Sind Ziele sinnlos?

Vor einigen Wochen wurde ich durch einen Post mit dem Titel Sind wir zielgeil von Peter Addor in seinem Blog zu Komplexitätsmanagement zum Nachdenken angeregt. Im Folgenden möchte ich die im Titel dieses Posts gestellte Frage aufgreifen und beantworten.

Wie können wir Ziel definieren?

Bevor ich diese Frage jedoch analysiere, macht es Sinn sich den Begriff Ziel bewusst zu machen. Was verstehen wir also unter einem Ziel?

Ein durch freie individuelle Auswahl und Entscheidung oder gesellschaftspolitische Entscheidungen und Entscheidungsprozesse unter verschiedenen Handlungsmöglichkeiten projektierter, in der Vorstellung und Planung antizipierter zukünftiger Zustand, der zugleich Orientierung ist für die jeweils gegenwärtigen Handlungen und Handlungsfolgen; auch ein als Folge historischer Entwicklungen und Entwicklungsprozesse angenommener oder erkannter zukünftiger Zustand, der ebenfalls zur Orientierung des Handelns gemacht werden kann.

Peter Addor hat mich bezugnehmend auf einen Kommentar, den ich zu seinem Post formulierte, aufmerksam gemacht, dass man nicht den Fehler begehen sollte, Ziel und Zweck zu verwechseln. Das möchte ich zum Anlass nehmen, die Definition des Begriffes Zweck nachzuschieben.

Orientierung von Handlungen und Handlungsfolgen; im engeren Sinne das, was durch (bewussten) Einsatz bestimmter Mittel in Handlungen geplant und verfolgt wird, was dies als zweckmäßig bestimmt und durch diese erreicht wird.

Beide Definition, die von Ziel und die von Zweck, habe ich dem Meyers enzyklopädischen Lexikon von 1979 entnommen.

Ich mache die Erfahrung, das Ziel und Zweck im umgangssprachlichen Gebrauch nicht sauber getrennt werden. In der Griechischen Sprache werden Ziel und Zweck gleich mit “telos” übersetzt. Ist das vielleicht auch ein Grund dafür? Wohl nicht, denn im Englischen existieren unterschiedliche Übersetzungen, “Goal” oder “Objective” für Ziel und “Purpose” für Zweck. Die etymologische Betrachtung zeigt, dass Zweck von Zwecke kommt. Mit einer Zwecke wurde beim Armbrustschießen das Ziel markiert. Ziel und Zweck gehören also schon irgendwie zusammen. Nur kann man diesen Zusammenhang noch deutlicher zeichnen? Ich werde dies an 2 Beispielen versuchen.

Ich habe einen Gegenstand verloren. Diesen suchen zu wollen, ist nicht zwecklos, denn ich will den Gegenstand ja wieder haben. Die Suche ist aber in Abstufungen mehr oder weniger ziellos, je nachdem welche Informationen mir vorliegen, wo der Gegenstand ungefährt sein könnte. Die Suche kann dann zwecklos werden, wenn keine Aussicht auf Erfolg besteht, den Gegenstand zu finden. Hier kann man zwecklos dann mit sinnlos gleichsetzen. Nun noch das zweite Beispiel. Angenommen, Sie besitzen ein kleines Auto und bekommen mit Ihrer Frau oder Ihrem Mann ein Kind. Sie haben nun die freie Entscheidung, dass kleine Auto in Kauf zu nehmen oder für sich als Ziel auszuloben, ein größeres Auto aus Gründen des erhöhten Platzbedarfes käuflich zu erwerben. Der Zweck wäre, dieses Auto dann zu benutzen.

Sind Ziele denn nun sinnlos?

Wir haben jetzt eine Basis geschaffen, diese Frage zu beantworten. Aber der Reihe nach. Kann man das Setzen von Zielen mit dem Planen gleich setzen? Nein. Vielleicht kennen Sie ja auch das Planungsparadoxon.

Je genauer voraussagbar die Zukunft ist – je stärker sie determiniert ist – desto besser funktioniert Planung. Und. Je stärker die Zukunft determiniert ist, desto weniger hat ein Unternehmen Einfluss auf sie, das heisst desto sinnloser ist die Planung.

Wir wissen alle, dass die Zukunft eben nicht vorhersagbar ist. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass wir irgendwie in die Welt hineinleben sollten. Die Schlussfolgerung, die wir daraus ziehen ist eben, dass Ziele sich ändern können und in der Regel auch tun. Alleine durch getätigte Handlungen erweitern wir unser Wissen und ändern damit unter Umständen unsere Sichten und Meinungen, was wiederum Einfluss auf Ziele haben kann.

Ziele sind Leitmotive für unser Handeln und haben in erster Linie nichts mit einer ungewissen Zukunft zu tun. Ohne Ziele hätten wir keinen Willen zu agieren. Der Weg ein Ziel zu erreichen ist nicht im voraus zu definieren. Das resultiert aus der Zukunft, die nicht im voraus berechenbar ist. Leider wird dieser Fakt viel zu häufig vernachlässigt, in dem viel zu detailliert geplant wird. Dann hechelt man dem Stück Papier nach, auf dem der Plan steht. Man wird der Sklave seines eigen erstellten Planes und beraubt sich so der notwendigen Flexibilität. Es ist also essentiell Ziele definieren. Dann fängt man an, dieses Ziel erreichen zu wollen. Während “des Erreichen wollens” der Ziele müssen diese stetig validiert werden. Ziele müssen zu einem jeweiligen Zeitpunkt stets konkret sein, was aber nicht heißen soll, dass sie “in Stein gemeißelt” und damit in der Zukunft nicht änderbar sein dürfen. Ganz im Gegenteil.

