{"id":2295,"date":"2013-01-24T08:49:19","date_gmt":"2013-01-24T07:49:19","guid":{"rendered":"http:\/\/blog-conny-dethloff.de\/?p=2295"},"modified":"2013-01-24T08:58:07","modified_gmt":"2013-01-24T07:58:07","slug":"2-thesen-die-die-forschungen-und-ergebnisse-zum-freien-willen-in-das-reich-der-fabeln-verweisen","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/blog-conny-dethloff.de\/?p=2295","title":{"rendered":"2 Thesen, die die Forschungen und Ergebnisse zum \u201efreien Willen\u201c in das Reich der Fabeln verweisen"},"content":{"rendered":"
Ich habe des \u00d6fteren in meinem Logbuch meine Ideen und Gedanken zur Thematik “Freier Wille” gespiegelt. Der Post einer meiner Weggef\u00e4hrten, Martin Bartonitz, mit dem Titel Faszination Mensch: System oder Bewusstsein?<\/a> hat mich zu einer Konsolidierung und Zusammenfassung aller meiner bislang gewonnenen Erkenntnisse inspiriert.<\/p>\n Entstanden sind 2 Thesen, die ich Ihnen heute anreichen m\u00f6chte und mit teilweise meinen schon ver\u00f6ffentlichten Posts, aber auch mit Artikeln anderer Menschen unterf\u00fcttern m\u00f6chte.<\/p>\n These 1: Die Forschungen bzgl. des “freien Willens” sind zu unreflektiert.<\/b><\/p>\n Denkt man tiefgr\u00fcndig \u00fcber die Frage “Kann es einen freien Willen geben?” nach, kommt man auf Basis der Bedeutung der beiden W\u00f6rter “frei” und “Wille” relativ schnell auf die Antwort: Nat\u00fcrlich nicht. Ein Wille ist stets an das gebunden, was er will. Wie soll er da frei sein? W\u00e4re das m\u00f6glich, k\u00f6nnte man nicht mehr von einem Willen sprechen. Die beiden Begriffe “frei” und “Wille” schlie\u00dfen sich rein semantisch schon aus. Details zu dieser Argumentationskette habe ich in meinem Post Kann ein freier Wille bedingt sein?<\/a> verfasst.<\/p>\n Das Buch Das Handwerk der Freiheit<\/a> von Peter Bieri hat mich beim Schreiben des oben aufgef\u00fchrten Posts inspiriert, was ich dort auch vermerkt habe. Es war f\u00fcr mich wahnsinnig beeindruckend zu erleben, wie tiefgr\u00fcndig das Denken sein kann und wie wahnsinnig einsichtig danach die Erkenntnisse erscheinen. Er kommt n\u00e4mlich zum Schluss, dass ein Wille stets bedingt ist und deshalb niemals frei sein kann.<\/p>\n Jetzt stellt sich mir die Frage, warum trotzdem noch Herrscharen an Wissenschaftlern \u00fcber die Existenz des freien Willens nachdenken, wo doch klar ist, dass es diesen rein schon aus der Bedeutung der Begriffe gar nicht geben kann. Das bringt mich zur zweiten These.<\/p>\n These 2: Die Forschungen bzgl. des “freien Willens” operieren im Gebiet des “blinden Flecks”.<\/b><\/p>\n Bei dieser These m\u00f6chte ich mich von zwei Seiten her n\u00e4hern, die darlegen sollen, dass es derzeit nur scheinbare Forschungen bzgl. des freien Willens gibt. Grundlegend fehlende Reflektionen bzgl. der Forschung und ihrer Ergebnisse, die durch These 1 belegt wird, lassen den Fleck auch weiterhin blind sein.<\/p>\n Auf der einen Seite verweise ich auf den Kant-Experten Prof. Dr. Wolfgang Deppert, der in seinem Artikel Die Evolution des Bewusstseins<\/a> den freien Willen beleuchtet. Auf Seite 88 schreibt er<\/p>\n Ein Wille will etwas verwirklichen, das in der Zukunft liegt. In der Wissenschaft sagt man: Ein Wille ist final und nicht kausal bestimmt. Aber nur das kausal in Form von Ursache-Wirkungsketten Beschreibbare gilt in der heutigen Naturwissenschaft als wissenschaftlich. Ein Wille kommt in den Naturwissenschaften nicht vor, weil es gar keine naturwissenschaftliche Bestimmung des Willensbegriffes gibt. Somit kann der Wille nicht naturwissenschaftlich beschrieben werden.