p>\n Ich stelle ein Bezug zu Regeln und Prozessen her. Es gibt sicher eine Regel in dem Baumarkt: \u201eKlinkersteine d\u00fcrfen nur palettenweise verkauft werden!\u201c Und diese Regel ist einzuhalten, komme was wolle. Wird davon abgewichen, muss der Mensch bestenfalls unangenehme Fragen beantworten. Die Ausrede, dass der Kunde, also in dem Fall ich, gl\u00fccklich ist, da sein Problem gel\u00f6st wurde, machen sein Vergehen nicht ungeschehen. Menschen in Unternehmen sind keine Probleml\u00f6ser f\u00fcr Kunden. Sie sind Regel- und Prozessbefolger. Wenn durch dieses Befolgen Probleme der Kunden gel\u00f6st werden, fein, wenn nicht, ist es eben so.<\/p>\n Nun schaue ich mal auf Kennzahlen. Es geht ja ums Geldverdienen. Klar. Gewinn ergibt sich vereinfacht gesagt aus Umsatz abz\u00fcglich Kosten. Beim Umsatz sind Menschen im Unternehmen eher abh\u00e4ngig vom Kunden als sie es bei Kosten sind. Auf Kosten k\u00f6nnen Menschen im Unternehmen eher direkt einwirken. Daf\u00fcr kann man Regeln erlassen, nach denen agiert werden muss. Eine Palette enth\u00e4lt ca. 700 Steine. Ich ben\u00f6tige aber nur 40. Die restlichen ca. 660 Steine liegen dann im Baumarkt auf Lager und verursachen Lagerkosten. K\u00f6nnen diese nicht weiter verkauft werden, liegen sie dort ewig. Der Mensch, der mir 40 Steine verkauft hat, muss dann wohl wieder unangenehme Fragen beantworten, wenn die Zahlen kontrolliert werden. Das kann er umgehen, wenn er streng nach Prozessen handelt und mir nicht hilft. Im internen Controlling eines Unternehmens habe ich noch nie erlebt, dass nicht gel\u00f6ste Kundenprobleme zum Report vorgelegt wurden und Menschen dar\u00fcber Rechenschaft ablegen mussten. <\/p>\n Wenn ich dieses Szenario so betrachte, wird f\u00fcr mich die Forderung, dass Unternehmen einen Beitrag f\u00fcr Gesellschaft leisten m\u00fcssen, immer realit\u00e4tsferner. Die Unternehmen kommen ja nur unzureichend ihrer ureigensten Aufgabe nach, Kundenprobleme zu l\u00f6sen. Und die Erkl\u00e4rung daf\u00fcr finde ich im bestehenden Struktur- und Organisationsdesign. Hier sollten wir ansetzen und uns die Frage beantworten, wie wir die Macht der Unternehmen auf Menschen in den Unternehmen verringern k\u00f6nnen, damit diese ungezwungener im Sinne des Unternehmens und des Kunden agieren k\u00f6nnen, also wirkliche Probleml\u00f6ser sein k\u00f6nnen. Ich suche nach Strukturen und Organisation in Unternehmen, wo Menschen sich nicht Mut oder Waghalsigkeit aufzwingen m\u00fcssen, um sich wirklich auf den Kunden einzulassen. In diesem Punkt verweise ich auf mein neuestes Paper<\/a>, in dem ich eine L\u00f6sungsm\u00f6glichkeit herleite.<\/p>\n Ach ja, eines noch. Falls Sie sich noch fragen, weshalb ich immer von Kundenfokussierung und nicht von -zentrierung rede, dann deshalb, weil Kundenzentrierung im Unternehmen, egal welche Strukturen ich definiere, in meiner Beobachtung ausgeschlossen ist<\/a>.<\/p>\n