Ziele benötigt man, um überhaupt erst einmal einen “ersten Schritt” gehen zu können. Dabei muss dieses Ziel auf der einen Seite konkret sein, sonst hätte man keine ausreichende Grundlage für den ersten Schritt und würde in eine Starre verfallen. Das Ziel muss aber auch von Herzen gewünscht sein, sonst würde man den “ersten Schritt” gar nicht gehen wollen. Ein Ziel ist also stets konkret. Die Frage bleibt, ob ein Ziel noch valide ist. Das gilt nur im Jetzt. Was danach ist wissen wir nicht. An dieser Stelle macht es keinen Sinn detailliert zu planen. Man weiss nicht, was nach dem “ersten Schritt” kommt. Man kennt das Ergebnis nicht, man weiss nicht ob das erwartete Ergebnis dem entspricht, was man angepeilt hat. Man weiss aber auch nicht, ob das erwartete und auch eingetretene Ergebnis jetzt noch zum Ziel führt. Man weiss ebenfalls nicht, ob das Ziel, welches zu dem “ersten Schritt” geführt überhaupt hat noch valide ist. Ziele müssen stets validiert werden, in der Regel gegen andere Ziele. Hier erkennt man die Kreiskausalität der Ziele untereinander. Man kann hier auch sehr gut die Begriffe Effektivität und Effizienz einflechten. Effektiv bin ich, wenn meine Ziele noch valide sind, sie sich also nicht gegenseitig konterkarieren (Die richtigen Dinge tun). Effizient bin ich, wenn mein Weg noch in Richtung Zielerfüllung zeigt (Die Dinge richtig tun). Beides ist notwendig: Die richtigen Dinge richtig tun. Dabei gilt das Wort “richtig” ausschließlich im Jetzt und ist stets subjektiv. Es ist also abhängig von Raum und Zeit.

Man sollte auch davon abgehen, Planen als ein Vorhersagen der Zukunft zu verstehen. Planen ist eher ein Gestalten der Zukunft. Jeder einzelne Akteur hat mit seinen Handlungen Einfluss auf die Zukunft, er ist kein unbeteiligter Beobachter, der einmal in die “Glaskugel” schaut und sich dann zurücklegt und auf das wartet was kommt.

Betrachten wir das Thema einmal von der anderen Seite. Wenn wir meinen keine Ziele zu benötigen, weil sie sich ja eh ändern, können wir auch gleich aufhören Mahlzeit einzunehmen, denn wir bekommen ja sowieso wieder Hunger. Ihre Kinder könnten das Aufräumen ihres Zimmers verweigern mit dem Vorwand, das es ja wieder unordentlich wird. Oder wir könnten gleich aufhören nach Glück im Leben zu suchen, da wir ja Alle sowieso irgendwann sterben werden.

Fazit

Ziele sind nicht umsonst, ganz im Gegenteil, sie sind das Lebenselexier unseres Handelns und damit unserer Entwicklung.

1 Star2 Stars3 Stars4 Stars5 Stars (3 Bewertung(en), Durchschnitt: 5.00 von 5)
Loading...
This entry was posted in Komplexität, Management und Leadership and tagged , , , , . Bookmark the permalink.

24 Responses to Sind Ziele sinnlos?

  1. Peter Addor says:

    Bezgl. “Zweck” liegt es mir daran, ihn mehr als “Funktion” zu verstehen und weniger als “Zwecke”, mit dem ein Ziel markiert wird. Man kann sagen, der Zweck der Suche nach dem verlorenen Gegenstand ist auch ihre Funktion. Wozu suchen? Um den Gegenstand zu finden!

    So kann man weiter argumentieren: wozu das Tunnelprojekt machen? Nicht mit dem Ziel, einen Tunnel zu haben, sondern zum Zweck, um einfacher und schneller von A nach B zu gelangen. So erfüllt der Projektgegenstand “Tunnel” einen Zweck, ist aber nicht das Ziel des Projekts.

    Ich möchte noch eines zu bedenken geben: Ziele lenken vom Leben ab! Am morgen, wenn wir ins Auto sitzen mit dem Ziel, das Büro zu erreichen, denken wir nur darüber nach, was wir im Büro als erstes tun werden, welche Aufgaben uns erwarten, was wir dem und dem sagen wollen, wie wir es angehen wollen, etc. etc. Die Fahrt, den Stau, die Umleitung, etc. verpassen wir, weil das Büro das Ziel ist, das es schnell zu erreichen gilt. Die Fahrt interessiert uns gar nicht erst.

    Hurra, in zwei Wochen haben wir Ferien! Vorher müssen wir nur noch dem blöden Kunden erklären, dass…. und den Bericht für den Chef fertig schreiben und die Offerte raus lassen. Aber dann! Dann gehen wir in die Ferien. DAS ist das Ziel, wofür es in nächster Zeit zu leben gilt. Die zwei Wochen Arbeit verpassen wir!