<\/p><\/blockquote>\n Auf der anderen Seite m\u00f6chte ich auf Gotthard G\u00fcnther und seine Polykontexturalit\u00e4tstheorie verweisen. G\u00fcnther hat im Rahmen dieser Theorie aufgezeigt, dass man auf Basis der Aristotelischen Logik, die monokontextural (monothematisch) ist, nicht in der Lage sein kann, lebendige Prozesse zu beschreiben und zu erkl\u00e4ren. Da aber unsere heutige Wissenschaft eben auf genau diese Monokontexturalit\u00e4t aufgebaut ist, agieren Wissenschaftler dann, wenn sie versuchen lebendige Prozesse, wie auch den freien Willen, zu untersuchen, im Bereich des blinden Flecks.<\/p>\n Eine komplette Ausf\u00fchrung zur Polykontexturalit\u00e4t w\u00fcrde diesen Post sprengen. Ich verweise daf\u00fcr gerne auf die komplette Bibliographie G\u00fcnthers<\/a> mit einem Direktzugriff zu allen erh\u00e4ltlichen Artikeln.<\/p>\n Prof. Dr. Eberhard von Goldammer nimmt in seinem Beitrag Welches Wissen? Welche Gesellschaft?<\/a> auf diese Theorie G\u00fcnthers Bezug, wenn er in Fu\u00dfnote 13 auf Seite 7 schreibt<\/p>\n Der Logik der Mathematik liegt die strikte G\u00fcltigkeit des Satzes der Identit\u00e4t zugrunde und daraus folgt das sequentiell aufgebaute Zahlensystem, wie wir es kennen. Dieser Sachverhalt wird in kaum einem Lehrbuch der Mathematik erw\u00e4hnt, ist aber dennoch von fundamentaler Bedeutung, denn er hat das Abendland in eine Kultur gef\u00fchrt, die dominiert wird durch ein identit\u00e4tsontologisches und damit ein statisches Denken: Etwas ist oder es ist nicht \u2013 ein Drittes ist ausgeschlossen. Es verwundert daher nicht, dass in der Physik nur Ver\u00e4nderungen zwischen Zust\u00e4nden (im Allgemeinen zwischen einem Anfangs- und Endzustand) gemessen werden. Ein physikalischer Zustand zeichnet sich dadurch aus, dass alle physikalischen Gr\u00f6\u00dfen, die f\u00fcr die Beschreibung des physikalischen Systems relevant sind, einen festen, d.h. sich zeitlich nicht ver\u00e4ndernden Wert einnehmen \u2013 das ist aber nichts anderes als das, was man aus Sicht der Lebenswissenschaften als tote Systeme bezeichnen muss.<\/p><\/blockquote>\n Eine Unterscheidung zwischen Denkinhalten und Denkprozessen ist wichtig. Denkinhalte sind die Ergebnisse von Denkprozessen. Die Denkinhalte lassen sich in physikalische Zust\u00e4nde, wie im obigen Zitat beschrieben, darstellen. Die Denkinhalte lassen sich daher auch zeitlich nacheinander anordnen und deshalb auch messen. Bei Denkprozessen aber ist das anders. Diese sind nebengeordnet (heterarchisch). Sie sind deshalb auch nicht messbar. Diesen Fakt f\u00fchrt Goldammer auf Seite 8 seines Artikels weiter aus.<\/p>\n In den Wissenschaften wird aber eben genau \u00fcber Messergebnisse erkl\u00e4rt, dass ein freier Wille nicht existieren kann (siehe Benjamin Libet<\/a> u.a.). Was auch immer mit diesen Messvorg\u00e4ngen und den \u2013ergebnissen nachgewiesen wird, jedenfalls nicht die Nichtexistenz des freien Willens, denn der Wille ist stets etwas Prozessuales und nichts Statisches.<\/p>\n Fazit<\/b><\/p>\n Die Gehirnforscher best\u00e4tigen Ergebnisse zum freien Willen, die auch ohne diese bereits vorliegen (Es gibt keinen freien Willen, ein Wille ist stets bedingt<\/strong>), die sie aber gar nicht best\u00e4tigen d\u00fcrften, da sie den Willen derzeit gar nicht thematisieren, dies aber nicht merken.<\/p>\n