    Ob die Offerte den Zuschlag erhalten wird? Wir rufen aus den Ferien den Kollegen an. Wir zittern und hoffen mit dem ganzen Team. Noch 4 Tage Ferien, dann können wir wieder ins Büro gehen und vielleicht den Ausgang der Offerte noch miterleben oder gar mitgestalten! Sobald diese Ferien zu Ende sind, geht’s wieder los! Den Rest der Ferien verpassen wir!

    Wir leben ständig auf Ziele hin und verpassen das Leben, das gerade passiert. Schade eigentlich.

    • Hallo Peter,

      Du schreibst

      Wir leben ständig auf Ziele hin und verpassen das Leben, das gerade passiert. Schade eigentlich.

      Das beobachte ich auch sehr oft und finde es schade. Das war auch der Grund für den Post. Denn genau darum geht es mir. Wenn meine Ziele dazu führen, dass ich mein Leben verpasse, muss ich mir doch über meine Ziele Gedanken machen. Ich sehe die harte Kausalität zwischen “Ziele haben” und “Leben verpassen” nicht.

  2. Peter Addor says:

    Kaum habe ich obigen Kommentar geschrieben, lese ich in einem Roman:

    “An einem Tag mitten im August, um zwei Uhr nachmittags,…,wenn man…versucht, nicht daran zu denken, dass es bis zum Abendessen noch sechs oder sieben Stunden sind, rettet einem nur noch eines: mit ein paar Freunden zusammen in die Bar zu gehen”. Wenn dann der Kellner “mit den Getränken und der Speisekarte zurückkommt, ist die gute Laune ebenfalls zurückgekehrt und der Nachmittag, im Vergleich zu vorher, schon erheblich kürzer geworden”. 1)

    Das ist genau das, was bei unserer Zielorientierung passiert. Man beschneidet das eigene Leben. Das Ziel ist das Abendessen. Den Nachmittag muss man irgendwie durchbringen. Man möchte bereits am Ziel sein, aber vorher gilt es: Kopf runter und durch. “Der Nachmittag ist kürzer geworden”, man hat ihn verpasst.

    Im übrigen möchte ich zu den Abschlusszeilen von Connys Artikel bemerken: Ich habe (glücklicherweise) noch nie mit dem Ziel gegessen, den Hunger zu bekämpfen, sondern immer aus Lust. Ich habe stets “ziellos” gegessen. Und den Kindern spende ich Applaus: ja, wozu aufräumen, denn die Unordnung kommt tatsächlich bald zurück. Und man braucht sie nicht zu bekämpfen.

    • Dein Beispiel mit dem Beschneiden des Nachmittags kann ich nachvollziehen. Wir fiebern einem Ereignis entgegen und verpassen damit Vieles was zwischen jetzt und dem Ereignis liegt. Das kann sich natürlich nachteilig herausstellen, wenn wir damit etwas Wichtiges verpassen. Manchmal wird uns dieser Fakt des Verpassens im nachhinein bewusst, manchmal, ich würde fast sagen meistens sogar, nicht.

      Danke übrigens für diesen Gedankenaustausch. So bin ich gezwungen, meine Gedanken zu diesem Thema genauer zu sortieren.

      Du sprichst das Essen an. Auch ich verfolge mit dem Essen nicht immer das Ziel meinen Hunger zu stillen. Aber ein Ziel verfolge ich stets, und wenn es die Lust ist, die man dabei verspüren möchte. Um diesen Zweck also zu erfüllen, benötige ich ein Ziel: Ich gehe heute um 7.00 Uhr in dem Restaurant “Wilde Eiche” essen. 2 Beispiele dazu.

      Gestern war ich mit dem Auto unterwegs zu einem Kundenmeeting und bekam unterwegs Hunger. Ich machte an einer Tankstelle Stopp und kaufte mir ein Brötchen und verzehrte dieses Brötchen. Hätte ich keinen Hunger gehabt, hätte ich nicht angehalten. Das Ziel war in diesem Fall der Kauf und der Verzehr eines Brötchen, um einen Zweck, nämlich meinen Hunger zu stillen, zu erfüllen.

      Vor ein paar Wochen war ich mit meiner Frau abends in einem Restaurant. Wir wollten dort essen. Allerdings hatte ich im Moment des Losgehens noch keinen Hunger, und auch noch nicht als wir im Restaurant angekommen waren. Ich hatte nicht das Ziel meinen Hunger zu stillen, sondern wir wollten in dem Restaurant essen, um einen schönen Abend zu verbringen. Das war also der Zweck.

      Letztendlich ist für unser Handeln stets ein Beweger erforderlich. Dieser Beweger resultiert aus einem Ziel, welches man verfolgt um ein Zweck einzulösen. Mir fällt kein Beispiel ein, wo ich etwas getan habe, ohne einen Beweger zu besitzen, der aus einem Ziel resultierte. Vielleicht verpassen wir damit andere Dinge des Lebens. Aber das ist unser Schicksal. Wir sind nicht in der Lage jede Sekunde unseres Lebens voll in uns aufzusaugen. Wäre wahrscheinlich auch ein Datenoverkill.

      • Leben verpassen hat nichts damit zu tun, Ziele zu haben. Leben verpassen bedeutet, dass ich in dem was ich tue keinen Sinn sehe. Dazu ein Beispiel.

        Wenn ich im Rahmen eines Projektes einem Meeting beiwohne, habe ich auf jeden Fall dass Ziel diesem Meeting beizuwohnen, sonst würde ich es nicht tun. Ob ich mit dem Beiwohnen des Meetings mein Leben verpasse ist ausschließlich entscheidend, ob das Meeting für mich einen Sinn hat oder nicht, sprich ob das Meeting für mich einen Zweck erfüllt oder nicht. Es besteht also eine Kausalität zwischen Zweck und Leben verpassen.

        Des Weiteren sollte man “Leben verpassen” nicht in Quantitäten messen, sondern in Qualitäten. Ein Mensch, der jede Sekunde seines Lebens bewusst erlebt (geht praktisch nicht, aber spinnen wir dieses Gedankengebäude einmal) kann auch sein Leben verpassen. Es geht doch viel mehr darum, wie intensiv der Mensch bestimmte Situationen seines Lebens erlebt. Und das ist wiederum entscheidend, welchen Zweck diese Situationen erfüllen sollen und wie dementsprechend die Ziele gesteckt wurden.

        Die Diskussion hat mir in dem Sinne sehr viel gebracht, da ich jetzt das Fazit meines Posts erweitern würde.

        Ein Mensch hat stets Ziele, ob er will oder nicht. Denn ein Ziel beschreibt, wie der Sollzustand in der Zukunft ausgehend von einem Istzustand aussehen soll. Die Menschen leben in einer dynamischen Welt und ändern sich stetig, also transformieren stetig einen Istzustand in einen Sollzustand. Das bedeutet nämlich Leben. Wir können also gar nicht anders als Ziele zu haben, sonst würden wir nicht leben. Selbst ein “zielloses Agieren” setzt ein Ziel voraus, nämlich ohne Ziel zu agieren, sonst würden wir es nicht tun. Wir sind jedoch dafür verantwortlich, welche Ziele wir haben, damit wir unser Leben nicht verpassen.

  3. Peter Addor says:

    Oh ja, Conny, für unsere Handlungen ist stets ein Beweger notwendig, da bin ich mit Dir absolut einig. Die simplifizierende Floskel, dass man einen Ist- in einen Sollzustand transformiert, der das eigentlich Ziel sei, ist mir jedoch zu abgedroschen.

    Aber kommen wir wieder zum eigentlichen Thema zurück, nämlich zu den Projektzielen. Wenn ein Projekt schief geht, sind sich Projektexperten schnell einig: die Projektziele waren zu wenig detailliert beschrieben. Und daher gilt ein genauer Beschrieb der Projektziele als kritische Voraussetzung für ein erfolgreiches Projekt. Mit meiner Zieldiskussion will ich mich vor allem gegen diese Simplifizierung verwahren.

    Nehmen wir ein Bauprojekt, z.B. die neue Alpentransversale in der Schweiz oder die Elbphilharmonie in Deutschland. Was ist das Ziel (der Sollzustand) eines dieser Projekte? Ganz sicher nicht der Tunnel oder das Konzerthaus. Das sind die Projektgegenstände. Die Ziele sind z.B. Anpassung an neue Verkhehsranforderungen oder Prestigeobjekt im kulturellen Bereich, genussvolleres Musikerlebnis oder Entlastung der Kapazität der bestehenden Kultureinrichtungen.

    Wie man sieht, sind Ziele meist idell und von Natur aus diffus. Zudem hat eigentlich jeder Projektbeteiligte andere persönliche Ziele. Z.B. ist das Ziel des Architekten nicht das Konzerthaus, sondern Geld zu verdienen. Das Ziel des (vielleicht unmusikalischen) Politikers und Auftraggebers ist es vielleicht, die Wahlen günstig zu beeinflussen, etc. Es ist aus politischen (oder höflichen) Gründen nicht immer anbegracht, seine Ziele offen auszusprechen.

    Wenn nun die Damen und Herren Projektexperten eigentlich einen detaillierten Beschrieb nicht der Projektziele sondern des Projektgegenstandes fordern, dann sollen sie zuerst selber lernen, ihre Meinung präzise zu beschreiben und nicht vom Esel reden, wenn sie den Sack meinen!

    Ich denke, dass der Projektgegenstand jeweils so detailliert beschrieben wird, wie es zu Beginn eben möglich ist. Man weiss einfach bei Projektbeginn schlichtweg nicht, was (noch mehr) zu beschreiben ist! Und Hand auf’s Herz: ging denn die Elbphilharmonie baden, weil der Projektgegenstand zu wenig detailliert beschrieben war? Das kann man jetzt auslegen wie man will. Ich behaupte, es war Unvorhergesehenes, das zugeschlagen hat. Und das kann man vorher nicht beschreiben, sonst wäre es nicht Unvorhergesehenes.

  4. Das mit dem Ziel und Zweck finde ich irritierend.
    Ich persönlich stütze mich auf ein Modell, welches ich bei Vera F. Birkenbihl gesehen habe:
    Motiv –> Verhalten –> Ziel
    Hunger haben –> essen –> satt werden.

    Der Zweck ist aus meiner Sicht das Verhalten, um ein Ziel zu erreichen. Mit dem Verhalten steure ich allerdings direkt ein Ziel.
    Wenn ich Hunger habe (= Motiv) kann ich einfach Essen und essen und essen… Ich werde mit dem Verhalten etwas erreichen, vielleicht nicht mein Ziel satt zu werden. Verhalten können auch als Ziele suggeriert werden. Mc Donalds suggeriert uns das Ziel, Burger zu essen. Das Resultat kann beobachtet werden.

    Niemand braucht eine Waschmaschine. Aber wir brauchen saubere Wäsche.

    Zurück zum Beispiel von Herrn Addor: Niemand braucht einen Tunnel, um von A nach B zu kommen. Der Tunnel kann aber ein gangbarer Weg sein, um sein Ziel zu erreichen.
    In der “Kreativen Lösungsfindung” sollten alle Möglichkeiten betrachtet werden, um dann die geeignetste zu erreichen.

    Adaption auf die Wirtschaft:
    Motiv: Schulden abbauchen –> Verhalten: Noch mehr Schulden aufnehmen, um die Zahlungen zu der Zinsen vorzunehmen –> Ziel: Schuldenabbau
    –> An dem Beispiel möchte ich aufzeigen, dass das Verhalten nicht zwingend zum gewünschten Ziel führen muss. Nur weil jemand etwas will, heisst das nicht, dass er es erreichen will. Selbst das richtige Verhalten muss nicht zwingend zum Ziel führen (Sonst gäbe es in jeder Sportdisziplin viel mehr Sieger). Mit dem richtigen Verhalten die richtigen Ziele anzusteuern kann aber die Chance erhöhen, dass man sein Ziel auch tatsächlich erreicht…

    • Hallo Herr Verasani,

      Sie sagen

      Der Zweck ist aus meiner Sicht das Verhalten, um ein Ziel zu erreichen.

      Aus meiner Sicht ist der Zweck eher etwas Allgemeineres als ein Ziel, sprich ich verfolge mit meinem oder meinen Zielen einen bestimmten Zweck. Aber ich werde über Ihre Definition nachdenken und validieren, ob wir hier nur verschiedene Begriffsdefinitionen haben oder ob die unterschiedlichen Auffassungen tiefer begründet liegen.

      Ich stimme Ihnen natürlich zu, wenn Sie sagen, dass nur weil man ein Ziel verfolgt, dieses nicht automatisch gleich erreicht. Das wäre ja dann auch zu einfach. Das Verfolgen ist aber die Basis, um etwas zu erreichen, jedenfalls das bewusste Wahrnehmen des Erreichten. Es besteht keine Genau-Dann-Wenn Beziehung zwischen “etwas erreichen wollen” und “etwas tatsächlich erreichen”. Manchmal ist es ja auch so, das wir etwas erreichen ohne das wir dies ausdrücklich und bewusst erreichen wollten. Das sind dann “Abfallprodukte” von dem was wir eigentlich erreichen wollten. Diese können in die gleiche aber auch in die entgegengesetzte Richtung verzweigen, sprich können auch zielkonterkarrierend sein. Die Frage bleibt hier nur, ob wir dieses Erreichte überhaupt bewusst wahrnehmen oder ob wir dieses einfach übergehen, weil es kein ausdrückliches Ziel war.

      Usain Bolt beispielsweise, der derzeitige 100m Weltrekordhalter, wird seine Qualifikation für die nächste Sommerolympiade nicht bewusst als “etwas Ereichtes” verbuchen. Das ist für ihn wohl viel zu normal. Sein Ziel liegt viel höher, er will Olympiasieger werden. Da ist die Qualifikation ein notwendiges Abfallprodukt. Ich könnte noch so sehr wollen, Olympiasieger zu werden, ich würde noch nicht einmal die Qualifikation schaffen.

  5. Guten Tag Herr Dethloff

    Ich habe über Ihre Ausführungen nachgedacht und bin zum Schluss gekommen: Wir haben verschiedene Begriffsdefinitionen. So unterschiedlich sind die Ausführungen nicht.
    Gemäss Ihren Ausführungen wären meine Ziele (also genauer das Zielmodell von Vera F. Birkenbihl) Ihre Bezeichnung für Zweck. Das Verhalten wäre Ihr Ziel. Ich persönlich finde es gefährlich, das Verhalten zum Ziel zu definieren. In der Praxis sind das die Mitarbeiter, die einfach ihr Ziel erreichen, ohne Rücksicht auf Verluste.
    Bsp:
    – Dem Sales-Mitarbeiter werden Verkaufsziele gesetzt (50 Neukunden für Produkt XY)
    – Die Ziele sind nicht synchronisiert mit dem, was die Firma zu leisten mag
    – Die Firma muss Bussen bezahlen, weil sie es nicht schafft, die Projekte termingerecht abzuarbeiten.
    – Der Sales-Mitarbeiter erhält seinen Bonus, weil er ja sein Ziel erreicht hat.
    – Die Entwickler erhalten ihren Bonus nicht

    Anhand von diesem Ablauf (wie ich ihn häufig erlebe) möchte ich aufzeigen, warum mir das Modell von Vera F. Birkenbihl gefällt.
    Sie würde vermutlich dem Sales ein übergeordnetes Ziel geben und den Sales solange akquirieren lassen, wie es Sinn macht.

    Vielleicht meinen Sie aber auch die Fülle von Zielen, die man manchmal braucht, um eine Veränderung herzubringen.
    Das würde ich aber wie folgt abbilden (anhand von folgendem Beispiel):
    Motiv:
    Die Mitarbeiter sind sehr unzufrieden.

    Verhalten:
    1-n Vorhaben (Arbeitspakete), die nötig sind, um dieses Ziel zu erreichen

    Ziel:
    Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit auf >70% innerhalb von 3 Jahren

    Daneben haben Sie noch weitere Messpunkte (Indikatoren) wie z.B. Mitarbeiterfluktuation zwischen 8-12% (Branchchenspezifisch, aber messbar)

    – Indikator ist nicht gleich Ziel (sondern nur den Puls fühlen)
    – Das Systemziel ist ein übergeordnetes Ziel, das man in diesem Kontext mit dem Zweck bzw. dem Systemzweck gleichsetzen könnte. Systeme neigen bekanntlich dazu, nicht das zu machen, was sie vorgeben zu tun…

    Freundliche Grüsse
    Thomas Verasani

  6. Hallo Herr Verasani,

    ich bin ganz Ihrer Meinung, dass unsere Argumentationen dicht beisammen liegen, wir nur andere Begriffsdefinitionen nutzen.

    Sie sprechen die Gefahr der Zielborniertheit an, so möchte ich es mal ausdrücken.

    Gebe Menschen ein Ziel und sage Ihnen, dass sie genau daran gemessen werden, dann werden sie alles dafür tun, dieses Ziel auch zu erreichen.

    Deshalb bin ich auch der Meinung, dass jedes Ziel in regelmäßigen Abständen gegen seinen Zweck und damit gegen andere Ziel validiert und ggf. geändert werden muss. Nicht nur die Frage “Wie soll ich ein Ziel erreichen?” ist wichtig, sondern ebenso die Frage “Warum soll ich das Ziel erreichen?”. Im Antwortraum der zweiten Frage ist dann “Weil ich dann meine Tantieme bekomme” natürlich nicht zulässig.

    Für mich spiegeln weder Zweck noch Ziel eine direkte Verhaltensweise wider. Sie bilden beide nur den Ankerpunkt, an denen Verhaltensweisen definiert werden.

    Denkerische Grüße, Conny Dethloff

  7. Guten Tag Herr Dethloff

    Sie beschreiben eine Lösung der regelmässigen Zielüberprüfung. Ich finde es löblich, wenn Ziele regelmässig überprüft werden. Leider habe ich noch nie erlebt, dass dies einerseits gemacht wird, andererseits seriös gemacht wird. Man darf nicht vergessen, dass der Aufwand für regelmässige Zielüberprüfungen aufwändig ist. Deshalb bin ich ein Fan von einem “systemischen Zielsystem”, wo ich den Mitarbeitern ein Werkzeug in die Hände geben kann, damit sie ihre Ziele und ihr Verhalten selbstständig den neuen Gegebenheiten anpassen können.

    > Für mich spiegeln weder Zweck noch Ziel eine direkte Verhaltensweise > wider. Sie bilden beide nur den Ankerpunkt, an denen Verhaltensweisen > definiert werden.

    Ich denke, in diesem Kontext ist ihr beschriebener Zweck mein Motiv. Weder Zweck/Motiv noch das Ziel steuern das Verhalten, sondern der “Steuermann” steuert sein Verhalten, also jeder Mitarbeiter selber. Zweck/Motiv und Ziele sehe ich als eine Art Rahmenbedingungen, die man teilweise hat oder sich bewusst setzt. Wo stehe ich, wo will ich hin. Lasse ich das so offen, kann der “Steuermann” selber bestimmen, wie er von A nach B kommt. Ein solches Arbeiten macht auch Spass. Setze ich Ihnen aber ein Verhaltensziel, hört der Spass auf, vor allem wenn man mit anderen Methoden schneller oder effizienter ist oder wenn das Ganze sinnlos ist.

    Hier wiederum als Beispiel:
    – Ein Mitarbeiter schlägt pro Tag 2000 Nägel mit einem Hammer ein, der CHF 100.- kostet und jedes Jahr ausgetauscht werden muss (interessant am Beispiel, er würde es ja sowie so machen, da wir einen mündigen Mitarbeiter haben).
    – Neigt der Chef nun dazu, “messbare Ziele” zu definieren, könnte er nun das Verhalten (Schlage 2000 Nägel ein) als Ziel setzen (SMART, weil spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch, terminierbar). Um Kosten zu sparen, soll er das mit einem Verstellschlüssel machen, der nur CHF 80.- pro Jahr kostet und genau gleich lang hält ().
    (der Mitarbeiter wird entmündigt, in dem man ihm etwas banales, was er bisher eh gemacht hat, als Ziel setzt. Meist meint der Chef dazu: Das Ziel erreichst Du locker und wir müssen ja etwas als Ziel setzen! Traurig wird das Ganze, wenn der Mitarbeiter die Abteilung wechselt oder befördert wird und die Ziele nicht angepasst werden. Oder wenn Nägel für die Tätigkeit nicht mehr zeitgemäss sind und man das Ganze eigentlich leimt…)

    Finden Sie, dass das Beispiel weit her geholt ist? Ich erlebe solche Vorgehen mind. 1x im Jahr selber und bei Kunden regelmässig. Meist sind sie nicht ganz so einfach durchschaubar wie obiges Beispiel, aber der Effekt ist der Selbe… Und das Einzige, was der Mitarbeiter noch selber steuern kann bei obigen Zielen ist, ob er die Arbeit mir Freude macht oder nicht.

    Freundliche Grüsse
    Thomas Verasani

  8. Hallo Herr Verasani,

    dem gibt es aus meiner Sicht absolut nichts hinzuzufügen. Ich bin voll Ihrer Meinung. Nur schade, dass wir solch eine Einstellung zu Zielen und einhergehenden Verhaltens- und Arbeitsweisen noch zu selten antreffen.

    Beste Grüße,
    Conny Dethloff

  9. Kai says:

    Hallo zusammen,
    nur als weiteren Blickwinkel:
    Ziele hängen vom Grad der Bewusstheit ab, welche ausreichend ganzheitlich uns nicht von der Wahrnehmung des Lebens ablenken sollte.
    Ziele sind mit erhöhter Bewusstheit automatisch flexibel und passen sich Änderungen der Gegebenheiten an.
    Ziele sind, um erfolgreich zu sein, hoffentlich durch höhere Ziele integriert und entwickeln diese weiter. Es gibt also eine Hierarchie der Ziele, bei der egal, wie sich die Gegebenheiten ändern die oberen Ziele kaum ändern sollten, die unteren Ziele sich aber an einen Wandel anpassen sollten, um (die KNOW-WHY-Welle) zu den höheren Zielen hinauf zu führen. Im Unternehmen sind es Vision und Mission, welche Strategie und daraufhin operatives Handeln integrieren.
    Es gibt übrigens immer ein Ziel – nur ist sich dessen nicht jeder und sind wir uns nicht immer bewusst. Die Zieloffenheit ist in meinen Augen daher ein Missverständnis. Ein übergeordnetes Ziel lässt sich immer ausmachen. Der Weg dahin, die Detailziele, die können offen sein.
    Oder?

  10. Meine Erkenntnis sieht hinsichtlich einer Zielfestlegung oder der Definition von “Ziel” ganz anders aus:
    der Mensch hat nie irgendwelche äußeren Ziele.
    Der Mensch ist ein lebendes System, und lebende Systeme haben eine offene Begrenzung, die eine Unterscheidung des Systeminneren von der Umgebung des Systems zulassen. Vom Außen des Systems hat das Individuum nur Informationen durch seine Sinnesorgane, die aber nur solche Informationen aufnehmen, die für das Überleben des Systems wichtig sind. Es kennt folglich die Außenwelt nur indirekt und unvollständig und nicht die Dinge “an sich” (Kant). Seine Ziele liegen daher stets im Innen des Systems. Ein Diskussionsteilnehmer sagt beispielsweise: “Ich habe (glücklicherweise) noch nie mit dem Ziel gegessen, den Hunger zu bekämpfen, sondern immer aus Lust. Ich habe stets “ziellos” gegessen.” Da hat er etwas sehr Richtiges beshrieben und man kann ihm gratulieren, dass er noch nie Hunger leiden musste. Das Ziel der Nahrungsaufnahme besteht nie darin, sich ein Schnitzel oder eine Banane zuzuführen, sondern in jedem Fall darin, im Systeminneren einen Zustand von Homöostase aufrecht zuerhalten. Für diesen hat das Individuum genetisch Sollwerte gespeichert, die sein Hirn mit den Istwerten vergleicht und bei Abweichungen Hunger/Durst oder auch Sättigung signalisiert, wenn diese Sollwerte wieder hergestellt sind. Auch mit seinem Hinweis auf das Lust gefühl hat der Diskutant recht: es ist nämlich von Person zu Person unterschiedlich und auch abhängig vom Angebot und anderen Umständen, welche Handlungen Lustgefühl erzeugen. Aber gerade dieses Lustgefühl ist eben auch ein inneres Ziel. Auch hier liegt das Ziel im Systeminneren und besteht darin, Lustgefühl zu erleben. Andere Ziele, wie Erleben von Glücksgefühl oder Vermeidung von Schmerz und Schädigung haben auch das System selbst, seine Unversehrtheit, subjektiv Schmerzfreiheit und Angstfreiheit zum Ziel.
    Alle Handlungen, die das lebende System vollzieht, sind Mittel zum Zweck und der Zweck ist stets, ein inneres Ziel zu erreichen.

  11. Anscheinend kann man hier seine Kommentare nicht bearbeiten, so dass ich mich für Schreibfehler entschuldige und allen Teilnehmern noch ein anregendes Jahr 2012 wünsche.
    Rudi Zimmerman

  12. Wie ich eben (als Neuer) noch bemerkt habe, tummeln sich hier offensichtlich viele Teilnehmer, die Unternehmen betreuen oder beraten. Diesen kann ich als Buchautor der Bücher Philosophie lebender Systeme u. anderer noch sagen, das auch ein Unternehmen ein lebendes System ist, nämlich eines “höherer Ordnung”, in dem der einzelne Mensch ein Subsystem darstellt. Ein System handelt immer als Einheit, so auch ein System “Betrieb” u.ä.. Auch hier sind die Ziele immer im Inneren, sie sind die Bestandssicherung (“Überleben”) und das Wachstum (“Selbstentfaltung”). Die Produktion bestimmter oder neuer Waren und deren Verkauf oder eine Umorganisation sind “nur” das Mittel zu dem Zweck, diese beiden Ziele zu erreichen.
    Gruß
    Rudi Zimmerman

  13. Hallo Herr Zimmermann,

    herzlichen Dank für Ihre Ideen und Gedanken zu dem Thema. Auf dem ersten Blick erscheinen mir diese für mich komplett neu. Ich werde Sie mit Freude verinnerlichen und reflektieren. Das Ergebnis werde ich hier posten.

    Beste Grüße,
    Conny Dethloff

  14. Hallo Herr Dethloff,
    mein Beiträge zeigen, dass man ein völlig andere Perspektive einnehmen kann. Ich nehme die Perspektive des lebenden Systems ein, das lediglich über ein Modell der (Um)Welt verfügt. Alle seine Aktionen und deren Erfolg werden innerhalb dieses agierenden Systems gemessen, nämlich daran, ob seine Aktion dazu geführt hat, dass der neue Istwert nun im Sollwertbereich liegt.
    Guten Rutsch ins neue Jahr und eventuell in eine neue Perspektive.
    Rudi Zimmerman

  15. Hallo Herr Zimmermann,

    können Sie äußere Ziele näher definieren, wenn sie sagen, dass der Mensch aus ihrer Sicht niemals äußere Ziele hat?

    So wie ich Ihren Ausführungen entnehme ist es ein nach “innen Ausrichten” der Ziele, weil der Mensch seine Umwelt nur indirekt und unvollständig wahrnehmen kann. Da stimme ich mit Ihnen voll überein, nur verstehe ich die Kausalität nicht, deshalb seine Ziele nicht nach außen richten zu können.

    Auch Ihre Bemerkungen bzgl. des ziellosen Essens verstehe ich noch nicht ganz. Das Aufrechterhalten einer Homöostase im Systeminneren haben Menschen doch implizit, oder? Wie können Menschen, die noch nicht einmal wissen, was der Begriff Homöostase bedeutet, dies explizit als Ziel haben?

    Wahrscheinlich liegt mein Nichtverstehen daran, dass Sie, wie Sie ja schreiben, eine komplett neue Sichtweise einnehmen, die sich mir noch nicht erschlossen hat.

    Vielen Dank im voraus.

    Beste Grüße,
    Conny Dethloff

  16. Hallo Herr Zimmermann,

    ich versuche das Thema Ziel noch ein wenig näher aus meiner Sicht darzustellen und beziehe mich dabei auf die Ethik von Aristoteles. Aristoteles hat eine Tugendethik betrieben.

    Handlungen kann man grundsätzlich aus 3 Sichten bewerten, aus Sicht der Motivation für eine Handlung, aus Sicht der Handlung an sich und aus Sicht des Ergebnisses der Handlung. Die Tugendethik, von der auch Aristoteles ein Anhänger war, beschäftigt sich mit der Motivation für Handlungen. Die Deontologie befasst sich mit der Handlung an sich und die Teleologie mit den Konsequenzen von Handlungen.

    Aristoteles stellt sich die Frage, was das höchst anstrebenswerteste Ziel menschlicher Handlungen sein sollte. Aristoteles spricht an dieser Stelle von Ziel, was aber nicht verwechselt werden darf mit der Zielvorstellung, die Teleologen besitzen. Aristoteles macht nämlich eine Unterscheidung zwischen Handeln und Herstellen.

    Beim Herstellen liegt das Ziel außerhalb des Prozesses des Herstellens, wenn man beispielsweise ein bestimmtes Produkt herstellt oder so wie die Medizin Gesundheit herstellt. Teleologen sind daher laut Aristoteles auch keine Ethiker. Sie befassen sich nicht mit Moral, weil sie sich nicht mit Handeln sondern mit Herstellen befassen. Beim Herstellen ist das Ziel, einen bestimmten Zustand zu erreichen.

    Beim Handeln ist das anders. Beim Handeln ist quasi der Weg das Ziel. Hier liegt das Ziel im Handeln selbst inbegriffen. Gestern Abend habe ich beispielsweise Fußball mit meinen Kumpels gespielt. Damit wollte ich nichts Spezielles herstellen. Ich wollte einfach nur Fußball spielen, da es mir Freude bringt, diesen Akt an sich auszuführen.

    In beiden Fällen aber spricht Aristoteles von Zielen. Jetzt will ich damit nicht behaupten, dass Aristoteles stets Recht hat. Aber mir leuchtet es ein. Es scheint mir plausibel. Deshalb kann ich persönlich auch nicht davon sprechen jemals ziellos gegessen zu haben. Beim Essen hatte ich stets ein Ziel. Entweder war das Ziel ein Zustand, nämlich Sattheit. Oder das Ziel war der Akt des Essens an sich, nämlich bei Kerzenschein und einer Flasche Wein mit meiner Frau einen gemütlichen Abend zu verbringen und dabei zu essen.

    Beste Grüße,
    Conny Dethloff

  17. Pingback: Komplexitäten entstehen aus Einfachheiten, sind aber schwer zu handhaben « Initiative Wirtschaftsdemokratie

  18. Pingback: Reise des Verstehens » Blog Archiv » Blogparade im Kontext “Komplexität”

  19. Pingback: Komplexitäten entstehen aus Einfachheiten, sind aber schwer zu handhaben - Initiative Wirtschaftsdemokratie

Leave a Reply to Conny Dethloff Cancel reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *